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Alltagsmomente – Von „A“ wie „Aussicht“ bis „T“ wie „Trinkbrunnen“

Hallo zusammen! 😊

Schon länger habe ich hier nichts mehr von mir hören lassen und möchte das dringend ändern. Viele der „großen Themen“ habe ich mit den letzten, sehr ausführlichen Beiträgen abgehakt und so bleibt nun der Raum für ein paar Alltagsmomente:

„A“ wie „Aussicht“

Am Samstag sind die anderen Freiwilligen aus Yerewan und Sardarapat zu uns nach Gyumri gekommen, um uns zu besuchen und in den Geburtstag meiner Mitbewohnerin Dana reinzufeiern. Außerdem hat uns auch noch Besuch aus Danas Heimat, ihr Bruder und zwei Freunde, beehrt. Sonntags wollten wir uns ein bisschen bewegen und so habe ich vorgeschlagen, zur „Schwarzen Festung“ und der „Mutter Armenia“ zu laufen, die etwas außerhalb von Gyumri auf einer Anhöhe liegen. Gesagt getan und es ging bei 23 Grad und Sonnenschein los zu Gyumris Sehenswürdigkeiten. Die „Mutter Armenia“ ist eine Statue und der Treppenaufgang zu ihr hin ist sehr imposant. Man fühlt sich wirklich klein, wenn man ganz unten steht und zur Statue hinaufblickt. Nachdem wir erst die Treppenstufen geschätzt und dann beim Laufen gezählt hatten (ich glaube, es waren 150), wurden wir oben mit einem wunderbaren Ausblick über Gyumri belohnt. Ich kannte die Aussicht schon, doch war es letztes Mal ein regnerischer und bewölkter Tag gewesen. Um genau zu sein, habe ich das Regenschauer von ganz hinten heranziehen sehen, was mich dann völlig durchnässt hat. Glücklicherweise hatte mich eine junge Frau an ihrem Stand vorbeirennen sehen und mich dann zu sich herein gewunken (zu diesem Zeitpunkt war ich zwar schon komplett nass, aber ich konnte mich wenigstens kurz aufwärmen).

Aber zurück zum Thema: Bei wolkenlosem und strahlend blauem Himmel konnte man super weit gucken und hatte einen fantastischen Blick über Gyumri und den Aragaz, den höchsten Berg Armeniens. Hier offenbart sich wieder einmal die Schönheit Armeniens, an der ich mich einfach nicht sattsehen kann.

Auch in der „Schwarzen Festung“ waren wir drin, die heute als Theater dient.

„B“ wie „bari luis“

Wie jeden Morgen bin ich auch am Montag zur Schule gelaufen und habe den uniformierten Lehrer am Eingang mit einem „Guten Morgen!“ begrüßt. Bei ihm steht meistens noch ein anderer Mann, den ich ebenfalls so begrüße. Doch an diesem Morgen waren die beiden besonders gut drauf und beschlossen, meinen Tag mit einer kleinen Armenisch-Lektion beginnen zu lassen: Sie brachten mir bei, dass „Guten Morgen“ auf Armenisch „bari luis“ heißt. Da ich nachmittags meine erste Stunde Sprachkurs hatte (die armenische Sprache und meine Abenteuer mit ihr werden hier eines Tages auch noch Thema werden, versprochen), hakte ich gleich bei meiner Lehrerin Diana nach. Und so marschierte ich tags drauf auf die beiden zu, um sie auf zwei Sprachen und nicht nur auf einer zu begrüßen. Das Strahlen der beiden ging mir direkt ins Herz und ist einer der vielen Gründe, warum ich mich dazu entschieden habe, Armenisch und nicht Russisch zu lernen (auch wenn Russisch vielleicht auf lange Sicht nützlicher wäre). Mit den Leuten hier auf ihrer Muttersprache sprechen zu können, ist wirklich ein tolles Gefühl und mein Ehrgeiz, Armenisch so gut es geht zu lernen, ist definitiv geweckt! 🙂

„G“ wie „Gyumri-Männchen“

Nach dem Monchik-Essen am Samstag (siehe „M“ wie „Monchik“) wollten sich Lilly, Dana und ihr Besuch noch etwas ausruhen und so habe ich den anderen Freiwilligen die Stadt gezeigt. Nachdem wir in zwei Kirchen und einer Kunstgalerie waren, sind wir im B 612 gelandet.

Wie es der Zufall so wollte, haben wir dort im Souvenir-Shop den Erfinder der Gyumri-Männchen getroffen, dessen Figuren es hier überall zu kaufen gibt. Er hat uns erzählt, wie es dazu kam: Er war als Soldat im Krieg und als er zurück nach Hause kam, wollte er unbedingt etwas Schönes und Positives machen. Also bastelte er ein Männchen und teilte ein Bild auf Facebook. Er hatte sich nichts dabei gedacht, doch sein Post ging viral und hatte nach drei Stunden schon 500 Aufrufe. Viele Leute schreiben ihm, dass sie auch ein Männchen wollten. Auf den Männchen stehen nämlich liebe Worte im Dialekt von Gyumri. Und so kam ihm die Idee, das Ganze auch personalisiert anzubieten. Mittlerweile gibt es für fast alle netten Worte ein Männchen, sogar für die Geburtsmonate. Hierzu erzählte er uns, dass für die Sprüche seine Freunde und Familie als Vorlage für den jeweiligen Monat dienten. Für den Monat Februar ist der Spruch zum Beispiel: „Ein Mensch mit goldenem Herzen“. Dadurch, dass jedes Männchen einzeln per Hand gefertigt wird und es sie nur in Gyumri gibt, sind sie etwas ganz Besonderes und ich werde bestimmt ein paar für meine Liebsten mit nach Hause nehmen.

