Inzwischen ist schon mehr als die Hälfte meines Aufenthalts vorbei. Es kommt mir verrückt vor, in etwas mehr als 4 Monaten schon wieder zurück in Deutschland zu sein. So lang ist ein Jahr eigentlich gar nicht. Meine letzte große Reise ist nun auch vorbei, für mich ging es mit meinem Mitfreiwilligen noch für 10 Tage nach Patagonien. Die Anreise war lang, wir mussten zunächst von einer Kollegin nach Argentinien gebracht werden und dann den Bus nach Buenos Aires nehmen. Dort verbrachten wir die Nacht am Flughafen, an dem überraschend viel los war und die paar Stunden gingen schneller rum als gedacht. Um 7:40 hob dann unser Flieger nach El Calafate ab. Die Stadt liegt in der Provinz Santa Cruz im Süden des Landes, hier liegt die Bevölkerungsdichte bei weniger als 1 Einwohner*in pro Quadratkilometer. Dementsprechend verwirrt waren wir beim Landeanflug als wir nur eine karge wüstenähnliche Landschaft sehen konnten und einfach keine Landebahn auftauchen wollte. Doch schließlich kamen wir gut an dem winzigen Flughafen an und nahmen einen Shuttle in den Ort. In diesem lernten wir zufällig eine andere Deutsche kennen, die aktuell ein Praktikum in Buenos Aires absolviert und verabredeten uns noch mehrfach mit ihr. El Calafate ist ein sehr touristischer Ort, man merkt, dass dort alles auf die (besonders europäischen und US-amerikanischen) Urlauber*innen ausgelegt ist. Dementsprechend teuer und edel sind die meisten Restaurants und Läden dort. Irgendwie wirkt es nicht so, als würden dort wirklich Menschen leben. Wir besuchten zunächst ein Museum, in dem unter anderem nachgebaute Dinosaurierskelette ausgestellt sind, die in der Region gefunden wurden. Besonders angetan hat es mir aber das Riesenfaultier, das hier vor zehntausenden Jahren noch gelebt hat und dessen Überreste in einer Höhle in der Gegend gefunden wurden. Abends testeten wir ein arabisch-venezolanisches Restaurant (ja, wilde Kombi!) und aßen leckere, aber überteuerte Falafelwraps. Generell ist Patagonien wunderschön und unbedingt eine Reise wert, jedoch nichts für einen schmalen Geldbeutel. Am nächsten Tag stand eins der Highlights der Reise an, der Ausflug zum „Perito Moreno-Gletscher“ im Nationalpark „Los Glaciares“, der auch auf der UNESCO-Welterbeliste steht. Es war unglaublich beeindruckend, diese Eismassen zu sehen und auch zu hören, wie Teile des Gletschers abbrechen. Die Temperaturen in Patagonien waren im Vergleich zum unendlichen Sommer am Río Uruguay ziemlich niedrig, weswegen wir aufgrund fehlender Winterjacke den Zwiebellook voll ausreizen mussten. Meine Outfits bestanden meistens aus einer Leggings unter meiner Wanderhose, einem Langarmshirt, einem Kurzarmshirt und dann je nach Temperatur ein dünner Pulli und schließlich ein dicker Pulli und eine Regenjacke. Eine Mütze und Handschuhe wären aber manchmal tatsächlich nicht schlecht gewesen… Ich möchte mir das Wetter dort nicht im Winter vorstellen!
