Chaos

Chaos. Im Kopf und auf dem Schreibtisch.

Ich möchte zu viele Sachen auf einmal machen…

Der Blick ins Buch, langweilig, Was hat Scholz noch einmal getwittert?

Es macht mir Spaß, politische Reizfiguren wie Lindner verfolgen, eine gute Abendlektüre.

Ich bringe Dinge nicht fertig, kleckere auf mein weißes Hemd, 5 Minuten nachdem ich es angezogen habe. Die Medienwelt hat meine Aufmerksamkeitsspanne drastisch verkürzt und aus mir einen gefügigen Hund gemacht, der mit kurzen Clips, Informationstropfen aus dem Regen des Mediendschungel alimentiert werden will.

Mein Leben besteht nur aus Fragmenten, angefangenen Projekten.

Ich lasse den Satz so steh

Ziehe den Tisch weg, nein, ich will weiterschreiben, einen Gedanken auch einmal zu Ende bringen. Mein Kopf rattert weiter, denkt an morgen, an gestern, an die Steuererklärung, die Hausarbeit, die ich noch machen will, mein Tagebucheintrag besteht aus zwei Sätzen.

Ich will Lehrer werden, oder Forscher, oder Politiker oder Astronaut.

Ich bin hyperaktiv, habe seit Langem nicht mehr meditiert, die Augen geschlossen, eine Massage genossen. Stattdessen zwinge ich mich zu schnellem Rad- und Laufsport.

Manchmal denke ich, dass meine Texte provinziell, nichtssagend und inhaltsleer sind. Haben bestimmt schon 2543 pubertierende Teenager in ihren Blogs so geschrieben.

Jetzt regnet es. Auch die Natur braucht einmal eine Dusche. So ein richtiger Boomer-Satz.

Der Druck ist es, der mich dazu treibt, ständig meine Lebensweisheiten auf Social Media zu posten.

Besteht denn das Leben nicht aus einer Balance?

Zwischen zu viel und zu wenig reden? Zwischen zu viel Nachschlag und zu wenig?

Zu outgoing …?

Alles in Maßen. Demut und Mäßigung sind die Stichworte.

Heute, am Bamberger Bahnhof, als ich kurz frische Luft schnappen wollte, näherte sich mir eine Frau, fragte mich, ob ich Englisch oder Russisch spreche. Ich antworte ihr auf Englisch. Sie sagt mir, dass sie aus der Ukraine stamme. Ich frage sie, was sie brauche. Sie sagt Bamberg und food und money. Ich sage ihr, dass ich nicht aus Bamberg komme und gerade kein Bargeld bei mir trage. Ehe ich den nächsten Satz formuliere, läuft sie abschiedslos davon.

Deutschland ist ein schönes Land. Neben mir strahlende Weizenfelder. Sie sehe ich zum ersten Mal. 9-Euro-Ticket sei Dank.

Im Regio-Zug kann ich als Hobbysoziologe und Menschenbeobachter meinem Drang, alles akribisch zu skizzieren, freien Lauf zu lassen.

Eine Frau mit einem kleinen Hund setzt sich brötchenkauend in mein Sichtfeld. Zumindest der Hund erscheint quietschvergnügt. Der Zug ist recht voll. Ein junger Mensch mit Dreitagebart kramt einen Bleistift aus seiner speckigen Ortliebtasche und kritzelt in einem Buch über Geopolitik herum. Vermutlich Student. Ein dickerer schwäbischer Herr liest gerade die Bildzeitung und fängt an, zu einem unbestimmten Adressaten zu sprechen.

Es entstehen 9-Euro-Ticket-Gespräche: Ab dem 01.09. werden die Züge ja – Gott sei Dank – wieder leerer, dann sind die ganzen Menschen endlich weg. So gesehen!

Oder, aus der jüngeren Fraktion:

Ich bin ein bisschen angespannt, ich muss eigentlich in den anderen Zugteil, der bald in Bamberg getrennt wird. Dieser Abschnitt besteht aus drei Waggons und platzt aus allen Nähten.

Wie in der Sardinenbüchse presst sich Fleisch an Fleisch in den schlecht klimatisierten Regio. Bayer an Schwabe, Ossi an Wessi. Neben mir zwei junge Mädels, dem Anschein nach Schwestern.

Seit 5 Uhr morgens bin ich auf den Beinen, es ist zwei Uhr mittags, gefühlt ist es jedoch 17 Uhr.

Alte Herren mit zerfledderter Maske blicken mich an.

Schnell raus.

In Bamberg muss ich schnell rennen. Es gibt nichts zu machen, die Türen gehen nicht mehr zu. Wo sind die Kollegen aus Japan, die bei einer solchen Situation die Menschen in den Zug hineindrücken! Man muss schon Tetris spielen.

Die Kollegin hier greift zum Megafon und schreit: Weg vom Zug! Der Zug ist voll!

Meine Botschaft ist: Das Leben genießen! Boomer-Joke: Aber in vollen Zügen!