Sarah Kairies, „kulturweit“ Co-Trainerin berichtet:
Geschafft! Wir erreichen Talinn am Ende unserer kürzesten Etappe mit Start in Kethna, wo wir in einem malerisch gelegenen Hotel die Nacht verbrachten. (Vermutlich handelte es sich um weit entfernte Verwandte von Tobias, die jenes Landgut als Sommerressidenz mit einem Teich und großen alten Bäumen unterhielten). Bestens trainiert wie wir nun alle sind, ist es uns ein Leichtes, die 70 km am frühen Nachmittag zu bewältigen. Leider findet sich am Rande von Talinn kein Ortsschild für ein Willkommensgrußfoto, stattdessen holt uns ein brachialer Platzregen ein, der so manchen eiskalt nass überrascht und die Straßen in kürzester Zeit in reißende Bäche verwandelt. Wir schwimmen unermüdlich zum Ziel, es geht schließlich um mehr als nur trockene Füße. Und dann endlich, fast wie von selbst gleiten die Räder in die Pforten des Talinna Saksa Gümnaassiums … ein lautes Klingelkonzert erhebt sich, Tobi und der Sprinter warten bereits schon, und wir freuen uns auf die heißen Duschen und errichten uns ein annäherend bequemes Matrazenlager für eine letzte gemeinsame Nacht.
Den Abend starten wir am Hafen Talinns mit Kultuurikatel, die uns eine eigen angefertigte App für eine Stadtführung angeboten haben, die uns einen Einblick in die kulturellen Tiefen Talinns bieten sollte. Die App allerdings funktionierte aus einen dieser abstrusen technischen Gründen nicht, die man zumeist erst versteht, wenn man sich gerade nicht damit auseinander setzt. Wir verwandeln den digitalen Rundgang in einen analogen durch die Gassen Talinns.
Beim Abendessen stößt Anna Veigel zu uns, um mal zu schauen, wie es uns so ergangen ist. Sie trifft nun auf glückliche und ausgelassene, aber müde alte Radlerhasen, die jedoch noch mehr als nur 20 kmh Fahrgeschwindigkeit im Durchschnitt zu bieten haben: wir versammeln uns auf einem großen Platz in der schnuckligen Innenstadt Talinns und Anna zu Ehren, der Passanten und uns selber zu Liebe beginnt ein wundervolles Corkonzert mit Tanzperformance in der Innenstadt. Die Passanten bleiben verwundert stehen, Kameras richten sich auf uns, kleine Kinder kriegen Stielaugen. Ein älterer Mann verfällt in den Spagat vor der versammelten Chorgruppe. Das Bild ist perfekt, der Gesang superschön, es herrscht eine ausgelassene Stimmung. Wir haben es geschafft!!!
Heute nun heißt es Abschied nehmen. Was war das für eine Tour, wie haben wir das nur gemacht? so viele Erlebnisse müssen sich erstmal setzen und auch die Hintern eine Weile ruhen. Das Baltikum hat sich auf dem Rad von seiner Schokoladenseite gezeigt: herrliche Landschaften, Wiesen und Wälder haben uns getragen und die Störche unsere Wege begleitet.
Wir Trainer blicken zurück auf eine bunte, witzige und ereignisreiche Zeit mit einer klasse Gruppe, die uns in Erinnerung bleiben wird… Die Freiwilligen brechen nun wieder zu ihren Einsatzländern auf, oder bleiben noch in Talinn. Jedenfalls wünschen wir viel Spaß und jeden Tag weniger Schmerzen, dafür aber eine prallgefüllte Satteltasche schöner Momente für das persönliche zuhause, aus die es sich nicht nur für eine nächste Tour schöpfen lässt.