Für mich ging es mal wieder nach Argentinien. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich schreibe nur dann Blogeinträge, aber um ehrlich zu sein, ist die Urlaubszeit auch am spannendsten. Doch diesmal stand eine längere Reise an. Und so begab ich mich in der Nacht vom 21. auf den 22. Januar wieder zum Busterminal, um mal wieder nach Buenos Aires zu fahren. Nachdem unser Bus zehn Minuten vor der Endstation liegengeblieben war, war ich ziemlich froh, dass ich so viel Puffer vor meinem Flug eingeplant hatte. Dann ging es mit dem Uber zum Flughafen Ezeiza, der wirklich weit außerhalb liegt und der Weg morgens im Berufsverkehr deshalb ungefähr 40 Minuten in Anspruch nahm. Nach einem schnellen Frühstück war ich erstmal verwirrt: Ich hatte am Vortag eine Mail bekommen, in der ich über die Stornierung meines Fluges informiert wurde und mir ein neues Flugticket für einen Flug zehn Minuten später ausgestellt wurde. Also eigentlich alles entspannt. Nachdem ich erst aber zehn Minuten vor Schluss den neuen Check-In gemacht hatte, weil mir nicht bewusst war, dass der nötig war, konnte ich den neuen Flug bei bestem Willen nicht auf den Anzeigetafeln entdecken. Überall stand nur, dass der ursprüngliche Flug gecancelt wurde. Trotzdem lief ich zum Securitybereich für die Inlandsflüge und wurde ohne Probleme durchgelassen. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Der neue Flug war eigentlich die Maschine, die bereits um 4:30 morgens hätte abfliegen sollen und aus unerklärlichen Gründen acht Stunden Verspätung hatte. Ich vermute ja, dass beide Flüge nicht voll waren und deshalb zusammengelegt wurden.
Und so überquerte ich in zwei Stunden das flache Land bis plötzlich eine Wolkendecke auftauchte, aus der kurz vor der Landung einige grün bewaldete Berge herausragten. Wie lange hatte ich schon keine Berge mehr gesehen?! In Uruguay gibt es jedenfalls keine… Ich war in Salta, im Norden Argentiniens gelandet und staunte bei der Taxifahrt zum Hostel über die grüne Landschaft, die gar nicht wüstenartig war, wie ich mir sie vorgestellt hatte. Ich verbrachte einige Stunden im Hostel, um auf die Freiwillige aus Argentinien zu warten, mit der ich die nächsten zwei Wochen verbringen sollte.
Die nächsten zwei Tage erkundeten wir die Stadt Salta (Salta capital), fuhren zum Beispiel mit der Seilbahn den Cerro San Bernardo hoch und probierten regionale Gerichte wie Humitas (in ein Maisblatt eingehüllte Käse-Mais-Masse) oder Tamales (das Gleiche aber noch mit Fleisch, z.B. vom Lama). Wir besichtigten auch das Museo de Arqueología de Alta Montaña, das vor allem die Anden- und Inkakultur thematisiert. Hier wird auch immer im Wechsel eine der drei Kindermumien, die auf dem Gipfel des Llullaillaco, eines Vulkans an der Grenze zu Chile, gefunden wurden, ausgestellt. Es war ein beklemmendes Gefühl, diese so gut konservierte 500 Jahre alte Mumie anzuschauen. Besonders vor dem Hintergrund, dass diese Kinder geopfert wurden und dort oben erfroren sind. Die indigene Bevölkerung der Region heißt die Ausstellung der Mumien im Museum nicht gut. Generell kommt mir Argentinien hier im Norden nicht ganz so europäisch vor wie Buenos Aires. An vielen Ecken sieht man die bunte Flagge der indigenen Bevölkerung wehen, die hier noch einen großen Anteil der Menschen ausmacht.
