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Portait eines Menschen

Wer ist hier weiß? – Albinos in Uganda

Alle kulturweit Freiwilligen werden sie kennen, die typischen Fragen, die man sich stellt: Woher kommst du? Was machst du hier? Wie lange bist du schon hier? Wie lange bleibst du noch?

Muzungu“, das wird hier deutlich, heißt nicht nur „Weißer“ oder auch „Engländer“, sondern auch soviel wie „Reisender“, „Besucher“. Mit der hellen Hautfarbe werden einem in Uganda wenn auch nicht immer aber oft gewisse Eigenschaften zugeschrieben. Man sei nicht aus Uganda, würde hier auch wieder weggehen und man habe Geld. Das kann mal positiv mal negativ für mich ausfallen. Auf dem Markt und bei den Boda-Boda Fahrern zahle ich oft mehr, aber in teuren Restaurants und Clubs kann ich so schluderig gekleidet sein wie ich will, ich werde nie schräg angeguckt.

Meine Freundin Sarah hat ebenfalls helle Haut, aber keine europäischen Gesichtszüge. Viele denken Sarah sei „mixed“, so nennt man hier Menschen mit einem Elternteil aus Uganda und einem aus einem anderen Land. Doch Sarah ist durch und durch Uganderin – und hat Albinismus. Ihr Körper kann also kein Melanin produzieren, der die Haut, Haare und Augen färbt. Bei ihr ist diese Eigenschaft jedoch nicht so stark ausgeprägt, so sind ihre Haut und ihre Augen leicht gebräunt. Zum Glück, denn so ist ihre Haut besser gegen die Sonne und damit vor Hautkrebs geschützt. Sie kann besser sehen als die meisten Albinos und sich beim Lesen besser konzentrieren. Und sie färbt ihre Haare und Augenbrauen dunkel. So kommt es, dass viele sie eben nicht sofort als Albino erkennen. Sarah macht daraus kein Geheimnis, auch mir hat sie gleich bei unserer ersten Begegnung erzählt, dass sie Albinismus hat. Für mich macht es keinen Unterschied, ob jemand mixed oder Albino ist. Aber leider für einige Ugander. So konnte Sarah soziologische Feldstudien in Eigenregie durchführen, die ich als olle Soziologiestudentin natürlich sehr interessant fand. Von einem „Experiment“ würde ich hier gern berichten. Es ist zwar nur ein exemplarisches Beispiel, aber vielleicht hilft es zu verstehen, was „Weiß sein“ und „Albino sein“ in Uganda bedeuten können.

Auf einer Party traf Sarah einen Freund von mir, Ugander. Ihm wird nachgesagt er sei ein sogenannter „Muzungu-Hunter“ (Wie dieser Begriff zu bewerten sei, kann sich jeder selbst reflektiert überlegen. Ich persönlich sehe ihn kritisch, weil damit Intentionen unterstellt werden, wie dass ein „Muzungu-Hunter“ nicht nach einer echten Beziehung aus sei, sondern nach Prestige oder auch einfach nur Geld. Da dieses Wort mir jedoch immer wieder in Kampala begegnet ist, wollte ich ihn dennoch einbringen). Als nun besagter Freund meine Freundin Sarah sah, fing er sofort an zu flirten und ihr Drinks zu servieren. Dabei wollte er stets wissen, woher der andere Elternteil kam. In dem Moment, wo sie ihm sagte, sie sei Uganderin und Albino lies er alle Anwerbungen fallen und ignorierte sie für den Rest des Abends. Wie kam es zu diesem Sinneswandel?

Ich habe mich lange mit Sarah darüber unterhalten, was es heißt Albino zu sein in Uganda. Sie hat mir ihre Erlaubnis gegeben, ihre Geschichte hier zu teilen.