Am nächsten Tag konnten wir ein neues Land von der Weltkarte freischalten. Es ging morgens mit dem Bus weiter nach Chile, 6 Stunden Fahrt für eine Strecke von 200 km, von denen wir anderthalb an der Grenze verbrachten. Zunächst wurden die Pässe auf argentinischer Seite kontrolliert und ein paar Hundert Meter weiter mussten wir erneut aussteigen (im Regen und Nebel), um uns auf chilenischer Seite auszuweisen. Sogar das Handgepäck wurde durchleuchtet. Vorher mussten wir bereits ein Online-Formular ausfüllen, um anzugeben, was wir an Lebensmitteln einführen. Obwohl wir es dort angegeben hatten, durften wir leider unser Obst nicht mitnehmen. Ich hoffe, die Beamt*innen haben es wenigstens gegessen, anstatt es wegzuschmeißen… Am Nachmittag kamen wir dann endlich in Puerto Natales an, einem süßen Städtchen, in dem man direkt gemerkt hat, dass wir jetzt näher am Pazifik als am Atlantik sind. Das Stadtmaskottchen ist besagtes Riesenfaultier, das hier gefunden wurde. Deswegen ist es auch auf jedem Straßenschild abgebildet und eine Statue ist an der Rambla zu finden. Hier probierten wir eine fantastische Calafate-Limonade (Calafate ist eine Beere aus der Region, die auch El Calafate seinen Namen gab) und hoben bunte chilenische Pesos ab (So langsam wird es durcheinander mit den ganzen Währungen… Aber die chilenischen Scheine waren die schönsten bisher!). Leider fiel uns auf, dass wir uns ja nun nicht mehr in der Materegion befanden, in der der Rhythmus spät in die Nacht verlegt ist, wodurch wir leider nach 20 Uhr nicht mehr einkaufen konnten. Und so traten wir am nächsten Tag um 7 Uhr morgens mit leerem Magen die Fahrt zum Nationalpark Torres del Paine an, um eine 8-stündige Wanderung zu machen. Nach der Ankunft im Park mussten wir noch einen weiteren Shuttle nehmen, um zum Besuchszentrum zu kommen, wo die Tageswanderung zu den „Torres del Paine“ startet. Diese führte uns durch Wald und an einem kleinen Fluss vorbei, an dessen Zuläufen man sich wunderbar die Wasserflasche auffüllen kann. Das Wasser kommt kalt und sauber direkt aus dem Berg. Es ging auch an einer Hütte vorbei, an der Wandernde in Zelten übernachten können, die den W- oder O-Trail laufen, die beide mehrere Tage gehen. Am Ende mussten wir ein recht langes Geröllfeld hochklettern, bevor wir endlich am Ziel der Wanderung ankamen, einer türkisblauen Lagune mit den drei Bergspitzen der „Torres del Paine“ (zu deutsch „Türme des blauen Himmels“ in der Sprache der indigenen Tehuelche). Hier saßen wir etwa eine Stunde, beobachteten die anderen Menschen vor Ort, die schöne Landschaft und aßen unser mageres Picknick, bestehend aus trockenem Baguette mit etwas Honig, einem Apfel und ein paar Chocolinas-Keksen. Danach begaben wir uns auf den Rückweg zum Startpunkt, den wir um 18 Uhr nach ziemlich genau 8 Stunden wieder erreichten. Von hier ging es dann mit Shuttle und Bus wieder zurück nach Puerto Natales. Ich bin mega stolz, diese Wanderung geschafft zu haben!
Am nächsten Morgen probierten wir ein sehr leckeres veganes Café zum Brunch aus und stiegen dann in den Bus nach Punta Arenas, wo wir eine Nacht verbrachten. Von der Stadt konnten wir leider nicht so viel sehen, weil es den ganzen Tag regnete, aber wir aßen leckere chilenische Riesenempanadas und kauften unser Busticket für den nächsten Tag (in dem nur noch 3 Plätze frei waren, also Glück gehabt!). Denn nun ging es schon zum letzten Stopp und zwar zurück nach Argentinien in die südlichste Stadt der Welt, nach Ushuaia. Die Busfahrt war lang, aber kurzweilig, da sie von einer 40-minütigen Bootsfahrt unterbrochen wurde, um die Magellanstraße zu überqueren und auf die Insel Feuerland zu kommen.
Am kommenden Tag entschieden wir uns dazu, ein bisschen Geld zu blechen und gleich zwei Bootstouren im Beaglekanal zu unternehmen. Und so ging es für uns zunächst mit einem kleinen Boot mit etwa 8 Personen zum Leuchtturm „Faro Les Éclaireurs“ und wir konnten viele Tiere beobachten. Das Wetter war traumhaft und wir konnten Wale, Robben und viele Kormorane sehen, das sind Vögel, die von Weitem ein bisschen aussehen wie Pinguine. Die ließen sich tatsächlich auch schon blicken. Eine Gruppe von Magellanpinguinen schwamm ein Stück von unserem Boot entfernt durch das Wasser. Das war alles sehr beeindruckend!
