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Lettland blüht auf

Die letzten Wochen waren wieder sehr ereignisreich. Während und kurz nach Ostern war das Wetter in Riga richtig frühlingshaft. Blumen werden in den Parks gepflanzt, die Blätter wachsen langsam an den Bäumen und vieles fängt an zu blühen. Mit dem Aufblühen der Pflanzen blühen auch die Menschen in Riga auf. Man sieht viel mehr Leute in der Stadt und in den Parks. So habe auch ich versucht, das Wetter auszunutzen.

Meine Mitbewohnerin Karla hat mich gefragt, ob ich zu einer Wanderung im Gauja Nationalpark von der Uni mitkommen möchte. Es war sehr schön. So sind wir mit ein paar anderen Menschen durch den Nationalpark gewandert. Von der Länge her war es perfekt und der Großteil der Strecke war zum Glück flach. Im Wald fingen ebenfalls die ersten Blumen an zu blühen. Es war auch schön, endlich nochmal etwas Englisch zu reden, da ich bisher durch meine Arbeit fast die ganze Zeit nur Deutsch spreche.

Abends war ich dann auf einer Pub Crawl, die vom ESN (European Student Network) organisiert wurde. Den ESN gibt es in vielen Universitäten in Europa. Sie organisieren verschiedene Aktivitäten für internationale Studierende. Bei der Pub Crawl waren auch Studierende aus den anderen baltischen Universitäten mit dabei. Da wir so viele Leute waren, wurden wir in mehrere Gruppen aufgeteilt. In meiner Gruppe waren unter anderem französische Erasmusstudierende aus Vilnius, Studierende aus Valmiera in Lettland, aber auch andere internationale Studierende aus Riga mit dabei. Kaum zu glauben, aber in meiner Gruppe war ich ausnahmsweise mal die einzige deutsche Person. Wenn man sonst auf auf solche Events geht oder allgemein durch Riga läuft, merkt man, dass es ziemliche viele Deutsche in Riga gibt. Neben den Erasmusstudierenden gibt es auch viele Medizinstudierende, die ihr komplettes Studium im Riga machen. Die Pub Crawl endete für meine Gruppe in der Fox Karaoke Bar, wo wir mit Mamma Mia von ABBA und Just the way you are von Bruno Mars die ohnehin schon gute Stimmung am Leben gehalten haben. Danach ging es noch zu einer Erasmusparty im Maze Club.

Am Wochenende darauf durfte ich am Wirtschaftskurs des Deutsch-Baltischen Jugendwerks zum Thema „Der Weltraum ist nicht nur für Astronauten“ teilnehmen. Hier waren Leute aus Deutschland, Lettland und sogar jemand aus Estland anwesend. Es gab mehrere spannende Vorträge und Diskussionen zur Weltraumforschung, der Weltraumpolitik und der Bedeutung der Weltraumindustrie für uns persönlich. Manchmal vergisst man, dass wir alltägliche Dinge wie die Nutzung von GPS oder Wettervorhersagen der Weltraumindustrie zu verdanken haben. Das Highlight war ein Tagesausflug nach Ventspils. Hier haben wir einmal das Wissenschaftszentrum VIZIUM besucht, wo es eine interaktive Ausstellung gab.  Man kann dort beispielsweise eine Virtual Reality Achterbahnfahrt machen, sich selbst auf einem Stuhl mithilfe eines Flaschenzugs hochziehen oder ein Geographiequizz machen. Danach ging es zum Ventspils International Radio Astronomy Centre. Während der Ort früher von der Sowjetunion zur Spionage genutzt wurde, dienen die beiden großen Antennen heute wissenschaftlichen Zwecken. Da einige Leute aus dem Kurs erst Sonntagabend in Riga abgereist sind und wir schon mittags mit dem Kurs fertig waren, haben wir noch etwas Riga besichtigt und das schöne Wetter genossen. Immerhin waren es um die 20 Grad.

