Manche sagen, ich wär zu faul, andere, ich hätte zu viel zu tun und wieder andere, dass ich lieber Blog-Schokolade esse, als einen Notizblog im Internet zu führen. Zu letzteren gehör auch ich. Ein Mongoleifreiwilliger ohne Blog, ja, das gibt’s. Mein Name ist Simon und ich bin einer der drei kühnen und wagemutigen „kulturweit“ – Freiwilligen hier in Ulaanbaatar. Das muss jetzt einfach mal reichen für meine Vorstellung.
Aber die Gelegenheit, einen Artikel auf einem Blog zu schreiben, möcht ich mir trotz der oben genannten Gründe nicht nehmen lassen und so hat mir Johanna gütigerweise ihr Portal als Gastautor zur Verfügung gestellt.
Es ist 15. Mai 2012, 5 °C und wer aus dem Fenster schaut erblickt die ersten grünen Ansätze von Blättern und Gräsern. Nüchtern beschrieben, jedoch Emotion pur! Das Grün, wonach man die ganze deutsche Frühlingszeit lang in Ulaanbaatar gesucht hat, aber nichts finden konnte. Das Grün, das man nur von Erzählungen kannte und es einfach nicht glauben wollte, dass es wirklich erst im Mai zum Vorschein kommt. Und das Grün, das man lediglich an der Wandtapete unseres Hostels bewundern konnte. Und jetzt ist es da. Naja, also es ist im Kommen. Bei 5 °C und wenig Sonne wächst nämlich wieder nicht so besonders viel. Nur gut, dass sich einer der vielen Präsidenten hier Wetterraketen gekauft hat. Aber warme Sonne bringen die leider auch nicht. Nur wenn man es drauf anlegt, pures grün zu erblicken, lässt sich sogar auch im normalen Alltag diese gewaltige Farbe sehr oft finden. Der Tod ist hier aber meist sehr nah. Allein bei all den Ampeln, bei denen rot genauso viel zählt wie grün. Nach dem Motto „Wer später bremst, fährt länger“ muss man sich vor allem als Fußgänger oft riskante Wege bahnen, die mit einem erleichtertem Gesichtsausdruck der mit über die Straße gezerrten Mitstreiter gekürt wird. Auch wenn grün meine Lieblingsfarbe ist, kann ich nicht von mir behaupten, dass jede Ampel stehen bleiben und diese wunderbare Farbe bewundern bedeutet. In der Hinsicht habe ich mich schon sehr mongolisiert 😉 Das einzige, was mich noch abschreckt, sind die „grünen Männchen“. Doch an dieser Farbe erfreuen kann ich mich wieder nicht, da die Polizisten üblicherweise blaue Kleidung tragen, im Straßenverkehr eine gelbe Weste drüberziehen und ganz stolz mit ihrem rot leuchtendem Stock wedelnd in eine Trillerpfeife blasen. Erstaunlich, wie laut so Dinger sein können, und noch erstaunlicher, dass die Herrschaften keinen Hörschaden davontragen, wenn sie ihr hochfrequentes Utensil zum Gebrauch machen.
Jetzt aber genug vom Straßenverkehr und wieder zurück zum eigentlichen Thema: Grün. Essen. Im Supermarkt sucht man nicht ganz vergeblich nach „Grünzeug“, aber der Kohl, den man findet, soll wohl auch das einzige sein. Getrocknete Kiwis und Oliven gehören zwar auch zum Sortiment, kann man aber nicht direkt als mongolisch zählen, wohingegen Kohl das beliebteste und auch leider einzige ist, was einem neben Fleisch und Milchprodukten stark in Erinnerung bleibt. Da stimmt dann auch das Sprichwort, jeder, der einmal für längere Zeit in der Mongolei war kennt nur noch Kohl als Gemüse.
Wessen Lieblingsfarbe also grün ist, der läuft hier in Ulaanbaatar schnell Gefahr, egal wo er hinschaut, in einen gewaltigen Entzug zu geraten. Erfahrungsgemäß passiert dies aber auch bei denjenigen, die kaum meinen, mit dieser Farbe was am Hut zu haben.
Liebe Grüße vom Simon