Alltagsmomente – Von „L“ wie „Last Christmas“ bis „S“ wie „Shuttlefahrten“

Hallo zusammen! 🙂

Es gibt mal wieder eine Runde Alltagsmomente. Ich sammle immer fleißig und wenn es dann genug sind, fasse ich sie hier für euch zusammen. Ursprünglich hatte ich hier auch die Erlebnisse vom Volkstrauertag integriert, aber dann wäre dieser Beitrag viel zu lang geworden. Also sind es zwei Beiträge geworden und in diesem gibt es einige Momente aus der Schule. In diesem Sinne: Viel Spaß!

„L“ wie „Last Christmas“

Würde ich euch raten lassen, wann und unter welchen Umständen ich das Lied dieses Jahr das erste Mal gehört habe, würdet ihr niemals darauf kommen. Es war nämlich im Unterricht. Genauer gesagt, während eines Tests. 😂 Ich habe ja schon mal erzählt, dass hier nach jeder Lektion, sogenannte „thematische Arbeiten“ geschrieben werden und letztens stand in einer sechsten Klasse mal wieder eine an. Mit Tests in Deutschland ist das allerdings nicht zu vergleichen, da viel geschummelt und zusammengearbeitet wird. Die Lautstärke ist nur um Weniges leiser als im normalen Unterricht und auch bei der Benotung werden gerne mal beide Augen zugedrückt. Trotz teils schlechter Leistungen steht nie etwas Schlechteres als eine 6 oder 7 von 10 da, was bei uns einer 3 entspräche. Das liegt daran, dass die Lehrkräfte sonst mit den Eltern und dann auch der Schulleitung Probleme bekommen würden. Aber naja, das ist ein anderes Thema. Also zurück zu „Last Christmas“: Ich war gerade dabei, die Tests einer anderen Klasse zu korrigieren, als der Schüler direkt vor mir plötzlich anfing, „Last Christmas“ zu singen. Das kam so aus dem Nichts, dass ich loslachen musste. Es war das erste Mal, dass ich den Weihnachtsklassiker dieses Jahr gehört habe, und es war besonders in einer solchen Situation so unerwartet, dass mir das auf jeden Fall noch lange im Gedächtnis bleiben wird,

„L“ wie „Leibesübungen“

Das war mal wieder einer von diesen Momenten im Unterricht, in denen ich überfragt war. Als es um die Stadt Bochum ging, wollte einer meiner Oberstufenschüler wissen, wofür die Abkürzung „VfL“ des VfL Bochums stünde. Ich bin bis „Verein für“ gekommen, doch das „L“ habe ich nicht gewusst. Also wurde kurzerhand gegoogelt: Das „L“ steht für „Leibesübungen“. Das war definitiv nicht die erwartete Antwort und hat für einen Lacher gesorgt. Anschließend musste ich erklären, warum man nicht einfach „Sport“ sagt. Meine Schüler waren mit dem Wort insgesamt eher unzufrieden und das kann ich tatsächlich nachvollziehen. Ich konnte sie allerdings damit beruhigen, dass sie es sich nicht merken müssten, da es im allgemeinen Sprachgebrauch nicht vorkäme. Oder wann habt ihr das letzte Mal davon erzählt, wie ihr Leibesübungen gemacht habt?

„V“ wie „Vornamen“

In einer meiner fünften Klassen stand der Abschlusstest für die Lektion an (das ist nicht die thematische Arbeit, sondern nur eine Art Lektionsabschluss im Buch), den wir aber gemeinsam im Unterricht gemacht haben. Gleich die erste Aufgabe war hierbei, fünf deutsche Vornamen aufzuschreiben. Da ich am Anfang versäumt hatte, mich vernünftig vorzustellen, dachte ich, dass das eine gute Gelegenheit sei, zumindest meinen Namen nachzuholen. Also schrieb ich ihn an die Tafel und erklärte mit meinen neu erworbenen Armenischkenntnissen, dass ich so heiße. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, aber beim Vergleichen der Antworten, nannten fast alle Schülerinnen und Schüler neben den Namen aus der Lektion stolz meinen Namen. Und wenn einer ihn nicht nannte, fügten die anderen gleich ein energisches „Und Ilka!“ hinzu. Ich habe mich wirklich über ihre Begeisterung gefreut und bin gespannt, ob sie sich meinen Namen merken können. In einer anderen fünften Klasse hatte ich mich schon bei früherer Gelegenheit vorgestellt und ein Schüler aus dieser Klasse grüßt mich nun immer mit meinem Namen. Es ist wirklich schön, mit welcher Freude mich die Schülerinnen und Schüler hier immer noch empfangen. Laut den beiden Deutschlehrerinnen bin ich während meiner Woche in Tbilissi schmerzlich vermisst worden. Und das nicht nur von den Kindern und Jugendlichen: Auch einige Lehrkräfte und Mitarbeitende haben wohl nach mir gefragt. Darunter auch der Militärlehrer, der mich jeden Morgen auf Deutsch begrüßt.