Was die Arbeit angeht, waren wir vom DAAD Ende April beim Landesfinale von Jugend debattiert in Mittel- Ost- und Südosteuropa in der deutschen Botschaft eingeladen. Vier lettische Schülerinnen und Schüler haben hier auf Deutsch über das Thema debattiert, ob man ähnlich wie bei Zigaretten Schockfotos auf Fleischverpackungen drucken sollte. Die beiden Gewinner dürfen beim internationalen Finale teilnehmen, welches in einem der Teilnahmeländer stattfindet. Es war schon erstaunlich zu sehen, wie gut diese jungen Menschen Deutsch sprechen können.

 

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Tallinn und Helsinki

Über das Osterwochenende ging es für mich weiter in den Norden nach Estland und Finnland. Anlass war eine Karrieremesse an einem deutschen Gymnasium in Tallinn am Gründonnerstag, zu der ich mitkommen durfte. Ich muss schon sagen, die Schule hat sich sehen lassen. Mit wurde sogar gesagt, dass es eine Sauna beim Schwimmbad gibt. Da merkt man doch die nordische Kultur in Estland.

Weil ich das Osterwochenende vier Tage frei hatte, habe ich mir gedacht, dass ich das auch direkt mit einem Kurztrip verbinden kann. So habe ich mir ein Hostelbett in Tallinn für drei Nächte gebucht. Tallinn ist mit der Fähre nur zwei Stunden von Helsinki entfernt, weswegen ich dorthin auch einen Tagesabstecher gemacht habe. Freitag klingelte dann mein Wecker schon um 5 Uhr, da ich meine Fähre um 6:30 nach Helsinki bekommen musste. Möglichst leise habe ich versucht, meine Sachen zu nehmen und mich fertig zu machen. Anschließend habe ich mich zu Fuß auf dem Weg zum Hafen gemacht. Es war schon dämmrig und es war echt angenehm, die Stadt so früh zu erleben, als alles noch ruhig und verschlafen war.  Auch der Hafen war bei der Dämmerung wunderschön.

 

 

 

 

 

 

Ich hatte mich auch schon sehr auf den Sonnenaufgang auf der Fähre gefreut. Ich ging in das Terminal hinein und hörte die Durchsage, dass das Boarding für meine Fähre nun geschlossen sei. Ein bisschen verwirrt ging ich zum Selbst-Check in Schalter. Hat nicht funktioniert. Mir war bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht bewusst, dass man bei einer Fähre überhaupt ein Check-in machen muss. Bisher habe ich nur kleine Fährfahrten bzw. eine Fährfahrt mit einem Reisebus gemacht und bin davon ausgegangen, dass es ähnlich wie bei Bus- und Zugfahrten und weniger wie am Flughafen abläuft. Schließlich hatte ich doch schon einen QR-Code. Ich ging also zu den Schaltern für die 6:30 Uhr Fähre. Geschlossen. Na gut, dann eben der Schalter daneben für die Fähre um 7:30 Uhr. Ich sagte, dass ich gerne das Check-in für meine Fähre machen würde. „Boarding is already closed“. Ich hatte mich also nicht verhört. Natürlich habe ich nicht das Kleingedruckte auf meinem Ticket gelesen, wo draufstand, dass man bis spätestens 30 Minuten vor Abfahrt sein Check-in machen sollte und dass das Boarding 20 Minuten vorher schließt. Ich dachte vorher noch, dass ich doch sehr gut in der Zeit bin, wenn ich 15-20 Minuten vor Abfahrt am Hafen bin. Falsch gedacht. Ich hatte also meine Fähre verpasst, für die ich extra so früh aufgestanden bin. Zum Glück war die Frau am Schalter nett und hat mein Ticket für ein paar Euro extra auf die Fähre auf 7:30 Uhr umgebucht. Ich hatte echt Glück, denn im Nachhinein habe ich im Kleingedruckten auch gelesen, dass man sein Ticket eigentlich nicht mehr bei weniger als 45 Minuten vor Abfahrt umbuchen kann.

