Wintereinbruch

Der Winter ist beinahe über Nacht eingebrochen: Waren die letzten Wochen noch verhältnismäßig warm, wurde es zu Beginn letzter Woche plötzlich kalt und die Temperaturen purzelten von knapp über null Grad auf tiefe Minusgrade. War mein Zimmer bisher auf 25°C geheizt, ist es nun bei selber Heizleistung nur noch 21°C warm – das sagt viel über die Isolation der Wohnung aus! Und natürlich auch, dass es draußen nun schon einige Male -23°C erreicht hat. Zum Glück bisher nur nachts…

Zum Ferienbeginn ist dann auch wieder Schnee gefallen. Dieser ist sehr pulverig und hat die Straßen und Bügersteige so irre rutschig gemacht, dass ich schon mehrmals meine Variation vom „sterbenden Schwan“ aufgeführt habe (wie Sebastian so schön sagte ;)). Abhilfe versuchten viele fleißige Arbeiter zu leisten, die den Schnee einfach in Mülltonnen schaufelten und wegbrachten…

In den Ferien war ich einige Tage einfach zu Hause, andere habe ich in der Schule verbracht. Diesen Dienstag stand dann ein Ausflug mit einigen Schülern der 7g an, die sich diesen gewünscht hatten. So machten Miga, Bogi und ich uns mit den Kindern auf zu einer Wanderung zum Zaisan-Denkmal und wieder zurück zur Schule. Es waren sehr schöne Stunden: Die Kinder tobten durch den Schnee und machten sich Spielplätze und jeden anderen erdenklichen Ort zu eigen – wir alle hatten unseren Spaß! Zurück in der Schule spielten wir mit den Mädchen noch „Knoten“, improvisierten „Stuhltanz“ und andere (in Deutschland und der Mongolei) bekannte Kinderspiele.

Was mir hier schon seit längerem aufgefallen ist, ist der Kohlengeruch in der Luft. Bei der Wanderung ist mir aber erst das ganze Ausmaß dieser Heizmethode bewusst geworden. Zwar hatte ich schon vom Smog in UB gehört, doch vom Zaisan-Denkmal konnte ich zum ersten Mal deutlich die Smog-Glocke über der Stadt sehen:

Die Mongolei bezeichnet sich selbst als „Land des blauen Himmels“, doch für 7 lange Monate hängt jedes Jahr eine dicke Smog-Wolke über Ulaanbaatar. Die Mongolen haben sogar ein eigenes Wort für den Winter in UB, das ihre Gefühle gut erfasst: „угаар” („ugaar“). Dieses setzt sich aus den Worten „ утаа” („utaa“; Smog) und „агаар“ („agaar“; Luft) zusammen und bedeutet in etwa „rauchige Luft“.

Der Smog bzw. die Luftverschmutzung ist hier ein ganz großes Thema: Jeden Herbst, spätestens zu Beginn des Winters rückt es ins Blickfeld der Einwohner, Medien und Politiker Ulaanbaatars. Es ist aber auch langfristig ein wichtiges Arbeitsfeld der Politik und der Hilfsorganisationen.

Die Luftverschmutzung in UB gilt als eine der höchsten weltweit. Es wird gesagt, dass man in den Gervierteln jeden Tag Smog in der Menge von rund vier bis fünf Packungen Zigaretten einatmet! Aber auch in den anderen Stadtteilen ist sehr viel Smog in der Luft. Zwar kann man sich mit einem Mundschutz behelfen, richtig schützen tut dieser jedoch nicht. So ruft der Smog diverse Krankheiten vor allem der Atemwege hervor. Außerdem gilt er als einer der Gründe, warum ca. 40% der Schwangeren ihr Kind verlieren. Die Luftverschmutzung wird teilweise von den Autos sowie von den Kohlekraftwerken hervorgerufen, der größte Teil kommt aber von den ca. 150.000 Familien, die in Jurten und einfachen Holzhäusern im Osten, Norden und Westen rund um den Stadtkern leben. Die Behausungen sind nicht an das zentrale Heizsystem angeschlossen, so dass die Familien Kohleöfen betreiben, die Ärmsten einfach alte Reifen, Müll und was immer sie finden können, verbrennen, um sich warm zu halten. Denn UB ist die kälteste Hauptstadt der Welt, mit durchschnittlichen Wintertemperaturen von -20°C. Was sollen diese Familien also anders machen, wenn der Ofen ihre einzige Wärmequelle ist?

Die Regierung versucht dieses Problem u.a. mit einem Plan anzugehen, der darauf abzielt, dass starke Luftverschmutzer wie Kraftwerke Geldstrafen zahlen müssen. Mit diesem Geld sollen dann saubere Technologien zur Energie- und Wärmegewinnung finanziert werden. Dieser Plan geht aber am Hauptproblem vorbei, den Kohleöfen in den Gervierteln. Internationale Organisationen wie die Asian Development Bank und die deutsche GTZ arbeiten mit lokalen Einrichtungen und Forschern zusammen, um einen Energie-effizienten Ofen zu entwickeln und diesen allgemein erhältlich zu machen – keine einfache Aufgabe.

Einen Spiegel-Artikel zur Luftverschmutzung und ihren Gefahren findet man hier und einen Artikel der Deutschen Welle zu einem weiteren Projekt der GTZ hier.

Und so kommt auch auf mich ein Winter mit „rauchiger Luft“ zu…  

1 Comment

  1. Helmuuuuut

    Hallo Jojo, viele Grüße aus dem sonnigen Rheinland, wo es nachts auch schon mal friert. Aber wir haben ruhiges Spätherbstwetter. Es hat lange nicht mehr geregnet, der Rhein hat kaum Wasser. Wir wünschen dir in der Mongolei viel Spaß, vor allem aber mit den Kindern von Ulan Bator. Sicher hast du ihnen schon mitgeteilt, dass wir alle Anhänger des großen 1.FC Köln sind. Alaaf! Vielleicht hast du ja mal Lust zu mailen. Viele Grüße von allen Klöckis!

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