Der Beginn eines Puzzels

Der erste Montag hier in Yangon neigt sich seinem Ende zu, ich sitze auf unserem Balkon und ein überraschend kühler Wind weht durch mein Haar. Unter mir herrscht ein buntes Treiben. Menschen, die essen gehen, Straßenhunde, die gefüttert werden, Autos, die hupen und Garküchenverkäufer, die ihre Pfannen schwenken. Und im 8. Stock ich, die versucht die vielen Eindrücke der ersten Tage zu ordnen.

Vor 6 Tagen bin ich angekommen. Bis auf ein paar Verspätungen lief die Reise gut. Meine Mitbewohner und auch meine Arbeitskollegen haben mich alle herzlich empfangen. Die Arbeit in der DW Akademie wird eine wahnsinnig spannende und auch herausfordernde Zeit. Schon nach den ersten paar Infos über den Media Development Process in Myanmar, wusste ich, dass ich noch zu wenig weiß. Aber eins hab ich vielleicht schon begriffen: Es hat sich schon vieles verändert seit dem Ende der Zensur, aber es gibt noch mindestens genauso viel zu be- und überdenken…

Jeder Morgen wird für mich vom Krähen des Nachbargockels eingeläutet. Und jeden Abend, vor dem Einschlafen, höre ich dem Schnattern der Geckos und dem Heulen der Hunde zu. Zwar ist der Klang dieser Geräusche noch neu für mich, aber jeden Tag verlieren sie ein Stück ihrer Unbekanntheit. Ebenso ist es mit den Straßen und Gassen. Noch habe ich die Wege durch mein Viertel Sanchaung nicht verinnerlicht. Trotzdem gehe ich jedes Mal mutig ohne Google Maps drauf los und hangel mich von Anhaltspunkt zu Anhaltspunkt (Grab-and-Go-Shop, Sanchaung Firestation, Mini-Pagode, Blumenhändler, Pyay Road usw.) Besonders wenn es schon um 18 Uhr dunkel ist wird es zur Herausforderung sich zwischen dem Verkehr durch zu schlängeln ohne dabei die Orientierung zu verlieren. Und um ehrlich zu sein jubele ich innerlich immer ein bisschen, wenn ich die Lichter des gemütlichen Restaurants an der Ecke zu unserer Straße aufflackern sehe. Aber vielleicht beginnt sich neben dieses „Ich-hab-mich-nicht-komplett-verlaufen“-Jubeln auch ein  „Juhu-gleich-Zuhause“-Jubeln zu gesellen… Mein neues Zuhause, die San Yae Twin Lan, Sanchaun Township, Yangon!

Zwischen diesen Banalitäten des Alltags schimmern noch die Eindrücke des Wochenendes durch: Der Besuch der Sule-Pagode, zwischen deren schillernden Anmut ich meinem Sternzeichen (Elefant ohne Stoßzahne, abhängig vom Tag meiner Geburt) ein paar Wünsche anvertraut habe. Dann der Spaziergang durch die Kolonialbauten in Downtown, und die zahlreichen Unterschiede im Stadtbild. (Alt und neu, groß und klein, aufwendig und schlicht, Garküchen, Straßenmärkte neben Hochhäusern und IT-Shops.) Und schließlich die meditative Fahrt mit der Circular Train, die uns durch und um Yangon führte.

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Jetzt beginnt eine neue Woche. Als ich gerade bei diesem Satz von mein Laptop aufblicke, hängt eine gelbgoldene Wolke über den Häusern! Dahinter, in der Ferne, schimmert die Spitze der Shwedagon Pagode! Da überkommt mich Vorfreude, aber auch Aufregung: Wie wird es hier für mich wohl weitergehen? Was werde ich alles erleben? Wen werde ich kenne lernen? Was wird schiefgehen?

Momentan ist alles noch wie ein Puzzle, dessen Teile ich erst suchen und ausprobieren muss. Und es fehlen noch richtig viele Teile!

Eure Nadja

P.S.: Heute hatte ich auch meinen erster Burmesisch-Sprachunterricht! Ein weiteres, entscheidendes Puzzleteil.

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