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Tag 168 – Meeresspiegel

Gestern haben wir uns im Nachbereitungsseminar mit dem Thema „Orientalismus“ auseinandergesetzt. „Orientalismus“ ist eine aus westlichem Unverständnis geborene teils romantische Verklärung, teil abschätzige Bewertung „östlicher“ Kulturen:

Diente sie einst als moralische Legitimierung der Kolonialpolitik, so ist diese im Kern rassistische Sichtweise noch lange nicht passé. Bis heute spiegelt sie sich in der medialen Berichterstattung wider:

Ähnliches lässt sich auch in Bezug auf Südosteuropa feststellen: Bezeichnete der „Balkan“ in seiner ursprünglichen Bedeutung lediglich eine Bergkette, so hat sich die Konotation des Begriffs im Laufe seiner Geschichte doch (zum Negativen) verändert: Wie im Falle des „Orients“ wurde (und wird) der „Balkan“ von Seiten des Westens romantisch überhöht und zugleich mit Rückständigkeit, Armut und Gewalt assoziiert – eine Perspektive, die die Historikerin Maria Todorova unter dem Schlagwort „Balkanismus“ zusammenfasst.*

Nach Journalistin Paula Balov** setzt sich der Balkanismus dabei wiederum aus weiteren Machtstrukturen zusammen wie Antiromaismus, Antislawismus, Islamfeindlichkeit, Antisemitismus, Anti-Kommunismus usw. Allerdings – und das stellt einen wichtigen Unterschied zum Rassismus dar – gibt es noch die andere Seite der Medaille: Die Konstruktion der Slawen*innen als weiß und christlich, mit dem gleichen rassistischen Gedankengut wie im Rest Europas.

Ein Umstand, der sehr gut verdeutlicht, wie vielschichtig und komplex nicht nur das Überthema Rassismus ist, sondern auch dessen regionalen Lesarten und Facetten.

 

PS: Was heute sonst noch geschah:

Ich glaube, ich bin mehr als reif für den Urlaub…

 

*Maria Todorovas – Die Erfindung des Balkans. Europas bequemes Vorurteil

**http://herzbrille.paula-balov.de/2016/05/06/ist-antislawismus-eine-form-von-rassismus/

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