Der 24. März – Gedenken an eine dunkle Zeit

12. April 2010
von Lukas Arenz

Eine alte Zeitung

Der 24. März ist in Argentinien ein Feiertag. Erst wusste ich gar nicht warum: Das ganze nennt sich  „Día de la Memoria, por la Verdad y la Justicia“. Anfürsich klingt das nach einem netten Feiertag. Wahrheit und Gerechtigkeit sind ja nicht gerade unbedeutende Werte.

Nach etwas Recherche fand ich dann aber heraus, dass es sich hierbei um einen Gedenktag handelt. Es gibt ihn wohlgemerkt erst seit dem Jahr 2006. In diesem jährte sich nämlich zum 30. Mal ein Ereignis, welches das dunkelste Kapitel der argentinischen Geschichte einleiten sollte.

Am 24. März 1976 putschte das Militär unter der Führung des Generals Jorge Videla die damals amtierende Präsidentin Isabel Perón aus der Casa Rosada.

Schon einmal hatten die Militärs geputscht. 1955 setzten sie Juan Perón von den Regierungsgeschäften ab. Seit dem trugen sie verschieden Präsidenten nach ihrem Gusto an die Staatsspitze. Anfang der 70er Jahre bekamen dann verschiedene Guerilla-Gruppen regen Zulauf. Besonders aktiv waren die peronistisch geprägten Monteneros, die in dieser Zeit durch Bombenattentate und Entführungen auf sich aufmerksam machten. Es herrschte Unsicherheit und Bürgerkriesstimmung in Argentinien. 1973 gewannen die Peronisten die Wahlen. Und Perón kam aus dem Exil in Spanien zurück nach Argentinien. Ein Jahr später starb er. Es folgte ihm seine dritte Ehefrau Isabel an die Spitze des Staates. Doch sie konnte die wirtschaftlichen und innenpoltischen Probleme des Landes nicht in den Griff bekommen.

Ab 1976 begannen unter dem Begriff  „Prozess der Nationalen Reorganisation“ dunkle Jahre des Terrors und der Brutalität. Eine Zeit der Anarchie und Gesetzlosigkeit, in der die Militärs schalteten und walteteten wie sie wollten. Alles was nur leicht entfernt Links roch wurde verhaftet. Es herrschte absolute Nulltoleranz gegenüber Andersdenkenden. Ob die nun linkspolitsch aktiv waren oder nur die Gewalttaten der Militärs ablehnten spielte keine Rolle. Es reichte allein im Adressbuch eines „Verdächtigen“ eingetragen zu sein, um selbst verhaftet zu werden. Überall witterte die Junta den Feind.

Im „Guerra Sucia“ (schmutziger Krieg) verschwanden schätzungsweise bis zu 30 000 Personen. Sie wurden in Konzentrationslagern auf brutalste Weise gefoltert und umgebracht. Die Leichen wurden über dem Meer aus Flugzeugen geworden oder in Massengräbern verscharrt. In den Lagern zur Welt gekommene Kinder wurden von Mitgliedern der Junta adoptiert, die Mütter getötet. Noch heute suchen Zahlreiche Männer und Frauen nach ihrer wahren Identität.

In den Bevölkerung bekam niemand richtig etwas mit. Man wusste, dass Leute verschwanden. Die sogenannten „Desapericidos“ (die Verschwundenen). Aber niemand ahnte etwas von den grausamen Ausmaßen, die die Verhaftungsaktion der Militärs angenommen hatte.

Als erstes protestierten die Mütter der Verschwundenen. Sie wollten wissen, was mit ihren Kinder geschehen ist.  Jeden Donnerstag umrundeten und umrunden (stehende Proteste waren damals untersagt) sie die Plaza de Mayo, den Platz vor dem Präsidentenpalast. Daher kommt ihr Name: „Las madres de Plaza de Mayo.“ Sie forderten erst Aufklärung und später, als mehr und mehr bekannt wurde, was wirklich mit den „Desapericidos“ passierte, Gerechtigkeit und Bestrafung für die Verantwortlichen der Verbrechen.

Ein spannendes Kapitel der jüngeren Geschichte Lateinamerikas. Die Diktaturen in Zeiten des Kalten Kriegs. Im Zeichen des „Roll-Backs“, des amerikanischen Programms der Eindämmung des Kommunismus, bekamen Diktatoren teils aktive Unterstützung aus Washington. Lieber einen blutrünstigen Dikator, als eine Infizierung  anderer südamerikanischer Länder  mit dem kommunistischen Bazillus aus Kuba.

Auch die Junta konnte die wirtschaftlichen Probleme Argentiniens nicht lösen. Das Land ging mehr und mehr den Bach runter. Das Volk wurde immer unmutiger. In ihrem Versuch die Macht zu erhalten und das Volk an sich zu binden, hatten die Militärs leider keine bessere Idee als einen Krieg anzuzetteln. Der Falklandkrieg wurde zum Disaster für die argentinischen Streitkräfte. Nach 47 Tagen mussten sich die Soldaten gegen England geschlagen geben und der Versuch die Malvinen (Falklandinseln) zurückzuerobern, wurde zum Flop.

Wenig später wurde die Militärregierung abgesetzt. Davor erließen sie sich selbst aber noch eine Generalamnestie. Auch so ein Lateinamerikaphänomen: Die Probleme der Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatoren. Erst im Jahr 2005!!! unter der Präsidentschaft von Nestor Kirchner wurden die Amnestiegesetz als nichtig erklärt. Seit dem werden die Verbrecher nach und nach zur Rechenschaft gezogen.

Kundegebungen auf der Plaza de Mayo

Kundgebungen auf der Plaza de Mayo

Demonstranten auf der Avenida de Mayo

Jährlich wird nun also dem 24. März 1976 gedacht. Dieses Jahr war ich mitten auf der Avenida de Mayo, auf der verschiedene Demonstrantenzüge langsam zur Plaza de Mayo pilgerten. Dort sprach unter anderen die Präsidentin. Selbstversätndlich kamen auch die Madres de Plaza de Mayo zu Wort.

Der Tag steht übrigens unter dem Motto „Nunca más“. Nie mehr.

2 Kommentare
  1. Profilbild
    13. April 2010

    wobei für sich genommen die idee gar nicht doof ist, von innenpolitischen Problemen mit Krieg abzulenken.
    Die USA zB praktizieren dies äußerst erfolgreich seit ihrer Gründung und auch für Thatcher dürfte der Malvinaskrieg zumindest kein Imageschaden gewesen sein.

  2. Profilbild
    12. April 2010

    Ja man. Den Artikel kann ich mir dann sparen. Besser kann mans nich schreiben. Danke für die Zusammenfassung.
    Jedoch muss ich anmerken das sich die USA früher vom argentinischen Staat Distanzierte als es damals die Engländer und Deutschen taten. Das makabre ist ja das die Engländer mit europäischen also deutschen und englischen Waffen angegriffen wurden.

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