čau – zu einem neuen Beitrag, der leider mit ein wenig Verspätung kommt. Verspätung, die definitiv dem letzten Wochenende geschuldet ist. Aber bevor ich dazu komme, sollte ich wohl zuerst erzählen, was die ganze Woche über passiert ist, schließlich steigerte sie sich ähnlich wie mein (nicht ganz korrekt) gesteigerter Titel.
Die Woche begann Montags recht unspektakulär, da aufgrund der immer noch rasant steigenden Coronazahlen ein großer Teil der Schüler*innen und Lehrkräfte entweder positiv getestet oder als Kontaktperson zu Hause sitzt.
Warum ich bisher noch nicht betroffen war – keine Ahnung. Glück, Vorsicht, Impfungen, vermutlich irgendwie alles gleichzeitig, auch wenn ich nach wie vor fest damit rechne, früher oder später zwei statt einem Strich auf meinem Schnelltest zu entdecken. Wenn das der Fall sein sollte, dann wird sich dieser Blog kurzzeitig wohl eher in ein Quarantänetagebuch verwandeln (könnte vielleicht auch ganz interessant werden).
Überhaupt markiert dieser Beitrag auch einen gewissen Meilenstein in meinem Freiwilligendienst. Dieser Blog und damit auch mein Freiwilligendienst feiert hiermit offiziell 20-wöchiges Jubiläum! Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergangen ist! Da ich das aber in regelmäßigen Abständen immer wieder erzähle, möchte ich mich dieses Mal nicht allzu lange an diesem Thema aufhalten, sondern lieber weiter von meiner Woche erzählen.
Nach dem ich den Montag bei einem laaaaangen Telefonat mit einer Freundin ausklingen lies, das meine Stimmung ein wenig hob, verbrachte ich den Dienstag mit allerlei Planen, Organisieren, Unterrichten, Vorbereiten,… Was man eben so macht, wenn mehrere kleine und große Projekte in den Startlöchern stehen, man aber nebenher noch normalen Unterricht hat. Abends schaffte ich es dennoch, mich aufzuraffen und zum Rollschuhlaufen zu gehen. Eine gute Entscheidung, denn ich fühle mich in dieser kunterbunten Gruppe aus Mädchen oder wohl eher jungen Frauen wohler, als ich es je zu hoffen gewagt hätte. Jeder noch so kleine Erfolg wird gefeiert und sei es auch nur, dass ich endlich eine halbe Drehung schaffe, ohne einen wilden Tanz aus Beinahe-Stürzen aufzuführen, an dessen Ende dennoch mindestens ein anderes Körperteil außer meinen Füßen den Boden berührt. Das gibt mir das Gefühl, tatsächlich dazuzugehören, auch wenn ich noch nicht so lange dabei bin, bei Weitem nicht mit dem Niveau der Gruppe mithalten kann und weder Tschechisch noch Slowakisch (das wird hier gerne beides gleichzeitig gesprochen) so richtig sprechen kann.
Beflügelt von diesem positiven Erlebnis startete ich motiviert wie schon lange nicht mehr in den Unterricht am nächsten Tag, wo meiner Motivation durch die Erkenntnis, dass es wenig schlechtere Ideen gibt, als einen Film zu zeigen, ein kleiner Dämpfer verpasst wurde (und das obwohl der Film definitiv pädagogisch wertvoll war – oder vielleicht gerade deswegen).
Zum Schmunzeln brachte mich dann allerdings ein Blick auf mein Handy, dass mir zwei neue Anfragen auf Instagram anzeigte. Von wem? – von zwei Schülern. Wann? – während ich in ihrer Klasse den Film gezeigt habe. So viel also zu dem sinnvollen Einsatz von Medien im Unterricht.
