La revedere, România!

Wieder mal im Zug, wieder mal Zeit zu schreiben. Aber dieses Mal ist vieles anders: Der Zug fährt schneller als 90 km/h. Meine Koffer sind viel schwerer als sonst. Um mich herum wird Deutsch gesprochen.

Das Ziel meiner Reise ist dieses Mal nicht irgendein Ort in Rumänien oder den Nachbarländern. Heute fahre ich zum ersten Mal seit 10 Monaten wieder nach Mannheim, Deutschland.

Der Auslandsteil des Freiwilligen Sozialen Jahres im Ausland ist nun beendet. Es ist viel passiert, ich habe viel gelernt und erlebt, blabla. Es ist schwierig, das zusammenzufassen. Trotzdem will ich irgendeine Art von Abschluss auf diesem Blog.

Also höre ich so auf, wie ich im ersten Eintrag begonnen habe. Hier sind einige Aspekte meines Freiwilligendienstes in Rumänien – persönlich, unvollständig und wild durcheinander:

Ankunft: Ich erinnere mich noch gut an meine Ankunft und die ersten Tage in Rumänien. Wie ungewohnt am Anfang alles war und wie vertraut am Ende. Mittlerweile bin ich schon wieder in Deutschland, denn es sind ungefähr eineinhalb Wochen vergangen, seitdem ich angefangen habe, diesen Eintrag zu schreiben. Tatsächlich hat sich gar nicht so viel verändert, wie ich dachte. Wird das auch so sein, wenn ich noch einmal zurück nach Rumänien komme?

Balkon: Wie viele Stunden ich wohl insgesamt dort verbracht habe? Einfach nur dort saß, aß, Musik hörte, die Aussicht genoss, den Verkehr und die Menschen beobachtete?

Chișinău: Neben rumänischen Reisezielen konnte ich die Hauptstadt der Republik Moldau und einige Städte in Bulgarien und Ungarn besichtigen.

Deutschland: Ich stelle fest, dass mein Freiwilligendienst auch mein Deutschlandbild verändert hat. Auf der einen Seite durch andere Freiwillige: Die zahllosen Diskussionen darüber, wie nun der Anfang/das Ende vom Brot korrekterweise bezeichnet wird (Antwort: Knorz), oder der Austausch über unterschiedliche Städte und Bundesländer. Auf der anderen Seite durch Personen, die nicht in Deutschland leben: Wie diese Deutschland und deutsche Menschen wahrnehmen, hat mich oft echt nachdenklich gemacht. Über Privilegien, Vorurteile, Grenzen.

Entwicklung: groß!

Freundschaft: Ich bin so dankbar für alle neuen Freund*innen. Egal, ob nur 5min weg oder quer übers Land verteilt.

Glück: sehr groß!

Heimat: Ein Stück von mir bleibt in Oradea zurück. Und ein Stück von Rumänien bleibt bei mir (kitschig, aber wahr…)

Idylle: Morgens aufwachen, aus dem Fenster gucken, Berge sehen. Alles grün oder hellgrau, kein Auto oder Mensch zu hören. Raus gehen, in die Sonne setzen, Kaffee trinken. Und einfach genießen.

Joggen: und wandern und spazieren gehen. Meine Füße waren auf jeden Fall in Bewegung.

Kochen: hat mich entspannt, glücklich gemacht und meinen Alltag strukturiert.

Lachen: sehr oft!

Museen: sehr viele!

Nachbereitungsseminar: ist gerade erst vorbei und war sehr hilfreich. Workshops und Seminare im Allgemeinen waren ziemlich cool und ein nicht zu unterschätzender Teil meiner Freiwilligenzeit.

Online: hat sich in den letzten Monaten vieles abgespielt. Von Unterricht über Seminare bis hin zu Leichtathletiktraining – irgendwie sind Videotelefonate alltäglich geworden. Vielleicht war es deswegen eigentlich gar nicht so komisch, Familienmitglieder oder Freund*innen nur auf dem Bildschirm zu sehen.

Plăcintă: werde ich echt vermissen, vor allem zu dem Preis…

Qualle: Schlechte Überleitung zu einem einprägsamen Erlebnis… Ich befand mich ziemlich weit draußen im Schwarzen Meer und genoss gerade auf dem Rücken liegend die Sonne, als ich plötzlich ein Geräusch hörte. Erschrocken richtete ich mich auf und entdeckte ein paar Meter von mir entfernt eine große Schwanzflosse, die gerade wieder untertauchte. Ein Hai! In Windeseile schwamm ich zurück in Richtung Strand, wo ich mein Erlebnis mit den anderen teilte und aufgeregt eine Internetrecherche begann. Es stellte sich heraus, dass es wohl kein Hai, sondern ein Delfin war!

Rumänisch: Ich hoffe, dass wenigstens ein bisschen was von der Sprache hängenbleibt. Am Ende hatte ich echt Spaß daran, mich auf Rumänisch zu unterhalten.

Spontanität: wenn Pläne scheitern oder es gar keine gibt, ist das meistens kein großes Problem. Irgendwie findet sich immer eine Lösung… zumindest vertraue ich darauf nun viel stärker als noch im letzten Jahr.

Trauer: Wut, Ungeduld, Angst etc. Natürlich war nicht immer alles rosig und das ist auch gut so.

Unterricht: und dessen Vorbereitung, Ferienbetreuung, Bücherei, Nachhilfe, Korrekturlesen, Papierkram, Schulverschönerung – die Arbeit am Liceul Teoretic German „Friedrich Schiller“ war definitiv abwechslungsreich und hat mir vor allem gen Ende viel Spaß gemacht.

Vergessen: Schon im Juli wusste ich nicht mehr genau, was ich alles im Oktober erlebt hatte. Mich macht der Gedanke traurig, dass ich vieles in ein paar Jahren nicht mehr wissen werde. Gleichzeitig gehört das natürlich einfach zum Leben dazu und ich habe hoffentlich genug aufgeschrieben und fotografiert, um die wichtigsten Momente in Erinnerung zu behalten.

Winter: Ich bin wirklich froh, alle Jahreszeiten erlebt zu haben.

Xmal: am Piața Unirii gewesen, Zug und Bus gefahren, Mihai Eminescu gesehen, zur Schule gerannt, am Fluss gesessen, „am o întrebare“ gesagt, Pizza mit Ketchup gegessen, „dragostea din tei“ gehört, …

Person XY, die: mir zugehört hat, mit mir gelacht hat, mir geholfen hat, mich eingeladen hat, mir etwas geschenkt hat, mich zum Nachdenken gebracht hat, an mich geglaubt hat, … – danke!

