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13.12.1943 – Massaker von Kalavryta

Heute ist der 77. Jahrestag des Massakers von Kalavryta. Hier sind die Opfer nicht in Vergessenheit geraten, in Deutschland hört man jedoch nur wenig über die Verbrechen des 13. Dezembers. Anlässlich des 77. Jahrestages, möchten wir in diesem Blogbeitrag mit euch unsere Gedanken zu dem Kriegsverbrechen teilen und erklären, was an diesem Tag vorgefallen ist.

Als 1941 deutsche Soldaten Griechenland brutal eroberten, brachte dies viele Opfer mit sich. Anfangs konnten die Griechen noch Widerstand leisten, nachdem jedoch mehrere Orte erobert wurden, teilten die Sieger (Italien, Deutschland und Bulgarien) Griechenland unter sich auf. Griechische Organisationen, wie die Nationale Befreiungsfront, bildeten sich, um gegen die Wehrmacht vorzugehen. Auch in Kalavryta schlossen sich mehrere Menschen zusammen, um ihr Land von der NS-Führung zu befreien. Die deutschen Soldaten gingen von Kalavryta als Zentrum der Unruhen aus. Um weitere Widerstandshandlungen zu verhindern, ordnete der Kommandeur der 117. Jäger-Division die „Operation Kalavryta“ an. Bereits am darauffolgenden Tag, dem 9. Dezember 1943 begann die Operation. Die Wehrmachtstruppen brannten auf ihrem Weg nach Kalavryta Dörfer und Klöster in der Region nieder und erschossen Zivilisten.

Vier Tage später, am 13. Dezember 1943, erreichten die Soldaten der 117. Jäger-Division ihr Ziel und verhafteten die unbewaffnete Bevölkerung. Die Frauen und Kinder wurden in ein Schulgebäude gedrängt und eingesperrt. Alle Männer und Jungen über 15 Jahren, welche mögliche Widerstandskämpfer sein könnten, wurden auf ein Feld über dem Dorf getrieben. Auf dem Hügel von Kappi wurden 498 Männer und Jungen von den Deutschen mit Maschinengewehren hingerichtet. Nur 13 von ihnen überlebten, weil sie unter den Körpern der Toten versteckt waren.

Währenddessen hörten die Frauen und Kinder die Schüsse, mit denen ihre Männer, Brüder und Väter hingerichtet wurden.

Nachdem die Soldaten alle Wertgegenstände und Lebensmittel auf die Zahnradbahn geladen hatten, zündeten sie die Stadt an, einschließlich des Schulgebäudes. Den Frauen und Kindern gelang es jedoch zu fliehen. Wie sie dem Feuer im Schulgebäude entkommen sind, ist unklar. Eine Theorie besagt, dass ein österreichischer Soldat der 117. Jäger-Division den Frauen dabei half, zu entkommen, bevor die anderen Soldaten mit der Zahnradbahn zurück fuhren.

Statue der Frauen am Platz der Hinrichtung https://theplacesihavebeen.com/site_ao/kalavryta-sacrifice-memorial/

Heute befindet sich auf dem Hügel von Kappi, wo die Männer ermordet wurden,  das Denkmal „der Platz der Hinrichtung“. Oben auf dem Hügel steht ein großes, weißes Kreuz und der Eingang des Denkmals ist von vier Betonwänden umrandet, wo die Namen der Oper eingraviert sind. Außerdem wurde dort eine Skulptur errichtet, welche das Leid der Frauen symbolisiert. Zudem wurde 1992 das Schulgebäude, in welchem die Frauen und Kinder gefangen waren, zu dem Museum des „Holocaust der Stadt Kalavryta“ umgebaut.

Normalerweise findet jedes Jahr, am 13. Dezember ein Trauerzug von dem Stadtzentrum bis zum Denkmal statt. Aufgrund von der Corona-Pandemie, musste dieser jedoch abgesagt werden. Stattdessen wird dazu aufgerufen, auch ohne Trauerzug den Opfern des Massakers zu gedenken.

