Außer der Reihe – Anmerkung und Politisches

Hallo zusammen! 🙂

Bevor morgen wieder ein richtiger Beitrag kommt, möchte ich heute mal etwas ernster werden und eine kleine Anmerkung zu einem anderen Beitrag machen. Genauer gesagt geht es um „Tage in Tbilissi – Eine Stadt zum Verlieben“:

Hier habe ich davon erzählt, dass der Guide unserer Freewalking-Tour gesagt hat, dass die aktuelle und letztens wiedergewählte Regierungspartei trotz Annäherungen zu Russland am EU-Beitritt festhalten wolle. Hier ein bisschen Kontext: Das Wahlergebnis der als pro-russisch eingestuften Partei „Georgischer Traum“ wird nicht nur in Georgien, sondern auch von internationalen Beobachtern angezweifelt und es besteht der Verdacht der Wahlmanipulation aufgrund verschiedener Unregelmäßigkeiten. Nun plant die Regierungspartei die EU-Beitrittsgespräche bis 2028 auf Eis zu legen. Das ist zwar kein direkter Wiederspruch zu der Einschätzung unseres Guides, aber dennoch so deutlich entgegen seiner Erwartung und damit auch dem, was ich geschrieben habe, dass ich es gerne klarstellen möchte. Diese Entscheidung sowie die Ungereimtheiten bezüglich das Wahl haben in den letzten Tagen zu Demonstrationen mit teilweise gewaltsamen Ausschreitungen in Georgien und besonders in Tbilissi geführt. EU-Befürworter befürchten eine noch stärkere Einflussnahme Russlands, die im schlimmsten Fall zur Besetzung des ganzen Landes (22% sind bereits besetzt) führen könne. Der EU-Beitritt ist zwar in der georgischen Verfassung festgeschrieben, jedoch sehen viele Menschen in den derzeitigen Ereignissen einen Schritt „zurück“ und näher zu Russland sowie eine Bedrohung der EU-Beitrittspläne.

Der Korrektheit halber werde ich den Beitrag von mir zu diesem Thema überarbeiten. Da die meisten von euch die Beiträge nur einmal lesen, wollte ich das nicht still und heimlich tun, sondern hier ankündigen. Im betreffenden Beitrag steht nichts Falsches, da ich lediglich die Einschätzung unseres Guides wiedergegeben und dies auch ausreichend als seine persönliche Meinung gekennzeichnet habe. Dennoch halte ich es für wichtig, den Inhalt den aktuellen Geschehnissen anzupassen. Es ist mir hier nicht möglich, aktuelle politische und gesellschaftliche Themen in einem angemessenen Maß zu behandeln und auf dem neuesten Stand zu halten. Dennoch sehe ich es als meine Verantwortung an, falsche oder unzureichende Behauptungen zu korrigieren, bzw. mit einem Hinweis zu versehen.

In diesem Kontext möchte ich auch noch zwei, drei Worte zum Thema „Single Storys“ äußern: Ich bemühe mich immer darum, alle Meinungen oder Erfahrungen, die ich hier mache, als persönliche Erlebnisse zu kennzeichnen. Natürlich ist es unmöglich, Armenien und die Menschen hier in ihrer Vielfalt zu repräsentieren, aber ich gebe mir Mühe, nicht zu einseitig zu berichten. Am Ende bleibt mir jedoch nur meine eigene Perspektive und meine eigene „Brille“. Ich nehme euch während meiner Zeit hier mit und es geht um meine persönlichen Eindrücke. Trotzdem bleibt mir nichts Anderes übrig, als mich zwischendurch auch immer mal wieder zu allgemeinen und größeren Themen (wie der politischen Lage in Georgien) zu äußern. Deshalb auch hier nochmal der Hinweis: Informiert euch gerne nochmal selbst über die hier angesprochenen Themen und bildet euch eine eigene Meinung.