Zug: Wohl das Symbol fürs Reisen und Abenteuer. Irgendwo einsteigen, irgendwo ankommen, etwas erleben, wieder einsteigen, wieder ankommen. Ich kann das sehr lange machen… mal gucken, wo ich am Ende lande.

Ich stelle vor: Bihor

Wer in den kleinen Kreis im Nordwesten Rumäniens reist, kommt um die Kreisstadt Oradea nicht herum. Dort gibt es viele hübsche Gebäude im Jugendstil, eine tolle Uferpromenade und Baustellen. Dauernd gibt es etwas zu renovieren und auszubessern. Seit meiner Ankunft im Oktober hat sich das Stadtbild ziemlich verändert. Ich konnte beobachten, wie die Folie um das Rathaus herum Stück für Stück kleiner wurde und nun fast ganz verschwunden ist. Auch der anfangs komplett aufgerissene Platz vor dem Theater besteht mittlerweile aus perfekt angeordneten Pflastersteinen. Dafür gibt es nun andere Stellen, an denen Bauzäune, Leitungen, Löcher auftauchen. Ich frage mich manchmal, wie es aussieht, wenn ich in fünf Jahren wiederkehre? Vielleicht ganz anders, vielleicht ungefähr genauso. Die große Synagoge, der Palast des Schwarzen Adlers und die Kirche mit der Kugel, die die Mondphasen anzeigt, werden sich bestimmt nicht verändern.  Trotzdem befindet sich Oradea irgendwie im Wandel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Stadt jemals nicht mehr faszinierend auf mich wirkt.

Genauso wie ihre Umgebung. Ein paar Busminuten entfernt liegt der Ort Băile Felix und wie der Name schon sagt, lässt sich dort vor allem gut baden. Heiße Quellen locken jährlich viele Tourist*innen an, große Hotelbauten sorgen für eine komfortable Unterkunft. Ein kleiner Wald mit Trimm-Dich-Pfad und Spazierwegen macht das Image des Städtchens als Kurort komplett.

Ähnlich bekannt wie Băile Felix sind die vielen Höhlen Bihors. Ich habe einige davon besichtigt: Peștera Urșilor, Peștera Unguru Mare, Peștera Vadu Crișului. Peștera Urșilor (Bärenhöhle) überzeugt mit den größten Tropsteinfiguren und dem Skelett eines Bären. Peștera Unguru Mare eignet sich besonders gut für Schul- und Freiwilligenausflüge. Die zu ihr führende Hängebrücke wird so regelmäßig und kostenlos von 20 springenden Kindern oder Freiwilligen auf ihre Funktionstüchtigkeit geprüft. Peștera Vadu Crișului hingegen ist ein gutes Ziel für einen späten Sonntagmorgentrip (am besten aber früher als 15 Minuten vor Schließung kommen!). Gemeinsam sind allen Höhlen die angenehme Kühle, die abgetretenen Steine und ein leicht muffeliger Geruch. An so richtig heißen Sommertagen gibt es meiner Meinung nach kaum bessere Aufenthaltsorte.

Nur Wasserfälle toppen die Höhlen in dieser Hinsicht vielleicht noch. Manche von diesen sind erst nach einer längeren Wanderung erreichbar. Andere hingegen liegen praktischerweise nur einige hundert Meter von der nächsten Zughaltestelle entfernt. Aber egal wo, das Wasser ist erfrischend kalt und das Rauschen beruhigend sanft.

Wasser -> Pflanzen -> Blumen. Obwohl ich kein riesiger Blumenfan bin, hat mich der Besuch eines großen Lavendelfeldes begeistert. Es gibt zwar wenig Schatten, aber dafür wunderbar malerische Idylle. Lila Blüten, summende Hummeln, Strohballen. Es lässt sich eine gute Weile dort aushalten und einfach nur genießen.

Zurück zu etwas mehr Abenteuer. Als ich hörte, dass es in Bihor sogar einen Krater geben soll, klang das echt interessant. Bald darauf stellte sich aber heraus, dass zwei Menschen drei Stunden lang herumlaufen können, bevor sie besagten Krater überhaupt entdecken. Besonders spektakulär ist dieser meiner Meinung nach also nicht, aber die Umgebung lädt zu Spaziergängen ein. Vielleicht taucht der Krater dann auch irgendwann zufällig auf.

So ist es halt mit Sehenswürdigkeiten. Manche gefallen mir, andere eben nicht. Deswegen einfach in den Zug, in den Bus oder ins Auto setzen und überraschen lassen, was da so kommt. Blumenlandschaft genießen, Höhlen erforschen, im Apuseni-Gebirge wandern. Der Kreis Bihor bietet mir viele Möglichkeiten…

așteptări vs. realitate (Erwartungen vs. Realität)

Mă numesc Nicole Rupp. Eu sunt din Germania și locuiesc în Oradea. Und nach diesen anspruchsvollen Sätzen reflektiere ich jetzt meine sprachlichen Fähigkeiten. Vorstellung und Wirklichkeit unterscheiden sich ja regelmäßig. Ich versetze mich also in mein Ich vom August 2020. Ich habe das Angebot von kulturweit akzeptiert und weiß, dass es für mich nach Rumänien geht. Ich denke über ganz viele Dinge nach: Wohnung, Arbeit, Reisen, … und Sprache.

Was ich mir zu diesem Zeitpunkt ausmale (=Erwartungen)

Bestimmt kann ich mein Rumänisch innerhalb mehrerer Wochen auf ein ordentliches Level bringen. Schließlich bin ich gut in Latein und auch mein Spanisch ist vorhanden. Das ist beim Lernen dieser neuen romanischen Sprache sicherlich hilfreich. Spätestens zur Hälfte meines Freiwilligendienstes sollte ich also in der Lage sein, die Leute um mich herum meistens einwandfrei verstehen. Auch besitze ich einen relativ großen Wortschatz und formuliere grammatikalisch einwandfreie Sätze. Nicht nur in der gesprochenen Sprache erlebe ich große Verbesserungen, sondern auch in der geschriebenen. Außerdem habe ich ja eine ungarische Mitbewohnerin und wohne sehr nahe an der Grenze. Dadurch kann ich vielleicht auch ein paar Brocken Ungarisch mitnehmen. Ich werde einfach ein Vokabel- und Grammatikheft führen und regelmäßig wiederholen, dann geht das mit den Lernfortschritten richtig schnell.