Die Fährfahrt verlief ganz entspannt. Die Fähre war schon sehr cool. Es gab verschiedene Sitzbereiche, einen Duty-Free Shop, Videospiele und Essenmöglichkeiten. So sind die zwei Stunden mit bummeln, essen, der Aussicht auf das Meer schnell vergangen. In Helsinki angekommen, habe ich mich zu Fuß in das Stadtzentrum aufgemacht und die Stadt mit dem Hafen, dem botanischen Garten, einem schönen Bahnhof und mehreren Kirchen erkundet.  Das Wetter war schön sonnig, aber es lag noch etwas Schnee in einigen Ecken. Abends bin ich dann wieder zurück mit der Fähre nach Tallinn gefahren. Diesmal habe ich sogar den Sonnenuntergang miterlebt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Samstag habe ich dann richtig Tallinn erkundet. Erstmal war ich bei Lido brunchen. Lido ist eine lettische Restaurantkette, die es eigentliche hauptsächlich in Riga gibt. Es ist ein relativ günstiges Restaurant und erinnert mich ein bisschen an eine Mensa, weil man sich an einem Buffet verschiedene Sachen zum Essen aussuchen kann. Danach gestärkt habe ich mir die Stadt angeschaut. Tallinn ist eine echt schöne Stadt. Ich muss sagen, ich finde sie auch schöner als Helsinki, weil sie noch eine gut erhaltende Altstadt hat, die seit 1997 sogar zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Neben der Altstadt mit der Stadtmauer, den schönen Kirchen, Plätzen, dem Parlament und anderen tollen Gebäuden, hat Tallinn auch moderne und künstlerische Viertel. So habe ich mir Sonntagmittag das Viertel  Telliskivi Loomelinnak angeschaut. In einer alten Industrieanlage finden sich kleine Geschäfte, Unternehmen, Restaurants und Street Art. Nachmittags ging es für mich dann wieder mit dem Bus zurück nach Riga.

 

Ein neues Abenteuer beginnt

Im Mai 2022 habe ich mich für einen Freiwilligendienst mit kulturweit beworben. Groß war die Begeisterung, als meine Bewerbung an meine Wunschorganisation, den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), weitergeleitet wurde. Umso größer war dann die Enttäuschung, als ich nicht direkt einen Platz erhalten habe, sondern nur auf die Warteliste für das Nachrückverfahren gesetzt wurde. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben und plötzlich kam doch noch die Einladung für ein Telefon-Interview. Nach ein paar Fragen zu meiner Motivation, zum DAAD und einem Fallbeispiel, was ich einer Person, die in Deutschland studieren möchte, raten würde, bekam ich knapp 3 Wochen später ein Platzierungsangebot für Riga in Lettland.

Die letzten Wochen waren ziemlich stressig, aber alle Dokumente sind bei kulturweit eingereicht, die Masterarbeit ist abgeben und der Auszug im Wohnheim ist problemlos abgelaufen. Ich habe nach ewigem abwägen, aussortieren, einpacken, auspacken, umsortieren und pressen meinen viel zu vollen Koffer packen können. Nach 10 Tagen Vorbereitungsseminar am Werbellinsee, zwei Nachtfahrten mit dem Bus und einem Zwischenstopp in Warschau bin ich seit Sonntag nun endlich in Riga angekommen.

Nachdem ich schon auf einen Post-Corona-Auslandsaufenthalt gehofft habe, kam die Ernüchterung bei meiner Ankunft: Ich habe Corona. Und nun sitze ich hier seit zwei Tagen in meinem WG-Zimmer und hoffe, dass das Testergebnis bald wieder negativ sein wird, um endlich Riga erkunden zu können. Trotzdem ist mein erster Eindruck sehr positiv, da mir von mehreren Seiten Hilfe angeboten wurde. Eine der Mitarbeiterinnen vom DAAD war für mich einkaufen und eine Mitbewohnerin von mir hat ihr Essen mit mir geteilt.

Ich bin schon sehr gespannt, was mich die nächsten Monate hier erwarten wird und werde demnächst mehr von meiner Zeit hier in Riga berichten.