Spontan sein ist alles! (Woche 9)

Wer sich an das Ende meines letzten Eintrags erinnert, der weiß, dass ich die vergangene Woche eigentlich etwas ruhiger angehen wollte. Tja, zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht wissen, welche Überraschungen im Verlauf der Woche noch auf mich warten würden.

Der Montag verlief eigentlich wie immer, ich habe zwei Lehrerinnen in den Unterricht begleitet und anschließend die Zeit bis zu meinem Sprachkurs mit Lesen und Unterricht vorbereiten verbracht.

Mein Tschechischaufschrieb zum Thema „Restaurant“

Dienstag begannen die Überraschungen dann recht harmlos. Zuerst hatte ich überraschend eine Stunde frei, da ich bei Grammatikunterricht keine wirklich große Hilfe bin und somit in der Stunde nur überflüssig danebengesessen hätte.

Die Abiturvorbereitung mit einer weiteren Klasse fand dann aber wie gewohnt statt, sodass ich die Gelegenheit hatte, die Schüler:innen mit neuen Fragen, diesmal zum Thema „Umwelt“ zu löchern.

Die mündliche Abiturprüfung besteht nämlich aus 4 Teilen:

Teil 1: Fragen, die nur der:die Prüfer:in kennt.

Teil 2: Über Bilder sprechen

Teil 3: Eine kurze Präsentation vorbereiten und halten.

Teil 4: gemeinsam etwas planen

Da wir in der Stunde aber nur zu viert sind, besteht sie natürlich nicht nur aus strikter Abiturvorbereitung, sondern auch aus Klatsch und Tratsch im Allgemeinen. Aber wie eine Lehrerin so schön sagt: „Sprache kommt von sprechen.“ Und entsprechend diesem Grundsatz bin ich auch der Meinung, dass es in erster Linie egal ist, worüber wir sprechen, solange es auf Deutsch ist.

Die dritte Stunde des Tages, die „Konversationsstunde“ für die angehenden DSD-Prüflinge, fiel aufgrund von diversen Besprechungen dann allerdings spontan ins Wasser, sodass ich nach gerade einmal einer Stunde Unterricht schon wieder Feierabend hatte.

Abends ging es dann wieder zum Rollschuhlaufen. Stück für Stück bilde ich mir ein, kleine Fortschritte zu bemerken. Zumindest kann ich jetzt problemlos bremsen und auch mehr oder weniger sicher meine Runden durch die Halle drehen.

Mittwochs nahmen die Überraschungen dann vollends überhand.

Stunde 1 von 3 fand zwar statt, allerdings nur mit der Hälfte der Schüler:innen, da der Rest bei einem Projekt beschäftigt war, beziehungsweise dort zuschauen wollte, was ich natürlich erlaubte, auf eine Stunde mehr oder weniger kommt es schließlich nicht an. Die verbliebenen Schülerinnen überraschten mich dafür dann aber wieder einmal mit ihrer Musikalität. Denn hinter ihrer Aussage „Ich brauche frische Luft.“ versteckt sich nicht etwas die Bitte, das Fenster zu öffnen, sondern das Lied zu singen. Dass wir damit das ganze Schulhaus beschallten, wurde uns erst klar, als der Lehrer aus dem Nachbarraum klopfte und freundlich darum bat, die Musik doch etwas leiser zu stellen. Selbstverständlich äußerte er diese Bitte auf Tschechisch, was bei mir zu einem verwirrten Gesichtsausdruck und bei meinen Schülerinnen daraufhin zu einem ausgeprägten Lachkrampf führte.

Die zweite Stunde fand dann allerdings gar nicht statt, da die komplette Klasse in besagtes Projekt eingebunden war. Erfahren habe ich davon durch Zufall circa 5min vorher.nDie dritte Stunde fand dann tatsächlich wie geplant statt, auch wenn die Schüler:innen eher mäßig motiviert auf das Thema Familie reagiert haben. Ich kann es ihnen nicht verdenken…

Das Highlight des Tages war aber die Einladung einer Klasse zu ihrer sogenannten „Stužková“, einer Art Vor-Abitur-Feier, bei der sie im Grunde den Eintritt in die Abiturphase feiern. Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut, auch wenn ich etwas überfragt bin, was die Outfitwahl angeht. Denn neben einem formellen Outfit brauche ich auch noch eines, das zum Thema „Film“ passt, also idealerweise ein Kostüm eines Filmcharakters. Falls also jemand Ideen hat, immer her damit!

Die sehr liebevoll gebastelte Einladung.

Donnerstags ging das Chaos dann weiter, als mich ein Lehrer morgens zähneknirschend mit der Nachricht begrüßte, dass die entfallene Stunde von gestern heute gemeinsam mit der anderen Hälfte stattfinde, allerdings seien von beiden Gruppen Schüler:innen in Quarantäne, sodass wir parallel Online- und Präsenzunterricht hatten. Obwohl wir zu zweit waren, bin ich sehr schnell zu dem Schluss gekommen, dass diese Unterrichtsform absolut nichts bringt und hoffe sehr, dass das in Zukunft wieder abgeschafft wird und wenn schon, dann die ganze Klasse Onlineunterricht hat.

