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El Colegio alemán de Lanús

Die Schule. Die Klingel klingt hier um 7:30 Uhr. Oh Gott, wie früh. Wer ein bisschen was über mich weiß weiß, dass früh aufstehen nicht zu meinen Stärken gehört. Noch habe ich es allerdings immer geschafft, pünktlich dort zu sein. Wie das allerdings wird, wenn ich nicht mehr fast neben der Schule wohne.. mal schauen.

Aber was passiert um halb acht Uhr morgens im Colegio? Alle Schüler stellen sich im Innenhof in Reihen auf. Ein Schüler vorne hisst die argentinische Flagge. Die deutsche ist auch da, die hängt allerdings immer oben, was auch immer das zu bedeuten hat. Erst nachdem die Flagge mehr oder weniger feierlich gehisst worden ist, dürfen alle in ihre Klassen gehen. Die meisten Lehrer trudeln dann so ab 7:45 Uhr ein, um 8:00 Uhr gehts dann los!

Ich dachte, Argentinier sind klein. Dieses Vorurteil hatte ich wohl der Latinos-Schublade zugeordnet. Muss ich nochmal umsortieren. Tatsächlich bin ich mit meinen 1,73m hier nicht groß. Das liegt aber nicht nur daran, dass Argentinier im Durchschnitt größer sind als z.B. Peruaner, sondern auch an der Mode: Plataformas, Plataformas, Plataformas. Alle Damen-Schuhe haben Plateau-Absätze. Okay, man soll ja fair berichten: Also nicht ALLE Schuhe haben Plateau, aber meinen, an deutsche Schuhmode gewöhnten, Augen kommt es auf jeden Fall so vor. Die Männer tragen keine Plataformas, muss man hier vielleicht dazu sagen, und sind auch meistens deutlich größer als ich.

Und natürlich tragen alle Uniformen. Die klassische Variante, bestehend aus Rock und Bluse mit Krawatte/ Hose, Hemd und Krawatte. Das Problem mit den Röcken fällt jedoch schnell auf: je größer das Mädchen, desto kürzer der Rock. Die Geschichte kann dann durchaus sehr, sehr knapp ausfallen. Zum Glück gibts noch die sportliche Variante, zu der die meisten tendieren: Jogger und Pulli mit Schullogo. Vielleicht um die Einheit zu durchbrechen (oder aus einem anderen Grund, der mir sich noch nicht eröffnet hat, hui, fair berichten!), haben hier viel mehr Schüler als ich es gewohnt bin, Nasenpiercings, Ohrringe, gefärbte Haare, Tattoos. Zwei 16jährige Mädels haben mir erzählt, dass sie ein Tattoo an der gleichen Stelle wie ihre Mütter haben.

Apropos Verständigung: Mein Spanisch wird immer argentinischer und langsam wissen die meisten Lehrer, dass sie sich mit mir unterhalten können, wenn sie ein bisschen langsamer als gewohnt reden. Die Schule ist übrigens eine Privatschule. An der staatlichen Schule um die Ecke hat dieses Schuljahr (also seit dem 13.3.) erst zwei Tage gehabt, Lehrerstreik. Meine Koordinatorin erklärte mir, argentinische Eltern zahlen oft Schulgeld, einfach damit die Kinder überhaupt Unterricht haben. Streik und Demonstrationen sind hier immer Tagesthema, wichtige Straßen in der capital ständig blockiert.

Ich wurde glücklicherweise schon von einer Musiklehrerin entdeckt, die mir eine Geige besorgen und mich in Konzerte in Lanús einspannen will. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich hier ein bisschen Musik machen kann. Zum einem wegen der Sache selbst. Zum anderen, weil ich mich seit heute dazu berufen fühle, den Schülern zu zeigen, dass „die Lochis“ nicht die deutschen Topmusiker sind. Die Lochis haben wir nämlich heute im Deutschunterricht behandelt und ihre Texte analysiert. Uiuiui. Aber wo sonst können Deutschlernende den Ausruck „ne Schelle kassieren“ oder “ du machst mich crazy“ lernen? Ich muss dringend Annenmaykantereit, Wanda und Helene Fischer etablieren. Jetzt sollte ich wahrscheinlich die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag ausstellen.

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