Diesmal hat es mich nicht lange in Fray Bentos gehalten. Momentan ist die Anzahl von Tourist*innen aber auch wirklich überschaubar und auch sonst gibt es im Museum nicht wirklich viel zu tun. Die Hitze spielt hier sicherlich auch eine große Rolle. Bei knapp 40 Grad und einer unglaublich hohen Luftfeuchtigkeit sind die meisten Leute nicht wirklich zu etwas zu gebrauchen. Auch bei uns im Haus, in dem wir keine Klimaanlage, sondern lediglich ein paar Deckenventilatoren haben, die vergeblich den ganzen Tag auf Hochtouren liefen, um uns ein bisschen frische Luft zu beschaffen, merkte man das allen an. So ging es freitagabends schon wieder weiter zum nächsten Trip, wir verbrachten das Wochenende in Montevideo. Hier wollten wir uns den Karneval anschauen und gleichzeitig nochmal ein kleines Homezone-Wiedersehen mit den meisten anderen Freiwilligen aus Uruguay genießen. Zwei werden schließlich nächste Woche schon wieder in Deutschland sein. Verrückt, wenn ich darüber nachdenke, dass bei mir jetzt fast auf den Tag genau Halbzeit ist. Die Zeit ging so schnell rum und gleichzeitig fühlt es sich an, als wäre ich schon ewig hier.
Montevideo zeigte sich diesmal von einer deutlich besseren Seite als im September. Im Vergleich zu Fray Bentos und eigentlich jeder anderen Stadt in Uruguay ist man in Montevideo in einer anderen Welt. Es gibt Einkaufszentren, ÖPNV, viele Menschen, Kulturangebote und unzählige Märkte, auf denen man ganze Tage verbringen kann. Den Freitagabend verbrachten wir auf der Straße Isla de Flores, auf der jedes Jahr der große Karnevalsumzug „Desfile de Llamadas“ stattfindet. Die Gruppen sind nicht so unterschiedlich wie in Deutschland, sondern immer gleich aufgebaut und unterscheiden sich nur durch die Farbe ihrer Kostüme und Accessoires. Wir konnten Sambatänzerinnen aus dem ganzen Land bewundern und den Candombe-Trommlern lauschen. Interessant war auch der Teil der Gruppe, der aus Pärchen bestand, bei denen die Frau ein Kleid trägt, das an das 19. Jahrhundert erinnert und der Mann mit Stock und aufgeklebtem weißem Bart auftritt.
Samstags besichtigten wir das Museum zur Militärdiktatur in Uruguay und machten einen Abstecher ins Einkaufszentrum Punta Carretas im elegantesten Viertel Montevideos. Abends besuchten wir eine weitere Karnevalsveranstaltung, eine sogenannte Murga, die vergleichbar mit politischem Kabarett in Deutschland ist. Hier treten jedoch ganze Gruppen auf, die tanzend und singend aktuelle politische Themen kommentieren. Das war eine interessante Erfahrung, mangels Sprachkenntnissen im gesanglichen Kontext und detailliertem Wissen über uruguayische Politik, verstand ich aber leider nicht so viel, wie ich gerne hätte. Sonntags wurde zum Markttag und wir streiften über die Feria Tristán Narvaja, auf der alles Mögliche (und auch besonders viel Schrott) feilgeboten wurde. Wahrscheinlich hätten wir hier auch einfach versuchen können, alten Krempel zu verkaufen. Es war viel los und das machte es mit einer so großen Gruppe gar nicht so einfach, zusammenzubleiben. Abends begaben wir uns wieder an die Rambla, wo wir ein paar Jugendlichen dabei zusahen, wie sie die Vorderräder von ihren Fahrrädern abmontierten und dann stundenlang Wheelies um einen Springbrunnen fuhren, in dem Kinder badeten. Großstadt at its best, in Fray Bentos gibt es sowas nicht… Wir gönnten uns als Snack ein paar Churros, die an unzähligen Ständen an der Uferpromenade verkauft werden. Die Stimmung am Strand war unfassbar schön und dadurch, dass der Río de la Plata so breit ist, wirkte es, als wären wir wirklich am Meer.
Montevideo ohne schlechtes Wetter gibt es aber anscheinend nicht. Montags fing es natürlich an zu regnen, was aber bezüglich der Temperaturen natürlich nur von Vorteil war. Wir schauten uns noch das Mausoleum des Nationalhelden José Artigas an und zu dritt besuchten wir schließlich noch das Museum über den Flugzeugabsturz der uruguayischen Rugbymannschaft 1972. Unfassbar berührend und gut gemacht. Der Film über das Unglück „Die Schneegesellschaft“ (La sociedad de la nieve) ist auf jeden Fall eine absolute Empfehlung! Nach einem Snack in einem Café ging es dann auch schon wieder zurück nach Fray Bentos.
Ich muss sagen, am liebsten wäre ich in Montevideo geblieben. Die Möglichkeiten, die man dort hat, sind wirklich nicht mit hier zu vergleichen… Aber ich werde bestimmt bald wiederkommen!
In Fray Bentos hat es mittlerweile deutlich abgekühlt. Das macht den Alltag auf jeden Fall deutlich angenehmer. Obwohl wir in zwei Wochen leider schon wieder umziehen müssen… Ich hoffe, das hat bald mal ein Ende.
Ich kann aber sagen, dass ich es mir nicht vorstellen könnte, wie die meisten Freiwilligen jetzt schon wieder nach Deutschland zurückzukehren. Dafür fühlt sich mein Aufenthalt noch gar nicht komplett an. Ich freue mich auf die nächsten Monate und bin gespannt, was noch so alles passieren wird.