Nachdem die letzte Woche ja nicht so erfreulich endete, ging es mir am Montag zum Glück schon wieder so gut, dass ich in die Schule gehen konnte und all die Dinge nachholte, die bis dato liegengeblieben waren. Unter anderem war das die Vorbereitung einer Stunde zum Thema „Schulsystem in Deutschland“. Keine besonders befriedigende Arbeit, wenn das, was man den Schüler:innen erklärt, beziehungsweise, das was sie selbst erarbeiten, am Ende sowieso nur für ein Bundesland gilt. Und selbst, wenn man sich nur auf dieses eine Bundesland beschränkt (in meinem Fall Baden-Württemberg), ist die ganze Sache noch kompliziert genug.
Nachdem ich einigermaßen zufrieden mit dem Ergebnis war, machte ich mich daran, mir noch einmal meine Tschechischunterlagen anzuschauen, denn… Der erste Sprachtest stand an! So langsam wollten wir im Sprachkurs mal unser Niveau einschätzen, also versuchten wir uns zur Probe an einem A1-Sprachtest, der tatsächlich recht einfach war. Wer hätte das gedacht! Der mündliche Teil stand zwar noch aus, da ich Tschechisch aber fast ausschließlich im Gesprochenen anwende, machte ich mir da auch keine allzu großen Sorgen.
Der Dienstag sah ähnlich aus wie der Montag, mit dem Unterschied, dass ich mir dieses Mal über das Thema „Schönheit“ den Kopf zerbrach. Diese Woche lagen mir die Unterrichtsthemen wirklich nicht besonders, sodass ich eher langsam vorankam und schließlich heilfroh war, als endlich der Plan für die Unterrichtsstunden stand.
Den Abend verbrachte ich dann aber gemütlich in meiner Wohnung, häkelte ein wenig an dem Kissenbezug, an dem ich gerade arbeite (das Kissen hier braucht dringend einen Neuen), trank Unmengen an Tee, um die lästige Heiserkeit endlich loszuwerden und genoss den (gezwungenermaßen) immer noch WLAN-freien Abend.
Am Mittwoch war es dann leider soweit und es standen die ersten letzten Stunden meines Freiwilligendienstes an, denn zwei der Abiturklassen hatten schon am Donnerstag den letzten Schultag. Wir verbrachten die Stunden, zu denen mehr Schüler:innen kamen, als ich zu hoffen gewagt hatte, mit Spielen, Keksen und dem Testen meiner Tschechisch- und ihrer Deutschkenntnisse und sangen zum Schluss noch ein letztes Mal „Ich brauch frische Luft“, das inzwischen zur inoffiziellen Hymne der einen Klasse geworden ist.
Ein wenig deprimiert machte ich mich schließlich auf den Weg nach Hause, wo ich kurz verschnaufte, bevor die Stunde zum deutschen Schulsystem anstand. Die Verwirrung war zum Glück nicht ganz so groß wie befürchtet – im Gegenteil, die Schüler:innen hatten relativ schnell einen Überblick, sodass ich mich schließlich tatsächlich noch an das Thema „Waldorfschulen“ wagte, was dann wieder für etwas mehr Verwirrung sorgte, was nicht zuletzt meinem fehlenden Wissen über diverse Details geschuldet war.
Besonders viel Zeit, um mich auszuruhen, blieb mir allerdings nicht, da nun endlich ein Treffen anstand, dass ich letzte Woche leider absagen musste: ein Treffen mit allen Debattant:innen aus Brno. Wir trafen uns in einem Café und nachdem schließlich alle auch wirklich im gleichen Café waren (das hat man davon, wenn man sich in einer Kette trifft) quatschten wir die nächsten drei Stunden über Jugend debattiert (das Motto ist ganz klar „Wir gegen Prag“), den Ausflug nach Kroměříž, bei dem die Schüler der anderen Schule auch dabei waren und die Rivalität zwischen den verschiedenen Gymnasien in Brno. Die Vorbereitung auf die Debatten an sich kam dabei vielleicht ein wenig zu kurz, das holen wir dann aber nächste Woche auf jeden Fall nach.