Wo wird schon über Politik sprechen, möchte ich nun doch auch kurz über die deutsche Politik und darüber sprechen, was die vorgezogenen Neuwahlen für mich bedeuten:

Tja, was soll ich sagen? Das war kein guter Tag, an dem die Ergebnisse der US-Wahl eintrudelten und später am Abend dann das Ampel-Aus verkündet wurde. Unabhängig davon, wie ich das Ende der Ampel-Koalition bewerte, bedeutet der nun angesetzte „Fahr-Plan“ mit vorgezogenen Neuwahlen Ende Februar für mich, dass ich an meiner ersten Bundestagswahl per Briefwahl teilnehmen muss. Ich weiß noch, dass ich vor meiner Abreise extra nachgeguckt hatte, ob in dem Zeitraum irgendwelche Wahlen stattfinden. Naja, Politik beruht eben auf dynamischen Entwicklungen. 😂

Kurz nach dem Verkünden des Ampel-Aus waren wir, wie bereits erzählt, mit einigen Botschaftsmitarbeitenden bei der Botschafterin zum Essen eingeladen. Nachdem sie uns alle Fragen zum weiteren Verfahren für uns beatwortet hatten, habe ich mich gleich am nächsten Tag an meine Gemeinde gewandt und einen Antrag auf Briefwahl gestellt. Sobald die Listen stehen, werden meine Unterlagen an die Botschaft in Yerewan geschickt (das habe ich auf Rat des Konsuls so beantragt). Auch Samuel hatte bei seiner Gemeinde in Bayern nachgefragt und ihm wurde gesagt, dass er das eigentlich gleich vergessen könne. Dadurch, dass die Wahlen vorgezogen werden, kann es nämlich sein, dass die Listen erst zwei Wochen vor dem Wahltermin fertig sind. Wer sich mit den Lieferzeiten nach Armenien auskennt, die für Pakete bei zwei bis vier Wochen liegen, kann sich denken, dass das mit Hin- und Rückweg sehr eng wird. Für mich ist der Gedanke sehr frustrierend, dass meine Stimme womöglich nicht rechtzeitig im Wahlbüro ankommt (bzw. nicht mal die Wahlunterlagen in Yerewan), aber noch habe ich Hoffnung. Ansonsten nutzt ihr ja hoffentlich alle eure Möglichkeit zur politischen Partizipation und wählt eine der demokratischen Parteien. 😉

Hier in Armenien habe ich nochmal sehr deutlich gemerkt, wie politisch ich wirklich bin. Im Frühjahr werde ich mich von hier aus auf einen Studienplatz für „Internationale Beziehungen“ in Dresden oder Erfurt bewerben und bin fest davon überzeugt, dass dieser interdisziplinäre Studiengang mit den Teilbereichen „Politikwissenschaften“, „Rechtswissenschaften“ und „Wirtschaftswissenschaften“ auch nach meinen Erfahrungen hier genau das richtige ist (keine Sorge, ich werde aber keine Politikerin). Ich habe es hier erlebt, dass es eher unüblich ist, über Politik zu sprechen, und viele meiner Schülerinnen und Schüler interessieren sich nicht sonderlich dafür. Einer der Armenier, die wir auf dem Weihnachtsbazar getroffen haben (der Beitrag dazu kommt morgen 😊), hat unser Engagement hier auch dahingehend gelobt, als dass wir unsere demokratischen Überzeugungen und den Glauben in die Europäische Union hierher tragen. In Armenien habe ich bisher nur ein Yerewan ganz vereinzelte EU-Flaggen gesehen, während sie in Tbilissi jede zweite Hauswand schmücken. Ich finde es sehr bereichernd, hier eine ganz neue Perspektive auf die EU und auch Russland erleben zu dürfen. Es zeigt mir sehr deutlich, dass wir uns in Deutschalnd oftmals gar nicht unserer Privilegien bewusst sein, die einerseits mit der EU-Mitgliedschaft und andererseits mit unserer trotz allem starken Demokratie zusammenhängen.

Damit soll es genug der ernsten Worte gewesen sein, aber es war mir wie gesagt wichtig, sowohl die Anmerkung zu Georgien loszuwerden als auch ein paar Worte zur politischen Situation in Armenien zu verlieren. Morgen wird es dann wieder bildreicher und ein bisschen Adventsstimmung geben.

Bis bald! 🙂

P.S.: Eine große Bereicherung war für mich der Alpen-Kaukasus-Kurier, eine deutschsprachige Studierendenzeitung in Armenien. Hierdurch habe ich nochmal ganz andere Einblicke in ein  paar Perspektive von Studierenden hier erhalten können. Ich weiß leider nicht, ob die Zeitschrift auch in Deutschland erhältlich ist, aber falls sie euch doch in die Hände fallen sollte, halte ich sie auf jeden Fall für lesenswert.

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