Lara und ich leben nun schon zwei Monate in Kalavryta. Als wir das erste mal Kalavryta in unserer Stellenbeschreibung lasen, konnten wir zunächst nicht viel damit anfangen. Bei den Griechen ist das anders: obwohl die Stadt mit seinen 2000 Einwohnern recht klein ist, ist er im ganzen Land als Märtyrerort bekannt. Natürlich ging uns anfangs viel durch den Kopf, ob uns die Menschen hier aufgrund unserer Herkunft wohl anders behandeln würden. Bis jetzt können wir aber nur die griechische Gastfreundschaft bestätigen. Wir fühlen uns sehr wohl und werden von allen sehr freundlich und offen behandelt. Vergessen kann man die Ereignisse des 13. Dezembers hier jedoch nicht. Das Kreuz des Denkmals sieht man fast überall von der Stadt aus und auch das Museum des Holocausts in Kalavryta erinnern die Besucher an die Geschehnisse.

Museum des Holocaust der Stadt Kalavryta https://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/kalavryta.html

Wir haben bereits mit einigen Leuten über das Thema geredet. Ein sehr interessantes Gespräch hat sich mit unserem Kollegen George ergeben, nachdem wir zusammen das Kloster Mega Spileo besucht hatten, wo die Wehrmachtstruppen am 9.12.1943 mehrere Mönche umgebracht hatten. Nachdem er merkte, wie sehr uns das Thema als Deutsche bedrückt, meinte er, dass es nicht unsere Schuld sei, dass so viele Menschen durch die Nazis starben. Er habe das Gefühl, dass man stattdessen die Zusammenarbeit unter den jungen Menschen weiterhin fördern sollte. Heute sei es nicht mehr von Bedeutung, ob man aus Deutschland oder Griechenland kommt, ihr seid meine Freunde, wir kommen aus Europa. Trotzdem sollten die Kriegsverbrechen nicht in Vergessenheit geraten. Auch wir müssen daran arbeiten, dass solche Ereignisse in Zukunft verhindert werden.

1961 zahlte die Bundesrepublik an Griechenland 115 Millionen D-Mark als „Wiedergutmachung“. Dieses Geld war an die Opfer der Kriegsverbrechen zu zahlen, viele gingen jedoch leer aus. Über diese Zahlung hinaus verweigert Deutschland Griechenland bis heute weitere Schadensersatzleistungen, da dies weltweit viele ähnliche Forderungen nach sich ziehen könnte. Es gibt bislang unzählige Klagen von Opfern und deren Familien, die von den Folgen der Kriegsverbrechen betroffen sind. 2012 wurde von dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag entschieden, dass die Bundesrepublik nicht vor ausländischen Gerichten für NS-Verbrechen verurteilt werden könne.

Als Geste der Versöhnung besuchte im Jahr 2000  Bundespräsident Johannes Rau Kalavryta. Er legt einen Kranz nieder und sagte: „Ich empfinde hier, an dieser Stätte, tiefe Trauer und Scham.“ Trotz dessen, empfinden viele, vor allem die betroffenen Generationen, dass von deutscher Seite mehr Anerkennung und weitere Entschädigungen kommen müssen.

Wenn man als Deutsche/r an Griechenland denkt, denkt man an Sommerurlaub, Meer und Sonnenschein. Die Kriegsverbrechen der Deutschen in griechischen Städten geraten beim Entspannen am Strand eher in den Hintergrund. Vielen ist oft nicht klar, dass auch die typischen Urlaubsorte wie z.B. Kreta von der tragischen Geschichte betroffen sind. Unter Urlaub stellen wir uns etwas anderes vor.

An dem heutigen Tag möchten wir den Opfern von Kalavryta gedenken und euch dazu aufrufen das die Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten.

