Gedenken und Brot – Der Volkstrauertag 2024

Hallo zusammen! 😊

Frisch aus Georgien zurück reiche ich jetzt doch später als geplant, den Bericht vom Tag nach unserer Rückreise nach. Es stand irgendwie so viel an, dass ich leider erst jetzt dazu gekommen bin. Aber wie versprochen, soll´s jetzt um den 17.11.24 gehen:

Das war der Sonntag und Volkstrauertag. Zu diesem Anlass hatte uns die deutsche Botschafterin Claudia Busch gefragt, ob wir eine Rede halten würden, um die Perspektive junger Menschen zu repräsentieren. Es war das erste Mal, dass Freiwillige dabei waren, und es kam so gut an, dass die rumänischen Botschaftskollegen überlegen, es für ihren Trauertag genauso zu machen.

Die Gedenkfeier fand auf einem kleinen, etwas abgelegenen Friedhof deutscher Kriegsgefangener in Armenien während des zweiten Weltkriegs statt. Wir trafen uns vor der deutschen Botschaft in Yerewan und im Auto des Honorarkonsuls Aleksan Ter-Minasyan, der extra aus Gyumri angereist war und so nett war, uns mitzunehmen, ging es dann zum Gedenkort. Es war schon ein seltsamer Anblick, wie die ganzen teuren Botschaftsautos über den schmalen Feldweg holperten, aber wir kamen alle heile an. Als Gäste waren nicht nur Mitglieder der deutschen Botschaft, sondern auch der französischen und rumänischen Botschaft anwesend. Nach der Verlesung des Totengedenken waren wir auch schon mit unserer Rede dran: Diese ging fünf Minuten und war damit der längste Teil der Gedenkfeier. Uns war es besonders wichtig, auf unsere Verantwortung, nicht nur als Deutsche, sondern auch als junge Generation hinzuweisen. Die ausführliche Version unsere Rede könnt ihr hier nachlesen:

Anschließend sprach der Honorarkonsul ein Gebet auf Altarmenisch und die Kränze wurden niedergelegt (siehe Anfangsbild). Nachdem das offizielle Programm vorbei war, gingen wir noch kurz zum rumänischen Gedenkort hinüber und auch dort wurden Kränze niedergelegt.

Es war das erste Mal, dass ich an einer Gedenkfeier zum Volkstrauertag teilgenommen habe. Vorher ist mir der Feiertag, ehrlich gesagt, gar nicht präsent gewesen. Doch ich muss sagen, dass es für mich eine äußerst wertvolle Erfahrung war. Das Gedenken gilt längst nicht mehr (nur) den verstorbenen deutschen Soldaten, sondern allen Opfern von Krieg, Gewalt und Verfolgung. Und das weltweit. In Zeiten wie diesen ist es umso wichtiger, uns nationenübergreifend zusammenzuschließen und gemeinsam zu gedenken. Denn am Ende bringen Krieg und Gewalt immer nur eines: Leid. Unseren Appell für Frieden auf so einer Veranstaltung äußern zu dürfen, war einmalig und hat mir ins Bewusstsein gerufen, dass wir uns mehr füreinander einsetzen müssen, anstatt immer nur auf unsere Unterschiede zu beharren. Besonders im Hinblick auf die Situation in Armenien war es noch bedeutender, dieser Gedenkfeier beiwohnen zu dürfen. Der Krieg ist hier präsent und der „Frieden“ vermutlich nicht für immer. Ich habe schon mit einigen Menschen gesprochen und immer war der Tonus derselbe: Der Krieg hat uns verändert. Für mich, die ich privilegiert und in Frieden aufgewachsen bin, ist es eine neue Erfahrung, dem Krieg so „nah“ zu sein. Ich bin dankbar für die Offenheit der Menschen, denn nur sie hilft mir zu verstehen und zu lernen. Es ist bereichernd, eine neue Perspektive erfahren zu dürfen, auch wenn sie eine so leiderfahrene ist. Denn die Augen vor dem zu verschließen, was in der Welt passiert ist und immer noch passiert, ist keine Lösung und sollte uns immer zum Aufschreien bewegen. Wir dürfen nicht vergessen – nicht die Geschichte und nicht die Menschen, die Unrecht und Leid erfahren haben.

Damit soll es aber genug der ersten Worte gewesen sein. Es war mir ein Anliegen, die obigen Gedanken hier noch einmal loszuwerden, aber jetzt leite ich wenig elegant zu einem weniger ersten und weniger wichtigen Thema über. Dem Thema „Körnerbrot in Armenien“:

Nach der Gedenkfeier hatte die deutsche Botschafterin uns Freiwillige nämlich zum Essen in ihre Residenz eingeladen. Im Auto des Honorarkonsuls ging es also weiter durch Yerewan vorbei am Wachtposten der Gated Community zur Residenz. Dort gab es dann super leckere Kürbissuppe und eine Eintopf sowie diverse Beilagen. Süßes armenisches Gebäck durfte als Nachtisch natürlich auch nicht fehlen. Währenddessen unterhielten wir uns gut mit den anderen Gästen, zu denen neben dem Honorarkonsul auch noch einige weitere Botschaftsangehörige gehörten. Wir waren eine kleine, aber sehr nette Runde und haben viel über die Arbeit als Diplomatin oder Diplomat erfahren. Auch unsere Fragen zur anstehenden Neuwahl konnten geklärt werden, da wir durch die neusten Entwicklungen in der deutschen Politik Briefwahl beantragen und dann in der deutschen Botschaft in Yerewan wählen müssen. Und nun zum Körnerbrot: Wir haben uns beim Essen wohl etwas zu doll über das Brot gefreut, was es zu der Suppe gab, denn als wir uns verabschieden wollten, hatte die Botschafterin eine Überraschung für uns: Sie gab uns alles an Brot mit, was noch übrig geblieben war. Das war so viel, dass für die Yerewan-Mädels noch genug da war, Samuel etwas mit nach Sardarapat nehmen konnte und auch mein Abendessen gesichert war. Wir haben uns wirklich sehr darüber gefreut, da es eine echte Herausforderung ist, hier in Armenien etwas Anderes als Weißbrot zu finden. Umso mehr haben wir das frische Körnerbrot genossen.

Mit dem Brot in der Tasche ging die Reise dann für mich auch schon weiter nach Gyumri. Ich hatte mir ein Shuttle gebucht und dort habe ich mal wieder nette Leute kennengelernt (Näheres zu dem „mal wieder“ gibt´s im nächsten Beitrag Zwinker-Smiley): Zwei Freiwillige, die derzeit auch in Gyumri leben. Sie kommt aus den USA und er aus Deutschland. Er hatte mich wegen meiner Jack-Wolfskin-Regenjacke gleich als Deutsche erkannt. Die beiden sind mit einem Programm für Menschen mit armenischen Wurzeln hier und bei weitem nicht die einzigen. Bei ihrer Organisation würden insgesamt 20 Freiwillige arbeiten und ich habe versprochen, dort demnächst mal vorbeizuschauen. Es ist witzig, wie ich am Anfang dachte, dass ich hier die einzige Freiwillige sei und jetzt durch Zufall immer mehr andere Freiwillige treffe.

Ihr seht also, warum der 17.11.24 einen eigenen Beitrag verdient hatte. Und es ist doch auch mal schön, einen etwas kürzeren Beitrag dabei zu haben. Der nächste wird aber wieder so lang wie gewohnt und steht schon in den Startlöchern. Freut euch auf eine neue Runde „Alltagsmomente“!

Bis bald 😊

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