neues Land, alte Freunde (Woche 21)

Nachdem die letzte Woche ja eher hektisch zu Ende ging, startete ich in die neue Woche denkbar unentspannt. Nichtsdestotrotz (hier der Beweis für meine Schüler:innen, dass wir das Wort tatsächlich verwenden) freute ich mich darauf, endlich das Projekt zu starten, das ich in den letzten Beiträgen immer wieder erwähnt hatte.

Um was es sich dabei genau handelt?

Aaaalso: Wie die Meisten wissen (sollten), wird am 13.12. ein neuer Bundespräsident gewählt. Anlässlich dieser Wahl führen wir mit verschiedenen Klassen in der Schule ein Projekt zum Thema „Bundespräsidentenwahl“ durch, bei dem es neben allgemeinen Infos zu Funktion, Aufgaben und Amt des/der Bundespräsident*in auch um die Frage „Soll der/die Bundespräsident*in vom Volk gewählt werden?“ geht. Abschluss des ganzen Projekts ist das Gespräch mit einem Mitglied der Bundesversammlung.

Soweit so gut. Ob uns Corona wie so oft in letzter Zeit einen Strich durch die Rechnung machen wird, das können wir nicht wissen. Es kann immer sein, dass eine der Klassen in Quarantäne muss und wir umdisponieren müssen.

Der Start des Projekts verlief allerdings reibungslos. Da ich zwei der drei teilnehmenden Klassen noch nicht kannte, war ich entsprechend gespannt. Umso glücklicher war ich, als der Plan für die erste Stunde beinahe reibungslos aufging und die Schüler*innen durchaus Interesse an dem Thema zeigten. Besonders überrascht war ich darüber, dass einige sogar schon unseren neuen Bundeskanzler kannten und das mit der Aussage: „Ahhhh, Olaf.“ deutlich machten.

Nach diesem erfolgreichen Start in den Tag wartete allerdings noch ein recht großer Berg an Arbeit auf mich, den ich ehrlich gesagt ein wenig in Trance erledigte. Ein chaotischer Wochenendausklang ist einfach nicht mein Ding, auch wenn ich ihn nicht hätte missen wollen, ist es doch eine Erfahrung, von der ich noch oft erzählen werde, wenn ich nach meinem Freiwilligendienst gefragt werde. Vielleicht sogar schon recht bald, denn ich werde als Alumna/Noch-Freiwillige am Vorbereitungsseminar und an weiteren Infoveranstaltungen von kulturweit teilnehmen. Eine Arbeit, auf die ich schon sehr gespannt bin.

Der Dienstag verlief ähnlich ereignislos, abgesehen davon, dass ich den Tag aufgrund eines ungeahnten Motivationsschubs mit einer Einheit Sport begann. Eine verdammt schlechte Idee, wenn man bedenkt, dass ich für den anstehenden Unterricht in den dritten Stock der Schule musste. Meine Oberschenkel nahmen es mir definitiv übel…

Mittwochs kehrte zunächst ein wenig Ruhe ein, da auch das zweite Projekt der Woche problemlos anlief. Die Schüler:innen sollen sich zum Thema „Umwelt“ in folgendes Szenario hineinversetzen: Sie sind die einzigen Überlebenden eines Flugzeugabsturzes und müssen nun in der Sahara/am Nordpol/auf dem Meer überleben. Ich bin gespannt, wie sich dieses Projekt entwickeln wird, bisher bin ich aber fasziniert von dem Wissen und den Ideen, die die Schüler:innen haben (Wüsstet ihr, wie man anhand der Sterne die Himmelsrichtung bestimmt?). Außerdem fand ich endlich die Zeit, mit einer Freundin zu telefonieren. Ich unterschätze doch immer wieder, wie viel Energie einem ein Telefonat nach Hause geben kann. Ganz in diesem Sinne beendete ich den Tag mit einem Telefonat mit meiner Familie, ließ mich auf den neuesten Stand bringen und fiel schließlich todmüde ins Bett.

Besonders viel Zeit zur Erholung bot mir der Donnerstag allerdings nicht, woran ich allerdings zu 100% selbst Schuld war (wie auch in den vergangenen Wochen, ich möchte mich also nicht beschweren). Denn nach den üblichen Unterrichtsstunden flitzte ich eilig in meine Wohnung, um dort meinen Rucksack zu packen. Denn der Freitag war zur Abwechlsung tatsächlich mal ein freier Tag (wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, einen Arbeitstag „Freitag“ zu nennen?), den wir den sogenannten „Semesterferien“ zu verdanken hatten. Einen freien Tag würde ich jetzt nicht wirklich als Ferien bezeichnen, möchte mich allerdings auch nicht beschweren, bot er mir doch die Möglichkeit, in ein Land zu reisen, das die letzten Monate quasi vor meiner Haustür lag, in dem ich allerdings noch nie war. Es ging für mich in die Slowakei, genauer gesagt nach Dolný Kubín, zu Fiona, die dort ihren Freiwilligendienst absolviert. Mit gepacktem Rucksack, Schlafsack und Isomatte (ich betete, dass ich nicht wirklich auf dieser schlafen muss) stieg ich also in den Zug nach Bratislava, wo mir siedend heiß einfiel, dass ein neues Land unter Corona ja auch anmelden bedeutet. Gerade rechtzeitig wurde das dann noch erledigt, bevor ich in Bratislava in den nächsten Zug stieg. Als ich es mir in meinem Abteil bequem gemacht hatte, vertiefte ich mich tatsächlich wie geplant in meine Tschechischaufschriebe. Etwas unsanft wurde meine Konzentration dann allerdings von einer Durchsage gestört, die ankündigte, dass unser Zug 25min Verspätung hatte. Ein Blick auf mein Handy bestätigte meine Befürchtung: ich hatte genau 23min Umsteigezeit um den letzten Zug zu erwischen, welcher auch der letzte war, der an diesem Abend überhaupt in meine Richtung fuhr. Schmerzlich an den vergangenen Sonntag erinnert, wandte ich mich also hilfesuchend an die anderen beiden Passagiere in meinem Abteil, von denen einer in meinem Alter zu sein schien und mir auf meine Nachfrage (ich hatte die Hoffnung, die slowakische Durchsage falsch verstanden zu haben) erklärte, dass ich das Ganze (leider) richtig verstanden hatte, mir allerdings keine Sorgen zu machen bräuchte, da die Züge hier normalerweise aufeinander warten.

