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Sonne, Festivals, Konzerte und Zwischenseminar

Auch die letzten beiden Monate waren voll mit Programm. Deshalb wird der Eintrag etwas länger, auch wenn ich versuche, mich kurzzufassen:

Neben dem ersten Mai ist auch der 4. Mai in Lettland ein Feiertag, weil die lettische Bevölkerung die Wiedererlangung der Unabhängigkeit feiert. Es fand eine kleine Parade statt, in der Menschen in lettischen Trachten der verschiedenen Regionen gekleidet zum Freiheitsmonument gegangen sind und Blumen davor abgelegt haben. Allgemein sind viele Lettinnen und Letten an dem Tag mit Blumen in der Hand herumgelaufen und haben diese vor dem Freiheitsmonument abgelegt. Singen, Tanzen und Blumen haben in Lettland eine große Tradition. Neben dem Gesang während der Parade fanden auch mehrere Livekonzerte in Riga statt.

Das Freiheitsmonument in Riga

Von Mitte April bis Mitte Juni habe ich außerdem einen Lettischkurs gemacht. Leider war der Kurs nur online, aber ich bin überhaupt froh, dass ich endlich angefangen konnte, die lettische Sprache zu lernen. Man kommt in Riga zwar auch gut mit Englisch durch, aber es ärgert mich irgendwie schon, dass ich die lokale Sprache nicht sprechen kann. Da Lettisch nur mit Litauisch verwandt ist, ist es auch nicht unbedingt die einfachste Sprache zu lernen. Nach 2 Monaten Sprachkurs bin jedoch immer noch sehr weit davon entfernt, die Sprache zu sprechen. Ich kann ein paar Wörter und Sätze, aber abgesehen von labdien (Guten Tag) und paldies (Danke) bewege ich mich immer noch auf Englisch durch Lettland.

Am Wochenende vor dem Zwischenseminar sollte mich eigentlich eine andere kulturweit Freiwillige besuchen, aber leider ist sie kurz vorher krank geworden. Da ich dann doch unerwartet freie Zeit hatte, habe ich mich dazu entschlossen ans Meer zu fahren. Eine Stunde Zugfahrt von Riga entfernt gibt es den sogenannten Saulrieta taka bzw. Sunset Trail. Auch ohne Sonnenuntergangs ist der 3,6 km lange Wanderweg in Strandnähe definitiv einen Besuch wert. Während ein großer Teil  durch den Wald geht, führt ein kleiner Teil wiederum direkt am Strand entlang. Man kann aber aus dem Wald heraus den Strand sehen, sodass man sowohl den Wald als auch das Meer genießen kann.

Mitte Mai fand das Onlinezwischenseminar von kulturweit statt. Da wir deshalb nicht zur Arbeit gehen mussten, wollten ein paar andere Freiwillige und ich die Gelegenheit nutzen, uns zu treffen und einen neuen Ort zu erkunden. Nach der Entscheidung des Ortes und einigen Krankheitsfällen haben wir letztendlich das Zwischenseminar zu dritt im litauischen Kaunas verbracht. Es war echt schön, sich persönlich mit den anderen auszutauschen und auch außerhalb der Seminarzeiten etwas gemeinsam zu unternehmen. Kaunas ist definitiv eine sehenswerte Stadt. Gleichzeitung mit Esch-sur-Alzette in Luxemburg war Kaunas 2022 europäische Kulturhauptstadt, was man auch an der Stadtplanung sieht. Das Zentrum ist fußgängerfreundlich und hat neben einer schönen Altstadt auch Parks, Kunst, coole Bars und Restaurants sowie Erholungsflächen am Wasser zu bieten. Wie auch schon in Tallinn hat mir die Kombination zwischen Moderne und Altstadt gut gefallen. Obwohl ich vorher ziemlich unmotiviert auf eine Woche Onlineseminar gewesen bin, war ich am Ende doch positiv überrascht. Das Programm war abwechslungsreich und wir hatten auch Einheiten, die nicht vor dem Bildschirm waren. Neben dem Austausch über unsere Erfahrungen wurden auch externe Gäste eingeladen, mit denen wir über spannende Themen wie Catcalling, Kulturimperialismus, die Geschichte Polens oder dem Umgang mit LGBTQ+ diskutieren konnten.

