Gesellschaft & Politik

Eine Woche Urlaub?

Zum Sinn und Unsinn von Zwischenseminaren. Ein Erfahrungsbericht.

Zehn Stunden Busfahrt über Nacht, das klingt erst mal abschreckend. Tatsächlich wurde mir aus Deutschland davon auch abgeraten: Flieg lieber! Nur 1. zahlt kulturweit keine Flüge, 2. sind Flüge umweltschädlich und 3. muss ich noch mal daran erinnern, dass hier Fernbusse eine andere Stellung haben als in Deutschland. Insbesondere hier in Argentinien, in Villa General Belgrano, dem Ziel meines Zwischenseminars.

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Beim Papst und bei Cristina

Beim Papst und bei Cristina

Google allein weiß, wie viele Leser ich durch diese lange Sendepause auf meinem Blog verloren habe. Das tut mir Leid, aber bei mir war, wie gesagt, einfach Pause. Und, welch Wunder, Zwischenseminar. Die Eindrücke auf dem Zwischenseminar sind dabei derer so viele, dass ich den notwendigen Bericht an dieser Stelle leider zweiteilen muss. Deswegen folgt heute erst mal: Besuch beim Papst und bei der argentinischen noch-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner. In Buenos Aires.

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Drei Soli

Schon einmal wurde ich gefragt, ob ich bereits einen „Kulturschock“ erlitten hätte angesichts der vielen fremden Eindrücke. Auf der anderen Seite wurde ich gewarnt, ich dürfe mich nicht in der „Deutschenblase“ verstecken und müsse offen sein für die Kultur meines Gastlandes. Um beides und noch viel mehr ging es bei dem gestrigen Fest an meiner Einsatzstelle – doch von Anfang an.

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Oh Gott, Lateinamerika!

Zur Single-Story-Thematik in Uruguay

Vor kurzem ging auf meinem Blog folgender Kommentar zu meinen Bildern aus Montevideo ein: „Sieht alles sauber und schick aus. Ist das Land wirklich so reich oder sind das nur die wenigen Ausnahmen auf deinen Bildern? Favelas? Baracken? Straßenmüll?“ Hinter dieser scheinbar so einfachen Frage verbirgt sich ein komplexes Themenfeld, das auf dem Vorbereitungsseminar mit dem Schlagwort „Single Story“ umrissen wurde. Bereits vor meiner Abreise hieß es: „Oh Gott, Lateinamerika! Da willst du hin? Spinnst du?!!“. Es wird also Zeit, ein wenig aufzuklären.

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Eine Woche Einsamkeit?

Eine Woche Zwangsurlaub, wegen der uruguayischen Frühjahrsferien (jaja, liebe Daheimgebliebenen, hier ist noch Frühjahr!). Was nun anfangen mit der unverhofft vielen freien Zeit? Reisen, zum Beispiel. Nach San José de Mayo de Mayo, einem kleinen Ort in Richtung Montevideo.
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Dialekt auf Spanisch

Es wird Zeit, einmal über das uruguayische Spanisch zu schreiben. Denn das Spanisch hier vor Ort unterscheidet sich in einigen Punkten von dem Standard-Spanisch, das man in Deutschland in der Schule lernt. Es ist quasi ein spanischer Dialekt. Bairisch auf Spanisch. Das hat natürlich mit dem Einfluss der zahlreichen Einwanderer in der Geschichte Uruguays zu tun, zum Beispiel mit dem der Italiener. Die haben eingeführt, dass der berühmte Doppelkonsonant ll, der so vielen Spanischlernern Probleme bereitet, nicht als „lj“ ausgesprochen wird („Maljorca“), sondern als „sch“: „Maschorca“. Gleiches gilt für den Buchstaben y. Der wird eigentlich als „i“ ausgesprochen, aber manchmal eben auch als „sch“. Das klingt dann so: „Scho me schamo Jan“, isch heische Jan. Ebenfalls sehr beliebt (oder auch wieder unbeliebt, je nachdem) ist das „s“ am Ende eines Wortes. Das wird meistens verschluckt, so wie die Einwanderer aus Frankreich es vor Jahrhunderten taten. Aus más wird dann „ma“ und aus „es“ wird „e“. Das klingt dann schon fast wie Französisch. Tatsächlich kommen einige Schüler hier aus Frankreich und sprechen auch Französisch.

