Pujllay Festival und Día del Mar

Vorletzten Sonntag habe ich den ersten Ausflug hier in Bolivien gemacht und die Chance genutzt, das einmal im Jahr stattfindende Pujllay Festival in Tarabuco zu besuchen. Tarabuco ist eine kleine Stadt/Dorf ca. 60 km von Sucre entfernt. Da die Stadt/Dorf noch einmal 500 m höher liegt (3.300m) musste sich der Bus ganz schön hochkämpfen. Aber in diesem Fall habe ich mich absolut nicht über die 2h Fahrtzeit geärgert, weil die Landschaft einfach sooo schön ist. Lauter grüne Berge :) (von denen ich kein Bild habe, weil aus dem Bus raus fotografieren doof ist). Dafür aber von den vielen Festumzügen, die in der Stadt stattfanden.


„Pujllay“ kommt aus der indigenen Sprache Quechua und bedeutet so viel, wie „spielen“ oder auch „Karneval“ (s/o an wikipedia). Zum einen wird bei diesem Fest mit dem Ende der Regenzeit auch der Anfang der Erntezeit gefeiert. Also ein bisschen wie das Erntedank-Fest. Dafür wird eine ganz hohe Wand aufgestellt, an welcher Lebensmittel, wie Gemüse und Obst, aber auch diverse tierische Teile (halbe Kuh und so) und volle Orangenlimoflaschen zu finden sind. 

Zum anderen feiern die Bolivianer*innen an diesem Wochenende den Sieg über Spanien, welcher natürlich in der bolivianischen Geschichte eine super große Rolle spielt, da er den Weg zur Unabhängigkeit ebnete. Wir haben die unglaublich unbequem aussehenden Schuhe der Umzugsteilnehmer*innen bestaunt, die durch das Aufeinanderschlagen von Metallplatten ein lautes Klirren von sich geben. Dies soll das Klirren der Schwerter im Kampf nachahmen. Ziemlich originell.

Aufgeweckte kulturweit-Follower (und auch andere Interessierte) haben bestimmt mitbekommen, dass letzte Woche am 22. März der internationale Weltwassertag war. Wasser ist in Bolivien nicht nur aufgrund der Trockenheit ein Thema. Zwei Tage später fand in Bolivien der Día del Mar statt. Nun ist Bolivien aber ein Binnenstaat, der akkurat 0,00 km Küste besitzt und ich habe mich gefragt.. wozu ein Fest für das Meer? Das hat historische Gründe. 

Das ist Bolivien. Die Karte ist von https://crucenabolivia.wordpress.com/bolivien/


Von 1879-1884 fand der Salpeterkrieg statt. Dieser fing damit an, dass Chile zwei am Pazifik liegenden bolivianische Provinzen (Tarapacá und Antofagasto) annektierte und endete mit dem Vertrag von Valparaíso, welcher besagt, dass die Provinzen rechtmäßig Chile gehören. Das ist natürlich nur die extreme Kurzform. Peru hat nämlich auch noch mitgemacht und es gab viel meer Verträge und viel meer Kampf. Fakt ist aber, dass die Bolivianer*innen den Verlust des Meerzuganges immer noch sehr ernst nehmen.  In der Schule haben wir morgens die bolivianische Nationalhymne und die Hymne der Schule (beide muss ich unbedingt noch lernen!!) gesungen. Ausserdem gab es eine kurze Ansprache. In der Stadt gibt es jedes Jahr an diesem Tag riesige Paraden und Umzüge. Alle Jungen und Mädchen ab 17 Jahren, die später zum Militär gehen, nehmen Teil, sowie viele örtliche Politiker*innen und natürlich Menschen, die sich ebenfalls dafür einsetzen, dass Bolivien wieder Zugang zum Pazifik bekommt. 

Dieses Bild braucht keine Erklärung. http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1228178


Ich habe mir die Umzüge angeschaut, die Plakate durchgelesen, den Reden zugehört und das Durchhaltevermögen dieser vielen Bolivianer*innen bewundert. Und weiß die Ostsee und die Nordsee jetzt sehr viel meer zu schätzen.