Offiziell 6 Monate

Am 14. Oktober.2020 hat meine Reise angefangen. Damals noch total aufgeregt und hibbelig. Ich habe garnicht wirklich verstanden, wie lange ich alle nicht mehr wiedersehe. Als ich am Erfurter Bahnhof meinen Eltern Tschüss gesagt habe. Dass ich jetzt in ein fremdes Land fahre und erstmal nicht nach Hause komme. Neue Menschen, neue Umgebung, auf sich selbst gestellt in einem anderen Land.

Heute ist der 14.April 2021. Und mir kommt es so weit weg vor. So lange her. Und auch wenn ich beim Schreiben dieses Beitrags bisschen schlucken muss, bin ich mir sicher, dass ich alles richtig gemacht habe. Es war richtig sich zu bewerben und meinem Traum eine Chance zu geben, obwohl die Welt gerade auf dem Kopf steht. Es war richtig, auszureisen, obwohl es wehtat alle eine Weile nicht mehr zu sehen. Es war richtig hier zu bleiben, obwohl die Corona Situation sich nicht besserte und man uns zu Anderem geratet hatte. Es war richtig über Weihnachten nach Hause zu fahren und Kraft zu tanken, obwohl mir die Zeit viel zu kurz vorkam. Es war richtig zu Verlängern, auch wenn ich immer wieder Abende des Vermissens haben werde. Weil all das, hat mich genau hier hin gebracht und macht mich genau zu dem Menschen, der ich genau jetzt bin. Und ich bereue nichts. Ich freue mich viel mehr auf das, was noch kommt. Was ich noch alles lernen werde und was noch alles auf mich zukommt. Wie viel ich noch über mich selber lernen werde.

Aber erstmal soll es darum gehen, was ich bisher gelernt habe. Wo soll ich da nur anfangen. Das ist schwer aufzubröseln und es in Worte zu fassen. Denn über mich selber habe ich eine Menge gelernt. Ich bin allgemein stärker geworden und auch entspannter, was sicherlich mit der polnischen Kultur zu tun hat. Ich war in Krakau, in Danzig und in Warschau. Habe Lublin und die umliegenden Dörfer erkundet und ich habe immer noch das Gefühl nicht alles gesehen zu haben. Ich habe viel zu oft an meinen Deutsch Kenntnissen gezweifelt wie auch am menschlichen Verstand. Ich habe unglaublich viel gelacht und so viele neue wunderbare Menschen kennengelernt, die alle ihre eigene Geschichte mitgebracht haben. Und das wichtigste für euch, was ich gerne nochmal betone: „Nur“ Polen ist wunderschön. Bevor man nach Australien, Amerika oder sonst wo hinfärt, ist es schön herauszufinden, was vor der eigenen Haustür passiert. Als es das erste Mal von kulturweit hieß, sie verschicken uns kultis nur europaweit war ich total enttäuscht. Aber im Nachhinein war es eine totale wichtige Erfahrung, für dich ich so dankbar bin.

Trotzdem gebe ich euch ein paar Dinge in Stichpunkten wieder, die ich bis hier hin gelernt habe. Ich bin mir sicher mir wird über die Zeit immer noch mehr Punkte einfallen.

  • der Begriff „eigentlich“ hat in Polen eine ganz neue Bedeutung
  • doch, du bist deutsch. Und manchmal ertappt man sich dabei ei bisschen zu deutsch zu sein
  • nein, du bist nicht trinkfest
  • Spontanität ist das neue Gebot
  • Zebrastreifen sind die neue Mutprobe
  • Pierogi stopfen
  • jedes klein geraspelte Gemüse ist Salat und heißt einfach „surówka“
  • schneien kann es auch im April
  • es hat immer ein Lebensmittelgeschäft (sklep spozywczy) offen
  • man hat nie eine Stadt fertig entdeckt
  • kultis ticken immer ungefähr gleich -> kulturweit wird schnell Familie
  • Wlan ist doch überlebenswichtig
  • polnisch lernen bringt Vorteile
  • die Ostsee ist kalt
  • Masken wärmen das Gesicht
  • habe immer Wein im Haus
  • Wäsche ist eine Wissenschaft
  • Polen ist eine Konsumgesellschaft (und lieben Essen)
  • nimm das Leben nicht so ernst
  • Im Winter wird deine Wohnung immer sandig sein
  • ich vermisse es Fahrrad zu fahren
  • ungeplant entstehen die besten Erinnerungen

Okay, ich glaube das war es fürs Erste. Mehr fällt mir gerade nicht ein.

Auf jeden Fall bin ich sehr dankbar für die letzten 6 Monate und freue mich noch mehr auf die nächsten „nur noch“ 4 Monate. Wenn man das so hört, fühlt es sich schon wieder viel zu kurz an.

Bleibt gesund, bleibt lieb

Leana