Hier sitz ich nun. In der Küche meines neuen Zuhauses. Mit einem dampfenden Tee vor mir, dem Laptop vor der Nase und Ray LaMontagne in den Ohren. Vor nicht allzu langer Zeit saß ich noch auf dem Flughafen in Moskau. Die erste Woche ist eindeutig um. Richtig deutsch zu schreiben fällt mir immer schwerer. Inzwischen brauche ich fast länger um einen verständlichen englischen Satz zu formulieren, als dafür irgendetwas auf Russisch zu sagen.
Eben habe ich für 1h mit den beiden ehemaligen Erziehungsberichtigten gesprochen. Die sind frisch aus dem Urlaub zurück und werden sich jetzt daran gewöhnen müssen, dass sie nur noch zu dritt in der Wohnung sind. Hier sind wir nun zu viert und das macht sich vor allem morgens beim Aufstehen bemerkbar, bei dem, den meisten wohl gut bekannten, Kampf ums Bad. Da heißt die Devise: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ich nutze das zu meinen Vorteil, warte bis alle durch sind und bleib so einfach noch ein bisschen länger liegen.
Heute konnten wir ausschlafen. Wir, weil Nadja mit ihrer Klasse heute auch bei dem Ausflug für die Austauschschülerinnen mitgefahren ist und der erst um 11Uhr losging. Dadurch konnte Nina uns ein schönes Frühstück zubereiten: 4 kleine Wachtelspiegeleier + 1 Salatblatt + gebratenen Schinken. Das war wirklich очень вкусный (ótschin wkúsna)! Gut gestärkt sind Nadja und ich also raus in den Tag und somit rein in den Regen. Der hat uns dann auch den ganzen Ausflug über brav begleitet. Bei der einstündigen Busfahrt habe ich Nadja ein wenig meine Musik nahegebracht und auf die Frage ob sie ihr gefallen hat meinte sie später ihr gefällt вся музыка (vsja muzyka), was heißt, dass ihr jede bzw. „alle Musik“ gefällt. Das ist doch eine sehr sympathische Aussage, nicht?
Ich hab ja noch gar nicht verraten wo wir eigentlich hingefahren sind. Es ging dieses Mal nach Chochlowka. Lustiger Weise bin ich gerade, bei der Kontrolle, ob ich das Russische Wort richitg ins Deutsche übertragen habe, auf einen weiteren Blog gestoßen. Dieser ist aus dem Jahre 2010, von einem anderen Freiwilligen, der wohl für ein Jahr in Perm bei der Altenpflege tätig war. Ich bin also doch nicht die einzige 😉 So, wieder zurück zum Geschehen. Chochlowka ist ein Freilichtmuseum (ihr erinnert euch an den Regen), in dem russische Holzbauten, aus den letzten 3 oder 4 Jahrhunderten, auf einem ziemlich großen Gelände verstreut, aber natürlich mit System, aufgebaut sind. Diese wurden extra für diesen Zweck aus verschiedenen Teilen Russlands, meist übers Wasser, nach Chochlowka gebracht. Umgeben sind sie von einer wirklich schönen Landschaft und wäre dieser verflixte Dauerregen nicht gewesen, dann könnte ich euch wunderbare Fotos, mit tollen Herbstfarben, zeigen. Aber so ist leider nur zu erahnen, wie schön es hätte aussehen können.
Bei der Rückfahrt hab ich Nadja dann noch überredet mit mir nach Schuhen zu gucken. Obwohl, ehrlich gesagt, habe ich ihr nur davon erzählt, dass ich es vorhabe und sie wollte dann von ganz allein mitkommen. So sind wir zusammen los gezogen und auch ein Weilchen unterwegs gewesen. Und das tatsächlich bei Sonnenschein! Wahrscheinlich werde ich morgen auch noch einmal in das eine Geschäft gehen und mir ein Paar kaufen. Manchmal darf man sich auch etwas leisten.
Abendbrot hab ich heut allein gegessen. Die drei waren beim Großvater um ihm zum Geburtstag zu gratulieren. Sie sind vor gut 15 Minuten zurück gekommen, aber ich sitze immer noch in der Küche und das nun auch schon seit 3 Stunden. Die Zeit scheint zu fliegen. Im Nu werden 5 Monate vor rüber sein und mir wird diese erste Woche wie ein Flügelschlag vorkommen.
Mein Gastvater hat mir eben einen neuen Tee gemacht und ich kann mir jetzt aussuchen, ob ich mich in mein Zimmer oder neben ihn vor den russischen Fernseher setzte. Aber zuerst muss ich noch die Fotos und den Text hochladen. Die Erfahrung zeigt, dass das Ganze noch ein wenig Zeit in Anspruch nimmt. Heute ist die „Goldene Henne“ in Berlin und wenn ich nicht hier wäre, dann wäre ich ganz sicher dort und würde arbeiten. Das Leben hier und in Berlin, bzw. bald auch Leipzig (es geht um dich liebste Maggi) läuft jetzt parallel und da ich euch immer so brav erzähle wie meine Tage aussehen, scheut euch nicht, mir auch einmal nen Tagesablauf zu schicken <3
P.s. Die schicken Adidas-Schuhe werden morgen übrigens für viel zu viel Geld gekauft. Das ist beschlossene Sache, denn ich habe gerade 3 Leuten ein Bild gesendet und die 2 die es schon gesehen haben, haben für kaufen gestimmt und wie ich Phuong kenne wird auch sie mir ein OK geben. Ich schätze mich sehr glücklich solche Freunde zu haben!