Jerewan I. (Julia kann keine Fotos formatieren)

 

 

Während des Sommers war ich in Batumi, in Vardzia, Baku, Davit Gareja, Kutaissi, Zugdidi, Anaklia, Mestia, Kobuleti, Tbilisi und Jerewan. An zwei Meeren, drei Hauptstädten, auf mehreren Vulkanen, auf 3912 Meter Höhe. So viele Eindrücke, dass ich die Reihenfolge gar nicht mehr weiß. Ich würde behaupten, dass es einer der schönsten Sommer für mich war (bis jetzt, hoffentlich). Und jetzt ist er vorbei. Wenn ich gefragt werde, ob ich mich auf Zuhause freue, kann ich nicht mal inbrünstig mit „Ja“ antworten, weil ich mein Leben hier so unglaublich vermissen werde. Und mir wahrscheinlich nach zwei Tagen Zuhause langweilig werden wird und ich zurück möchte. (Obwohl ich es, ehrlich gesagt, zwischendurch nicht mochte und mich gefragt habe, warum ich es eigentlich tue). Damit ich mich auch später an alles erinnern kann, werde ich jetzt aber alles aufschreiben.

Nach Jerewan zu fahren, war eine relativ kurzfristige Entscheidung. So „organisierten“ wir auch alles (also eigentlich nur das Hostel) erst vier Tage vorher. Der Plan war, nur für die ersten beiden Nächte etwas zu reservieren, und dann noch in Armenien herumzureisen.

Am Montag fuhren wir zum Hauptbahnhof, in der Hoffnung, eine Marshrutka zu finden. Hat nach einigem Hin- und Her auch geklappt, wir durften sogar ganz vorne sitzen. An der Grenze gab es die Frage, was wir in Aserbaidschan gemacht haben, dann aber durften wir weiter und kamen nach einigen Stunden in Jerewan an. Armenien ist im Norden viel grüner, als ich es mir vorgestellt habe, in der Mitte und im Süden entsprach es aber ziemlich meinen Erwartungen: Relativ trocken, weite Berge, alles relativ braun, mit Flecken von grün durchsetzt, wo sich einige Bäume und Büsche ihren Weg gesucht haben.

Nachdem wir in Jerewan angekommen waren, unser Gepäck im Hostel (im fünften Stock. Ohne Fahrstuhl) abgeladen hatten, besahen wir uns die Stadt etwas näher. Es ist ganz anders als Tbilisi. Irgendwie ruhiger, sauberer, aber auch nicht wirklich aufregend. Die Häuser im Zentrum sehen sich meist sehr ähnlich, bestehen alle aus rosa Tuffstein, alles ordentlich übereinandergeschichtet. Es ist hübsch, keine Frage- aber wir haben nun schon die krummen Häuschen in Tbilisi schätzen gelernt. Abends steigen wir noch auf die Kaskaden und erhalten oben einen Blick über das erleuchtete Jerewan.

Am nächsten Morgen frühstücken wir bei den Kaskaden und steigen erneut hinauf. Der Ausblick wird nun noch mal verbessert, in der Ferne sehen wir den Ararat. Also den Gipfel- aber er lässt erahnen, wie riesig dieser Vulkan sein muss. Beeindruckend. Danach geht es zurück zum Hostel, da wir noch den nächsten Tag planen müssen. Es geht um eine Wanderung.

Im Hintergrund keine Wolke, sondern der schneebedeckte Gipfel des Ararat!

Später fahren wir zum Genozid-Mahnmal, was mich sehr nachdenklich werden lässt. Die Verbrechen, die dort begangen wurden, waren schrecklich – und werden bis heute nicht von der Türkei anerkannt. Mir wird immer mehr bewusst, wie wenig ich von der Welt und der Geschichte anderer Länder eigentlich weiß. Ich hatte mal vom Genozid an den Armeniern gehört, wusste jedoch nichts Genaues. Das Museum berichtete ungeschönt und sehr schonungslos von den Verbrechen, durch viele Fotos wurde das Grauen, das vielen Menschen wiederfahren ist, noch deutlicher. Wieder stellt sich die Frage: Warum kann die Menschheit nicht in Frieden zusammenleben? Warum werden Menschen (auch heute) noch so sinnlos abgeschlachtet? (Anders kann man es -zumindest bei dem Genozid an den Armeniern, nicht benennen. Die Methoden waren sehr grausam.)

Nach dem Museum besuchen wir auch noch das Mahnmal. Ich fand es gut, den getöteten Menschen noch mal zu gedenken. Was mich jedoch gestört hat, war, dass es dort auch Menschen gab, die diesen Ort dafür nutzen, um Selfies zu machen und wirklich alle erdenklichen Posen auszuprobieren. So unnötig.