Wie es in Wirklichkeit aussieht (=Realität)

  • Ich kann Sätze formulieren, grammatikalisch korrekt sind sie nicht immer.
  • Ich bin gut darin, mir Sachen aus dem Kontext zusammenzureimen.
  • Ich benutze ziemlich oft Hände und Füße, um zu kommunizieren.
  • Mimik und Gestik sagen viel über den Inhalt des Gesprochenen aus.
  • Telefonate sind deshalb schwieriger als persönliche Unterhaltungen.
  • Zuhören ist viel einfacher als selbst zu sprechen.
  • Ich verstehe größtenteils den Inhalt diverser Infotafeln.
  • Dass ich auf Rumänisch schreibe, kommt nur im Sprachunterricht vor.
  • Meine Aussprache ist meiner Meinung nach gar nicht so schlecht.
  • Trotzdem erkennen manche Leute schon an der Begrüßung, dass Rumänisch nicht meine Muttersprache ist und antworten auf Englisch.
  • Standard-Floskeln sind extrem wichtig.
  • Wenn jemand etwas Unerwartetes sagt, bringt mich das aus dem Konzept.
  • Gelungene Unterhaltungen auf Rumänisch sind meine kleinen Alltagserfolge.
  • Zum Thema: Ungarisch: reden wir einfach nicht darüber.
  • Naja doch: Ich kann ein paar Begrüßungen und bis 10 zählen. Das wars.

Fazit

Es läuft, aber nicht so gut wie ich es erwartet habe. Die Gründe dafür sind einfach: Ich lerne und wiederhole nicht oft genug selbständig (eigentlich kommt das nur auf langen Zug-/Busfahrten vor). Außerdem sprechen die meisten Menschen in meinem Umfeld entweder Deutsch oder Englisch, was viel bequemer für mich ist.

Ich stelle also fest, dass meine Erwartungen nicht realistisch waren. Der Sprachunterricht ist hilfreich, trotzdem muss ich selbst Zeit investieren und öfter auf Rumänisch reden, wenn ich besser werden will.

Warum will ich das eigentlich? Ich möchte mit den Leuten in der Landessprache kommunizieren. Ich mag diese Sprache. Ich mag die Melodik dahinter, ich mag die Besonderheiten. Zum Beispiel werden die bestimmten Artikel einfach hinten an die Substantive drangehängt. Und nur weil da ein „i“ steht, wird es nicht immer deutlich ausgesprochen. Das bringt interessante Herausforderungen.

Obwohl der Großteil meines Freiwilligendienstes schon vorbei ist, schaffe ich es vielleicht noch, mit der Realität näher an meine Erwartungen heranzukommen. Ich mache mir keinen Druck, aber vielleicht bin ich ja durch diese Reflektion motivierter. Mal abwarten – weitere Fortschritte wären jedenfalls „foarte bine“!

Aus Grau mach Bunt

22. April 2021 – internationaler Tag der Erde. 12 Uhr: Obwohl Ferien sind, ist die Schule voller Menschen. Viele von ihnen haben sich mit Pinseln bewaffnet und versammeln sich nun erwartungsvoll vor zwei grauen Betonkugeln.

Vier Stunden zuvor: In aller Frühe machen sich zwei Freiwillige auf den Weg, um mit zwei viel zu kleinen Bleistiften auf zwei dafür viel zu großen Betonkugeln herumzukritzeln. Es soll wahre Kunst entstehen… oder zumindest eine halbwegs korrekte Abbildung unserer Erde und des Recycling-Logos. Ziemlich erfolgreich schafft es Klara, die Kontinente in ihrer Form zu skizzieren. Und damit es auch wirklich sichtbar ist, fahre ich im Anschluss nochmal mit meinem Bleistift darüber.

11:45 Uhr: Nach einer kleinen Plăcintă-Erholungspause von unserer anstrengenden Kritzelei begebe ich mich in die siebte Klasse. Wir reden über das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten (leider sind davon viel zu viele betroffen) und gestalten Plakate. Klara leitet währenddessen die Schüler*innen beim Malen an.

13 Uhr: Draußen sehe ich nun statt der beiden Betondinger einen eindrucksvollen Globus und eine weiß-grüne Recycling-Kugel. Leider kann ich sie noch nicht uneingeschränkt bewundern, weil noch so viele Farbdosen und Pinsel herumstehen. Also räumen wir erstmal auf, als die Kinder schließlich weg sind. Dann korrigieren Klara und ich noch den ein oder anderen misslungenen Pinselstrich. Das Endergebnis kann sich meiner Meinung nach wirklich sehen lassen:

Jetzt freut es mich jedes Mal ein bisschen, wenn ich die Schule betrete und vor dem Eingang diese zwei Kugeln sehe. Vor allem, weil sie auf ein wirklich wichtiges Thema aufmerksam machen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen dem Großteil unserer Generation am Herzen – zumindest hoffe ich das. Der Tag der Erde ist also ein geeigneter Anlass, um genau darüber zu sprechen. Probleme feststellen, allgemeine Lösungsansätze suchen, Maßnahmen für sich selbst finden. Veränderung. Das ist an diesem Tag neben all den bunten Pinseleien wichtig.

Wie anfangs schon erwähnt: Der 22. April liegt mitten in den kurzfristig verlängerten Osterferien und natürlich sind wir alle nicht nur für einen Tag in die Schule gekommen. Die „remediale“ sind sogenannte Nachhilfestunden für die Klassen 5-8 und werden in den Fächern Rumänisch, Mathe und Deutsch auf freiwilliger Basis angeboten. Das Ziel dabei ist die Wiederholung von Unterrichtsstoff. Dass in Online-Stunden Lerninhalte teilweise nicht richtig vermittelt werden können oder manche Kinder auf der Strecke bleiben, ist problematisch. Das Thema Bildung steht dem Umweltschutz meines Erachtens in seiner Wichtigkeit nämlich in nichts nach.

Also wiederholen wir. S-Laute, Groß-/Kleinschreibung, Satzglieder, Leseverstehen, Dialoge und vieles mehr. Weil die meisten Kinder aber seit Oktober zum ersten Mal wieder in der Schule sind, werden in diesen Aprilwochen nicht nur Substantive, sondern auch Spiele großgeschrieben. Wir schreiben Briefe, wir spielen Bingo, wir bewegen uns. Für mich persönlich ist es sehr schön, die Schule wieder voller Kinder zu sehen – und das obwohl Ferien sind.