Auch in Riga und der Umgebung wird es nie langweilig. Es gibt immer irgendwelche Festivals oder andere Events. Als ich aus Kaunas zurückgekommen bin, habe ich festgestellt, dass Riga zusammen mit Tampere die Eishockey WM veranstaltet. Eishockey ist der lettische Nationalsport. Überall hat man Menschen mit Trikots angetroffen und jubelnde Fans gesehen, wenn Lettland gewonnen hat. Letztendlich hat Lettland den 3. Platz erreicht. So weit ist die lettische Nationalmannschaft bisher noch nie gekommen. Die Freude war so groß, dass man kurzfristig am Tag des Finales spät abends den Montag darauf zum Feiertag ernannt hat. Deutschland hat übrigens den 2. Platz erreicht, aber auf einen zusätzlichen Feiertag mussten die Menschen in Deutschland wohl verzichten. An diesem neuen lettischen Feiertag wurde die lettische Nationalmannschaft mit großem Jubel am Freiheitsdenkmal in Riga empfangen. Ca. 30.000 Menschen haben sich dort versammelt, um den lettischen Erfolg zu feiern. So viele Menschen habe ich bisher noch nicht in Riga an einem Ort gesehen. Es war auf jeden Fall eine super Atmosphäre, obwohl ich außer Menschen mit Lettlandtrikots und Flaggen nicht sonderlich viel sehen konnte. Viel verstehen konnte ich außer den regelmäßigen „Latvija“-Rufen, die man auch schon während der gesamten WM regelmäßig in der Stadt hören konnte, leider auch nicht. Dafür haben meine Lettischkenntnisse dann doch nicht ausgereicht.

Zusammen mit Karla, meinem neuen Mitbewohner und einer Freundin von Karla sind wir am 27. Mai nach Jurmala gefahren, weil dort das Resort Festival of Jurmala gefeiert wurde. Wir haben Streetfood gegessen, Riesenjenga und ein anderes Spiel gespielt, eine Brücke gebaut und ein Krokodil aus Sand geformt. Am Ende fand ein Konzert statt. Während die anderen irgendwann nach Hause gefahren sind, bin ich bis zum Sonnenuntergang geblieben. Livemusik, Strand und Sonnenuntergang – ein definitiv gelungener Tag.

Einen Tag nach dem Jurmalafestival bekam ich auch schon Besuch von einer Freundin aus Deutschland. Die Woche war auch sehr ereignisreich. Wir waren im Mežaparks am Stadtrand von Riga, haben eine Ballettaufführung gesehen, waren auf einer ESN-Bootsparty, haben bei den Tänzen im Pub Ala Pagrabs mitgemacht, waren mehrere Male bei Lido essen und haben einen Handwerkermarkt im Freilichtmuseum besucht.

Kaum war der Besuch weg, ging das Programm für mich abends schon weiter. Ich habe ein Konzert von Zaz und zwei Tage später Typically Tina, ein Tina Turner Tribute, besucht. Beide Male war der Raum bestuhlt und beide Male habe ich mich zu der Gruppe hinten gesellt, die gestanden hat. Erstens war die Sicht viel besser, weil ich hinten auf einem der günstigeren Stühle saß. Zweitens kann man im Stehen viel besser Tanzen. An sich war die Stimmung nicht schlecht, aber man merkt doch, dass hinten nicht unbedingt die größten Fans stehen. Hinten bei mir wurde kaum mitgesungen. Es war sehr merkwürdig mich selbst laut singen zu hören, als nur das Publikum den Refrain von „Je veux“ singen sollte. In den vorderen Reihen wurde gesungen, aber in meinem Umfeld war ich glaube ich die einzige Person, die den Liedtext kannte. Bei Typically Tina war es ähnlich. Das Publikum war am Ende trotzdem begeistert, da sowohl Zaz als auch Typically Tina wirklich gut performt haben.

