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Einmal durch halb Europa, bitte

Prolog

Es ist Mitte Dezember, Maya und ich haben gerade den Adventskalender geöffnet und sitzen nun mit einer Tasse Tee vor dem Heizstrahler. Wir träumen vom Ende des Lockdowns und wärmeren Tagen. Auch über die Rückfahrt wird zwangsläufig gesprochen, schließlich haben wir jetzt fast schon die Hälfte unseres Freiwilligendienstes hinter uns. Ob wir wieder fliegen sollten? Ein bisschen doppelmoralisch finden wir es schon, schließlich machen wir einen Naturfreiwillgendienst. Auch mit dem Gepäck scheint es jetzt schon, vor Weihnachten, nicht wirklich zu passen. Gibt es andere Möglichkeiten? Nach einer kurzen Suche finden wir eine Fähre von Patras nach Venedig. Sofort fangen wir an zu träumen, wenn der Lockdown aufgehoben wird, könnten wir uns Venedig im Frühling anschauen! Als wir Lena und Hanna zufällig davon erzählen sind sie Feuer und Flamme, und dass obwohl sie von Kreta aus durch ganz Griechenland fahren müssen, um zur Fähre nach Patras zu gelangen.

Um ehrlich zu sein, hätte ich weder gedacht, dass wir dass wirklich durchziehen, noch dass Hanna und Lena tatsächlich mitkommen. Was wir auf unserer 3/4 tägigen Heimreise alles erlebt haben möchte ich durch einen Auszug aus Lenas „Blog-Log durch halb Europa“ erzählen. Der Vollstänigkeitshalber habe ich unseren Weg nach Patras hinzugefügt:

Mittwoch, 17.03.2020 

Ganz komischer Tag, es ist Feiertag, der Tag des Schutzheiligen der Gemeinde Kalavryta, auf Grund der Corona Maßnahmen, sind alle öffentlichen Feierlichkeiten abgesagt, auf den Straßen sehen wir bei unserem kleinen, letzten Spaziergang niemanden. Wir fangen an unsere Sachen zu packen, putzen die Wohnung, hängen rum. Irgendwie können wir es immer noch nicht fassen, dass es morgen schon wieder nach Hause geht. Um 10:30 haben wir noch die letzte griechisch Stunde, das Büro haben wir schon gestern geräumt. Während wir nicht wirklich wissen, was wir mit dem Tag anfangen sollen, sind Lena und Hanna schon auf dem Weg zur Fähre nach Athen.

Donnerstag, 18.03.2021

7:20 der Wecker klingelt in 10 Minuten. Zum ersten Mal bin ich vor dem Wecker wach, denn heute gehts los! Auf der einen Seite bin ich super aufgeregt auf die Reise, allerdings bin auch sehr traurig, dass die Zeit hier schon zu Ende ist.

8:00 Wir frühstücken, zum letzten Mal gibt es frisch gepressten Orangensaft von frischen Orangen, dann gehen wir den Zeitplan noch einmal durch.

8:50 Das Bad ist geputzt, die Betten abgezogen und oben ist schon gestaubsaugt, ab zur Wäscherei, die noch ca. die Hälfte unserer Klamotten hat, welche irgendwie noch in den Koffer passen müssen.

9:05  Bei der Reinigung angekommen machen wir ein dummes Gesicht: die Wäsche ist noch nicht trocken, wir sollen in zwei Stunden wieder kommen

9:20 Zurück in der Wohnung ist unser ausgeklügelter Plan kaputt. In der ganzen Wohnung liegen Sachen verstreut, die wir aber noch nicht einpacken können, da die Klamotten zuerst in den Koffer müssen. Wir beschließen trotzdem soweit es geht zu packen und räumen immer 2 Quadratmeter frei um zu staubsaugen und zu wischen.

10:30 Die Wohnung ist blitzblank sauber! Naja bis auf den Herd. Während ich mich um die Küche kümmere, schmiert Maya die Brote für unsere 3 Tägige Reise

11:01 Alles fertig, jetzt schnell zur Reinigung, Carl und Kristina (unsere Nachfolger) haben geschrieben, dass sie im Taxi sind und in ca. 30 min ankommen. Auch George der Förster hat schon mehrfach angerufen, ob wir fertig sind und wann die beiden da sind.

11:15 Nach einer überschwänglichen Verabschiedung bei der Wäscherei, bei der fast Tränen geflossen sind, rennen wir nach Hause, so gut das mit 15 kg Wäsche eben geht.

