Warum Mamas Butterbrote immer besser schmecken als meine eigenen…

Es ist diese eine Frage, die mich seit langem beschäftigt. Ich wusste es schon immer und seit ich mir meine Brote grundsätzlich alleine schmieren muss, wurde ich in diesem Glauben immer mehr bestärkt! Brote, die meine Mama schmiert, schmecken immer, IMMER, besser, als die, die ich mir selbst mache. Jetzt könnte man meinen, das sei so ein Heimwehding, von der Ferne betrachtet idealisiert man so Manches. Oder man meint, das wäre so ein Faulheitsding, weil ich einfach nicht selbst aufstehen will. Ich muss zugeben, an beiden Theorien, speziell an der zweiten, mag durchaus etwas dran sein. Doch ich hatte über Ostern eine Woche Zeit, den direkten Vergleich zu ziehen und kann wieder einmal konstatieren: Egal ob Tomate oder Käse, ob Eier oder Nutella oder mein heißgeliebtes Käse-Ketchup-Brot, wenn Mama es macht, ist es einfach auf einem anderen Level! Ich kann gar nicht beschreiben, was so anders ist, aber man ist nach dem ersten Bissen gleich im Brothimmel!
Das mag vielleicht auch daran liegen, dass meine Eltern, als sie letzten Sonntag kamen, neben Sojawürstchen und Nutella (obwohl ich Hanuta wollte, das hat meine Mama irgendwie verwechselt…), auch zwei deutsche Vollkornbrote mitbrachten. Ein Genuss nach dem ganzen Weiß- und abgepackten Fitnessbrot. Ich sollte viel öfter Besuch aus Deutschland kriegen und jeder muss ein Brot mitbringen! 😀

Weg von vermissten kulinarischen Genüssen, hin zu der schönen Zeit, die wir zusammen verbrachten.

Ich befürchtete erstmal generell das schlimmste. Mein Vater war nie so ganz autofest, trotzdem plante ich todesmutig einige Busfahrten und ließ ihn und meine Mutter von Jussuf, dem besten Taxifahrer aus ganz Montenegro, vom Flughafen abholen. Ausgestattet mit viiiiieeeeel Reisekaugummi ging es auf die wilde Fahrt und bis auf die Tatsache, dass sie meine Haustür nicht fanden, ging eigentlich alles gut. Die Kotztüten blieben leer, wie übrigens auch während der gesamten Zeit! Ich bin echt stolz auf meinen Papa, dass er sich ohne zu maulen in jeden noch so klapprigen Bus auf jede noch so kurvige Straße gewagt hat, still auf seinem Kaugummi rumgekaut hat und nur über Muskelkater im Kiefer klagte.

Am Montag hatte ich netterweise frei, da Sporttag war. Ich zeigte meinen Eltern die Stadt, wir gingen durch die Altstadt, am kleinen Strand entlang, wo wir von einem interessanten Mann angesprochen wurden, der uns kurz die Welt erklärte, uns seine Reeperbahngeschichten erzählte und sich von mir versprechen ließ, dass ich auf jeden Fall studieren würde, damit ich unabhängig werde, und danach hoch zum schönsten Platz in ganz Ulcinj. Dann holte uns leider der Regen ein, sodass wir es nicht mehr zum hässlichsten Denkmal der Welt schafften, aber das ist wohl zu verschmerzen. Der interessante Mann gab mir auch noch seine Visitenkarte, damit ich ihn anrufen könne, wenn ich ein Problem habe, damit war mein Vater endgültig beruhigt, es scheint hier doch alles relativ ungefährlich zu sein.
Wir eilten nach Hause und verbrachten einen gemütlichen Abend in meiner leider immer noch viel zu kalten Wohnung.

An den nächsten beiden Tagen musste ich jeweils vormittags noch arbeiten, weil mal wieder die Zeugnisse anstehen und die Noten doppelt und dreifach und in allen denkbaren Farben auf alle erdenklichen Weisen kundgetan werden müssen. Jedes Mal darf ich mir mehr Belehrungen anhören, ich dürfe die Noten im Internet nicht alle am gleichen Tag eintragen, da würden sich die Eltern beschweren und dass ich das Klassenbuch leider jetzt nicht haben kann, es würde gerade dringend woanders gebraucht. Wenigstens weiß ich immer besser bescheid und es geht mit jedem Mal schneller. Auch wenn ich nach Ablauf meines Freiwilligendienstes bestimmt allerhand vermissen werden, das wird mir garantiert nicht fehlen!

Ich ließ mir davon jedoch nicht die Laune verderben. Dienstags bestellte ich meine Eltern nach der Schule in unser Stammcafé Venus, damit sie Kurt kennen lernen konnten. Sie waren auch fast pünktlich, wurden auf dem Weg allerdings wieder sehr schnell als Deutsche identifiziert und musste ein Schwätzchen halten.
Mein Vater und Kurt verstanden sich wie erwartet ausgezeichnet und so saßen wir länger als üblich zusammen, da dann auch noch Jussuf, der Taxifahrer zu uns stieß.