 

Das Kreuz des Denkmals

 

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Pommes sind frittierte Sonnenstrahlen

Wir sind jetzt schon seit genau zwei Wochen in Kalavryta, einem kleinen Bergdorf mit fast 2000 Einwohnern, in Griechenland. Dieses kann man in Zeiten von Corona nur mit einem Flug nach Athen, zwei Zügen und einem Taxifahrer namens George erreichen.  Mittlerweile haben wir uns  sehr gut eingelebt und die letzten Tage sind wie im Flug vergangen. Vielleicht erstmal zu uns, wir sind Lara und Maya, unser verbindendes Lieblingshobby ist Essen und wir haben mit der Ausreise Oktober 2020  unseren Freiwilligendienst im Geopark Chelmos-Vouraikos  im Norden des Peloponneses gestartet. Auch wir konnten mit den vielen griechischen Namen erstmal wenig anfangen. Inzwischen wissen wir aber, dass Chelmos die Bergkette und Vouraikos einer der Flüsse sowie dessen Schlucht sind. Auch sonst ist unser Geopark sehr facettenreich, wie wir dank unserer ersten „Aufgabe“, die Flyer des Parks ins Deutsche zu übersetzen, um noch mehr Leute zu erreichen, gelernt haben.

Zum Geopark gehört nicht nur eine Küstenlinie, an der es gefühlt immer 10 Grad wärmer ist, als im 800 Höhenmeter höher liegendem Kalavryta, sondern auch ein Skigebiet, welches in der bis zu 2300 Meter hohen Bergkette liegt. Außer Broschüren in dem für uns extra eingerichteten Büro zu übersetzten, welches eigentlich der Seminarraum neben der Ausstellung zum Geopark ist, in dem  es normalerweise Vorträge, Diskussionen und sonstige Veranstaltungen mit Schülern, Studenten und Besuchern gibt – welches allerdings durch Corona nicht möglich ist- , sind wir auch schon viel mit den Rangern unterwegs gewesen. Dabei durften wir nicht nur die beeindruckende Landschaft bestaunen, sondern haben auch viel über die Entstehung und Geologie des Gebietes von George dem Professor, aber auch über die Tiere, vor allem Vögel, (wir durften zwei Steinadler beobachten) und Bäume von George dem Waldranger lernen. Warum hier alle – inklusive dem Chef des Forstamts – George heißen, wissen wir nicht so genau, aber George der Ranger meinte, dass alle Georges super sind. Diese These bestätigte uns (ein weiterer) George, der Förster des Geoparks, indem er uns Kekse zur Arbeit brachte. Da, wie schon erwähnt, Essen eine unserer Lieblingsbeschäftigungen ist, kam auch das Gespräch mit George dem Waldranger schnell auf die wunderbare griechische Küche. Die Begeisterung seinerseits erhielt zwar recht schnell einen kleinen Dämpfer, als er erfuhr, dass er mit zwei Vegetarierinnen in einem Jeep saß, die beide nicht viel für Gyros, Suvflaki oder Bifteki übrig hatten. Dies hielt ihn aber nicht davon hab, mit uns durch das gesamte Dorf zu fahren, um uns die guten bzw. überteuerten („Stay away“) Supermärkte zu zeigen. Auch zu jeder Taverne gab es einen guten Rat. Schlussendlich endeten wir in der Taverne seines Freundes, dem wird prompt mit „Sie essen aber nur vegetarisch“ vorgestellt wurden.  Darauf folgte ein kurzer, zweifelnder Blick und die Aussage „naja ein bisschen was hätte man schon da, die Auswahl sei halt nicht ganz so groß“. Da wir allerdings Goerge versprachen, auf jeden Fall mal bei seinem Freund zu essen, wurde dies noch am selben Abend in die Tat umgesetzt. Obwohl erneut betont wurde die Auswahl sei nur sehr klein, am Samstag hätte man zwei vegetarische Gerichte mehr (welche wir am folgenden Samstag natürlich auch direkt probierten), hatten wir ein Festessen aus Zuccinibällchen, griechischem Salat, Saganki (frittierter Feta, seht empfehlenswert), griechischem Wein, gefüllten Auberginen, Brot  und Pommes, all das schmeckte so wundervoll, dass man sich wie im Urlaub vorkam. Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle der fantastische Tzaziki, mit dem wir uns in den letzten zwei Wochen so vollgestopft haben, dass wir eine ganze Armee von Vampiren mit einem Atemzug erledigen könnten.

