Warum hab ich hierzu ja gesagt I (Cochabamba)

Meinen letzten Eintrag hab ich in Cochabamba fertig geschrieben, deswegen fehlen zwei Wochenenden. Aber da an beiden ziemlich viel los war, fange ich mit Cochabamba an und wenn/falls ich Lust und Zeit habe, schreibe ich auch nochmal vom letzten 
Wochenende. :-)

COCHABAMBA

Bolivianischen Busfahrten über 6 Stunden sind auf jeden Fall angenehmer als ich angenommen hatte. Die Zeit vertreibt sich schnell, wenn man wie gebannt aus dem Fenster schaut und beobachten kann, wie sich die Wüstengegend um Oruro in Berge und Palmen, die Cochabamba umgeben, verwandelt. Dazu noch eine Tüte gebrannte Erdnüsse, die es hier überall gibt und nach denen ich mittlerweile süchtig bin, gute Musik, ein Tagebuch und die Fahrt lässt sich im zurückgelehnten Sitz genießen.

Als ich ankomme bin ich erst mal überrascht, denn diese Stadt sieht ziemlich genau so aus wie ich mir Bolivien vorgestellt habe bevor ich Oruro gegoogelt habe. Anmutige Wolkenkratzer stehen gegenüber von kleinen nicht ganz fertiggestellten Häusern und die sommerlichen Palmen vor der Bergkulisse unterstrichen den Kontrast. Cochabamba ist die Art Stadt, die, wie ich später noch feststelle, nachts genauso laut ist wie tagsüber und ich fühle mich sofort wohl hier. Was auch daran liegt, dass es hier richtig warm ist.

Zusammen mit B., einem anderen Freiwilligen, seinen deutschen Mitbewohner*innen, einer Argentinierin, einem Bolivianer und einem Amerikaner feiere ich zum ersten Mal Pachamama. Das Pachamama Ritual findet in Cochabamba in der ersten Freitagnacht des Monats statt. Dabei werden Opfergaben für die personifizierte Mutter (oder Vater oder nicht binäres Elternteil, Pachamama hat nämlich kein Geschlecht) Natur verbrannt was den Spendenden Glück und Gleichgewicht bringt.

Wir feiern das Ritual in einer Bar (Ja, richtig inklusive Huari und Rotwein) , die La Troja (der Getreidespeicher) heißt und aus drei Bereichen besteht. Im Eingangsbereich wird nach dem eigentlichen Verbrennungsritual Panflöte, Trommel und Charango, das aussieht wie eine Ukulele mit acht Saiten, gespielt und in einem Kreis um die Band getanzt. Im Innenhof kann man sich den leckersten Flammkuchen überhaupt belegen lassen und sich auf eine der Steinbänke um das Feuer setzten, indem die Opfergaben verbrannt werden. Drinnen gibt es eine Bar und die Bühne auf der eine Liveband Poprock spielt und es wird getanzt. Und um alles noch einen Ticken unwirklicher für mich zu machen stehen überall verteilt kleine Schalen mit Cocablättern.

Hier ist noch ein Link mit einer detaillierten Erklärung für das Pachamama Ritual. Die Seite ist zwar auf Spanisch, kann aber auf deutsch übersetzt werden. https://takiruna.com/2013/12/21/ritual-a-la-pachamama/

Am Sonntag, unternehmen wir dann die wohl touristischste Aktion in Cochabamba. Sich bei 29°C und praller Sonne die Treppen zum Christo de la Concordia hoch quälen. Ich stelle jetzt beim Schreiben fest, dass bei jedem meiner Wochenendausflüge einmal dieser „Warum-hab-ich-hierzu-ja-gesagt-“Moment kommt. Ja, das war dieser Moment. Ich weiß nicht on es sich lohnt eine missionarische Christusstatur zu erreichen, die die Stadt überblickt. Aber die Aussicht!

Mein Mini-Sommerurlaub endet mit einer Busfahrt durch eine sternenklare Nacht und ich plane im Kopf schon mein nächstes Wochenende irgendwo in Bolivien.

Mein bisheriger Lieblingsort

Warum ist es eigentlich immer so, dass entweder so wenig passiert, dass es sich nicht für einen Eintrag lohnt oder so viel, dass keine fünf Einträge reichen würden um alles festzuhalten?

Seit drei Wochen lebe ich jetzt in Oruro und ich verstehe die Stadt mit den quadratisch angeordneten Straßen immer noch nicht so ganz. Egal wie Städte angeordnet sind, ich werde mich wohl immer verlaufen, hier führt mich mein nicht vorhandener Orientierungssinn eben aufder Suche nach einer Apotheke einmal im Kreis/ums Quadrat, statt wie sonst in neue Stadtteile. Aber das Ergebnis bleibt das gleiche, ich komme an einem viel spannenderen Ort als meinem ursprünglichem Ziel an.

In Oruro ist das einer der Märkte: Bolivar,benannt nach der bolivianischen heiß geliebten Fußballmannschaft. Auf der breitesten Straße Oruros stapeln Marktstände mit Obst, allen erdenklichen Avokadoformen und Gemüse neben Getreiden, bei denen ich gar nicht weiß, was ich roh mit ihnen machen kann. Es ist bunt, frisch und wahrscheinlich ein Paradis für deutsche Biosupermarktkund*innen. Kurz, ich liebe den Markt. Aber nicht nur wegen des Essens. Denn das macht nur einen kleinen Teil aus. Hier wird so gut wie alles verkauft. Wie einer Stadt gibt es verschiedene Viertel und ich bin überrascht, dass es nicht nur „Süßigkeitenviertel“ und „Schuhviertel“ gibt, sondern auch eins für Kabel und Handwerkszeug. Neben einem Stand mit Fliesen, verkauft eine Person Coca Blätter. Ich kaufe einen Tee und verstehe nicht ganz was er bewirken soll, aber schnappe etwas von Beruhigung auf und die hätte ich gern.

Ich glaube die verkaufende Person lacht mich aus. Aber das passiert mir hier ziemlich oft, wenn ich nachfrage wie Körner heißen die ich nicht kenne, oder wenn ich einen milchigen Säft kaufe und den Mund verziehe, weil er mir zu süß ist. Der Verkäufer ist nicht mal Böse als ich ihr das halmvolle Glas entschuldigen zurück gebe. Insgesamt sind die Händler*innen sehr freundlich und erklären mir  wozu diese grüne Paste ist oder warum es so viele Avokadosorten gibt. Nur leider verstehe ich meistens nur die Hälfte und nicke einfach.

Seit dem ich mich das erste Mal zum Markt verlaufen habe, bin ich schon viel markterfahrener geworden. Mittlerweile kenne ich auch die Smoothie-Meile. Eine Reihe von Ständen in denen Saftpresser*innen und Smothieexpert*innen Geschmacksbomben mit Honig zusammenwischen.

Hmm, eigentlich wollte ich noch über mein Wochenende schreiben und die Schule und die ganzen Dinge, die man mich so nach Bolivien fragt, aber ich habe mich mal wieder verlaufen und bin zu meinem Lieblingsplatz gekommen.

Naja, nächstes Mal.