Auch die Grammatik ändert sich ein wenig. Anstelle von wird hier gerne das Wort vos für das Du verwendet. Vos ist eigentlich die alte Form für „Sie“. Diese Praxis ist ein Relikt aus den Zeiten der conquistadores, die noch kein modernes usted kannten und sich so siezten. Die Lateinamerikaer sind den Schritt zu usted einfach nicht mitgegangen. Das Ganze nennt man dann voseo, und wenn ich mit vos angesprochen werde, habe ich immer noch das Gefühl, ich werde gesiezt. All diese Änderungen zusammen führen dazu, dass ich manchmal mein Gegenüber nur schwer verstehe. Dann kommt die Antwort: Te vas a acostumbrar – Du wirst dich daran gewöhnen.

Denn ich selber weiß noch nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Mein schönes gelispeltes s, dass ich mir im andalusischen Málaga (wieder) angewöhnt habe, kann ich mir hier wieder abgewöhnen. Entweder sie verschlucken das s ganz oder es wird nicht gelispelt. Ich weiß auch nicht, ob ich den lokalen Dialekt auch verwenden sollte oder besser nicht. Den voseo übernehme ich nicht, denn da werden auch die Verben in der zweiten Person Singular etwas anders konjugiert, und das kann ich nicht. Da würde ich mich nur lächerlich machen. Aber manchmal, wenn ich drandenke, sage ich „sch“ statt „lj“. Bis jetzt hat sich darüber noch niemand beschwert. Aber ich denke eben nur manchmal dran, spreche ansonsten munter weiter Standardspanisch und hoffe, dass sich niemand über meine kläglichen Versuche, das lateinamerikanische Spanisch nachzumachen, beschweren wird.

¡Cambio, cambio!

Waren Sie schon mal in Dubai? Oder in einem anderen arabischen Land? Dann haben Sie vielleicht auch schon einmal einen Souk besucht, den man hierzulande fälschlicherweise Basar nennt. Im Gegensatz zum gewöhnlichen deutschen Shoppingparadies ist dort der Preis nicht fix, sondern verhandelbar. Und deswegen immer „best price for best friend“. Lautes Gebrüll erfüllt die Markhallen, wenn zwischen allerlei orientalischen Gewürzen ein Händler hervorrennt und lautstark seine Ware als die beste Qualität zum besten Preis bewirbt. Alle paar Minuten stürmt jemand hervor, will den Reisenden in seinen Laden locken, und am Ende kann es sein, dass man sogar mit den billigen Stoffen, die man doch bitte kaufen soll, regelrecht beworfen wird, sodass die Flucht nach vorne die beste Lösung ist.
Und was hat das jetzt mit Uruguay zu tun? Mit Uruguay gar nichts. Aber in Buenos Aires kam ich mir an manchen Stellen so vor wie in Dubai: best price for best friend, nur dass es hier um argentinische Pesos geht. Der offizielle Kurs Euro zu Peso ist 1 zu 10. Sehr unrealistisch, sagen selbst die Argentinier. Deswegen wird man in bestimmten Straßen von allen Seiten lautstark nicht mit „¡Hola!“, sondern mit „¡Cambio, cambio!“ begrüßt: „Geldwechsel, Geldwechsel – ¡Dólares, Euros, cambio, cambio!“ Der Kurs ist hier schon mal 1 zu 20.
Natürlich ist das illegal, und natürlich ist das gefährlich. Auch wenn sich der Schwarzmarkt auf Argentinisch mercado azul, blauer Markt, nennt. Bei der Gefahr von falschen Pesoscheinen angefangen bis hin zu dunklen Schmuddelecken, in denen man ausgeraubt werden könnte, ist alles dabei. Warum aber gibt es so viele Argentinier, die freiwillig das Doppelte an Pesos mehr hergeben, als der offizielle Kurs verlangt? Wo ist da das Geschäft?
Ganz einfach: die Möglichkeiten für Argentinier, an Fremdwährungen wie Euro und Dollar, die im Vergleich zur eigenen Währung sehr stark sind, heranzukommen, sind von staatlicher Seite aus enorm eingeschränkt. Argentinien versucht in einem Anfall von Neomerkantilismus oder auch Protektionismus (Namen sind Schall und Rauch), seine Wirtschaft nach Außen abzuschotten genauso wie Ungarn seine Grenzen. Deswegen sind Importe auch sehr beschränkt, und Päckchen aus der Heimat finden vermutlich nie ihren Weg durch den Zoll. Es sei denn, es steht „Embajada Alemana“, Deutsche Botschaft, oben drauf. Ob die argentinische Regierung mit dieser Strategie Erfolg hat, wird sich bald zeigen: in Argentinien stehen Präsidentschaftswahlen vor der Tür. Für den einzelnen Tourist bedeutet das: es bleibt im selbst überlassen, ob er die Wirtschaft weiter schwächt, indem er „blau“ Pesos kauft – oder ob er sich an die offiziellen Kurse hält.

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