„S“ wie „Schachspieler“

„Die Schachspieler kommen!“ zählt wohl zu den seltsamsten Erklärungen, die ich jemals bekommen habe. Es war die fünfte Schulstunde und plötzlich war auf dem Flur jede Menge Lärm zu hören. Dann ging die Tür auf, eine Lehrerin streckte ihren Kopf in den Klassenraum und sagte etwas auf Armenisch. Daraufhin brach Jubel aus und die Kinder sprangen von ihren Plätzen auf. Ich sah meine Ansprechpartnerin fragend an und sie sagte nur mit einem Schulterzucken: „Die Schachspieler kommen.“ Als würde das alles erklären. Tat es nicht. Ich war immer noch genauso verwirrt wie vorher und ging einfach mit den Schülerinnen und Schülern mit. Auf dem Weg wohin auch immer überlegte ich mir, dass vielleicht irgendein bekannter Schachspieler zu Besuch sei und die Kinder ihm Fragen stellen dürften. Da Schach hier eine Art Nationalsport ist, habe ich es nicht weiter hinterfragt. Das „wo auch immer“ stellte sich als Eingangshalle heraus, wo schon diverse andere Schülerinnen und Schüler aus allen Jahrgängen sowie Lehrkräfte standen. Sie standen Spalier, sodass sich ein Gang bildete. Und dann kamen sie: Die Schachspieler. Entgegen meiner Vermutung waren es aber keine „Profis“, sondern Schüler unserer Schule, die an einem Wettkampf teilgenommen hatten und nun siegreich zurückkehrten. Also eher die „Profis der Zukunft“. Alle klatschten und jubelten, als sie die Schule betraten, und ich fand das einen wirklich schönen Moment. Es zeigt eindrücklich das Gemeinschaftsgefühl an dieser Schule und schätzt die tolle Leistung der Schachspieler wert.

„S“ wie „Shuttlefahrten“

Eigentlich hätten Shuttlefahrten an sich hier keinen eigenen Moment verdient, weil sie für mich schon zum unspektakulären Alltag gehören, aber mittlerweile zeichnet sich ein Muster ab: Jedes Mal, wenn ich die letzten Male mit dem Shuttle von Gyumri nach Yerewan oder umgekehrt gefahren bin, habe ich danach einen neuen Kontakt in meinem Handy gehabt. Es ist wirklich verrückt, aber jedes Mal lerne ich jemanden Neues kennen. Auf meiner letztes Hinfahrt nach Yerewan war es ein armenischer Student, der in Gyumri aufgewachsen ist, aber jetzt in der Hauptstadt studiert. Er hatte mich angesprochen, weil er sich gefragt hat, was jemand wie ich in Armenien macht, zumal ich nicht wie eine Touristin ausgesehen hätte. Ich frage mich bis heute, wieso nicht, da ich mit meinem für Georgien gepackten und aus allen Nähten platzenden Rucksack unterwegs war. Aber das Gespräch, was sich daraus ergab, war für mich besonders im Hinblick auf das Leben der jungen armenischen Männer sehr bereichernd. Er war wirklich nett und hat mich prompt eingeladen, mit ihm bei meinem nächsten Besuch in Yerewan richtig Armenisch essen zu gehen. Die nächste Gelegenheit zum „Kontakteknüpfen“ war dann auch wieder die Rückfahrt, von der ich im vorherigen Beitrag ja schon erzählt habe. Für mich ist es ein schönes Gefühl, hier nicht ganz allein zu sein und ich bin sehr gespannt, wen ich hier noch so kennenlerne und wie viele meiner Bekanntschaften am Ende auf Shuttlefahrten entstanden sind. 😂

Damit soll es das für heute auch wieder gewesen sein.

Bis bald! 😊

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