Während ich am Donnerstag dann schon nicht mehr ganz so motiviert war, konnte ich wenigstens einer meiner Klassen einen kleinen Motivationsschub verpassen, indem ich mit ihnen das Fliegerlied anhörte, woraufhin sie begeistert feststellten, dass sie (trotz A2-Niveau) alles verstehen. Außerdem ging meine Unterrichtsplanung besser denn je auf, da eine andere Klasse tatsächlich wie von mir geplant Präsentationen zum Thema „Widerstand im Nationalsozialismus“ vorbereitet hatte. Diese wurden dann passend zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vorgetragen und sorgten für spannende Gespräche, über deren Tiefe die Schüler*innen wohl selbst am meisten überrascht waren („Wir können ja schon über richtig politische Themen sprechen.“).
Den Nachmittag und Abend verbrachte ich mit zwei weiteren Telefonaten mit Freundinnen zu Hause, bevor ich erneut meinen Rucksack für einen Wochenendtrip packe.
Bevor es aber losging, war am Freitag natürlich noch ganz normal Schule. Wobei, ganz normal war es auch nicht, denn einer der Deutschlehrer hatte Geburtstag. Wer meine bisherigen Einträge aufmerksam verfolgt hat, dem dürfte klar sein, was das bedeutet: jede Menge leckeres Essen!
Nach diesem schönen Ausklang der Woche ging es dann für mich mit dem Zug (wie könnte es auch anders sein, bei meiner Liebe zum tschechischen Zugsystem) nach Budweis, zu Julia, die dort noch bis Februar ihren Freiwilligendienst macht.
Den Samstag verbrachten wir allerdings nur zum Teil in České Budějovice, wie Budweis auf tschechisch heißt, sondern fuhren mit dem Bus (natürlich zu unschlagbaren Preisen) in die nahegelegene Stadt Český Krumlov. Dort findet sich neben der zweitgrößten Burg Tschechiens auch eine Altstadt, die von mir die Auszeichnung „sehr schön“ erhielt. Aber seht selbst:
Zurück in České Budějovice, feilten wir an den verschiedenen Niveaus meiner Bewertungsskala, wobei České Budějovice schließlich bei einem soliden „schön“ landete, was insbesondere dem wirklich schönen Marktplatz und den umliegenden Gässchen, der Melodie der Rathausglocken und der Tatsache, dass wir die Bar fanden, in der mein Vater bei Geschäftsreisen nach České Budějovice war, zu verdanken ist. Nicht zuletzt diese Bar ist auch der Grund, warum ich außer Prag lange nur Budweis kannte, wenn es um tschechische Städte ging.
Sonntags machten wir uns dann auf den Weg zu einem weiteren Highlight in der Gegend um České Budějovice: das Schloss in Hluboká nad Vltavou (Letzteres ist übrigens der tschechische Name der Moldau). Auf dem Weg dorthin hatten wir bereits mit dem doch sehr stürmischen Wetter zu kämpfen und witzelten noch, ob mein Zug bei dem Wetter überhaupt fährt (wäre ich da mal nicht so vorlaut gewesen à la: „Ach na klar.“) Das Schloss erhielt in meinem Ranking dann ganz eindeutig die Bewertung „wunderschön“:
Zurück in Julias Wohnung (die Sirenen, die wir kurz vor unserer Rückfahrt hörten, hätten mir auch hier zu denken geben können, was meine Heimfahrt anging), machten wir es uns gemütlich, nachdem wir bei unserem Bummel durch Budweis zahlreiche Umwege laufen mussten, um dem Filmteam, das wohl einen Detektivfilm drehte, auszuweichen.