Aus dieser kurzen Unterhaltung entwickelte sich ein Gespräch, dass die nächsten 1,5 Stunden Fahrt durchaus abwechslungsreich machte, bis wir schließlich in Kral’ovany ankamen, wo mir sogar noch erklärt wurde, wie ich zu meinem nächsten Zug komme, den ich mit einem kleinen Sprint auch tatsächlich noch erreichte. Die Sprache nicht besonders gut zu sprechen, stellte sich auch an diesem Abend wieder einmal nicht als Hürde, sondern viel mehr als Hilfe, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen, heraus, was ich sehr genieße.

Endlich bei Fiona angekommen, fiel ich recht bald todmüde ins Bett (es war nicht meine Isomatte!).

In den Freitag starteten wir gemütlich mit einem kleinen Stadtbummel und einem erfolgreichen Abstecher in einen Secondhandladen, bevor ich wie bereits so oft in meinem Freiwilligendienst etwas Neues lernte. Dieses Mal war es Häkeln.

Der von Enten bevölkerte Fluss.

Der Marktplatz von Dolný Kubín.

Nicht ganz gleichmäßig, aber das wird schon noch.

Nicht ganz gleichmäßig, aber das wird schon noch.

Was zunächst nicht besonders spektakulär klingt, übte eine ungeahnte Faszination auf mich aus, sodass wir den Nachmittag überwiegend mit verschiedenen Häkeltechniken verbrachten, bevor es schließlich Zeit wurde Luca und Nadja, zwei weitere Freiwillige vom Bahnhof abzuholen. Zurück in Fionas Wohnung stellte sich heraus, dass Häkeln nicht nur auf mich eine Faszination ausübt, sodass wir den Abend mit Häkelversuchen und dem Plan, morgen Skifahren zu gehen, ausklingen ließen.

Viele Hände helfen viel.

Ein Blick aus dem Fenster trübte unsere Stimmung am nächsten Morgen allerdings ein wenig, denn die Aussicht war im wahrsten Sinne des Wortes nicht gerade berauschend. Schneeregen und dichter Nebel drohten, unsere Pläne zu durchkreuzen. Erst gegen Mittag verwandelte sich der Regen schließlich in Schnee und hier und da blitzte ein Stück blauer Himmel hinter den Wolken hervor. Guter Dinge machten wir uns also auf den Weg zur Skipiste. In meinem Fall war es coronabedingt schon einige Zeit her, seit ich das letzte Mal auf Skiern stand. Da ich auch nicht damit gerechnet hatte, während meines Freiwilligendienstes überhaupt die Gelegenheit zum Skifahren zu bekommen, bestand mein Outfit schlussendlich zu mindestens 3/4 aus geliehenen Sachen.

Endlich auf der Piste war dann das schlechte Wetter schnell vergessen und wir genossen den Nachmittag in vollen Zügen.

Wer braucht schon gute Sicht?

Zurück in Fionas Wohnung machten wir es uns mit einem riesen Berg gebratenen Gemüse und guter Musik auf den Sofa gemütlich.

Viel zu schnell ging auch der letzte Abend vorbei und am Sonntagmorgen mussten nach einem gemütlichen Frühstück leider schon wieder die Rucksäcke gepackt werden. Bevor es allerdings zurück ging, statteten wir Oravský Hrad, einer Burg in der Nähe von Dolný Kubín, einen Besuch ab, wo wir uns mit Handys und Jutebeuteln bewaffnet auf abenteuerliche Erkundungstour in das Kellergewölbe des Schlosses begaben, bevor wir die Burg auf der Suche nach einem guten Eroberungspunkt (Eintritt zahlen kann ja jeder) umrundeten.

Besonders einladend sieht es ja nicht gerade aus.

Der Beginn schlechter Horrorfilme.

Auf zur Burgeroberung.

Leider nicht besonders erfolgreich, machten wir uns auf den Weg zurück nach Dolný Kubín, wo wir den Rest des Nachmittags mit sehr leckeren Kuchen in einem Café verbrachten, bevor es endgültig hieß: Vesper schmieren, Rucksäcke schultern und ab zum Bahnhof.

Statt einer Burg plünderten wir dann eben die Kuchenauswahl des Cafés.

Mit der Bummelbahn ging es durch verschneite Landschaften bis nach Kral’ovany, wo sich dann auch Nadjas, Lucas und mein Weg trennten.

Langsam aber sicher ans Ziel.

Jetzt sitze ich gerade im Zug nach Brno (toitoitoi, dass ich dieses Mal pünktlich ankomme) und bin glücklich aber auch erschöpft von den vergangenen Wochen. Ein wenig Ruhe kann mir definitiv nicht schaden, daher ist die Devise für nächste Woche, es ruhig angehen zu lassen. Einen Blogeintrag ist es allerdings sicher trotzdem wert.