Mittlerweile ist der Mai schon fast wieder vorbei und die normale Schule hat begonnen. Und normal ist hier ganz wörtlich zu verstehen, denn zurzeit dürfen alle Schüler*innen, Lehrkräfte und Freiwillige Präsenzunterricht genießen. Auch die „remediale“ finden weiterhin statt und bieten zusätzlichen Raum für Übung. Ich genieße diesen Regelbetrieb gerade sehr und hoffe, dass es noch bis Ende des Schuljahres so bleibt.

Eine kleine Rumänienrundreise

„Rumänien ist ein wunderschönes Land, aber als Urlaubsland einfach zu unbekannt“ – soweit das Fazit meiner Mutter nach knapp zwei Wochen Besuch hier. Ich selbst kann mich dieser Meinung nur anschließen. Denn hätte mich kulturweit für meinen Freiwilligendienst nicht ausgerechnet ins wunderschöne Oradea geschickt, so wären vermutlich weder sie noch ich in absehbarer Zeit nach Rumänien gereist. Was uns beiden bloß alles entgangen wäre…

Unsere Reise beginnt an einem Mittwochnachmittag bei strahlendem Sonnenschein. Mit allerhand wichtigen und unwichtigen Sachen ausgestattet machen wir uns auf den Weg in den Kreis Maramureș. Von dieser Region Rumäniens wird gerne behauptet, dass sie die ursprünglichste und traditionellste des Landes sein soll. Wir sind also sehr gespannt darauf, was uns an unserem Ziel, dem kleinen Dorf Săpânța, erwartet. Die Straßenqualität wird umso schlechter, je weiter wir uns der ukrainischen Grenze nähern. Auch die Sonne geht so langsam aber sicher unter und als wir endlich in unsere Zielstraße einbiegen, erwartet uns das beeindruckende Panorama einer Holzkirche vor rötlich-blauem Himmel. Mit diesem Bild im Kopf schlafen wir beide glücklich früh ein, um am nächsten Tag so richtig ins Entdecken zu starten.

Die allererste Attraktion unseres Aufenthalts in der Maramureș ist der „Cimitirul Vesel“, der „Fröhliche Friedhof“. Dort gibt es viele blaue Grabsteine mit Bildern und bunter Schrift zu sehen. Als „lustig“ gilt der Friedhof deswegen, weil auf den Gräbern unterhaltsame Sprüche darüber informieren, wie das Leben der jeweiligen Verstorbenen enden musste. Auch wenn ich bei Weitem nicht alles verstehen kann und teilweise auch der Übersetzer nicht helfen kann (altes und umgangssprachliches Rumänisch), ist der Friedhof seinen Besuch wert und wir verlassen ihn mit einem für Friedhofsbesuche eher untypischen Lächeln auf den Lippen. Weiter geht es zur näheren Besichtigung der Holzkirche des vorherigen Abends und zu anderen Holzkirchen, die unter UNESCO-Weltkulturerbe stehen. Diese Kirchen bestechen mit ihrer interessanten Bauweise und den im Inneren vorzufindenden Fresken. Wirklich schön ist es auch, dass sich die Führer*innen Zeit nehmen und sehr langsam auf Rumänisch erklären, was genau zu sehen ist.

Auch unsere zweite Nacht verbringen wir noch in der Maramureș, aber diesmal in dem Städtchen Vișeu de Sus. Die wohl einzige Sehenswürdigkeit dort: „mocaniță“ – die Wassertalbahn. Was gibt es an einem Regentag Schöneres, als in einem historischen Wagon zu sitzen und immer tiefer in die Karpaten hinein zu fahren? Bei dem gleichmäßigen Pfeifen der Eisenbahn und dem rhythmischen Platschen der Regentropfen können wir beide Kraftreserven für die nächsten Tage und die noch vor uns liegende Strecke tanken. Schließlich fahren wir noch am selben Tag knappe 200km in die Bukowina und beenden den Tag mit „Humor“.

Am nächsten Morgen stehen einige Moldauklöster auf dem Programm: Zuerst besichtigen wir das Kloster Voroneț und seine berühmten Fresken. Der als „Voroneț-Blau“ bekannte Farbton erschließt sich uns mangels Sonnenlichtes zwar nicht in seiner vollen Intensität, trotzdem sind die Darstellung des Jüngsten Gerichtes und die Bilder verschiedener Heiliger beeindruckend. Auch Moldovița und Sucevița können in Sachen Ikonen und Fassadenmalereien mithalten. Doch je weiter der Tag voranschreitet, desto stärker verschwimmen die Eindrücke aus den verschiedenen Kirchen in meinem Kopf zu einem einzigen riesigen Kloster – höchste Zeit für einen Ortswechsel. Unser Auto windet sich Serpentinen hinauf und hinunter, es wird kälter und nebliger, Felsen ragen immer weiter über die Straße. Wir durchfahren die Bicaz-Klamm und als wir bei unserem Ziel ankommen, liegt ein wahres Winterwonderland vor uns.

Es ist Ostersonntag und wir machen einen Schneespaziergang, wie er an Weihnachten nicht möglich war. Die Welt in weiß sieht wunderschön aus und ich bin ganz verzaubert von unserer Umgebung. Einziger Nachteil ist, dass wir außer Schnee, Schnee und nochmal Schnee nicht wirklich etwas sehen können. Deswegen bleibt auch der Grund unserer Anfahrt, der Lacul Roșu („Roter See”),unter einer weißen Decke vor unseren Augen verborgen. Also schnelle Fahrt nach Brasov, ausführlicher Stadtspaziergang und Pizza.

Der Ostermontag bringt Sonnenschein und Schlösser. In Sinaia bewundern wir die wunderschön verspielte Außenfassade und den Skulpturengarten des Schlosses Peleș. In Kontrast dazu steht das als „Draculaschloss” bekannte Schloss Bran. Das düster wirkende Gebäude auf dem Felsen vermittelt mir persönlich aber keine vampirische Atmosphäre – vielleicht ja, weil Vlad Țepes es vielleicht niemals betreten hat. Die Bauernburg in Râșnov inklusive Hollywoodsign hat nichts mehr mit der touristischen Ausgestaltung des Draculaklischees zu tun und ist schon eher wieder nach meinem Geschmack. Auch die Kirchenburg der Siebenbürger Sachsen in Hărman überzeugt mich mit ihrer wohldurchdachten Architektur und dem netten deutschsprachigen Führer.