Weiterhin hat sich meine WG-Konstellation in den 2 Monaten geändert. Karla ist ausgezogen. An ihrem letzten Abend war ich noch mit ihr und einer Freundin von ihr Falafel essen und anschließend waren wir noch im Park. Als Ersatz für Karla habe ich jetzt zwei neue männliche Mitbewohner aus Ägypten und der Türkei. Immerhin spreche ich dadurch endlich mal mehr Englisch.

Am darauffolgenden Wochenende bekam ich wieder Besuch von einem Kommilitonen aus meinem Master und seiner Freundin. Am 10. Juni fand in Riga das Eiscremefestival statt, welches wir besucht haben. Die Schlangen für die Eisstände waren aber so lang, dass wir weiter zu einem Flohmarkt am Spīķeri in der Nähe des Marktes gegangen sind. Ich habe auch ein neues Getränk kennengelernt, dass wie die lettische Brotsuppe schmeckt, nur als Erfrischungsgetränk. Weiter ging es zu einem Designfestival. Darüber hinaus hat mir mein Kommilitone einen Laden gezeigt, wo man coole Karten kaufen kann. Das Paradies für Geographen und Border Studies Interessierte. Neben aktuellen Karten, Reiseführern und anderen Dingen, werden dort auch alte Sowjetkarten von verschiedenen Regionen der Welt verkauft. Nachdem ich den Verkäufer gefragt habe, ob er auch eine alte Karte von Madagaskar oder zumindest Nosy Be hat, wurde intensiv gesucht – leider ohne Erfolg.  Auch ein Abstecher in ein paar Humanas durfte nicht fehlen, da alles nur 50 Cent an dem Tag gekostet hat. Eigentlich wollte ich den beiden das Tallinas ielas kvartāls zeigen, aber dort fand ein Hip-Hop Festival statt und 17 Euro war uns der Eintritt dann doch nicht wert. So haben wir aber ein paar andere coole Bars in der Nähe kennengelernt. Danach ging es nochmal für ein Stück Kuchen zu Lido und dann haben wir noch die letzte halbe Stunde des Konzerts von der Band Carnival Youth angehört, welche das Eiscremefestival abgeschlossen hat. Anschließend hatte ich eine Woche einen Dauerohrwurm von ihrem Lied „Never have enough“. Am nächsten Tag konnte ich meinem Besuch dann doch noch das Tallinas ielas kvartāls zeigen. Später haben wir uns noch in den Biergarten Gauja gesetzt und nachmittags ging es für die beiden dann auch schon wieder mit dem Bus nach Hause.

Auf der Arbeit gab es ebenfalls wieder ein paar Events. Sowohl im Mai als auch im Juni fand jeweils wieder ein Wissenschafts- und Sprachcafé statt. Im Mai wurde zunächst ein Vortrag über Feminismus gehalten, den ich leider wegen meines Lettischkurses verpasst habe. Trotzdem konnte ich noch nachkommen und an spannenden Gesprächen zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, der lettischen Sprache, den Umgang mit der russischen Sprache in Lettland, der Integration von ausländischen Studierenden und anderen Themen teilnehmen. Dieses Mal waren auch schon mehr Leute dabei als beim ersten Wissenschafts- und Sprachcafé. Ich Juni hatte ich dann selbst das Vergnügen, einen Vortrag über die Energiewende in Deutschland zu halten.

Weiterhin haben wir am 9. Juni mit der Arbeit das Festival Lampa in Cēsis besucht. Hier fanden Diskussionen über verschiedene Themen statt. Ich musste mich auf die englischsprachigen Diskussionen beschränken, welche jedoch auch sehr spannend waren. Es war sowieso nicht einmal möglich, diesen Diskussionen komplett zu folgen, aber zumindest konnte ich in Diskussionen über Zero Waste, Urban Gardening, die Erfahrungen mit der Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt, die Wärmeversorgung Lettlands und nichtmilitärische Bedrohungen reinhören. Die letzte Diskussion, die wir alle drei vom DAAD verfolgt haben, wurde unter anderem von der deutschen Botschaft mitorganisiert und handelte über Diplomatie in Krisenzeiten. Der Tag hat mir definitiv nochmal neue Denkanstöße gegeben.