Hier sieht man einen kleinen Teil des Shops. Mittlerweile gibt es die Männchen auch als Kuscheltiere und Sticker.

Anschließend haben wir noch super leckeren Tee getrunken und der Besitzer hat uns eingeladen, im Juni mit ihm in die Berge zu fahren, um frische Blumen und Kräuter zu sammeln. Die Zutaten für den Tee, den wir genießen durften, stammten übrigens aus dem Garten seiner Oma. Bei schöner Atmosphäre und bester Gesellschaft verging die Zeit dort wie im Flug.

„K“ wie „Käsekuchen“

Am Montag habe ich mich für das Erstellen einiger Tests in mein Lieblingscafé, das „Herbs&Honey“, gesetzt. Hier gibt es ein eigenes Tee-Menü mit ganz verschiedenen Tee-Sorten auf Schwarz- oder Grünteebasis. Dazu gibt es immer den Honig des Tages. Viele junge Menschen kommen hierher, um am Laptop zu arbeiten. Mit der großen Fensterfront sowie den von der Decke hängenden Kräutern ist die Atmosphäre einfach unglaublich entspannt. Dazu tragen mit Sicherheit auch die gemütlichen Sofas ihren Teil bei. Ich habe schon beschlossen, dass ich mich hier im Winter einfach einschneien lasse und die kalten Tage dort verbringe. Doch zurück zu besagtem Montag: Ich wollte eigentlich nur kurz vorbeischauen, da ich anschließend zum Sprachkurs musste. Als ich nach der Rechnung fragte, brachte mir der Kellner zusätzlich noch ein eingepacktes Stück Käsekuchen. Ich wusste schon von meinem vorherigen Besuch, dass der Käsekuchen hier einfach göttlich schmeckt, aber ich war sehr irritiert, da ich eigentlich keinen bestellt hatte. Der Kellner erklärte mir dann, dass der vom Nachbartisch käme, wo ein junger Mann am PC arbeitete. Ich bedanke und entschuldigte mich, dass ich leider nicht länger bleiben konnte, und freute mich den ganzen Weg nach Hause über den Kuchen.

Ein „kleiner“ Tee im „Herbs&Honey“.

„M“ wie „Monchik“:

Nachdem ich die anderen Freiwilligen am Samstag zu ihrer Unterkunft begleitet hatte, haben wir uns mit all unserem Besuch im „Ponchik Monchik“ getroffen. Das ist eines der beliebtesten Restaurants hier in Gyumri und sie sind besonders für eine Sache berühmt: Monchiks. Auf der Karte heißen sie im Englischen „Donuts“, aber sie haben eigentlich wenig mit dem Donut zu tun, den ihr nun im Kopf habt. Sie sind zwar auch aus frittiertem Teig, aber sie haben kein Loch in der Mitte und bestehen eigentlich nur aus Hülle und Füllung. Bei der Füllung gibt es folgende drei Möglichkeiten: Erdbeermarmelade, Vanillepudding oder Nutella. Trotz der Füllung ist ein Großteil des Inneren aber Luft und stellt eine besondere Herausforderung zum Essen da. Erschwert wird das nochmal zusätzlich durch den Puderzucker obendrauf. Wer es schafft, einen Monchik zu essen, ohne sich seine Finger dreckig zu machen oder zu schmieren, dem gebe ich höchstpersönlich einen aus! Mochik-Essen ist die ganz hohe Kunst der Knigge.

„T“ wie „Trinkbrunnen“:

Die gibt es hier überall. In den Städten findet man an jeder zweiten Ecke einen und selbst bei unserer ersten Wanderung sind wir mitten im Nirgendwo auf einen gestoßen. Das ist wirklich toll, da man so viel häufiger zwischendurch etwas trinkt, wenn man unterwegs ist (besonders wenn man wie ich leider viel zu oft nicht genug trinkt). Die Wasserqualität ist hierbei immer gut und gerade bei den immer noch sommerlichen Temperaturen ist das kühle Wasser eine echte Erfrischung. Manche dieser Brunnen werden auch von berühmten Persönlichkeiten gesponsert oder nach deren Tod ihnen zu Ehren errichtet. Hier gibt’s jetzt noch ein schönes Bild von mir und den Armenien-Mädels, wie wir in Gyumri gleichzeitig unseren Durst an einem der größeren Trinkbrunnen stillen konnten:

Das soll´s jetzt aber auch gewesen sein, denn eigentlich sollte das hier nur ein kurzer Beitrag werden. Aber inzwischen kennt ihr mich ja. Ich schicke euch allen ein bisschen Sonnenschein, von wo auch immer ihr das hier lest, solange es den hier in Gyumri noch gibt und der Winter auf sich warten lässt.

Bis bald! 😊