Endlich sehe ich Braunbären. Zum Glück weder in freier Wildbahn noch im Zoo, sondern im Bärenreservat Zărnești. Dort leben Bären, die früher in Käfigen eingesperrt waren und z.B. zur Belustigung von Tourist*innen als Fotomodell dienen mussten. In dem Reservat jedoch stehen eindeutig die Tiere (es gibt auch Rehe oder Wölfe) und nicht die Menschen im Mittelpunkt. So können wir sogar beobachten, wie einer der Bären in ungefähr Lichtgeschwindigkeit einen Baum hoch- und runterklettert. Gegen dieses Tempo und diese Geschicklichkeit sehen sämtliche menschliche Kletterversuche echt alt aus… Wir verbringen eine Stunde in dem Reservat, machen dann einen (zum Glück negativen) Coronatest, schauen uns noch eine weitere Kirchenburg in Tartlau an und fahren dann weiter nach Sibiu. Dort gibt es nochmal einen abendlichen Spaziergang durch die Stadt, die ich schon vor einem halben Jahr besucht habe.

Doch auch für mich ist Sibiu im Schnee unbekannt. Denn am nächsten Morgen bekommen wir nochmal eine ordentliche Ladung gefrorenes Wasser ab. Die bunten Häuser Sibius sehen aber auch unter einer weißen Schicht hübsch aus. Und bis wir dann in Alba Iulia ankommen, ist der Schnee auch schon wieder verschwunden. Die historisch bedeutsame Festung der Stadt können wir also in aller Ruhe erkunden. Danach brechen wir schon zu dem letzten Ziel unserer Rumänientour auf: Castelul Corvinilor in Hunedoara. Ein letzter gemeinsamer Rundgang mit meiner Mama durch altehrwürdige Mauern, ein letztes Mal gemeinsam Infoschilder lesen und Fotos machen.

Am nächsten Morgen heißt es auch schon Abschied nehmen. Für meine Mutter geht es nach Timișoara und dann nach Deutschland, ich fahre über Deva nach Oradea.

Aller Abschied ist hart. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht wenigstens kurz darüber nachgedacht hätte, alles abzubrechen und einfach auch zurückzufahren. Trotzdem bin ich im Nachhinein froh, dass ich es nicht gemacht habe. Ich fühle mich, als wäre ich momentan genau am richtigen Platz. Ich möchte die Zeit hier weiterhin so gut wie möglich auskosten. Ich will die Abenteuer und die Kraft, die der Besuch meiner Mama mir gebracht hat, für die nächsten Monate nutzen. Und damit sie und ich auch nicht so schnell vergessen, was wir alles gesehen haben, schreibe ich es hier auf.

Halbzeit

Anfang und Abschied, Berge und Baustellen, Zukunft und Zweifel. In meinem ersten Beitrag habe ich ein Abecedarium der ersten drei Wochen meines Freiwilligendienstes erstellt. Seitdem sind ungefähr 21 Wochen vergangen und nun fallen mir bei jedem Buchstaben viele neue Erlebnisse und Gedanken ein (na gut, bis auf C, X und Y vielleicht).

Ich war zum ersten Mal in meinem Leben an Weihnachten ohne meine Familie in einem anderen Land. Ich saß stundenlang im Unterricht, sowohl in der Lern- als auch als Lehrrolle. Ich habe interessante rumänische Städte besucht und wunderschöne Zeit in der Natur verbracht.

Jetzt ist es Ende März und der Frühling beginnt nicht nur auf dem Kalenderblatt. Die Bäume fangen an zu blühen, Vögel zwitschern und die Luft riecht frischer. Alles wird sonnig und hell und grün. In Rumänien ist der Frühlingsanfang sogar so besonders, dass es den Festtag „Marțisor“ dafür gibt. Am ersten März schenken sich die Menschen gegenseitig rot-weiße Bändchen mit Anhängern, die den Frühling symbolisieren. Aber zu rumänischen Feiertagen bei Gelegenheit mehr (höchst interessantes Thema).

Gewissermaßen befindet sich mein Leben gerade auch im Frühling. Ich fühle mich, als ob auch an mir grüne Blätter wachsen und Knospen sprießen. Woran das liegt? An zahlreichen Veränderungen: Mein Schulalltag spielt sich mehr und mehr in Präsenz anstatt vor dem Bildschirm ab. Ich bekomme neue Aufgaben und Herausforderungen. Und ich treffe Menschen – altbekannte und ganz neue.

Seit zweieinhalb Wochen bin ich nicht mehr die einzige Freiwillige in Oradea. Klara (https://kulturweit.blog/klarafallro/) wird nun das nächste halbe Jahr gemeinsam mit mir an der Schiller-Schule verbringen. Nun ist da eine Person, mit der ich Arbeitserfahrungen, Plăcintă-Liebe und Stadtspaziergänge unmittelbar teilen kann.

Außerdem habe ich gerade Besuch aus Deutschland: Meine Mutter ist hier und gemeinsam werden wir in der nächsten Woche noch einige Abenteuer erleben. Es ist wunderschön, nach so langer Zeit einen ganz besonderen Menschen wiederzutreffen. Und es zeigt mir, dass räumliche Distanz in vielerlei Hinsicht gar nicht so relevant ist, wie ich immer dachte. Manche Dinge verändern sich, manche bleiben aber auch genau gleich. Dieser Satz steht jetzt einfach mal so kryptisch im Raum.

Zurück zum Frühling und dem breiten Spektrum an Metaphern, das sich mir bietet. Bevor neue Blüten wachsen, vergehen die alten (ok, jetzt ist aber Schluss damit). Ob gewollt oder ungewollt – mit Anfang ist oft auch Ende verbunden. Es hieß also „La revedere!“ zu denjenigen Freiwilligen, die nur ein halbes Jahr lang kulturweit machen. Teilweise war es ein wirklich trauriges „Auf Wiedersehen!“.

Aller Abschied/Anfang ist schwer. Trotzdem ist Grün meine absolute Lieblingsfarbe und ich freue mich herauszufinden, welche Nuancen dieser Farbe mir der Frühling noch so bringen mag.

Eu mănânc

Mittlerweile bin ich schon seit vier Monaten hier. Es wird also höchste Zeit, dass ich mal übers Essen rede. Schließlich esse ich sehr gerne und oft auch sehr viel und manchmal auch sehr langsam (aber wirklich nur manchmal).