Das war eine Zusammenfassung der letzten zwei Monate.

Bis zum nächsten Mal 😊

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Lettland blüht auf

Die letzten Wochen waren wieder sehr ereignisreich. Während und kurz nach Ostern war das Wetter in Riga richtig frühlingshaft. Blumen werden in den Parks gepflanzt, die Blätter wachsen langsam an den Bäumen und vieles fängt an zu blühen. Mit dem Aufblühen der Pflanzen blühen auch die Menschen in Riga auf. Man sieht viel mehr Leute in der Stadt und in den Parks. So habe auch ich versucht, das Wetter auszunutzen.

Meine Mitbewohnerin Karla hat mich gefragt, ob ich zu einer Wanderung im Gauja Nationalpark von der Uni mitkommen möchte. Es war sehr schön. So sind wir mit ein paar anderen Menschen durch den Nationalpark gewandert. Von der Länge her war es perfekt und der Großteil der Strecke war zum Glück flach. Im Wald fingen ebenfalls die ersten Blumen an zu blühen. Es war auch schön, endlich nochmal etwas Englisch zu reden, da ich bisher durch meine Arbeit fast die ganze Zeit nur Deutsch spreche.

Abends war ich dann auf einer Pub Crawl, die vom ESN (European Student Network) organisiert wurde. Den ESN gibt es in vielen Universitäten in Europa. Sie organisieren verschiedene Aktivitäten für internationale Studierende. Bei der Pub Crawl waren auch Studierende aus den anderen baltischen Universitäten mit dabei. Da wir so viele Leute waren, wurden wir in mehrere Gruppen aufgeteilt. In meiner Gruppe waren unter anderem französische Erasmusstudierende aus Vilnius, Studierende aus Valmiera in Lettland, aber auch andere internationale Studierende aus Riga mit dabei. Kaum zu glauben, aber in meiner Gruppe war ich ausnahmsweise mal die einzige deutsche Person. Wenn man sonst auf auf solche Events geht oder allgemein durch Riga läuft, merkt man, dass es ziemliche viele Deutsche in Riga gibt. Neben den Erasmusstudierenden gibt es auch viele Medizinstudierende, die ihr komplettes Studium im Riga machen. Die Pub Crawl endete für meine Gruppe in der Fox Karaoke Bar, wo wir mit Mamma Mia von ABBA und Just the way you are von Bruno Mars die ohnehin schon gute Stimmung am Leben gehalten haben. Danach ging es noch zu einer Erasmusparty im Maze Club.

Am Wochenende darauf durfte ich am Wirtschaftskurs des Deutsch-Baltischen Jugendwerks zum Thema „Der Weltraum ist nicht nur für Astronauten“ teilnehmen. Hier waren Leute aus Deutschland, Lettland und sogar jemand aus Estland anwesend. Es gab mehrere spannende Vorträge und Diskussionen zur Weltraumforschung, der Weltraumpolitik und der Bedeutung der Weltraumindustrie für uns persönlich. Manchmal vergisst man, dass wir alltägliche Dinge wie die Nutzung von GPS oder Wettervorhersagen der Weltraumindustrie zu verdanken haben. Das Highlight war ein Tagesausflug nach Ventspils. Hier haben wir einmal das Wissenschaftszentrum VIZIUM besucht, wo es eine interaktive Ausstellung gab.  Man kann dort beispielsweise eine Virtual Reality Achterbahnfahrt machen, sich selbst auf einem Stuhl mithilfe eines Flaschenzugs hochziehen oder ein Geographiequizz machen. Danach ging es zum Ventspils International Radio Astronomy Centre. Während der Ort früher von der Sowjetunion zur Spionage genutzt wurde, dienen die beiden großen Antennen heute wissenschaftlichen Zwecken. Da einige Leute aus dem Kurs erst Sonntagabend in Riga abgereist sind und wir schon mittags mit dem Kurs fertig waren, haben wir noch etwas Riga besichtigt und das schöne Wetter genossen. Immerhin waren es um die 20 Grad.