Da wir uns so lange unterhalten hatten, blieb keine Zeit mehr, um vor dem Sprachkurs noch einmal nach Hause zu gehen. Hungrig wie ich war, machte ich mich also auf den Weg zum besten Döner der Stadt, der schon allein deswegen der beste Döner der Stadt ist, weil ich dort immer prima mein Tschechisch üben kann. So auch dieses Mal und während die Falafel in der Fritteuse waren, blieb mir genug Zeit, den deutschen Song der gerade im Radio lief, so gut es ging auf Tschechisch zu übersetzen und mich schließlich mit meinem Yufka in der Hand und vielen „Hezký dén“s und Lob für meine Tschechischkenntnisse (das geht runter wie Öl) zu verabschieden.
So perfekt vorbereitet konnte dem mündlichen Teil der Sprachprüfung nichts mehr im Wege stehen und entsprechend gut lief es auch :). Einziger Wermutstropfen: unserer Lehrerin kann die Stunden leider nicht mehr weiter machen und so war das unsere letzte Stunde zusammen.
Am Donnerstag stand dann das erste „Poslední zvonění“, also übersetzt „letzte Klingeln“ an, das in etwa mit unserem Abistreich zu vergleichen ist. Der einzige Unterschied ist, so dachte ich zu diesem Zeitpunkt, dass nicht ganz so viel Chaos verbreitet und Unterricht gestört wird, dafür aber Kuchen und andere Leckereien verkauft werden und Geld gesammelt wird. Soweit lag ich auch richtig und abgesehen von einer Tanzeinlage auf dem Schulhof, jede Menge lecker duftenden Kuchenständen und einer Hüpfburg auf dem Schulhof, lief der Unterricht recht gesittet ab. Vielleicht lag das aber auch an den Mottos der beiden Klassen. Hippie und Omas lässt nicht so viel Raum für totales Chaos.
Den Nachmittag begann ich mit einer freudigen Überraschung: Das WLAN funktionierte wieder!!! Perfektes Timing, da ich mit Fiona zum Telefonieren verabredet war, da wir gemeinsam unsere Urlaubspläne besprechen wollten. Wir quatschten, bis ich schließlich den nächsten Termin hatte – eine IDSS Stunde mit Anna – nach der ich jetzt genauestens über das russische Ostern Bescheid weiß.
Der Tag war allerdings noch nicht vorbei, da ich am Abend zum tatsächlich ersten Mal ins Theater in Brno ging. Das Besondere daran: es war ein deutsches Theater, bei dem zwei Stücke aufgeführt wurden. Ich hoffe sehr, dass es nicht der letzte Theaterbesuch bleibt, besonders, weil es in Brno so viele Kulturangebote gibt, dass es eigentlich eine Schande ist, dass ich erst jetzt im Theater war.
Völlig erschlagen von dem Tag freute ich mich darauf, morgen erst recht spät Unterricht zu haben, bis mich die Nachricht einer Freundin und Abiturientin erreichte, ob ich den morgen früh um 6 Uhr zufällig in der Schule sei. Natürlich bin ich um 6 Uhr in der Schule, nur nicht unbedingt wach. Da die Klasse allerdings gerne etwas für ihr Poslední zvonění vorbereiten wollte und ich natürlich nur zu gerne dabei helfe, wurde aus meinem langen Ausschlafen leider nichts und ich stand pünktlich um 6 Uhr an der Schultür. Zum Dank bekam ich sogar kostenlos ein Stück Kuchen, was das Aufstehen dann deutlich erträglicher machte.