Ich habe festgestellt, dass mich Kochen extrem entspannt. Gemüse schnippeln, Nudeln kochen, Zwiebeln anbrennen – irgendwie hat das alles eine wirklich beruhigende Wirkung auf mich. Aber so viel nur am Rande.

Eigentlich geht es in diesem Eintrag nämlich um landestypisches Essen. Dieses darf ich mittlerweile ziemlich regelmäßig jeden Dienstagabend genießen. Denn zu meinem Glück beschränkt sich mein Sprachkurs nicht nur auf die Vermittlung der rumänischen Vokabeln und Grammatik, sondern bringt mir überdies den Genuss einiger traditioneller Speisen.

Ich habe Einzelunterricht bei Anca, einer der Grundschullehrerinnen. Zweimal die Woche treffen wir uns für eineinhalb Stunden in der Wohnung ihrer Mutter. Und während ich mich bemühe, die Unterschiede zwischen a, ă und â in meiner Aussprache möglichst deutlich zu machen, bereitet Ancas Mutter Essen vor. Dafür bin ich ihr wirklich jedes Mal aufs Neue extrem dankbar.

„Sarmale cu ciuperci“ ist das erste Gericht, das mir serviert wurde. Es handelt sich dabei um eine Art Kohlrouladen, bloß in viel besser. Traditionellerweise sind die Kohlblätter mit Reis und Hackfleisch gefüllt, in meinem Fall gab es sie aber extra mit Pilzen (=ciuperci). Ich habe sehr viele davon gegessen, aber wohl nicht so viele wie Ancas Mutter an Weihnachten. Dafür durfte ich welche mit nach Hause nehmen und auch noch am nächsten Tag genießen.

Eine Woche später gab es dann wieder Pilze, diesmal mit Kartoffelbrei. Daran ist jetzt eigentlich nichts typisch rumänisch, aber es war trotzdem lecker. Die Pilze waren von einem Bekannten von Anca selbstgepflückt und deswegen eine willkommene Abwechslung zu den Supermarkt-Champignons.

Den Dienstag darauf aßen wir Lángos. Diese Teigfladen dürften von deutschen Weihnachtsmärkten bekannt sein und sind eigentlich typisch ungarisch. Der rumänische Name dafür ist „plăcintă“, wobei ich gestehen muss, dass ich das mit den Namen bisher noch nicht ganz verstanden habe. Denn Plăcintă gibt es hier auch in Bäckereien oder an anderen Ständen zu kaufen und die sehen dann ganz anders aus. Deswegen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass hier jede*r die Bezeichnungen so verwendet, wie es gerade passt. Aber letztlich ist der Name des Essens ja auch egal, nur der Geschmack zählt. Und obwohl Ancas Mutter nicht ganz zufrieden mit ihren Lángos war (angeblich zu dick und nicht kross genug), fand ich sie sehr lecker. Typisch belegt mit „smântână, brânză și usturoi” = Sahne, Käse und Knoblauch, wurde ich auch schnell satt davon und durfte wieder etwas mitnehmen.

Heute habe ich „ciorbă/supă de fasole“, also Bohnensuppe, probiert. Diese besteht aus braunen Bohnen, Karotten und Sauerkraut (zumindest in der fleischlosen Fastenvariante). Ja richtig, Sauerkraut… ehrlich gesagt habe ich das noch nie zuvor in einer Suppe gegessen. Doch ich wurde positiv überrascht und bin erstaunt, wie gut Kohl in rumänischen Gerichten immer wieder wegkommt. Während ich das schreibe, habe ich immer noch den leicht sauren Geschmack auf meiner Zunge.

An dieser Stelle würde ich wirklich gerne Bilder einfügen, die das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Leider habe ich keine gemacht. Deswegen müsst ihr euch das Essen einfach vorstellen, es im Internet suchen oder selbst mal nach Rumänien kommen, um es zu probieren. Letzteres kann ich nur empfehlen.

SCHILLERnde Schulzeit

Der erste Schultag im neuen Halbjahr. Und es gibt gute Neuigkeiten: Die Schüler*innen der Grundschule und sowohl der achten als auch der zwölften Klasse dürfen nach monatelangem Onlineunterricht endlich wieder das Schulhaus betreten.

Ich freue mich sehr darüber. Nun kann ich wenigstens ein paar der mir von meinem Laptopbildschirm bekannten Gesichter in „echt“ sehen.

Schon eine Woche nach meiner Ankunft Mitte Oktober wurden die Schulen geschlossen. Es folgten Wochen voller Unterrichtsstunden via Microsoft Teams, bei denen ich so einiges erlebt/gemacht/gelernt habe.

Mit einer 5. Klasse wiederhole ich einmal wöchentlich wichtige grammatikalische Themen. Dabei bin ich regelmäßig beeindruckt davon, wie gut sich diese Kinder auf Deutsch ausdrücken können.

Noch höher ist das Niveau in der 8. Klasse. Dort übe ich mit einigen Interessierten für deren Abschlussprüfung im Mai. Wir lesen Geschichten und sprechen darüber und beantworten Grammatikfragen. Ich frische mein Schulwissen wieder auf, indem ich zuerst mich selbst und dann das Internet frage, was genau jetzt eigentlich ein verkappter Nebensatz ist.

Auch dank der 6. Klasse lerne ich immer wieder. Hierfür muss ich nur das Unterrichtsfach „Minderheitengeschichte“ besuchen und der Lehrerin und den Schüler*innen aufmerksam zuhören. Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben, Bukowinadeutsche… vor meiner Reise hierher war mir überhaupt nicht bewusst, dass es so viele verschiedene deutsche Minderheiten gibt.

Doch nicht nur solche neuen sachlichen Informationen überraschen mich. Auch neue Fähigkeiten an mir selbst versetzen mich hin und wieder in Staunen. Dass ICH, eine selbsterklärte Hasserin des Faches BK in der Schule, mal selbst Kunstunterricht geben würde, hätte ich zum Beispiel niemals gedacht. Dass es mir auch noch Spaß machen würde, noch weniger. Aber da das Fach Kunst an der Schiller-Schule auf Deutsch unterrichtet wird und die Lehrerin äußerst offen für meine Vorschläge ist, hat sich bei mir inzwischen sogar eine Art Leidenschaft für diese Kunststunden entwickelt. Wir zeichnen unserer Lieblingsorte, zentanglen und stellen deutsche Dialektworte oder selbst erfundene Geschichten zeichnerisch dar. Dabei erweisen sich die Schüler*innen als äußerst kreativ und sehr begabt, ich mich manchmal als künstlerisch uninformiert und maltechnisch eher weniger talentiert. Aber ich bemühe mich.