Was die Arbeit angeht, waren wir vom DAAD Ende April beim Landesfinale von Jugend debattiert in Mittel- Ost- und Südosteuropa in der deutschen Botschaft eingeladen. Vier lettische Schülerinnen und Schüler haben hier auf Deutsch über das Thema debattiert, ob man ähnlich wie bei Zigaretten Schockfotos auf Fleischverpackungen drucken sollte. Die beiden Gewinner dürfen beim internationalen Finale teilnehmen, welches in einem der Teilnahmeländer stattfindet. Es war schon erstaunlich zu sehen, wie gut diese jungen Menschen Deutsch sprechen können.

 

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Tallinn und Helsinki

Über das Osterwochenende ging es für mich weiter in den Norden nach Estland und Finnland. Anlass war eine Karrieremesse an einem deutschen Gymnasium in Tallinn am Gründonnerstag, zu der ich mitkommen durfte. Ich muss schon sagen, die Schule hat sich sehen lassen. Mit wurde sogar gesagt, dass es eine Sauna beim Schwimmbad gibt. Da merkt man doch die nordische Kultur in Estland.

Weil ich das Osterwochenende vier Tage frei hatte, habe ich mir gedacht, dass ich das auch direkt mit einem Kurztrip verbinden kann. So habe ich mir ein Hostelbett in Tallinn für drei Nächte gebucht. Tallinn ist mit der Fähre nur zwei Stunden von Helsinki entfernt, weswegen ich dorthin auch einen Tagesabstecher gemacht habe. Freitag klingelte dann mein Wecker schon um 5 Uhr, da ich meine Fähre um 6:30 nach Helsinki bekommen musste. Möglichst leise habe ich versucht, meine Sachen zu nehmen und mich fertig zu machen. Anschließend habe ich mich zu Fuß auf dem Weg zum Hafen gemacht. Es war schon dämmrig und es war echt angenehm, die Stadt so früh zu erleben, als alles noch ruhig und verschlafen war.  Auch der Hafen war bei der Dämmerung wunderschön.

 

 

 

 

 

 

Ich hatte mich auch schon sehr auf den Sonnenaufgang auf der Fähre gefreut. Ich ging in das Terminal hinein und hörte die Durchsage, dass das Boarding für meine Fähre nun geschlossen sei. Ein bisschen verwirrt ging ich zum Selbst-Check in Schalter. Hat nicht funktioniert. Mir war bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst, dass man bei einer Fähre überhaupt ein Check-in machen muss. Bisher habe ich nur kleine Fährfahrten bzw. eine Fährfahrt mit einem Reisebus gemacht und bin davon ausgegangen, dass es ähnlich wie bei Bus- und Zugfahrten und weniger wie am Flughafen abläuft. Schließlich hatte ich doch schon einen QR-Code. Ich ging also zu den Schaltern für die 6:30 Uhr Fähre. Geschlossen. Na gut, dann eben der Schalter daneben für die Fähre um 7:30 Uhr. Ich sagte, dass ich gerne das Check-in für meine Fähre machen würde. „Boarding is already closed“. Ich hatte mich also nicht verhört. Natürlich habe ich nicht das Kleingedruckte auf meinem Ticket gelesen, wo draufstand, dass man bis spätestens 30 Minuten vor Abfahrt sein Check-in machen sollte und dass das Boarding 20 Minuten vorher schließt. Ich dachte vorher noch, dass ich doch sehr gut in der Zeit bin, wenn ich 15-20 Minuten vor Abfahrt am Hafen bin. Falsch gedacht. Ich hatte also meine Fähre verpasst, für die ich extra so früh aufgestanden bin. Zum Glück war die Frau am Schalter nett und hat mein Ticket für ein paar Euro extra auf die Fähre auf 7:30 Uhr umgebucht. Ich hatte echt Glück, denn im Nachhinein habe ich im Kleingedruckten auch gelesen, dass man sein Ticket eigentlich nicht mehr bei weniger als 45 Minuten vor Abfahrt umbuchen kann.