Da ich nun schon einmal wach war, hatte ich endlich Zeit, mal wieder meine Wohnung auf Vordermann zu bringen, was ich in den letzten Wochen sträflich vernachlässigt habe. Als ich dann in die Schule ging, wurde mir relativ schnell klar, dass das Poslední zvonění vom Vortag nicht unbedingt repräsentativ war. Das Schulhaus sah aus wie eine einzige Baustelle (was auch das Motto einer Klasse war) und ich wurde von ohrenbetäubendem Lärm empfangen, der sich aus klappernden Spendenbüchsen, Megafonen, den Trillerpfeifen der Klasse, die Fußball als Motto hatte und lautstarker Musik zusammensetzte. In jedem Stockwerk wurde Kuchen, Popcorn, Kofola, Limonaden, Crêpes und vieles mehr verkauft und gegen Mittag konnte man auf dem Schulhof frisch gegrillte Würstchen kaufen. Noch vor der ersten Stunde war mein Gesicht über und über mit Lippenstift und Co. verziert und ich um einiges Kleingeld ärmer und die Stunden an sich wurden auch regelmäßig gestört. In den Pausen wurden dann verschiedene Choreografien, die von einem einfachen Tanz bis zu einem ganzen Boxkampf reichten, aufgeführt und am Schluss gab es die nicht verkauften Kuchen kostenlos. Kurz gesagt: es war klasse!
Da es Tradition ist, dass die Klassen am Nachmittag in die Stadt ziehen und dort ihre Choreografien aufführen, wollte ich mir dieses Spektakel nicht entgehen lassen. Bei bestem Wetter machte ich mich also auf den Weg in die Stadt, wo es auch nicht lange dauerte, bis mir die ersten Abiturient:innen begegneten. Schließlich traf ich auch Schüler:innen meiner Schule, die bereits fertig waren und mich einluden, noch kurz mit ihnen in eine Kneipe zu gehen. Aus kurz wurde dann so spät, dass schon keine Straßenbahnen mehr fuhren und der letzte Schultag wurde kräftig gefeiert, als nach und nach immer mehr Grüppchen eintrudelten.
Nach diesem gelungenen Wochenabschluss stand das Wochenende und damit auch ein Besuch von Esther, einer Freiwilligen aus Prag, an.
Den Samstag begannen wir mit einem Frühstück im Park mit frischen Koláčen vom Markt und Kaffee von einem der Kaffeewägen, bevor wir unsere Tour durch die Stadt starteten und dabei im Grunde von Park zu Park liefen, wo wir die Sonne genossen und das bunte und fröhliche Treiben um uns herum genossen.
Schließlich war es so spät, dass schon Zeit fürs Abendessen war und da wir beide einen Bärenhunger hatten, gingen wir kurzerhand zum Italiener und nahmen unsere Pizzen mit in den Špilberk-Park, wo wir die Ruhe und die Aussicht auf die Stadt und natürlich die leckere Pizza genossen. Völlig erledigt vielen wir nach über 25 000 Schritten schließlich ins Bett, allerdings nicht, ohne vorher feststellen zu müssen, dass wir uns wohl beide einen leichten Sonnenbrand im Gesicht geholt hatten.
Dieser Sonnenbrand hielt uns aber nicht davon ab, am nächsten Tag zum Stausee in Brno zu fahren, der in einer halben Stunde wunderbar mit der Straßenbahn zu erreichen ist. Dort angekommen packt einen wirklich das Urlaubsfeeling und nach einem kurzen Spaziergang setzen wir uns schließlich ans Ufer, hielten einmal kurz die Füße ins Wasser (es war noch sehr kalt) und genossen erneut die Sonne und die Ruhe.
Als der Himmel schließlich zuzog, machten wir uns auf den Rückweg und flüchteten vor den wenigen Regentropfen, die dann sogar fielen, ins Café Mitte, wo wir den Nachmittag bei Kaffee und den besten veganen Cupcakes der Stadt verbrachten, bis es für Esther schließlich Zeit wurde, aufzubrechen.
Den perfekten Abschluss zu so einer Woche bildete dann das Telefonat mit meinen Eltern. Das letzte Mal lag zugegebenermaßen schon etwas zurück, was definitiv allein meine Schuld ist, da ich inzwischen so voll und ganz hier angekommen bin, dass ich manchmal schlicht vergesse, mich bei meiner Familie und meinen Freund:innen in Deutschland zu melden. An dieser Stelle also eine große Entschuldigung, aber seid nachsichtig mit mir, in ein paar Monaten habt ihr mich ja wieder ganz für euch!
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