Eigentlich wollte ich heute nach Opatija. Dem malerischen Küstenstädtchen, auf deren Promenade schon so manch ein Kaiser wandelte. Doch mit Hausarbeit und Hausaufgaben ging der Vormittag zu schnell vorbei. Um trotzdem das schöne Wetter auszukosten, entscheide ich mich also für einen Spaziergang durch mein Viertel. Ich lasse meinen Beinen freien Lauf und sie tragen mich immer weiter weg von Zuhause. Es zieht mich wieder zum Meer. Diesmal allerdings nicht zum Hafen sondern in die andere Richtung. Entlang rostiger Bahngleise und über einsame Straßen bahnte ich mir meinen Weg. Ab und zu kommt mir ein Auto entgegen und mit jedem ein zweifelnder Blick. „Was will die hier?“, scheinen sie zu fragen. Die Antwort, obwohl so einfach, hätte mir wohl niemand abgenommen: Mir gefällt es hier. Und deshalb gehe ich auch immer weiter.
Als ich schließlich irgendwann auf die Karte schaue, sehe ich, dass die alte Torpedo-Abschussrampe nicht mehr weit entfernt ist. Denn, was kaum einer weiß: In Rijeka wurde einst der Torpedo erfunden. Meine Füße marschieren also unbeirrt vor sich hin, bis ich zu einem kleinen Hafen komme. Ob sie weiß, wo ich die Torpedo-Rampe finden kann, frage ich die Dame am Eingang. Sie lächelt mich an und zuckt mit den Schultern. Also ziehe ich doch noch einmal mein Handy aus der Tasche. So wie es aussieht, bin ich am richtigen Ort. Und tatsächlich, als ich mich umschaue, sehe ich sie: Versteckt hinter einer Ecke ragt sie aus dem Wasser, eine baufällige Plattform auf steinernen Stelzen. Besonders vertrauenserweckend sieht sie ja nicht aus. Etwas Ähnliches scheint auch die Stadtverwaltung zu denken, denn der Eingang ist mit einem Zaun versperrt. Einem Zaun mit einem großen Loch. Mut zur Lücke! flüstert es mir zu und ich quetsche mich hindurch. Auf der Plattform angelangt werde ich von zwei Anglern beäugt. Ein kurzer Blick, dann wandern ihre Augen zurück aufs Meer. Und ich setze mich hin und tue es ihnen gleich. Am Pier nebenan geht ein Pärchen nackt baden. Ansonsten bleibt es ruhig. Das einzige Geräusch ist das Auf und Ab des Meeres unter uns. Und das einzige was es zu sehen gibt, sind ein paar Schiffe am Horizont. Ein Blick auf die Uhr erinnert mich daran, dass bald der letzte Bus kommt. Aber ich lasse ihn fahren. Erst als die Sonne endgültig zwischen den Wolken verschwindet, mache ich mich auf den Rückweg. Und zwar – wie könnte es anders sein – zu Fuß.