Die Fährfahrt verlief ganz entspannt. Die Fähre war schon sehr cool. Es gab verschiedene Sitzbereiche, einen Duty-Free Shop, Videospiele und Essenmöglichkeiten. So sind die zwei Stunden mit bummeln, essen, der Aussicht auf das Meer schnell vergangen. In Helsinki angekommen, habe ich mich zu Fuß in das Stadtzentrum aufgemacht und die Stadt mit dem Hafen, dem botanischen Garten, einem schönen Bahnhof und mehreren Kirchen erkundet.  Das Wetter war schön sonnig, aber es lag noch etwas Schnee in einigen Ecken. Abends bin ich dann wieder zurück mit der Fähre nach Tallinn gefahren. Diesmal habe ich sogar den Sonnenuntergang miterlebt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samstag habe ich dann richtig Tallinn erkundet. Erstmal war ich bei Lido brunchen. Lido ist eine lettische Restaurantkette, die es eigentliche hauptsächlich in Riga gibt. Es ist ein relativ günstiges Restaurant und erinnert mich ein bisschen an eine Mensa, weil man sich an einem Buffet verschiedene Sachen zum Essen aussuchen kann. Danach gestärkt habe ich mir die Stadt angeschaut. Tallinn ist eine echt schöne Stadt. Ich muss sagen, ich finde sie auch schöner als Helsinki, weil sie noch eine gut erhaltende Altstadt hat, die seit 1997 sogar zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Neben der Altstadt mit der Stadtmauer, den schönen Kirchen, Plätzen, dem Parlament und anderen tollen Gebäuden, hat Tallinn auch moderne und künstlerische Viertel. So habe ich mir Sonntagmittag das Viertel  Telliskivi Loomelinnak angeschaut. In einer alten Industrieanlage finden sich kleine Geschäfte, Unternehmen, Restaurants und Street Art. Nachmittags ging es für mich dann wieder mit dem Bus zurück nach Riga.

 

Ein neues Abenteuer beginnt

Im Mai 2022 habe ich mich für einen Freiwilligendienst mit kulturweit beworben. Groß war die Begeisterung, als meine Bewerbung an meine Wunschorganisation, den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), weitergeleitet wurde. Umso größer war dann die Enttäuschung, als ich nicht direkt einen Platz erhalten habe, sondern nur auf die Warteliste für das Nachrückverfahren gesetzt wurde. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und plötzlich kam doch noch die Einladung für ein Telefon-Interview. Nach ein paar Fragen zu meiner Motivation, zum DAAD und einem Fallbeispiel, was ich einer Person, die in Deutschland studieren möchte, raten würde, bekam ich knapp 3 Wochen später ein Platzierungsangebot für Riga in Lettland.

Die letzten Wochen waren ziemlich stressig, aber alle Dokumente sind bei kulturweit eingereicht, die Masterarbeit ist abgeben und der Auszug im Wohnheim ist problemlos abgelaufen. Ich habe nach ewigem abwägen, aussortieren, einpacken, auspacken, umsortieren und pressen meinen viel zu vollen Koffer packen können. Nach 10 Tagen Vorbereitungsseminar am Werbellinsee, zwei Nachtfahrten mit dem Bus und einem Zwischenstopp in Warschau bin ich seit Sonntag nun endlich in Riga angekommen.

Nachdem ich schon auf einen Post-Corona-Auslandsaufenthalt gehofft habe, kam die Ernüchterung bei meiner Ankunft: Ich habe Corona. Und nun sitze ich hier seit zwei Tagen in meinem WG-Zimmer und hoffe, dass das Testergebnis bald wieder negativ sein wird, um endlich Riga erkunden zu können. Trotzdem ist mein erster Eindruck sehr positiv, da mir von mehreren Seiten Hilfe angeboten wurde. Eine der Mitarbeiterinnen vom DAAD war für mich einkaufen und eine Mitbewohnerin von mir hat ihr Essen mit mir geteilt.

Ich bin schon sehr gespannt, was mich die nächsten Monate hier erwarten wird und werde demnächst mehr von meiner Zeit hier in Riga berichten.