Leichter fallen mir die Vorlesestunden in der 3. Klasse. Dabei muss ich mich nur anstrengen, „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler möglichst deutlich und gut betont vorzulesen. Besonders achte ich darauf, meine Stimme in angemessener Weise zu verstellen und die unterschiedlichen Stimmen dann bloß nicht miteinander zu verwechseln.

Ansonsten gibt es noch solche Unterrichtsstunden, in denen wir die breite Vielfalt der Online-Tools nutzen. „Spielen wir heute Kahoot?“ ist wohl einer der am häufigsten gestellten Fragen in der 5A. Diese Quiz-App macht allen viel Spaß und wäre in Präsenz in dieser Form wahrscheinlich nicht einsetzbar. Manchmal hat Onlineunterricht also auch gute Seiten.

Trotzdem wünsche ich mir, dass auch die anderen Klassen nach und nach in die Schule zurückkehren. Vorweihnachtliches Adventskranzbasteln und Lebkuchenbacken funktioniert auch online gemeinsam, aber in persona ist es natürlich schöner. Deswegen wäre es wirklich toll, wenn die Osterbasteleien in der Schule stattfinden könnten. Vorausgesetzt natürlich, die aktuellen Fallzahlen und die weitere Entwicklung der Pandemie lassen das zu. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, und versuche, aus allem das Beste zu machen.

Eine lange Fahrt und ein noch längeres Wochenende

Heute schneit es in Oradea. Das ist für mich wirklich etwas Besonderes, schließlich hatten wir hier vor einem knappen Monat noch ein sehr spätsommerliches Wochenende mit Temperaturen von fast 20°C. Wie schön, dass sich der Winter nun endlich auch in dieser Stadt zeigt. Ich mache heute also einen Spaziergang durch die nassen Straßen und schreibe bei einer warmen Tasse Tee aus meinem ganzjahrestauglichen Teeadventskalender diesen Blogeintrag. Denn die weißen Flocken erinnert mich an den ersten rumänischen Schnee, den ich erleben durfte…

Als ich Ende November/Anfang Dezember in Bukarest war. Glücklicherweise fielen die beiden Feiertage 30. November und 1. Dezember auf Montag und Dienstag, sodass es für alle ein langes Wochenende gab. Da lohnen sich also auch mehr als 12 Stunden mit dem Nachtzug, um einmal in die Hauptstadt zu reisen. Wichtigste Lektion dieser Zugfahrt: Ein Laptop ist weder so weich wie ein Kissen, noch übersteht er darauf gebettete Köpfe genauso unbeschadet. Nur, falls irgendjemand so wie ich auf dumme Ideen kommen sollte.

Dezent übermüdet kam ich samstagmorgens am überfüllten Bukarester Bahnhof an. Es ging auf in die Freiwilligen-WG, die die wohl coolste Dachterrasse des ganzen Landes zu bieten hat. Von dort aus konnte ich ein wunderbar nebliges Panorama der Stadt betrachten und bekam direkt Lust auf einen Spaziergang. Gegen Mittag begaben wir uns also auf Erkundungstour und ließen uns von den einheimischen Freiwilligen die riesigen Gebäude zeigen. Zum Glück hatten wir es nicht eilig und konnten in aller Ruhe das Theater, die Museen und das Parlament von außen begutachten. Besonders der Parlamentspalast ist sehr prachtvoll und beeindruckte mich mit seiner enormen Größe. Nach einer kleinen Stärkung traten wir den Heimweg an und schlenderten so gemütlich durch die Straßen, dass wir schließlich vollkommen durchgefroren wieder in der WG ankamen.

Am nächsten Tag wünschte ich mir, meine Altgriechisch-Kenntnisse wären noch etwas aktueller. Denn wir besichtigten das landesgeschichtliche Nationalmuseum, in dem es vor allem sehr viele Steine mit antiken Inschriften zu sehen gab. Außerdem wurden dort Gipsabdrücke der Trajanssäule sowie Schmuckstücke und Wertgegenstände ausgestellt. Leider waren die Infotafeln nur bruchstückhaft auf Englisch vorhanden waren, weswegen ich versuchte, einige der rumänischen Texte zu verstehen (leider eher erfolglos). Nach dieser anstrengenden geistigen Arbeit wollten wir uns noch körperlich ertüchtigen und spazierten wir durch einen großen Park, der nahe dem Wasser und dem Triumphbogen gelegen ist.

Obwohl es schon an den beiden Tagen zuvor sehr kalt gewesen war, überraschten uns die dicken Schneeflocken am nächsten Morgen alle. Also hieß es, nichts wie hoch aufs Dach. Dort bauten wir erst einmal einen Schneemenschen auf die Brüstung und genossen die Aussicht auf die verschneiten Dächer um uns herum. In einem nahegelegenen Park stellte ich dann schließlich fest, dass der Schnee von oben wesentlich anziehender ausgesehen hatte, als es der auf den Straßen liegende Matsch dann wirklich war. Aber die frische Luft tat gut und da die Museen wegen des Feiertags alle geschlossen hatten, blieb uns auch gar nichts anderes übrig als draußen zu sein. Die kleine Geburtstagsfeier am selben Abend verbrachten wir trotzdem doch lieber drinnen, irgendwann reicht die frische Luft dann nämlich auch mal.

Der letzte Tag in Bukarest war schließlich ein eher kurzer, denn wir standen spät auf und ich musste schon am frühen Abend wieder in den Zug. Gegen Nachmittag allerdings war ich mir gar nicht mal so sicher, ob ich es wirklich in den Zug schaffen würde. Denn zu diesem Zeitpunkt tigerte ich einsam und orientierungslos durch die Bukarester Innenstadt. Dazu kam es, weil ich noch ein letztes Mal ausgedehnt durch die Straßen der Hauptstadt spazieren wollte, nachdem ich eine andere Freiwillige zum Bahnhof begleitet hatte. Leider gab der Akku meines Handys irgendwann den Geist auf, sodass ich mich auf mein Gedächtnis verlassen musste. Aber naja, leider sehen die Straßen ab einem gewissen Punkt alle gleich aus, vor allem bei Dunkelheit. Ohne einige äußerst hilfsbereite Menschen, die mir schließlich den Weg zurück zur Wohnung erklärten, würde ich wohl heute noch dort herumirren.