In ihrer Kindheit wurde sie von anderen Kindern gemobbt und von ihrer Familie nur nach und nach akzeptiert. In Uganda ist es üblich, dass der Vater dem Kind einen Namen gibt. Sie erhielt ihren jedoch erst mit 6 Jahren, davor hatte ihr Vater keine Tochter. Wenn ein Albino zur Welt kommt, so sehen es viele Eltern hier als eine Strafe Gottes. Für arme Familien ist es auch schwieriger, ein Kind mit Albinismus gesund zu halten. Bei Sarah war es jedoch anders, da sie weniger gesundheitliche Komplikationen hat. Ihre Mutter sagte ihr stets ‚Nein, du bist kein Albino. Mit 16 oder auch 18 wirst du Schwarz werden, wie wir alle.‘ Sarah glaubte daran. Als sie kleine Leberflecken bekam dachte sie, nun würde sie endlich auch Schwarz werden. Doch ihre Haut blieb hell. Die Diskriminierungen in ihrem Dorf gingen nicht zurück, aber ihr Selbstbewusstsein und vor allem ihre Selbstakzeptanz wuchs. Sie fand andere Albinos und arbeitet nun als Youth Leader. Sie zeigt anderen, jüngeren Albinos, dass sie sich ihrer nicht schämen brauchen, dass sie stolz auf sich sein können. Und sie will den Albinos auch ganz praktisch helfen; indem sie Jobs für sie sucht, wo sie nicht draußen in der Sonne arbeiten müssen und sie will Lobby Arbeit leisten, damit die Steuern auf die so lebenswichtigen Sonnencremes herabgesetzt werden.

Sarah ist eine gute Freundin und tut viel für andere Menschen. Wieso also ignorierte mein Freund sie damals? Ich fragte ihn, warum er nur Weiße Mädchen daten würde. Er meinte, er hätte keine Lust einen Brautpreis* zu zahlen. Wenn man eine Frau aus dem ökonomischen Westen datet, ist das nicht notwendig. Das Argument, dass man auch hier in Uganda keine Kühe aufbringen müsse, um jemanden zu daten, schien ihn nicht zu interessieren.

Das veränderte Verhalten von ihm Sarah gegenüber zeigt nicht nur, wie viele hier Albinos sehen, sondern auch, welche Aufmerksamkeit einem oft geschenkt wird, wenn man Weiß oder „mixed“ ist. Ich persönlich finde dieses Verhalten von meinem Freund schade, weil er sich von vornherein vielen tollen Frauen verschließt. Dennoch versuche ich seine Entscheidung zu respektieren.

Wer ist hier Weiß?

Sarah und ihre Organisation „National Union of Disabled Persons of Uganda“ versuche ich zu unterstützen. Wer dies ebenfalls tun möchte, kann sich hier dazu weiter informieren: NUDIPU

*Dies ist relativ üblich in Uganda, der Bräutigam zahlt der Familie Geld, vor allem aber Kühe an die Familie. Als Zeichen des Respekts und der Dankbarkeit, ihre Tochter heiraten zu dürfen. Und um zu beweisen, dass er eine Familie versorgen kann.

Leute machen Kleider

Bunt, gemustert, passgenau – die Kleidung auf den Kampaler Straßen tobt voller Farben und Muster. Der „Dresscode“ hier bildet einen geradezu krassen Gegensatz zu der gängigen Streetfashion aus meiner Heimat Berlin. Da trägt man gern schwarz, auch keine schwarz-weißen Muster, einfach schwarz. Und eng anliegend sollte es auch nicht sein, weite Kleider sind beliebt und wer dennoch seine schlanke Taille präsentieren möchte, trägt eben bauchfrei.

Hier in Kampala zeigt frau ihre Kurven durch hautenge Schnitte. Da verwundert es nicht, dass viele ihre Kleider wirklich maß schneidern lassen. Im Gegensatz zu Deutschland ist es hier auch bezahlbar und so wollten meine Mitbewohnerinnen und ich es auch ausprobieren – Kleidung vom Schneider.

An einem trubeligen Samstag trudelten wir mit Boda Bodas nach und nach auf den Old Taxi Park ein. Hier findet man alles und mehr als einem lieb ist. Der Hauptplatz selbst scheint von Matatus gepflastert zu sein, weswegen hier ein Boda wirklich sinnvoll, Nerven- und zeitsparend ist. Im Marktgewühl hatten wir das Glück unsere anderen Mitbewohner schnell wiederzufinden, weil ein Verkäufer uns zurief, er wüsste wo unsere Muzungu-Freunde seien. Offenbar kaufen nicht sonderlich viele Weiße am Old Taxi Park ein. Am richtigen Geschäft angekommen, tauchten wir in die Welt der Stoffe ein, Meter über Meter wurden aufeinander gehäuft, Farben, Muster und Verkäuferinnen versuchten zu überzeugen, sodass wir am Ende vollkommen verwirrt aber glücklich auf die Straße stolperten. Gut, wir haben vielleicht zu viel gekauft und auf jeden Fall zu viel gezahlt, aber keine Zeit zum Nachdenken. Es wurde sich aufs Boda geschwungen und weiter in den Stadtteil Mengo gefahren – zu den Schneiderinnen. Mit Ideen und Fotos von gewünschten Schnitten ausgerüstet, wurden dann Möglichkeiten und Machbarkeiten mit den Schneiderinnen ausgetauscht.

