Die zweite Woche verging, wenn das überhaupt möglich ist, noch schneller als die Erste.
Angefangen hat es am Montag eigentlich relativ langweilig mit Unterrichtsvorbereitung. Momentan versuche ich, Wohn- und Arbeitsraum zu trennen, indem ich in meinem Kabinett in der Schule arbeite. Ob ich das auch noch mache, wenn es schon früh dunkel wird und ich dann womöglich durch die dunkle Schule laufen muss, wird sich noch zeigen.
Am Dienstag hat die Woche dann an Fahrt aufgenommen.
Nachdem ich morgens in der Schule war, habe ich Mittags mit meiner „Vorfreiwilligen“ telefoniert, die mir zum einen wertvolle Tipps für Konversationsstunden und Unterricht im Allgemeinen geben konnte, zum anderen aber genau nachvollziehen konnte, in was für einer Situation ich mich gerade befinde und somit die optimale Zuhörerin und Ratgeberin war.
Nachmittags traf ich mich dann mit der Schülerin, die mir während des Schulfests schon Gesellschaft geleistet hatte. Sie hat mir die besten Cafés der Stadt (ich werde hier tatsächlich noch zur Kaffeetrinkerin) und viele wirklich schöne und auch ruhige Orte in der Stadt gezeigt und ich habe Brno nochmal auf eine ganz andere Art und Weise, nämlich durch die Augen einer Einheimischen kennengelernt.
Der Mittwoch war geprägt von Schule und Arbeiten, denn nach drei Unterrichtsstunden, die ich alleine hielt, folgte noch die Unterrichtsvorbereitung für den nächsten Tag. Der Tag lieferte zwei Erkenntnisse: 1. Das Thema „Schönheit“ kann super interessant werden, aber mit 20 Jugendlichen auch gehörig in die Hose gehen. 2. Ich habe keine Ahnung davon, wann man welche Zeiten im Deutschen korrekt anwendet, geschweige denn kombiniert. Plusquamperfekt und Perfekt gehört nicht zusammen? Schon möglich, aber Gedanken habe ich mir darüber noch nie gemacht. Im Zweifel schiebe ich es halt auf meine (eigentlich nicht ganz so) schwäbische Herkunft, denn wie sagen es die Schwaben so schön? -Wir können alles – außer Hochdeutsch.
An Donnerstag forderten dann die vergangenen Tage ihr Tribut und statt mich um einen Sprachkurs zu kümmern, habe ich den ganzen Nachmittag verschlafen. Nach diesem etwas ausgiebigeren Powernap, hatte ich immerhin wieder genug Energie, um mit Zoe, einer anderen Freiwilligen in Tschechien zu telefonieren. Telefonate machen in letzter Zeit sowieso einen großen Teil meines Alltags aus. Der Kontakt zu Freunden und Familie ist zwar auch über WhatsApp und Co. möglich, aber wenn ich keine 15 minütigen Sprachnachrichten (sorry nochmal Vivi) verschicken will, dann ist telefonieren die einzige Möglichkeit, andere an meinen Erlebnissen und Gedanken ausführlich teilhaben zu lassen und vor allem auch etwas über ihre Tage zu erfahren. Außerdem haben bekannte Stimmen eine wirklich beruhigende Wirkung.
Am Wochenende stand dann der Gegenbesuch bei Lucie und Alina in Břeclav an. Am Freitagabend statteten wir dem dortigen Mexikaner einen Besuch ab (das Essen dort ist wirklich verdammt lecker und preiswert) und ließen den Abend noch bei einem Glas Burçak ausklingen.
Nach dem Frühstück am Samstagmorgen ging es mit dem Bus nach Valtice, wo wir uns das Schloss und die Kirche anschauen wollten. Besonders angetan hatten es uns hier ein ziemlich beeindruckender Baum und die Statuen im Garten.
Nach dem Mittagessen in einem tschechischen Restaurant, ich entschied mich für gebratenen Käse und Kofola, beides tschechische Spezialititäten, machten wir uns auf den Weg in den angrenzenden Schlosspark, in dem ich endlich mal wieder auf meine Kosten kam, was Natur und Ruhe angeht. Kaum zu glauben, aber nach knapp zwei Wochen in einer Großstadt, war ich schon total auf Naturentzug und freute mich darüber, endlich mal keinen Straßenlärm und Sirenen im Ohr zu haben. Einzig die regelmäßigen Explosionen deren Ursprung leider ungeklärt blieb, störten die Idylle ein wenig.
Da die Busse nur sehr unregelmäßig fuhren, verbrachten wir die restliche Zeit in einem Picknickcafé und stellten in dieser Zeit auch die These auf, welche der Ursprung des Titels des heutigen Beitrags ist. Die mit Abstand beliebteste Farbe für Häuser scheint hier definitiv gelb zu sein. Warum? Wir konnten keine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage finden, haben aber ausgiebig jeden gelben Gegenstand bewundert und gegebenenfalls fotografiert (wenn man mal auf etwas achtet, ist es plötzlich überall).
Den Sonntag begannen wir mit einer Auseinandersetzung mit dem Toaster, bei der sich mal wieder herausstellte, dass Gewalt eben doch eine Lösung ist und bereiteten anschließend noch ein wenig Unterricht vor.
Der Höhepunkt des Tages war aber die Parade, die in Břeclav stattfand und bei der wir viele traditionelle Kleider und Tänze sahen. Die Straßen wurden spontan gesperrt (die Busfahrer in den wartenden Bussen taten mir ein wenig leid) und die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Obwohl wir nichts verstanden, genossen wir die ausgelassene Stimmung und natürlich das Essen auf dem kleinen Jahrmarkt unterhalb der Burgruine der Stadt. Ich habe kurz über den Titel „kulinarische Tour durch Südmähren“ nachgedacht. Gepasst hätte es auf jeden Fall, es klang in meinen Ohren dann aber doch zu sehr nach „Lecker aufs Land“ oder anderen Fernsehsendungen…
Jetzt sitze ich gerade im Zug nach Brno und denke darüber nach, wie seltsam es ist „nach Hause“ zu fahren. Ich bin in Brno noch nicht mal richtig angekommen, auch wenn ich mich immer wohler fühle und schon war ich ein ganzes Wochenende weg und habe super viele neue Eindrücke gesammelt. Auf der anderen Seite, fühlt es sich doch ein wenig nach „Heimkommen“ an, wenn ich nach einem turbulenten Tag oder Wochenende, das Alleinsein und die Ruhe in meiner Wohnung genießen kann.
Außerdem bin schon dabei, die nächste Woche und das folgende Wochenende zu planen und so viel ist sicher, mir wird auf jeden Fall nicht langweilig.
Ahoj!
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