La revedere, România!

Wieder mal im Zug, wieder mal Zeit zu schreiben. Aber dieses Mal ist vieles anders: Der Zug fährt schneller als 90 km/h. Meine Koffer sind viel schwerer als sonst. Um mich herum wird Deutsch gesprochen.

Das Ziel meiner Reise ist dieses Mal nicht irgendein Ort in Rumänien oder den Nachbarländern. Heute fahre ich zum ersten Mal seit 10 Monaten wieder nach Mannheim, Deutschland.

Der Auslandsteil des Freiwilligen Sozialen Jahres im Ausland ist nun beendet. Es ist viel passiert, ich habe viel gelernt und erlebt, blabla. Es ist schwierig, das zusammenzufassen. Trotzdem will ich irgendeine Art von Abschluss auf diesem Blog.

Also höre ich so auf, wie ich im ersten Eintrag begonnen habe. Hier sind einige Aspekte meines Freiwilligendienstes in Rumänien – persönlich, unvollständig und wild durcheinander:

Ankunft: Ich erinnere mich noch gut an meine Ankunft und die ersten Tage in Rumänien. Wie ungewohnt am Anfang alles war und wie vertraut am Ende. Mittlerweile bin ich schon wieder in Deutschland, denn es sind ungefähr eineinhalb Wochen vergangen, seitdem ich angefangen habe, diesen Eintrag zu schreiben. Tatsächlich hat sich gar nicht so viel verändert, wie ich dachte. Wird das auch so sein, wenn ich noch einmal zurück nach Rumänien komme?

Balkon: Wie viele Stunden ich wohl insgesamt dort verbracht habe? Einfach nur dort saß, aß, Musik hörte, die Aussicht genoss, den Verkehr und die Menschen beobachtete?

Chișinău: Neben rumänischen Reisezielen konnte ich die Hauptstadt der Republik Moldau und einige Städte in Bulgarien und Ungarn besichtigen.

Deutschland: Ich stelle fest, dass mein Freiwilligendienst auch mein Deutschlandbild verändert hat. Auf der einen Seite durch andere Freiwillige: Die zahllosen Diskussionen darüber, wie nun der Anfang/das Ende vom Brot korrekterweise bezeichnet wird (Antwort: Knorz), oder der Austausch über unterschiedliche Städte und Bundesländer. Auf der anderen Seite durch Personen, die nicht in Deutschland leben: Wie diese Deutschland und deutsche Menschen wahrnehmen, hat mich oft echt nachdenklich gemacht. Über Privilegien, Vorurteile, Grenzen.

Entwicklung: groß!

Freundschaft: Ich bin so dankbar für alle neuen Freund*innen. Egal, ob nur 5min weg oder quer übers Land verteilt.

Glück: sehr groß!

Heimat: Ein Stück von mir bleibt in Oradea zurück. Und ein Stück von Rumänien bleibt bei mir (kitschig, aber wahr…)

Idylle: Morgens aufwachen, aus dem Fenster gucken, Berge sehen. Alles grün oder hellgrau, kein Auto oder Mensch zu hören. Raus gehen, in die Sonne setzen, Kaffee trinken. Und einfach genießen.

Joggen: und wandern und spazieren gehen. Meine Füße waren auf jeden Fall in Bewegung.

Kochen: hat mich entspannt, glücklich gemacht und meinen Alltag strukturiert.

Lachen: sehr oft!

Museen: sehr viele!

Nachbereitungsseminar: ist gerade erst vorbei und war sehr hilfreich. Workshops und Seminare im Allgemeinen waren ziemlich cool und ein nicht zu unterschätzender Teil meiner Freiwilligenzeit.

Online: hat sich in den letzten Monaten vieles abgespielt. Von Unterricht über Seminare bis hin zu Leichtathletiktraining – irgendwie sind Videotelefonate alltäglich geworden. Vielleicht war es deswegen eigentlich gar nicht so komisch, Familienmitglieder oder Freund*innen nur auf dem Bildschirm zu sehen.

Plăcintă: werde ich echt vermissen, vor allem zu dem Preis…

Qualle: Schlechte Überleitung zu einem einprägsamen Erlebnis… Ich befand mich ziemlich weit draußen im Schwarzen Meer und genoss gerade auf dem Rücken liegend die Sonne, als ich plötzlich ein Geräusch hörte. Erschrocken richtete ich mich auf und entdeckte ein paar Meter von mir entfernt eine große Schwanzflosse, die gerade wieder untertauchte. Ein Hai! In Windeseile schwamm ich zurück in Richtung Strand, wo ich mein Erlebnis mit den anderen teilte und aufgeregt eine Internetrecherche begann. Es stellte sich heraus, dass es wohl kein Hai, sondern ein Delfin war!

Rumänisch: Ich hoffe, dass wenigstens ein bisschen was von der Sprache hängenbleibt. Am Ende hatte ich echt Spaß daran, mich auf Rumänisch zu unterhalten.

Spontanität: wenn Pläne scheitern oder es gar keine gibt, ist das meistens kein großes Problem. Irgendwie findet sich immer eine Lösung… zumindest vertraue ich darauf nun viel stärker als noch im letzten Jahr.

Trauer: Wut, Ungeduld, Angst etc. Natürlich war nicht immer alles rosig und das ist auch gut so.

Unterricht: und dessen Vorbereitung, Ferienbetreuung, Bücherei, Nachhilfe, Korrekturlesen, Papierkram, Schulverschönerung – die Arbeit am Liceul Teoretic German „Friedrich Schiller“ war definitiv abwechslungsreich und hat mir vor allem gen Ende viel Spaß gemacht.