So, jetzt haben wir die ersten drei Adjektive des Titels abgehakt, kommen wir also zu Adjektiv Nummer 4: chaotisch. Ich glaube, wenige Ereignisse meines Freiwilligendienstes haben diese Beschreibung so sehr verdient, wie meine Heimfahrt. Es begann alles recht harmlos, indem ich mich nach der herzlichen Verabschiedung von Julia in meinen etwas verspäteten Zug setzte. Ich war gerade dabei, es mir gemütlich zu machen, als ich von einem Schaffner gestört wurde, der sich seltsamerweise nicht mit dem Vorzeigen des Tickets zufrieden gab. Nach einigem hin und her (natürlich auf Tschechisch) waren mir schließlich drei Dinge klar: der Zug fährt wegen des Wetters nicht bis nach Brno, ich muss von einem Dorf, dass wir demnächst erreichen sollten, mit dem Bus weiterfahren und dieser Bus fährt nur bis nach Jihlava. Wer in tschechischer Geographie bewandert ist, dem wird auffallen, dass Jihlava von Brno aus gesehen, auf halber Strecke nach Prag und damit circa 2 Stunden von Brno entfernt liegt.
Aber eins nach dem anderen: in besagtem ersten Dorf angekommen (wir fuhren mit ca 30km/h und hatten damit bereits eine Verspätung von knapp einer Stunde), lies ich mich gemeinsam mit meinen Mitfahrenden aus dem Zug auf den Boden fallen, denn wir hielten nicht direkt am Bahnhof, sondern irgendwo im Nirgendwo, stapfte über die Schienen zum Bus und quetsche mich in die nicht sehr großen Sitze. Mit diesem Bus ging es auf Straßen, die wohl eher den Namen „bessere Feldwege“ verdient haben, über zahlreiche Dörfer nach Jihlava. Kurz vor diesem Ziel fing die Schaffnerin plötzlich an, zu telefonieren und schließlich, wild gestikulierend etwas zu erklären. Ich verstand von dem Ganzen eigentlich nur Brno und diverse verneinte Formen. Glücklicherweise meldete sich auf meine Frage (inzwischen ist es mir nicht mehr wirklich peinlich, lautstark „Mluvíte anglicky?“ zu rufen), ob denn hier jemand irgendetwas anderes als Tschechisch sprechen kann, ein Student, der mir in bestem Englisch übersetzte, dass der Bus uns tatsächlich nur bis nach Jihlava bringt. Von dort aus müssten wir schauen, wie wir weiterkommen. Meinen panischen Gesichtsausdruck richtig deutend erklärte er mir Gott sei Dank, dass er auch nach Brno müsse und dass ich besser schnell ein Busticket buchen sollte. Gesagt getan erwischte ich eines der letzten Bustickets für einen Bus, der in zwei Stunden fuhr. „Zwei Stunden irgendwo rumstehen und warten, na toll“ dachte ich mir, bis mich besagter Student, in Jihlava angekommen, fragte, ob ich Lust hätte, ihn auf der Suche nach einem Restaurant oder wenigstens einem warmen Ort zu begleiten. Zur Erinnerung: wir befanden uns mehr oder weniger mitten in einem Sturm. Fündig wurden wir schließlich tatsächlich und verbrachten die Wartezeit gemütlich über tschechischem Essen und bei guten Gesprächen, bis es schließlich Zeit wurde, unseren Bus zu erwischen.
Als ich dann mit 3 Stunden Verspätung endlich in Brno aus dem Bus stieg, war ich froh wie nie, den vertrauten Bahnhof, ja sogar den lästigen Schornstein, zu sehen. Die Verabschiedung von meiner Reisebekanntschaft viel durchaus herzlich aus und wir haben den festen Vorsatz, uns unter hoffentlich weniger chaotischen Bedingungen noch einmal auf einen Kaffee oder Ähnliches zu treffen.
Um nun endlich zum Ende des Beitrags zu kommen, hier die Moral(en) der Geschichte: 1. auch aus auf den ersten Blick chaotischen und schwierigen Situationen kann man etwas Gutes machen und 2. der Freiwilligendienst hat mich scheinbar wirklich bereits jetzt ziemlich selbstständig und gelassen werden lassen, wenn ich ohne totale Panik, irgendwo in Tschechien stehe, ohne festen Plan, wie ich nach Hause komme und diese Zeit dann auch noch genießen kann.
In diesem Sinne: Ahoj und bis nächste Woche!
Neueste Kommentare