Allgemein sind die Quarantäneregeln hier sehr seltsam. Wird jemand in der Klasse positiv auf das Coronavirus getestet, musst diese:r natürlich 14 Tage in Isolation und alle nicht Geimpften oder Genesenen ebenfalls, bis sie nach 7 Tagen bereits wieder in die Schule dürfen. An dieser Stelle sei aber gesagt: Alle Angaben ohne Gewähr! Denn ganz durchschaut habe ich das System noch nicht.

Dafür war die darauffolgende Stunde dann umso besser, was nicht zuletzt einer neuerlichen Überraschung geschuldet war. Von 21 Schüler:innen waren gerade einmal 12 da, was aber dazu führte, dass Schüler:innen Deutsch sprachen, von denen ich bis dato nicht wusste, dass sie das überhaupt können. Dementsprechend bin sehr zufrieden in den Feierabend gegangen und den ganzen Tag jedem, der mir über den Weg lief, von der tollen Stunde erzählt. Wenn eine Stunde mal nicht so gut lief, dann zieht mich das nicht so sehr runter, eine sehr gute Stunde sorgt bei mir allerdings den ganzen restlichen Tag für gute Laune.

Insbesondere Lucie, mit der ich mich Nachmittags zum Tee trinken traf, durfte sich die Stunde in aller Ausführlichkeit anhören. Natürlich haben wir aber auch über alles Mögliche gesprochen, unter anderem die Coronasituation, die doch mit einer Inzidenz von knapp 700 (Stand Montag 15.11.) recht beängstigend ist. Noch merkt man aber nichts von möglichen Verschärfungen, geschweige denn einem Lockdown. Angesichts der steigenden Zahlen, insbesondere auch unter den Schüler:innen und Lehrkräften, wird mir allerdings doch etwas mulmig.

Das kleine Teehaus ist ein echter Geheimtipp für alle Teeliebhaber:innen und solche die es noch werden wollen.

Der selbstgemachte Kuchen ist auch seeeeehr zu empfehlen.

Kein Tee sondern Kaffee und ein kleiner Ausblick auf mein Projekt, aus all den Kaffees, die ich hier trinke, eine Collage zu machen.

Donnerstags kündigte sich dann auch Sunny, eingesetzt an einer Schule in Prag, für einen Besuch am Wochenende an, worüber ich mich trotz meines eigentlichen Vorsatzes, dieses Wochenende absolut nichts zu machen, sehr freute.

Freitags folgte dann die zweite tolle Stunde der Woche und das ausgerechnet in einer Klasse, in der ich vorher noch nie war und die als eher schüchtern beschrieben wurde. Nach und nach sind sie dann immer mehr aufgetaut und haben mir die verschiedensten Fragen gestellt, nicht zuletzt, ob ich mal mit ihnen in eine Kneipe gehen würde.

Außerdem war ich das erste Mal in der Mensa. Ganz so schlimm wie die Schüler:innen es beschrieben haben, war das Essen dann auch nicht, da bin ich von der Mensa meiner ehemaligen Schule Anderes gewohnt.

Umso ernüchternder war dann die Tatsache, dass in der ersten Konversationsstunde nur ein Schüler und in der zweiten niemand auftauchte. Ich habe mich zwar sehr nett mit dem einen Schüler unterhalten, allerdings würde ich doch gerne wissen, was es mit dem Fehlen der anderen auf sich hat.

Vokabellisten erstellen im Zeitalter des Internets. Manchmal sollte man eben doch auf Wörterbücher zurückgreifen

Umso aufbauender war dann das fast vierstündige Telefonat anlässlich des Geburtstags einer Freundin. Es ist schon faszinierend, dass man dank der Technik heute problemlos mit Menschen sprechen kann, die alle an verschiedenen Orten, mehrere hunderte bis tausende Kilometer entfernt sind.

Samstags traf ich mich dann noch mit Antonie, einer Schülerin und mittlerweile auch Freundin, bevor ich schließlich Sunny vom Busbahnhof abholte und wir trotz Schmuddelwetter ein wenig durch die Stadt bummelten und den ersten Glühwein des Jahres tranken.

Seeehr leckere Tomatensuppe und das zu einem unschlagbaren Preis:)

Das Spiegelkabinett in der Kunstausstellung hatte es uns angetan.

Die Kunst aber natürlich auch.

Und ich konnte mich durchaus auch für die Architektur des Gebäudes begeistern.

Auf dem Weg zum Busbahnhof.

Den Sonntag nutzte ich dann wie geplant für die Erstattungsformulare für kulturweit. Wer glaubt, mit Beginn des Freiwilligendiensts sei der Papierkram endlich geschafft, den muss ich leider enttäuschen und so verlief mein Sonntag zwar durchaus ruhig, aber auch ein wenig langweilig.

Mein neues Hobby: von meinem Fenster aus die (viel zu frühen) Sonnenuntergänge fotografieren)

Immerhin kann ich jetzt mit neuer Energie in die kommende Woche starten und hoffe, dass diese ein wenig planbarer verläuft.