Ein Hoch auf unseren Busfahrer

Ein Hoch auf unseren Busfahrer

 

Mein erster Tag in Rijeka beginnt mit eher bedecktem Wetter. Anscheinend habe ich nicht gerade das beste Wetter mitgebracht. Dafür gewinne ich meinen Frühsport wieder, indem ich das Holz vor Đosis Haus umstapele und den Ofen anfeuere. Danach mache ich mich fertig für den Seminarstag und erledige noch Arbeit, bevor ich in meine Rijeka-Freizeit starte.

Für den Nachmittag habe ich mich nämlich noch mit Sonja auf eine Stadttour verabredet. Deshalb packe ich gegen Mittag meine Sachen zusammen und mache mich auf den Weg in die Stadt. Mein erstes Problem entdecke ich allerdings schon nach den ersten 500m von Đosis Haus. An der Bushaltestelle stellt es sich nämlich heraus, dass der Bus bereits 20 Minuten vor der eigentlich Zeit abgefahren ist. Der Plan, den Sonja mir geschickt hat, ist nicht aktuell.

Na prima, aber es lohnt sich auch nicht sich darüber aufzuregen. Stattdessen steige ich nach Viškovo hinab, in der Hoffnung, dass ich ein bisschen Strecke gewinnen kann, bevor der nächste Bus kommt. Auf meinem Weg laufe ich durch die Vorstädtchen von Rijeka und vorbei an zahlreichen Häusern, bei denen die Kirschbäume gerade in der Blüte stehen. Das ultimative Zeichen des Frühlings ist für mich gekommen und ich bin super happy.

Nichtsdestotrotz, drängt mich die Zeit zum Weitergehen, denn ich habe die Hoffnung auf einen anderen Bus noch nicht aufgegeben. Tatsächlich habe ich, in Viškovo angekommen, Glück, denn ich erwische einen Bus der Stadtlinie, der mich direkt in die Stadt bringen sollte.

Auf meiner Fahrt sage ich Sonja Bescheid, dass ich unterwegs bin und überlege, wo ich am besten aussteigen könnte. Weil ich den Busfahrplan überhaupt nicht kenne, weiß ich auch nicht genau, wo der Bus anhält. Ich muss also versuchen, bei einer Haltestelle in der Nähe der Nikola Tesla, unserem Treffpunkt, den Bus zu verlassen. Wie sich allerdings herausstellt, kenne ich mich nicht nur mit dem Busfahrplan nicht aus, sondern auch mit dem Einschätzen von Distanzen, denn ich steige ein bisschen zu früh aus. Während es für mich kein Problem ist, dass ich noch einen Kilometer mehr laufen darf, ist Sonja ein bisschen angenervt, als ich endlich am Treffpunkt ankomme. Anscheinend unterscheiden sich ihre und meine Definition von “nicht mehr weit”.
Auf jeden Fall kann ich nicht mehr wirklich mit meiner deutschen Pünktlichkeit dagegenhalten. Vielleicht bin ich zu lange schon in Kroatien.

Während wir eine kleine Stadttour machen, zeigt Sonja mir ein paar von den bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir laufen beispielsweise an dem Gouverneurspalast vorbei, stehen vor dem Justizpalast (Anscheinend gibt es eine Menge Paläste in Rijeka.) und Sonja zeigt mir ihre Schule, was die wichtigste Sehenswürdigkeit in der Unterstadt ist. Manchmal bin ich mir auch nicht sicher, ob ich Sonjas Stadttour folgen kann, weil sie gelegentlich vage in eine Straße hineinzeigt und meint: “Das gelbe Haus dort ist XY.” In Rijeka gibt es viele gelbe Häuser.

Trotzdem muss ich sagen, dass mir der Stadtgang sehr gut gefällt und ich von Rijeka schwer beeindruckt bin. Was auch noch schwer auf mich eindrückt, ist mein Hunger, weil ich an diesem Tag noch nichts gegessen habe. Sonja führt mich drum zu einem Restaurant, meinem ersten Restaurantbesuch in Kroatien, wo ich in eine Menge Fettnäpfchen trete. Mein erstes ist es, dass ich einen Salat bestelle, der übrigens wirklich ausgezeichnet ist und Sonja Hobotnica, also Tintenfisch, bestellt. Die Gastwirtin reagiert ein bisschen verdattert, als sich herausstellt, dass ich den Salat bestellt habe.

Ein Salat mit Cedevita, was will man mehr?

Ins größte Fettnäpfchen trete ich allerdings, als Sonja mich losschickt, um die Rechnung zu bestellen. Auf meine Frage nach getrennter Rechnung werde ich von Sonja nur schallend ausgelacht und von der Kellnerin in größter Verwirrung angeschaut. Dazu kommt, dass ich, aus Versehen auch noch falsch Trinkgeld gebe (Đosi gibt mir zum Glück später noch eine richtige Einführung in das Trinkgeldgeben.). Für mich fasse ich den Beschluss, dass ich diese Lernlücken unbedingt mit mehr Restaurantbesuchen füllen muss.