Nun wandten wir uns wieder anderen Themen zu, ein kleines Café in einem Hinterhof war das nächste Ziel. Dort bestellten wir typisch armenisches Essen. Einmal ein geschmackloser Hühnerbrei, der überhaupt keinen Anklang fand, und für mich ein Gericht aus dünnem Fladenbrot (Lavash), das in einer Sauce aus Matsoun (armenischer Joghurt/Quark, wie der georgische Matsoni) und Linsen eingelegt war. Ziemlich lecker.

Anschließend bummelten wir weiter zur „Vernissage“, was jedoch nur ein übergroßer Souvenir-Markt war. Wir haben jedoch nicht gefunden. Weiter ging es durch das Viertel Kentron, das älteste Viertel Jerewans. Unterschied sich aber nicht groß vom Rest des Zentrums.

Am Ende unserer Tour besichtigten wir die blaue Moschee Jerewans. Für den nächsten Tag besorgten wir noch etwas Proviant, dann gingen wir etwas essen und ins Bett.

Am dritten Tag planten wir, den Berg Aragaz zu besteigen. Dieser ist mit 4090 Metern der höchste Berg Armeniens, wir nahmen uns den Südgipfel vor, der mit 3910 Metern etwas niedriger war. Für mich war dieser Tag der schönste auf der Reise. Wir wanderten zusammen mit zwei anderen deutschen Studenten, die wir im Hostel kennen gelernt hatten. Ich fand es nicht sehr anstrengend, da der Weg nicht wirklich steil war. Es ging über Wiese, Geröllfelder, vorbei an Schafen, über Schneefelder bis zum Gipfel.

Dort sahen wir: nichts. Außer Wolken. Als diese sich aber gelichtet haben, offenbarte sich uns ein Blick über den Krater, der sich zwischen den vier Gipfeln ersteckte. Nach einem Picknick machten wir noch ein Nickerchen, was bei den Temperaturen dort oben sehr angenehm war, und danach stiegen wir wieder hinunter.

Über den Woken

Am Donnerstag standen wir vor der Wahl, ob wir zum Sewan-See, dem größtem See im Kaukasus, oder eher ins Inland zum Kloster Geghard fahren wollten. Die Entscheidung fiel auf Geghard. Zunächst fuhren wir mit der Marshrutka nach Garni, was lange Zeit die Sommerresidenz der armenischen Könige war. Dort stehen noch Ruinen der Festung, zudem gibt es auch noch einen hellenistischen Tempel. Als wir dort waren, sang gerade ein Chor.

Nach einem Mittagessen fuhren wir weiter nach Geghard, einem Kloster, das zu großen Teilen in Felsen gehauen wurde. Es war schon beeindruckend, aber nachdem ich schon in Vardzia und Uplistsikhe war, was beides bedeutend älter ist als Geghard, war ich nicht wirklich angemessen beeindruckt. Könnte auch an der Hitze gelegen haben…

Am Freitagmorgen gingen wir noch einmal ausgiebig frühstücken, danach ging es zurück nach Tbilisi.Die Reise hat mir gut gefallen, aber insgesamt bin ich doch froh, ein Jahr in Georgien verbracht zu haben, und nicht in Armenien. Vielleicht würde mein Urteil dazu aber auch anders ausfallen, wenn ich von Anfang an dort gewesen wäre, wer weiß? Es war insgesamt ruhiger, Jerewan auch ordentlicher und irgendwie organisierter als Tbilisi. Aber eben auch ein bisschen langweiliger. Ich habe mein chaotisches Gastland eben schätzen gelernt ?

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Eine Antwort zu Jerewan I. (Julia kann keine Fotos formatieren)

  1. Peter sagt:

    Hallo Julia, ganz herzlichen Glückwunsch zu Deinem wieder ganz tollen Reisebericht. Du hast deinen ohnehin schon riesigen Erlebnissen wieder neue hinzugefügt.Beim Lesen Deiner vielen Eindrücke und Erfahrungen habe ich oft ein Gefühl, alles mitzuerleben, obwohl ich tausende Kilometer entfernt bin. Euer Besuch im Genozid – Museum war sicher sehr belastend, das kann ich nachvollziehen. Eure Erweiterung des Erfahrungsschatzes in Sachen Essen und Trinken ist interessant, man weiss ja nie, ob es einen in ein armenisches Restaurant verschlägt. Zu Deiner Hochgebirgstour gratuliere ich Dir, 3910 m, Donnerwetter, Hut ab. Dass bei Deinem Länder-Ranking Georgien an erster Stelle steht, ist für mich kein Wunder, nach einem Jahr Aufenthalt dort hast Du das Land und die Menschen in Dein Herz geschlossen. Noch einmal: Glückwunsch. Tschüss, Peter.

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