Irgendwann machten wir uns dann aber doch auf den Weg, da wir erst auf den Markt und dann zum großen Strand wollten. Wir kauften allerhand für ein Picknick und wanderten los, die wunderschöne Strecke an der Küste entlang. Das Wetter war uns wohlgesonnen, nur der Wind war nicht ohne, was sich später noch als Problem herausstellen sollte. Wir saßen nämlich, am großen Strand angekommen, auf einer kleinen Erhöhung unter einem Rettungssitz. Hier wähnten wir uns sicher vor den schon relativ heftigen Wellen. Doch wie das manchmal ist und wie ich es auch durchaus schonmal erlebt habe, gibt es immer die eine Welle, die doch höher ist und die unsere Erhöhung leider komplett überschwemmte, sodass wie mit nassen Hosen den Heimweg antreten mussten. An der Küste erhoben sich die Wellen auch schon ganz schön hoch, sodass man an manchen Stellen den Moment zwischen zwei Wellen abwarten musste, in dem man dann so schnell wie möglich durchrennen musste. Es war eine sehr lustige Angelegenheit, lachen konnten wir vor allem darüber, als wir es einigermaßen trocken geschafft hatten.

Dann zog der Himmel aber auch schon zu. Das war auch kein Wunder, sollte doch Heidrun, Armins Freundin, an diesem Tag ankommen. Egal wann sie kommt, auch mitten im Sommer, das Wetter ist immer schlecht. Das geht, wie mir zugetragen wurde, wohl schon ein paar Jahre so. Da wir aber vorgewarnt waren, waren wir an der Regenjackenfront bestens ausgestattet. Abends trafen wir uns nochmal mit Kurt, der am Mittwoch nach Deutschland fliegen wollte. Vorher stellte ich meine Eltern noch Ivana, meiner Vermieterin vor.

Das schlechte Wetter hielt auch den ganzen Mittwoch über an. Vormittags in der Schule war an normalen Unterricht zeitweise nicht zu denken, weil die plötzlichen Hagelschauer die Schüler verständlicherweise mehr faszinierten als das, was wir so veranstalteten. Den Plan, nach Valdanos zu wandern, verwarfen wir, ich zeigte meinen Eltern nur noch den besten Shopska (Salat aus Tomaten, Gurken, Zwiebeln und weißem Käse) in ganz Ulcinj und dann kuschelten wir uns wieder in die Decken. Das Wetter war so schlecht, dass Kurt, wie ich im Nachhinein erfuhr, erst Donnerstag fliegen konnte, weil der Flug abgesagt wurde.

Weil es am Donnerstag immer noch recht grauslig sein sollte, beschlossen wir, eine entspannte Zugfahrt einzulegen. Wir fuhren zu einer absolut unmenschlichen Zeit, um 7.15 Uhr in Ulcinj mit dem Bus nach Bar. Dort stiegen wir um 9 Uhr in den Zug nach Kolasin. Die Zugfahrt ist wirklich absolut spektakulär! Hier ein paar Bilder des Ausblicks, allerdings während der Fahrt und durch schmutzige Scheiben fotografiert.

Ausblick auf den Skutarisee

Ausblick auf den Skutarisee

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Die höchste Eisenbahnbrücke Europas

Die höchste Eisenbahnbrücke Europas

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Ja, es lag echt noch Schnee!

Ja, es lag echt noch Schnee!

In Kolasin angekommen stellten wir ziemlich schnell fest, dass wohl doch der Weg das Ziel war. Wir suchten zuerst die Busstation, um später nicht umherzuirren, dabei stellte sich heraus, dass die Busstation aus einem Schild bestand, auf dem die Abfahrtszeiten zu lesen waren. Nicht mal Tickets konnte man kaufen. Da wir sowieso nicht wussten, was wir machen sollten, gingen wir etwas essen. Wir fanden ein unfassbar uriges Lokal und bestellten das ursprünglich montenegrinischste, was es für Vegetarier gab. Kacamak, eine Art Grumbeerstambes, wie man bei mir zu Hause sagt, mit montenegrinischem Käse, Maismehl und Sahne angereichert (schmeckt extrem lecker, macht extrem satt), gegrilltes Gemüse und den obligatorischen Shopska. Jeder von uns wollte sich angesichts der langen Busfahrt, die vor uns lag, eigentlich ein bisschen zurückhalten, klappte dann aber nicht so richtig und weil alles so lecker war, aßen wir doch alles auf.
Die Busfahrt zurück war etwas ungemütlich, der Busfahrer ist mit Rambo noch nett, mit gesengte Sau realistisch beschrieben. Wir kamen dann doch heil, aber ziemlich kaputt wieder in Ulcinj an.