Von unser Konobar aus laufen wir in die Richtung von Trsat, dem Kastel, was das Tal von Rijeka sowie die Stadt überblickt. Die Sicht ist zwar ein wenig diesig, dafür sehen wir sogar noch ein bisschen Sonne. Eigentlich hat der Wetterbericht für den heutigen Tag Regen angekündigt.

Nach einem kleinen Nachmittagskaffee, ist unser eigentlicher Plan die Torpedo-Werft zu besuchen. Die Stadt Rijeka ist nämlich die Geburtsstadt des Torpedos. Unser Vorhaben wird allerdings torpediert, als sich wieder herausstellt, dass der Bus ohne uns losgefahren ist. Es gab schon wieder eine Planänderung.

Statt zur Torpedo-Werft beschließen Sonja und ich nach Volosko, westlich von Rijeka, zu fahren. Die Sonne geht schon unter, aber für einen Abendspaziergang an der Uferpromenade ist jedoch immer Zeit. Wir steigen in einem kleinen Dörflein mit dem Namen Volosko aus. Es wirkt wie eine Szene aus einem Filme-Noir oder aus einer Küstenromanze. Die Laternen hüllen die Gäschen in warmes gelbliches Licht und der Weg nimmt uns mit am Meer entlang.

Ein leichter Nebel hat sich über die Kvaner Bucht gelegt und aus der Ferne können wir nur die Lichter der Stadt sehen, wie sie zu uns hinüberstrahlen. Das Meer ist völlig ruhig und zum ersten Mal seit langen höre ich einmal wieder das Rauschen der See.
Besonders weit wandern wir nicht, aber das ist nicht besonders schlimm. Unser Ziel ist Opatja, ein Küstenstädtchen und der Weg ist mehr als schön. Immerhin, über eine kleine Attraktion stolpern Sonja und ich noch auf unserem Spaziergang. Kurz vor Opatja, vor einer Statue mit dem Namen: “das Mädchen und die Möwe” hat die Gemeinde einen netten Bogen aufgestellt, der mit Blumen und Beleuchtung geschmückt wurde. Davor ist eine Kamera aufgebaut, die angeblich Fotos von uns macht. Ich bin mir nicht sicher, ob die Europäische Datenschutzgrundverordnung damit einverstanden wäre, aber im Kleingedruckten steht, dass man die Fotos widerrufen kann. Dann nur noch eben den roten Knopf 3 Sekunden lang drücken, sich in Position bringen und 10 Sekunden warten.

Dann sollte eigentlich ein Bild auf der Webseite erscheinen, was wir uns runterladen könnten, aber auch nur eigentlich. Als ich nämlich auf der Webseite nach dem Bild suche, komme ich nur bei der Buchungsseite für Unterkünfte raus. Ein guter Werbetrick.

Danach laufen wir zur Bushaltestelle, dieses Mal 20 Minuten vor der Zeit. Die Fahrt nach Rijeka vertrage ich nicht so gut. Es überrascht mich wirklich, dass ein normaler Verkehrsbus über die kurvenreichen Straßen mit Tempo 80 rasen kann. Im Bus versuche ich mich, so gut es geht, an den Halterungen festzuhalten und nicht seekrank zu werden, während der Bus um eine Kurve nach der anderen biegt.

Als uns der Bus vom Höllenritt befreit, stehe ich wackelig auf den Beinen. Für den Abend muss ich zum Glück nur noch einen Bus nehmen, bis ich wieder zu Đosi komme. Während ich jedoch im Bus sitze, der mich nach Kosi bringen sollte, merke ich, wie der Bus erst immer weiter in Schieflage gerät und dann immer langsamer wird. Schließlich kommt er keuchend am Berg zum Stehen und ein Blick von außen auf den Bus verrät mir, dass er für heute Feierabend gemacht hat: Za danas je dosta.

Ich habe jetzt 2 Optionen auf der Hand, nach Hause laufen oder Đosi anrufen. Ich entscheide mich bei dieser späten Stunde dafür Đosi anzurufen. Als sie mich fragt, wo ich genau bin, antworte ich, etwas überfragt Viškovo. Es stellt sich letztendlich heraus, dass ich nicht in Viškovo bin, sondern im Dorf davor. Erleichtert bin ich dann doch wirklich sehr, als Đosi mich mit dem Auto abholen kommt. Das fährt am heutigen Tag zum Glück zuverlässiger als der Bus.

 

 

Rijeka

05.03.2021

Dieser Artikel hat 1 Kommentar

  1. Zzzz, nach all den Vorwürfen (Der Plan, den Sonja mir geschickt hat, ist nicht aktuell) muss ich doch tatsächlich ein Lob dalassen: Nur ein Rechtschreibfehler 😉 ich würde dir ja ein Sternchen ins Heft kleben, aber Digitales hat eben auch seine Nachteile

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