Licht aus in Lima

Licht aus in Lima

Ich weiß nicht, ob Sie, werter Leser, mir das noch glauben, angesichts der vielen gefüllten Seiten, aber: viel zu sagen bleibt nicht mehr. Drei Monate danach bin ich auch in diesem Blog endlich am Ende meiner langen Perú-Reise angekommen: in der Hauptstadt Lima.

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Zu sagen gibt es nicht viel. Lima ist eine Stadt, die mir, im Gegensatz zu allen anderen Städten und Orten Perús, nur recht wenig gefallen hat. Groß, undurchschaubar. Laut, grau und schnell. Anonym. Vielleicht liegt es daran, dass es nicht wirklich viel zu sehen gibt, vielleicht daran, dass das Wetter recht schlecht war, als ich dort war, treue Leser meiner beiden Blogs ahnen es: meine Lieblingsgroßstadt in Südamerika ist und bleibt Buenos Aires.

Nach Lima wollte ich eigentlich nur deswegen, weil ich dort einmal mehr auf die Spuren meiner heißgeliebten Abrafaxe gehen konnte. Die Abrafaxe habe ich schon einmal in einem Beitrag über die indígenas in Chile erwähnt. Sie waren Teil meines sogenannten „Freiwilligenprojektes“, und wer sie jetzt immer noch nicht kennt, noch mal kurz die Erinnerung: es geht um drei kleine Wichte, Comicfiguren aus der ehemaligen DDR, die durch Raum und Zeit reisen und deswegen auch mal in Lima Halt gemacht haben. Zur Zeit der großen Konquistadoren waren sie zusammen mit Sir Francis Drake, dem berühmten englischen Freibeuter, auf der Suche nach „Eldorado“, dem sagenhaften Goldland, das es gar nicht gibt. Die entscheidende Szene spielt im Hafen, am Ufer des Río Rímac. Dort musste ich natürlich auch hin. Der Fluss präsentierte sich mir grau und ausgetrocknet, der Verkehr schob sich über eine traurige Betonbrücke, und doch, ich konnte es nicht lassen. Ein kleines Erinnerungsfoto musste schon sein.

Treue Reisebegleiter: Die Abrafaxe am Río Rímac in Lima.

Treue Reisebegleiter: Die Abrafaxe am Río Rímac in Lima.

Als zweite Station in die Kathedrale, in der die Engländer im Comic Gold suchten. Ich aber konnte sie jetzt langsam nicht mehr sehen, all die barocken Kunstschätze, die ihren europäischen Originalen so sehr nacheiferten. Ich erwähne diese Kirche nur deshalb, weil man dort etwas ganz besonderes besichtigen kann, was normalerweise verschlossen bleibt: die Gruft. Nein, nicht einfach nur irgendwelche marmorne Sargwände mit ehrenhaften Inschriften, sondern tatsächlich Knochen. Man bückt sich, und schon geht es hinab in ein altes Kellergewölbe unter der Kathedrale von Lima, erst vor kurzem freigelegt. Es ist kalt. Der Geruch des Todes ist immer noch da, auch nach Jahrhunderten von Jahren noch, und beim Anblick der steinernen Knochen frage ich mich einmal mehr wie in Recoleta, wie in Arequipa: darf man das? Da einfach reinlatschen und sich das ansehen?

Wer lebend aus der Kathedrale wieder herauskommt und wem das noch nicht genug Grusel gewesen sein sollte, der kann sich noch mal das Gleiche, nur etwas größer, im Monasterio San Francisco, dem Franziskanerkloster anschauen.

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Dort erfährt man, das Lima wie Rom untertunnelt ist von Katakomben, einige davon bis heute nicht erforscht. Von diesem Kloster zum Beispiel führt ein Geheimgang direkt in den Präsidentenpalast: ein Fluchtweg für schlechte Zeiten. Leider sind die Katakomben nur im Rahmen einer Führung zu besichtigen, mit den üblichen Kompromissen an Flexibilität und Individualität.

Zurück zum Präsidentenpalast (natürlich auf oberirdischem Weg!). Hier fanden zum Zeitpunkt meines Aufenthaltes gerade die Vorbereitungen zu einem größeren Umzug statt: damals hatte Perú vor kurzem einen neuen Staatspräsidenten gewählt. Der Konservative Wahlsieger Pedro Pablo Kuczynski zog erst einige Wochen nach meiner Rückkehr nach Uruguay ein, aber ich kann schon mal feststellen: sein neues Haus macht ordentlich was her.

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Der alte Präsident geht, Jan geht, der Letzte macht das Licht aus. Das geht am Besten im Circuito Mágico del Agua, in den „Magischen Wasserspielen“. Ein (abgesperrter – gated community!) Stadtpark etwas außerhalb des Zentrums von Lima, noch recht neu, in dem jeden Abend das Licht aus- und die Wasserfontänen angeknipst werden. Wenn sie nicht gerade außer Betrieb sind.

Mit diesen sicherlich beeindruckenden Fotos, die ein ganz anderes – ein durchaus modernes! – Bild von Perú zeichnen als das, was ich bisher auf diesem Blog verbreitet haben mag, verabschiede ich mich endgültig aus Südamerika. Für immer? Das wird die Zukunft zeigen. Der Letzte macht das Licht aus.

Bilder Circuito Mágico del Agua

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