5- Eine kurze Geschichte zu meinem Freitag

Ich habe mir fest vorgenommen, mich ein bisschen kürzer zu fassen. Also, während sich meine Mitbewohnerin über das Trave-document auf Russisch begeistert – habe ich erzählt, wie wir vor der russischen Waschmaschine saßen und mit ein paar Brocken Schulrussisch versucht haben herauszufinden was Schleudern oder Kochwäsche heißt?(das mit Kurzfassen klappt bestimmt!) – eine kleine Story zu meinem Freitag 15.9.17:

Es war der offizielle Erste Schultag, aber anders, als meine Mitbewohnerinnen, sollte ich meine Arbeit an der Robert-Schumann Europaschule erst zum Montag beginnen. Während die anderen früh aufstanden und loszogen, habe ich erst mal ausgeschlafen und mich dann um 11 mit einem kulturweit-Freund aus Kutaissi (gleich mal die erste Arbeitsreise nach Tbilisi hinter sich) in seiner Arbeitsstelle, dem Goethe-Institut, zu einer Stadtführung verabredet. Der Morgen war also so entspannt, das Wetter strahlend schön und noch nicht zu heiß und ich fühlte mich an meinem 4. Tag hier, im Gegensatz zu seinem 1. Tag, so eingelebt, vor allem als ich schreiben konnte: „wage mich jetzt mal in die Metro, müsste in 20min da sein“, dass ich eine andere Straße zur Station nahm als sonst. Man musste vom Gefühl her einfach nur sehr lange bergab gehen, ungefähr ab der Hälfte der Straße wurde mir mulmig aber ich ging weiter bis nach unten, nur war da leider keine Spur des orangenen Metro-Schilds…

Also alles wieder hoch, es kostete mich 15min und ich war mir auf einmal gar nicht mehr so sicher, ob ich denn den gewohnten Weg unter Zeitdruck finden würde… . Ich ging also die Parallelstraße hinunter, nur das mir die ab der Hälfte auch nicht mehr vertraut vorkam! Da waren weder der Schuster mit dem einzelnen Gammel-Schuh auf dem Werbeschild, noch der Gemüseladen mit der netten alten Dame oder der Tonne-Bäcker unseres Vertrauens!In etwa so vergingen die nächsten 15min und um Punkt 11 stand ich auf einer großen Querstraße, an deren linken Ende ich vermutlich auf meine Metro getroffen wäre, aber ich war mittlerweile so frustriert und panisch sie würden ohne mich anfangen und ich müsste ganz umsonst auch noch alles wieder zurück, dass ich mir kurzer Hand ein Taxi anhielt.

Über die Taxi-Situation habe ich ja schon einmal geschrieben, wir bekamen entweder zahlreiche Komplimente über unsere unglaubliche Schönheit oder sollten sofort an die Söhne verheiratet werden. Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen wie viel Geduld ich für solch eine Art von Small-talk heute hätte aufbringen können. Aber meine letzte Rettung schien zwar sehr jung, doch irgendwie schüchtern. Er hatte auch gleich den richtigen Preis für die Fahrt genannt. Vermutlich habe ich auch ziemlich fertig aus gesehen, denn er versuchte nicht ein Gespräch anzufangen. Auf jeden Fall starrte ich erst mal demonstrativ auf mein Handy und gab Bescheid, dass ich später kommen würde, dann versuchte ich auf der Karte zu finden wo genau sich das Goethe-Institut befand, da ich dem Fahrer erst mal nur sehr wage „Rustaveli“ gesagt hatte.

Als das erledigt war, begann ich aus dem Fenster zu schauen. Der dichte Verkehr lies uns nur langsam vorankommen und ich hatte genug Zeit mir gedanklich für diese vergangene halbe Stunde selbst die Leviten zu lesen. Irgendwann begann ich auch meinen Fahrer zu mustern, so sehr überraschte mich die Stille. Ich bemerkte, dass er die Musikauswahl, die laut im Auto lief immer wieder manuell korrigierte. Gerade lief Sia mit „Never give up“, die folgenden Songs gingen inhaltlich in die selbe Richtung und ich erinnerte mich dunkel, dass es mit den vorherigen auch ähnlich war. Vermutlich wäre es arrogant und ich-bezogen zudenken er würde das extra für mich machen. Vermutlich hatte er einfach selbst schlechte Laune oder verstand gar kein Englisch und mochte einfach die Songs, aber irgendwie war es unglaublich tröstlich und ich fühlte mich ihm auf nonverbaler Ebene sehr verbunden.

Er fuhr mich übrigens bis vor die Tür des Goethe-Instituts und er hatte wirklich die ganze Fahrt nur eine Frage: „Whats your name?“