Irritiert haben mich im Vorbeilaufen jedoch jedes Mal die großen Kreuzfahrtschiffe im Hafen nach Ushuaia. Denn von hier starten mehrwöchige Kreuzfahrten in die Antarktis. Und das zum Preis von rund 10.000 Dollar pro Person! Sowas muss meiner Meinung nach wirklich nicht sein. Mir wäre es lieber, wenn die Pinguine dort einfach in Ruhe gelassen werden würden…
Am nächsten Morgen besuchen wir zunächst das „Museo Marítimo y del Presidio de Ushuaia“, ein Museum mit mehreren Ausstellungen in einem alten Gefängnisgebäude. Hier lernten wir etwas über die Geschichte des Gefängnisses, aber auch über die ersten Forschungsreisen in die Antarktis und einen Leuchtturm auf der Isla de los Estados. Danach ging es zu unserer zweiten Bootstour zur Isla Martillo, auch „Pinguininsel“ genannt. Dafür fuhren wir zunächst mit einem Minibus etwa eine Stunde weiter nach Osten, um dann auf ein Schlauchboot zu steigen und zur Insel zu fahren. Hier leben zwei Pinguinarten, Magellanpinguine und Eselspinguine, die wir von ganz nah beobachten konnten. Zu dem Zeitpunkt befand sich auch ein Filmteam auf der Insel, vermutlich, um eine Tierdoku aufzunehmen. Nach einem Heißgetränk und ein paar Medialunas (Croissants aus Hefeteig) ging es wieder zurück nach Ushuaia.
Tags drauf besuchten wir erneut das Museum und entschlossen uns dann trotz des schlechten Wetters eine kleine Wanderung zum „Glaciar Martial“, den Überresten eines Gletschers, zu unternehmen. Hier läuft man eine ehemalige Skipiste hoch und dann, bei guter Sicht, einen fantastischen Blick auf die Stadt und den Beagle-Kanal. Dann brach auch schon unser letzter Tag an, den wir im Nationalpark Tierra del Fuego verbrachten. Hier befindet sich die südlichste Poststelle der Welt, die natürlich überfüllt mit Touris war und in der überteuerte Postkarten verkauft wurden. Wir unternahmen hier noch eine letzte Wanderung, ein Weg, der durch Wald an der Küste entlangführt und mich landschaftlich sehr an die Bretagne erinnert hat. Nach der Rückkehr in die Stadt testeten wir noch ein süßes Café aus, bevor es um 18:30 zum Flughafen ging, um zurück nach Buenos Aires zu fliegen. Dort kamen wir gegen 23:30 an und fielen dann müde ins Bett in einem Hotel, das wir spontan ein paar Tage zuvor gebucht hatten. Den Tag verbrachten wir dann noch in Buenos Aires mit Postkarten schreiben und ein paar Besorgungen zu machen (Kosmetikprodukte sind hier so viel günstiger als in Uruguay!). Wir mussten auch Geld wechseln, um unser Taxi abends bezahlen zu können, was sich zunächst als nicht so einfach herausstellte. Gut, dass mein Mitfreiwilliger noch einen 50 €-Schein dabeihatte, den wir wechseln konnten. Abends ging es dann zurück nach Gualeguaychú und dann mit dem Taxi nach Fray Bentos. Da wir am 1. März unsere alte Unterkunft verlassen mussten, zogen wir mit unserer Rückkehr nach Uruguay auch direkt um, wir stoppten mit dem Taxi kurz am alten Haus, um unser restliches Gepäck zu holen und fuhren dann zu unserem neuen AirBnB. Am nächsten Tag ging es direkt zu Arbeit. Das war anstrengend… Patagonien war aber wirklich traumhaft schön und ich kann es allen, die die Möglichkeit dazu haben, nur ans Herz legen, dort einmal hinzureisen!
Ein paar Tage später bekamen wir noch Besuch von einer anderen Freiwilligen, die 3 Tage bei uns blieb. Solche Momente sind immer sehr schön!
Tatsächlich hält es uns aber nicht mehr lange in Fray Bentos. In 5 Wochen werden wir nach Montevideo ziehen, um dort den Rest unseres Aufenthalts in der UNESCO-Nationalkommission zu absolvieren. Das wird spannend! Etwas Sorge bereitet mir aktuell noch die Wohnungssuche, aber das wird schon irgendwie…
Ich lese den Texte und stelle mir, wie wunderschön dort sein kann.
Danke, dass du deine Erlebnisse mit uns teils!