Dank der fremden Hilfe schaffte ich es aber pünktlich zum Zug und kam nach weiteren 12 Stunden in meinem mittlerweile schon recht vertrauten Heimatstädtchen Oradea an. Mein persönliches Fazit zu Bukarest: Es ist sehr groß, vielleicht zu groß und zu laut für mich. Außerdem brauche ich einen Fluss, der die Innenstadt an zentralen Punkten durchfließt, und mir so bei der Orientierung hilft. Allerdings gibt es noch viele Museen, die ich mir noch nicht anschauen konnte. Deswegen werde ich wohl früher oder später eine weitere Reise in die Hauptstadt Rumäniens unternehmen.

Eine turbulente Reise nach Turda

Ein regnerischer Freitagnachmittag mitten im November. Was gibt es Besseres an solchen Tagen, als eine lang im Voraus geplante und gut organisierte Reise nach Turda anzutreten? Viel zu spät dran und voller Vorfreude verließ ich also meine Wohnung, um wieder einmal gemütlich zum Busbahnhof zu rennen. Aber ich schaffte es noch rechtzeitig (Spoiler: Auf der Rückfahrt würde es nicht so sein) und nutzte die dreistündige Fahrt, um mich von den Anstrengungen dieses Sprints zu erholen. Bei Dunkelheit kam ich dann in Turda an, einem kleineren Städtchen im Kreis Cluj. In unserem Airbnb traf ich auf die Freiwilligen Lena, Henning und Fynn (https://kulturweit.blog/notizenausderwalachei/ – dort gibt’s nochmal eine andere Sichtweise und qualitativ hochwertigere Bilder unseres Ausflugs). Essen und viel Trinken und gute Gespräche rundeten diesen Abend erfolgreich ab und wir legten uns wenigstens noch für ein paar Stunden hin.

Der nächste Morgen begann mit einem ausgiebigen Frühstück und drei hübschen Katzen, die neugierig vor unserer Wohnung herumstrichen. Leider waren sie etwas schüchtern und wollten sie sich trotz meiner geduldigen Anlockversuche nicht von mir streicheln lassen. Sehr schade. Irgendwann mussten wir dann aber auch mal los, schließlich wollten wir die berühmte Salzmiene noch im Tageslicht erleben. Doch wie das berühmte Sprichwort sagt, der Weg ist das Ziel… und auf dem Weg gab es Spielplätze. So testeten wir die Karussells der Stadt auf ihre Tauglichkeit, vier theoretisch Erwachsene gleichzeitig bei vollem Tempo zu tragen – Test zum Glück für uns bestanden.

Außerdem entdeckten wir etwas noch viel Interessanteres: ein riesiges nicht fertiggestelltes Gebäude, das sehr einladend auf uns wirkte. Wie sich viele Steine und undefinierbare Flecken später herausstellte, handelte es sich um eine Art Theater. So kamen drei von uns schließlich in den Genuss einer Ballettaufführung des bisher noch nicht entdeckten Ausnahmetalentes H.B. Tief beeindruckt stiegen wir weiter die Treppen hinauf und gelangten auf das Dach, von dem aus wir eine wunderbare Aussicht auf unsere Umgebung genießen konnten. Dort verbrachten wir einige Zeit mit Gucken und Fotos, bis uns wieder die Salzmiene einfiel! Und so machten wir uns auf den nun noch einstündigen Weg dorthin.

Zum Glück war das Innere der „Salina Turda“ den langen Fußmarsch wert: Durch lange Gänge und beeindruckende Höhlen ging es immer weiter hinab. Fasziniert betrachteten wir weißgemusterte Wände und salzige Tropfsteine. Tief unten in einer der Abbauhöhlen entdeckten wir schließlich einen See und mehrere Ruderboote. Diese sahen natürlich wie gemacht für fünf Freiwillige aus (Joena war nach diversen Anreiseproblemen endlich zu uns gelangt). Eine große Karriere als Ruder*innen steht uns allen wohl nicht bevor, aber es machte viel Spaß und so verließen wir die Salzmiene zufrieden. Vor dem Ausgang fand ich schließlich auch eine Katze, die sich mit Begeisterung von mir streicheln lassen wollte. Nun fehlten nur noch eine leckere Pizza und gute Getränke, die wir uns schnellstmöglich besorgten, für einen gelungenen Abend.

Am Sonntag hieß es dann früh aufstehen, frühstücken und aufräumen. Danach ging es in die Klamm Cheile Turzii. Bei Sonnenschein wanderten wir durch die Schlucht und genossen die von der Sonne angeleuchteten Berggipfel und den Bach, der für angenehme Hintergrundgeräusche sorgte. Wir erkundeten Brücken und Höhlen und nicht selten stolperte eine*r von uns über seine eigenen Füße, weil er*sie zu abgelenkt von unserer wunderschönen Umgebung war.

Nach dieser kleinen Auszeit in der Natur stand uns allen aber auch schon wieder die Rückreise bevor. Nun sollte ich meine erste schlechte Erfahrung mit dem öffentlichen Verkehrsnetz Rumäniens machen: Nachdem wir von Taxis heil wieder in die Stadt zurückgebracht worden waren und uns noch mit ausreichend Essen eingedeckt hatten, warteten wir ganz entspannt am Busbahnhof. Und warteten und warteten, bis wir schließlich bemerkten, dass es in der kleinen Stadt Turda scheinbar doch nicht nur einen Busbahnhof gab und wir scheinbar am falschen saßen. Aber wo war der, zu dem wir eigentlich mussten? Ehrlich gesagt weiß ich es bis heute nicht. Tatsache war aber, dass wir mehrere Busse an uns vorbeifahren sahen und einer davon höchstwahrscheinlich der war, den wir eigentlich nehmen wollten. So blieb uns nichts anderes übrig, als zwei Stunden zu warten und zu hoffen, dass die letzte Verbindung dieses Tages dort abfuhr, wo sie sollte. Zum Glück musste ich aber nicht alleine warten, sondern gemeinsam mit Lena und Fynn, die mich auch nach Oradea begleiteten. Es war wirklich ein Moment großer Freude, als wir unseren Bus schließlich erblickten und nach zwei Stunden Hoffen und Bangen endlich einsteigen konnten.

Gerade sitze ich übrigens auch im Zug. Ich denke, dass ich ohne größere Probleme in Braşov ankommen werde und meine weiteren Erfahrungen mit den rumänischen Öffis überwiegend positiv verlaufen werden.