Nach zwei Wochen konnten wir dann unsere Kleidung abholen. Die Aufregung war groß: Sieht es so aus wie ich es mir vorgestellt habe? Passt es mir auch? Und was werden meine Kollegen auf der Arbeit sagen?

So viel lässt sich sagen, Kleider können die Schneiderinnen! Nur mit meiner Hose war es etwas unglücklich. Auch wenn ich das Muster des Stoffes liebe, scheint sie nicht richtig passen zu wollen. Man muss dazu aber auch sagen, dass Hosen wesentlich seltener in Auftrag gegeben werden als Röcke oder Kleider und demnach vielleicht einfach die nötige Übung fehlt.

Dennoch, es hat wirklich viel Spaß gemacht, nicht nur weil meine Kollegen mein neues Oberteil mögen, sondern vor allem weil ich mit den Schneiderinnen die somit herzlichsten und umarmungsfreudigsten Menschen Kampalas kennengelernt habe. Bei solchen Schneiderinnen verstehe ich, warum es die Ugander so oft zu ihnen treibt – unabhängig von den schönen Ergebnissen.

Und wer mehr über die Mode in Kampala wissen möchte, dem empfehle ich den Artikel Kleider machen Leute.

Home Sweet Home?

Ich wohne im sogenannten „Beach House“ – ein hübsches Haus in Bukoto (Stadtteil von Kampala), das seinen Namen von einem kleinen Sandkasten hat. Mein Zimmer ist wirklich winzig und dennoch muss man fast soviel Miete zahlen wie in Bielefeld – wo ich jedoch Altbau, Parkett und ca. 17qm vorzuweisen habe. Kampala hat aber wiederum auch mehr zu bieten als Bielefeld.

Unser „Beach“

Das Herzstück des Hauses ist die Küche, die mehrmals täglich benutzt wird und die Terrasse. Ich wohne zusammen mit einem Pärchen aus Deutschland, einer Chemikerin aus der Schweiz, zwei Dänen, einer Jeanne d‘ Arc aus Colorado und einer weiteren kulturweit-Kollegin. Auch wenn ich alle erst vor kurzem kenne gelernt habe, fühlt es sich schon für mich wie eine richtige Wohngemeinschaft an. Jeder kann mit jedem reden oder sich auch einfach mal zurückziehen. Und unsere schattige Terrasse ist meine kleine Oase vom stressigen Arbeitstag in Kampala, voller Wartezeiten, Sonnenbränden und mangelnden Englischkenntnissen meinerseits.

Christian – unser Superkoch aus Süddeutschland

Es ist wirklich sehr sauber hier und ich tue mein Bestes um mitzuhalten. Weil es in Uganda an Waschmaschinen mangelt, muss ich hier meiner Wäsche per Hand waschen und danach sogar bügeln! Das habe ich in Deutschland zwar nie gemacht, ist hier aber durchaus sinnvoll.

 

 

Waschtag – und nebenbei ein bisschen Farbe kriegen

 

Zum einen tötet die Hitze des Bügeleisens fiese Viecher ab, die sich unter meine Haut fressen möchten, zum anderen ist jeder hier wahnsinnig adrett gekleidet und wer mit zerknitterter Kleidung zur Arbeit erscheint,

kann auch mal schräg angeguckt werden. In Kampala trägt man Hemd in Hose, Pencil Skirt mit Jacket – trotz knallender Sonne.

 

 

 

 

Tipp des Tages: Reisewaschmittel kann man sich getrost sparen – für 50 Cent gibt es in jedem Supermarkt einen riesen Batzen Seife.