Dialekt auf Spanisch

Es wird Zeit, einmal über das uruguayische Spanisch zu schreiben. Denn das Spanisch hier vor Ort unterscheidet sich in einigen Punkten von dem Standard-Spanisch, das man in Deutschland in der Schule lernt. Es ist quasi ein spanischer Dialekt. Bairisch auf Spanisch. Das hat natürlich mit dem Einfluss der zahlreichen Einwanderer in der Geschichte Uruguays zu tun, zum Beispiel mit dem der Italiener. Die haben eingeführt, dass der berühmte Doppelkonsonant ll, der so vielen Spanischlernern Probleme bereitet, nicht als „lj“ ausgesprochen wird („Maljorca“), sondern als „sch“: „Maschorca“. Gleiches gilt für den Buchstaben y. Der wird eigentlich als „i“ ausgesprochen, aber manchmal eben auch als „sch“. Das klingt dann so: „Scho me schamo Jan“, isch heische Jan. Ebenfalls sehr beliebt (oder auch wieder unbeliebt, je nachdem) ist das „s“ am Ende eines Wortes. Das wird meistens verschluckt, so wie die Einwanderer aus Frankreich es vor Jahrhunderten taten. Aus más wird dann „ma“ und aus „es“ wird „e“. Das klingt dann schon fast wie Französisch. Tatsächlich kommen einige Schüler hier aus Frankreich und sprechen auch Französisch.

Auch die Grammatik ändert sich ein wenig. Anstelle von wird hier gerne das Wort vos für das Du verwendet. Vos ist eigentlich die alte Form für „Sie“. Diese Praxis ist ein Relikt aus den Zeiten der conquistadores, die noch kein modernes usted kannten und sich so siezten. Die Lateinamerikaer sind den Schritt zu usted einfach nicht mitgegangen. Das Ganze nennt man dann voseo, und wenn ich mit vos angesprochen werde, habe ich immer noch das Gefühl, ich werde gesiezt. All diese Änderungen zusammen führen dazu, dass ich manchmal mein Gegenüber nur schwer verstehe. Dann kommt die Antwort: Te vas a acostumbrar – Du wirst dich daran gewöhnen.

Denn ich selber weiß noch nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Mein schönes gelispeltes s, dass ich mir im andalusischen Málaga (wieder) angewöhnt habe, kann ich mir hier wieder abgewöhnen. Entweder sie verschlucken das s ganz oder es wird nicht gelispelt. Ich weiß auch nicht, ob ich den lokalen Dialekt auch verwenden sollte oder besser nicht. Den voseo übernehme ich nicht, denn da werden auch die Verben in der zweiten Person Singular etwas anders konjugiert, und das kann ich nicht. Da würde ich mich nur lächerlich machen. Aber manchmal, wenn ich drandenke, sage ich „sch“ statt „lj“. Bis jetzt hat sich darüber noch niemand beschwert. Aber ich denke eben nur manchmal dran, spreche ansonsten munter weiter Standardspanisch und hoffe, dass sich niemand über meine kläglichen Versuche, das lateinamerikanische Spanisch nachzumachen, beschweren wird.

1 Kommentar

  1. Klemens Kißner · 16. Oktober 2015

    Ja, ja, die Dialekte. Erinnert mich vieles an meine Zeit in Brasilien. Scheinbar haben die Südamerikaner sich damals abgesprochen, die Sprachen ihrer Kolonialmächte nach Belieben umzumodellieren. Interessanterweise im portugisischsprachigen Brasilien nach einem ähnlichen Schema wie bei den Spanischsprechern…

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