Da donnerstags ein Generalstreik gegen die neue Regierung angekündigt war, konnten wir einen geplanten Ausflug nicht machen und verbrachten den Tag nochmal in der Stadt. Am nächsten Tag nahmen wir einen Bus nach Tilcara, ein süßes Bergdorf, in dem wir in einem Hostel mit einer super Dachterrasse übernachteten. In Tilcara besuchten wir die Pucará, ein ehemaliges nachgebautes Inkadorf und einen Kaktusgarten. Allgemein merkten wir bei der Fahrt nach Tilcara, dass es immer höher in die Berge ging und die Landschaft viel trockener und wüstenartiger wurde. Die umliegenden Berge sind dort von Kakteen übersät, was eine mir bisher völlig unbekannte Landschaft ist.
Freitags ging es für uns mit dem Bus nach Purmamarca, ein anderes Bergdorf in der Nähe von Tilcara, um von dort eine Exkursion zu den Salinas Grandes zu starten. Das sind riesige Salzwüsten, die vor ein paar Millionen Jahren auf einem Hochplateau in den Anden entstanden sind und die es zum Beispiel auch in Bolivien gibt. Zwischendurch befanden wir uns schon auf 4170 Metern. Die Salinas waren sehr beeindruckend und die professionellen Fotos, die dort von Mitarbeitenden für 50 Cent Eintritt von uns geschossen wurden, machten den Ausflug noch besser. Traurig ist jedoch, dass überall Schilder stehen müssen, auf denen gefordert wird, dass die Massenförderung von Lithium in der Region aufhören muss. Dies stellt dort ein riesiges Problem dar. Danach liefen wir in Purmamarca noch den Rundweg um den „Berg der sieben Farben“.
Abends kehrten wir nach Tilcara zurück und konnten auf dem Dorfplatz noch eine Tanzgruppe bewundern, die traditionelle bolivianische Tänze aufführte. Am nächsten Tag brachen wir schon wieder auf und es ging nach Humahuaca, noch weiter nördlich, wo wir eine Exkursion in einem Geländewagen zum Hornocal unternahmen. Der Hornocal ist ein Berg, der vor allem als „Cerro de los 14 colores“, also Hügel der 14 Farben, bekannt ist. Hier befindet man sich auf 4.350 Meter, der höchste Punkt auf unserer Reise. Das haben wir auch gemerkt, als wir runter zum Aussichtspunkt liefen, da die Luft spürbar dünner ist als weiter unten im Tal. Wir waren so beeindruckt von dem Berg, dass wir mit den anderen Reisenden etwa 15 Minuten einfach nur da saßen und ihn bewundert waren. Die Gesteinsformation hat sich schon vor etwa 115 Millionen Jahren gebildet und die verschiedenen Sedimente sorgen für die vielen Farben des Berges.
Auf dieser Reise ist uns positiv aufgefallen, dass in der Gegend sehr viele Argentinier*innen Urlaub machen und auch viele junge Menschen unterwegs sind. Deshalb haben wir an so gut wie jedem Stopp tolle Menschen kennengelernt und alle waren sehr offen und interessiert, zum Beispiel eine Tour gemeinsam zu unternehmen oder essen zu gehen.