Am nächsten Tag machten wir einen Ausflug nach Albanien, nach Shkodra. Weil die Busse nicht so super gut fahren, hatten wir nur ein bisschen Zeit, tranken einen Tee, liefen ein bisschen durch die Innenstadt und fuhren dann wieder zurück. Abends trafen wir uns mit Armin und Heidrun und so lernten meine Eltern auch noch meinen anderen Kollegen kennen. Weil ich Armin und meinen Vater, den anderen Armin, kenne und weiß, dass sie grundverschieden aber gleichzeitig meinungsstark sind, fürchtete ich mich ein bisschen, aber es verlief alles außerordentlich friedlich.

Am letzten Tag fuhren wir noch nach Kotor, dem absoluten Must-see in Montenegro. Zu der erneut unmenschlichen Zeit um 7.15 Uhr ging unser Bus, der uns mehr oder weniger heil nach Kotor brachte. Dort nahmen wir direkt den Anstieg zur Festung in Angriff.

Da müssen wir hoch...

Da müssen wir hoch…

Tapfer erklommen wir den hohen Berg und fühlten uns eigentlich recht wohl, bis wir irgendwann an diesem Schild ankamen:

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High Risk Zone, das klang nicht unbedingt vertrauenserweckend. Mit einem etwas mulmigen Gefühl liefen wir weiter. Wir hatten das Schild schon fast vergessen, als wir an diesem vorbei liefen:

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Increased Risk Zone klingt nicht unbedingt so, als wollte man unbedingt weiter laufen. Tapfer taten wir es aber doch und wurden, oben angekommen, mit dem wohl schönsten aller Ausblicke belohnt:

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Der Abstieg war zwar nicht so anstrengend, sorgte aber für einen netten Wadenmuskelkater, von dem ich tatsächlich heute noch etwas habe.

Hat ein bisschen was von der chinesischen Mauer...

Hat ein bisschen was von der chinesischen Mauer…

Unten angekommen, durchkreuzten wir noch schnell die Altstadt…

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… kauften meinem Vater Olivennachschub auf dem Markt und waren dann rechtzeitig vor dem Regen wieder an der Busstation, wo uns der ausnehmend unfreundliche Mann am Ticketschalter keine Tickets verkaufen wollte, die wir dann beim Busfahrer nachkaufen mussten.

Wir kamen abends in Ulcinj an, stiefelten ein letztes Mal meinen Berg hoch, meine Eltern packten, ich sortierte, was sie schon mal mitnehmen sollten und hoffe, dass der Frühling sich erpressen lässt, endlich mit voller Wucht zuzuschlagen, ich habe nämlich jetzt keine Wintersachen mehr! 😀

Am nächsten Morgen wurden meine Eltern pünktlich von Jussuf abgeholt, der Versuch einen Abschiedsselfies scheiterte gnadenlos, und dann war die Woche auch schon um. Ich holte erstmal Schlaf nach, dann räumte ich ein bisschen auf, dann wusch ich Wäsche, dann arbeitete ich noch ein bisschen vor mich hin. Montag war ja noch Ostern, also hatte ich noch frei, ich tat erfrischenderweise nichts, was leider ein Fehler war, ich vergaß nämlich prompt, dass ich mit zwei Schülern zu Essay-Schreiben verabredet war. Das fiel mir erst auf, als ich beim Aufräumen die Unterlagen fand. Ich hoffe einfach mal, dass sie mich auch vergessen haben 😀

Heute ging es dann wieder in die Schule, ich musste vom Gymnasium in die Grundschule, um etwas zu holen. Auf dem Weg begegneten mir Biene Maja und Willi. Ich dachte: Ah ja, Biene Maja und Willi. Dann lief ich ein paar Schritte weiter, dann machte es Klick und ich dachte: Hä, Biene Maja und Willi? Ich ging erstmal weiter meiner Wege. Später erzählte ich es Kurt, der mir erstmal empfahl, morgens nicht mehr so viel zu trinken. Dankenswerterweise klärten die Schüler mich auf, die Figuren waren anlässlich einer Ladeneröffnung dort. Ich hatte schon angefangen an mir zu zweifeln, allerdings hauptsächlich, weil die beiden mich im Straßenbild zunächst überhaupt nicht gestört hatten.

Nach der Schule transportierten wir die Bücher aus der Bibliothek in die Schule, wo ich sie in den nächsten Tagen einsortieren werde, damit die Schüler sie dann endlich ausleihen können. Zu meiner Freude gab es schon mehrere ungeduldige Nachfragen, wann es denn endlich soweit sei! Das macht Freude!

Ansonsten liegt im Moment eher weniger an, was nach dieser anstrengenden Zeit auch mal ganz heilsam ist.

Ich habe das Rätsel um die besseren Butterbrote zwar immer noch nicht gelöst, aber das ist ja auch eigentlich ganz schön so, denn dann habe ich noch etwas, auf das ich mich freuen kann, wenn ich im Sommer wieder nach Hause fahre! 🙂

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