Vergessen: Schon im Juli wusste ich nicht mehr genau, was ich alles im Oktober erlebt hatte. Mich macht der Gedanke traurig, dass ich vieles in ein paar Jahren nicht mehr wissen werde. Gleichzeitig gehört das natürlich einfach zum Leben dazu und ich habe hoffentlich genug aufgeschrieben und fotografiert, um die wichtigsten Momente in Erinnerung zu behalten.

Winter: Ich bin wirklich froh, alle Jahreszeiten erlebt zu haben.

Xmal: am Piața Unirii gewesen, Zug und Bus gefahren, Mihai Eminescu gesehen, zur Schule gerannt, am Fluss gesessen, „am o întrebare“ gesagt, Pizza mit Ketchup gegessen, „dragostea din tei“ gehört, …

Person XY, die: mir zugehört hat, mit mir gelacht hat, mir geholfen hat, mich eingeladen hat, mir etwas geschenkt hat, mich zum Nachdenken gebracht hat, an mich geglaubt hat, … – danke!

Zug: Wohl das Symbol fürs Reisen und Abenteuer. Irgendwo einsteigen, irgendwo ankommen, etwas erleben, wieder einsteigen, wieder ankommen. Ich kann das sehr lange machen… mal gucken, wo ich am Ende lande.

așteptări vs. realitate (Erwartungen vs. Realität)

Mă numesc Nicole Rupp. Eu sunt din Germania și locuiesc în Oradea. Und nach diesen anspruchsvollen Sätzen reflektiere ich jetzt meine sprachlichen Fähigkeiten. Vorstellung und Wirklichkeit unterscheiden sich ja regelmäßig. Ich versetze mich also in mein Ich vom August 2020. Ich habe das Angebot von kulturweit akzeptiert und weiß, dass es für mich nach Rumänien geht. Ich denke über ganz viele Dinge nach: Wohnung, Arbeit, Reisen, … und Sprache.

Was ich mir zu diesem Zeitpunkt ausmale (=Erwartungen)

Bestimmt kann ich mein Rumänisch innerhalb mehrerer Wochen auf ein ordentliches Level bringen. Schließlich bin ich gut in Latein und auch mein Spanisch ist vorhanden. Das ist beim Lernen dieser neuen romanischen Sprache sicherlich hilfreich. Spätestens zur Hälfte meines Freiwilligendienstes sollte ich also in der Lage sein, die Leute um mich herum meistens einwandfrei verstehen. Auch besitze ich einen relativ großen Wortschatz und formuliere grammatikalisch einwandfreie Sätze. Nicht nur in der gesprochenen Sprache erlebe ich große Verbesserungen, sondern auch in der geschriebenen. Außerdem habe ich ja eine ungarische Mitbewohnerin und wohne sehr nahe an der Grenze. Dadurch kann ich vielleicht auch ein paar Brocken Ungarisch mitnehmen. Ich werde einfach ein Vokabel- und Grammatikheft führen und regelmäßig wiederholen, dann geht das mit den Lernfortschritten richtig schnell.

Wie es in Wirklichkeit aussieht (=Realität)

  • Ich kann Sätze formulieren, grammatikalisch korrekt sind sie nicht immer.
  • Ich bin gut darin, mir Sachen aus dem Kontext zusammenzureimen.
  • Ich benutze ziemlich oft Hände und Füße, um zu kommunizieren.
  • Mimik und Gestik sagen viel über den Inhalt des Gesprochenen aus.
  • Telefonate sind deshalb schwieriger als persönliche Unterhaltungen.
  • Zuhören ist viel einfacher als selbst zu sprechen.
  • Ich verstehe größtenteils den Inhalt diverser Infotafeln.
  • Dass ich auf Rumänisch schreibe, kommt nur im Sprachunterricht vor.
  • Meine Aussprache ist meiner Meinung nach gar nicht so schlecht.
  • Trotzdem erkennen manche Leute schon an der Begrüßung, dass Rumänisch nicht meine Muttersprache ist und antworten auf Englisch.
  • Standard-Floskeln sind extrem wichtig.
  • Wenn jemand etwas Unerwartetes sagt, bringt mich das aus dem Konzept.
  • Gelungene Unterhaltungen auf Rumänisch sind meine kleinen Alltagserfolge.
  • Zum Thema: Ungarisch: reden wir einfach nicht darüber.
  • Naja doch: Ich kann ein paar Begrüßungen und bis 10 zählen. Das wars.

Fazit

Es läuft, aber nicht so gut wie ich es erwartet habe. Die Gründe dafür sind einfach: Ich lerne und wiederhole nicht oft genug selbständig (eigentlich kommt das nur auf langen Zug-/Busfahrten vor). Außerdem sprechen die meisten Menschen in meinem Umfeld entweder Deutsch oder Englisch, was viel bequemer für mich ist.

Ich stelle also fest, dass meine Erwartungen nicht realistisch waren. Der Sprachunterricht ist hilfreich, trotzdem muss ich selbst Zeit investieren und öfter auf Rumänisch reden, wenn ich besser werden will.

Warum will ich das eigentlich? Ich möchte mit den Leuten in der Landessprache kommunizieren. Ich mag diese Sprache. Ich mag die Melodik dahinter, ich mag die Besonderheiten. Zum Beispiel werden die bestimmten Artikel einfach hinten an die Substantive drangehängt. Und nur weil da ein „i“ steht, wird es nicht immer deutlich ausgesprochen. Das bringt interessante Herausforderungen.

Obwohl der Großteil meines Freiwilligendienstes schon vorbei ist, schaffe ich es vielleicht noch, mit der Realität näher an meine Erwartungen heranzukommen. Ich mache mir keinen Druck, aber vielleicht bin ich ja durch diese Reflektion motivierter. Mal abwarten – weitere Fortschritte wären jedenfalls „foarte bine“!