Lomé läuft

Die letzten Spuren der kühleren Nacht hängen noch in den Straßen unseres Wohnviertels, als wir um kurz vor sechs Uhr morgens das Haus verlassen. Wir laufen los. Auf dem Weg dorthin sehe ich bereits Dutzende Menschen, die das gleiche Ziel haben: den Strand.

Aus allen Richtungen kommend bündeln sich die Läufer schließlich, erreichen die Teerstraße und schließlich den Boulevard, der groß und breit von Osten kommend am Strand bis zur ghanaischen Grenze verläuft.

Die Atmosphäre, die uns hier empfängt, packt mich vom ersten Moment an. Gefühlt ist halb Lomé auf den Beinen. Wir laufen am Straßenrand entlang Richtung Ghana. Vor uns laufen zwei Mädchen, vielleicht zwölf Jahre alt, ein Vater mit seinem Sohn, Frauen und Männer. Wir werden von Radfahrern in kompletter Rennradmontur überholt und rollschuhlaufende Menschen im Einteiler rauschen vorbei. Auf der anderen Fahrbahnseite kommt uns eine große Gruppe Läufer entgegen, vielleicht fünfzig Personen. Inmitten des Pulks laufen fünf von ihnen mit leeren Plastikkanistern und Zimbeln. Trommelnd und singend geben sie den passenden Rhythmus.

Wenig später kommt uns die nächste große Läufertruppe entgegen. Sie brauchen die gesamte Breite der Spur. Ein großer LKW muss Platz machen und auf die entgegenkommende Fahrbahn ausweichen. Auch in dieser Gruppe: Trommelnde Musiker geben den Takt. Als wir schließlich an der ghanaischen Grenze ankommen und wenden müssen, stehen am Wendepunkt Verkäuferinnen bereit und bieten Wasserpäckchen zum Verkauf.

Eine ganz normale Straße – Sonntagmorgen jedoch Schauplatz eines Laufspektakels

Ich komme aus dem Staunen nicht heraus: Jeden Sonntagmorgen ein Spektakel. Ich fühle mich wie die Teilnehmerin eines großen Stadtmarathons. Dabei ist es der allwöchentliche Morgensport, der hier so groß, so lautstark und so gemeinschaftlich stattfindet.

Zusammen beschließen wir unsere Laufeinheit mit ein paar Übungen und Dehnen am Strand. Inzwischen ist es vielleicht acht Uhr, der Strand ist bevölkert, auf der Straße laufen noch immer Hunderte. Ein großartiger Moment, ein Erlebnis. Es ist schwer in Worte zu fassen und ich empfehle jedem, der einmal in die togoische Hauptstadt kommt, am Sonntagmorgen dabei zu sein.

Dabei zu sein, wenn Lomé läuft.