Den zweiten Tag in Humahuaca nutzen wir, um zum Inca Cueva Weg zu fahren, eine Wanderung, die uns vom Hostel empfohlen wurde. Der Bus, der Richtung bolivianische Grenze fährt, schmeißt einen dafür mitten im Nirgendwo raus und wir folgten einem Schild, auf dem „Inca Cueva“ stand. Zum Glück waren wir eine größere Gruppe mit dem gleichen Ziel und so liefen wir etwa eine Stunde durch eine ehemaliges Flussbett bis wir die eigentliche Höhlenformation aus rotem Stein erreichten. Auf dem Weg begegneten wir auch freilaufenden Lamas! Am Ziel angekommen erzählte uns ein Local etwas über die Höhlen, in denen auch eine der ältesten Mumien weltweit gefunden wurde. Im Anschluss machten wir Mittagspause an einer kleinen Oase. Danach gab es optional die Möglichkeit, an einer verlängerten Wanderung mit einem Guide teilzunehmen, die wir nutzten. Mit einer Gruppe bestehend aus 5 Personen und dem Guide machten wir uns also auf zu einer weiter entfernten Lagune. Zwischendurch regnete es und ich wurde ziemlich demotiviert, doch nach einer Klettereinheit an einer quasi vertikalen Felswand, wurden wir mit einem tollen Ausblick belohnt und konnten auch natürliche Wasserbecken und Pflanzen bewundern, die in dieser Umgebung bestehen können. Auf dem Rückweg ließ uns der Guide das letzte Stück alleine gehen, da er bereits nach Hause ging. Ein Haus mitten in dieser Bergwüste, eine Stunde von der nächsten Straße entfernt und mit dem Auto kaum erreichbar! Leider fing es dann schon an zu dämmern und zu regnen und wir waren alle bereits ziemlich durchgefroren, als wir die Straße erreichten. Wir wussten zwar ungefähr, wann der Bus kommen sollte, da es ja aber schließlich keine richtige Bushaltestelle gibt und er schon Verspätung hatte, spielten wir kurz mit dem Gedanken, zu trampen. Doch dann kam der Bus zum Glück noch und wir konnten durchgefroren, aber happy, unsere Kekse miteinander teilen.
Abends planten wir unsere zweite Woche der Reise und beschlossen, am nächsten Tag nach Iruya, ein winziges Dorf, zu fahren, von dem alle, die wir auf der Reise bisher getroffen hatten, geschwärmt haben. Die Busfahrt war ziemlich ruckelig, weil es von der Schnellstraße aus drei Stunden über unbefestigte Straßen geht, die zwischendurch auch von Eseln versperrt wurden. Iruya selbst hat mich nicht so wirklich umgehauen, die lange Fahrt würde ich nicht nochmal auf mich nehmen. Wir kletterten auf den „Mirador del Condor“ (Kondoraussichtspunkt), eine Wanderung, die ich vor Anstrengung kaum beenden konnte. Aber immerhin sahen wir einige Kondore, also hat es sich schon gelohnt! Hier blieben wir zum Glück auch nur eine Nacht, da wir es auch mit einer unfreundlichen Hostelbesitzerin zu tun hatten. Dann saßen wir wieder im Bus, der uns in sechs Stunden nach San Salvador de Jujuy (Jujuy capital) bringen sollte. Eine anstrengende und ungemütliche Fahrt, die aber ein Ende nahm und wir in San Salvador mit einem süßen AirBnB belohnt wurden. Es tat gut, endlich mal wieder alle Sachen ausbreiten zu können und nicht direkt spülen zu müssen. Wir gönnten uns ein ausgiebiges Frühstück in der Wohnung und gingen ins Kino. Die zwei Tage ausruhen waren definitiv nötig. Danach hatten wir uns entschieden, wieder nach Salta zurück zu fahren, da man von dort am besten Ausflüge in die Umgebung unternehmen kann. Deshalb ging es für uns noch als Tagestrips nach Cachí und Cafayate, die zwar mit einem Minibus als geführte Tour stattfinden, was eigentlich überhaupt nicht meine Art ist, zu reisen, aber irgendwie tat es auch gut, mal nichts organisieren zu müssen und sich einfach rumfahren lassen zu können.
Unsere Reise neigt sich schon dem Ende zu. Wir sitzen gerade im Bus nach San Miguel de Tucumán, unserem letzten Stopp. Von dort aus geht es für mich morgen Nachmittag mit dem Flieger wieder zurück nach Buenos Aires und dann nach Uruguay. Ich habe das Gefühl, ich sollte mir Uruguay auch bald mal richtig anschauen… Am Wochenende geht es jedenfalls für Karneval mit anderen Freiwilligen wieder nach Montevideo, darauf freue ich mich schon! Generell werden die nächsten Wochen wieder sehr spannend.