In der Zwischenzeit hatte sich der Fakt, dass wir kein Fleisch oder Fisch essen, schon, wie gefühlt alles, in Lichtgeschwindigkeit im ganzen Dorf verbreitet. So hatte es anfangs die Leute noch überrascht, dass wir ganze 6 Monate hier bleiben, (die durchschnittliche Zeit der meisten Touristen, die von den Bussen oder der Zahnradbahn hier ausgespuckt werden schätze ich auf wenige Stunden), mittlerweile scheint das aber allen bekannt zu sein. Genau wie die Tatsache, dass wir keine Waschmaschine in unserem Apartment haben, allerdings wurde uns beim Einkaufen in dem von George dem Ranger empfohlenen Supermarkt, versichert, dass man sich darum kümmere. Mittlerweile haben wir zum Glück eine Lösung: die liebe und sehr verständnisvolle Frau von der örtlichen Reinigung kümmert sich nun drum. Wie lange es wohl dauern wird, bis diese Nachricht alle erreicht hat? Vermutlich hat es das längst, da gegenüber von unserer Haustür ein kleines Cafe ist, welches anscheinend den Klatsch und Traschtreff überhaupt darstellt (außerdem scheint es auch das Polizeirevier zu sein, da der Dorfsheriff eigentlich immer dort anzutreffen ist, wenn er nicht gerade mit seinem Auto durchs Dorf düst). Da wir mit unserer gesamten Dreckwäsche an eben diesem Cafe vorbei gelaufen sind, wird man die Neuigkeit vermutlich schon bis Athen wissen.

Manchmal ist es aber auch sehr hilfreich, wenn alle Bescheid wissen, so gab uns George, der Förster, aufgrund unserer gemüsereichen Ernährung, den Tipp, dass es Samstags in Kalavryta einen kleinen Markt gäbe, an dem lokale Bauer aus der Region ihr Gemüse und ihr Obst verkaufen. Diesen hatten wir bislang noch nicht entdeckt, da er ein bisschen versteckt ist. Allerdings war es ein hervorragender Hinweis, denn so kamen wir nicht nur in den Genuss frische Feigen zu probieren, sondern konnten die griechischen Sätze, die uns George der Ranger beigebracht hatte, gleich testen und siehe da, wir kamen auf einem einheimischen Markt zurecht.

Wir fanden nicht nur auf dem Markt neue Freunde, die unsere Begeisterung über alles Essbare teilten, sondern auch in einem kleinen niedlichen Laden, an dem wir unter der Woche mehrfach vorbeigelaufen sind, der aber immer geschlossen war. Es stellte sich heraus, dass der Laden von Nikki, der Englischlehrerin der örtlichen Schule, als Hobby am Wochenende betrieben wird. Dort sind wir innerhalb der letzten zwei Wochenenden zu Stammgästen geworden. Denn bei Nikki gibt es nicht nur warme Bubblewaffeln mit Eis, sondern auch Loukoumades, ein typisch griechisches Dessert:  frittierte Teigbällchen, die so ähnlich schmecken wie kleine Donuts. Dazu gibt es eine schier unendliche Auswahl an Schokosoßen, sodass wir jedes Mal aufs Neue Entscheidungsschwierigkeiten haben. Auch hier freut man sich über jedes neue griechische Wort, das wir präsentieren können, und während uns Nikkis Tochter stolz ihre, in der Schule gelernten, deutschen Wörter aufzählt, kommt der Vater der Familie, nicht weniger begeistert, mit seinem selbstgemachten Glühwein „nach griechischer Art“ um die Ecke, welchen man  allerdings eher als Glühschnaps bezeichnen sollte.

Nach diesen zwei doch sehr aufregenden Wochen sitzte ich hier nun an einem Montagabend und habe endlich Zeit gefunden all das aufzuschreiben, Morgen geht’s wieder mit George dem Ranger durch den Park, mal sehen, welche neuen Wörter wir morgen lernen werden.