Heimat.Hafen.Rijeka

Tag 131 – Treibholz

On the road again

Eine ganz Woche weg vom Meer – das hatte ich während meiner ganzen Zeit in Kroatien noch nicht. Aber ich will mich nicht beklagen, denn schließlich geht es heute nach Zagreb – Yvonne besuchen! Auf dem Weg dorthin will ich natürlich alles mitnehmen was geht. Und deswegen werde ich heute auch nochmal einen Zwischenstopp machen: In Karlovac. Falls euch das jetzt nichts sagt, keine Sorge, mir auch nicht. Christian hatte den Ort erwähnt (denke ich zumindest) – und warum auch nicht?

Gestartet in einem grauen Rijeka, lichtet sich schon bald der Nebel. Und nach circa eineinhalb Stunden Fahrt spuckt mich der Bus im sonnigen Karlovac aus. Den Fischotter am Busbahnhof finde ich gleich sympathisch. Und auch die Stadt gefällt mir. Dabei führt mich mein Weg erst einmal durch ein Viertel voller Wohnblöcke. Schön sind sie nicht, aber irgendwie haben sie doch eine ganz eigene Ästhetik.

Nach etwa 30 Minuten bin ich am Rand von Karlovac angekommen, die Häuser werden kleiner und die Landschaft wird hügelig. Ich komme an zwei alten Friedhöfen vorbei. Auch hier eine ganz eigene Ästhetik. Dann ein kurzes Stück bergauf und schon habe ich das erste Ziel des Tages erreicht: Die Burg Dubovac. Zeit also für ein erstes Päuschen. Am kleinen Weiher entdecke ich die ersten Krokusse dieses Jahres. Und in den warmen Sonnenstrahlen lässt es sich wunderbar aushalten.

Aber dann zieht es mich doch weiter – erst einmal hinein in die Burg, dann zum Aussichtspunkt Richtung Stadt.

Zurück nach Karlovac nehme ich den alten Treidelpfad am Fluss. Hier wurden einst die Boote den trägen Strom entlanggezogen – erst von Menschen, dann von Pferdegespannen. Ein alter Mann schaut mir neugierug aus seinem halb geöffneten Fenster hinterher. Andere sitzen am Fluss, wir grüßen uns freundlich. Ein einsamer Baumstamm treibt vorbei.

Nach einer zweiten Pause am alten Hafen (von dem außer einer Steinmauer nichts übrig ist) wende ich mich schließlich der Altstadt zu. Karlovac wurde als Festungsstadt angelegt und noch heute kann man die sternförmige Ausrichtung erahnen. Wo früher die Schanzen für die Geschütze standen, erstreckt sich heute allerdings ein grüner Gürtel mit hübschen Alleen. Und auch im Herz der Stadt sind noch Spuren der einstigen Pracht zu erkennen. Karlovac war Ende des 18. Jahrhunderts ein wichtiges Handelszentrum und die reichste Stadt Kroatiens. Doch heute bröckelt von vielen der bunten Fassaden der Putz. Während Pause Nummer drei fällt mir außerdem auf, dass einige der Gebäude von Einschusslöchern übersät sind. War Karlovac etwa auch ein Schauplatz des Heimatkriegs?

Ein rascher Blick auf die Uhr sagt mir, dass mehr als die Hälfte meiner viereinhalb Stunden in Karlovac verstrichen sind. Zeit also, mich wieder auf die Socken zu machen. Der letzte Punkt auf meiner Liste ist eine alte Holzbrücke. Sie liegt am Flusslauf auf der anderen Seite der Altstadt. Und der scheint ein beliebtes Örtchen für familiäre Samstagsspaziergänge zu sein: Auf zahlreichen Spielplätzen toben die Kinder und auf den Wegen drumherum drehen Pärchen mit Kinderwagen ihre Runden. Ich reihe mich ein, bleibe allerdings schon bald bei einem Hockey-Feld stehen. Wie ich die Kinder darum beneide – Inline-Skating habe ich leider nie gelernt.

Wenige Schritte später bin ich von Schwänen umgeben. In sicherem Abstand gehe ich an ihnen vorbei und überquere kurz darauf die hölzerne Brücke. Eine dicke Wolkenwand ist aufgezogen und so fällt mir die Entscheidung zum geordneten Rückzug nicht allzu schwer.

Diesmal im Doppeldeckerbus geht es weiter nach Zagreb. An der Tram werde ich von Yvonne abgeholt und wir gehen schnell noch einkaufen. Übermütig entscheiden wir uns für die Self-Checkout-Kassen und kommen schnell an unsere Grenzen: Beim Einscannen der zwei Radler bloppt eine Info auf und gibt uns drei Optionen – auf Kroatisch. Wir tippen voller Zuversicht auf Nummer eins und nichts passiert. Also Nummer zwei. 200 Kuna? Das war wohl falsch. Also stornieren. Aber das geht anscheinend nur durch das Personal. Wir warten, bis ein netter Mann kommt und uns den Kasten Radler storniert. Zweiter Versuch, diesmal auf Deutsch. Aha, wir müssen die Anzahl der Flaschen eingeben. Es kann so schön einfach sein. Doch zu früh gefreut, denn natürlich braucht der Alkohol eine Altersfreigabe. Der Angestellte kommt wieder. „Jugendschutz“ sagen wir und müssen grinsen. Er auch, als er uns ansieht und generös unseren Einkauf freigibt. Wenige Sekunden später haben wir es geschafft und verlassen – begleitet von einem lautstarken „Vielen Dank für Ihren Einkauf“ – den Laden.

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