11:25  In der Wohnung angekommen, packen wir die Wäsche in einem Rekordtempo aus, teilen sie zwischen uns beiden auf, packen Sachen aus den Koffern aus um Platz für die Klamotten zu machen und ziehen uns um.

11:30 Als das Chaos am größten ist ruft Carl an, sie sind da! Schnelle schlüpfe ich in meine Schuhe und laufe voller Hektik mit offenen Schnürsenkeln die Treppe runter.

11:32 George der Taxifahrer erinnert sich noch an uns und fragt, wie es uns geht, außerdem begrüßen wir Carl und Kristian, die auch nicht gerade wenig Gepäck dabeihaben.

11:35 Wir verabschieden uns von dem Taxifahrer und bringen das Gepäck in den Fahrstuhl. In der Wohnung merken wir, dass in dem jetzigen Zustand eigentlich kein Platz für Carls und Kristinas Koffer ist.

11:40 Zum Glück steht George der Förster vor der Tür und holt die beiden zum Corona Schnelltest ab. Wir nutzten die Zeit um alles in Windeseile fertig zupacken und somit das Chaos zu beseitigen. 

12:00 Alles fertig gepackt, Carl und Kristina sind auch schon wieder da, wir beschließen ins Büro zu gehen, um uns zu verabschieden.

13:30 Der Vermieter ist da, alles ist schneller geklärt als gedacht.

13:40 Wir tragen das Gepäck runter und George, der dass wohl etwas unterschätzt hat, fragt uns, ob wir auch Möbel eingepackt haben.

13:50 Alles ist in das kleine Auto geladen. Alles? Nein in letzter Sekunde merken wir, dass die Provianttasche noch in der Wohnung steht!!!

14:00 Wirklich alles gepackt, bringt uns George noch dazu 3 kg Feta als Souvenir zu holen. Mit dem nun endgültig überlasteten Auto geht es in Richtung Patras, allerdings kommt uns nach ein paar Minuten eine Schafsherde in die Quere

14:50 in Patras angekommen, schauen wir uns zuerst die beeindruckende Brücke zwischen dem Peleponnes und dem griechischem Festland an. Die an der Küste stehenden Palmen bilden einen starken Kontrast, zu den am Horizont stehenden, Schnee bedeckten Bergen im Geopark.

15:00 Nächster Stopp: Universität von Patras, Eleni, George der Professor und Penelope zeigen uns Steine uns Knochen aus der ganzen Welt, Maya sortiert Sand unter dem Mikroskop und ich esse Pizza. Dananch heißt es Abschied nehmen.

18:00 Penelope gibt uns trotz Ausgangsbeschränkungen eine kleine Stadttour und wir kommen uns sehr kriminell vor, da wir immer versuchen der Polizei auszuweichen. Aber es hat sich gelohnt, Patras ist unglaublich schön und Penelope erzählt uns von den Cafes und Menschen, die normalerweise die ganze Stadt füllen

20:00 Wir kommen zu Hause bei George dem Förster an, der sich schon fragt, wo wir so lange geblieben sind. Wir essen Tiropita und unterhalten uns über alles Mögliche.

21:30 Jetzt gehts los zum Hafen, an dem Hanna und Lena schon seit zwei Stunde auf uns warten.

(AUszug aus Lenas Blog-Log):

Ankunft im Hafen von Patras

22:10 Maya und Lara kommen mit 3kg Feta, 9L Wasser und Lokoumades an. Sie sind immer noch etwas überrascht, dass wir ihrer Idee mit Fähre und Zug ohne zu überlegen zugestimmt haben. Nachdem wir so oft telefoniert haben (die beiden waren im Chelmos-Vouraikos Geopark in Kalavryta) habe ich das Gefühl, sie schon ewig zu kennen und ich freue mich sehr auf die nächsten Tage.

22:30 Der Typ vom Security kriegt einen Vogel, wir kriegen uns vor Lachen nicht mehr ein und schleppen unser Zeug mühsam zum Schiff.

22:40 Lara kommt die Rampe hoch: „Maya hat ne Crew!“ Es folgen: ein gelangweilter Typ voraus, ein Typ mit Warnweste und Mayas großem gelben Koffer, eine routinierte Frau in Warnweste mit Klemmbrett und Mayas Jutebeutel und zuletzt Queen Maya, mit Rucksack und Taschen, aber trotzdem zufrieden mit dem Service.

23:04 Die Viererkabine ist riesig. Gut so, denn wir breiten erstmal unser Essen aus, scheinbar für zwei Wochen: Käseseelen, Schokobrötchen, Tiropitakia, Tiropita, Lokoumades, Reissalat, Obst, Karotten, Lupinen, Maultaschen, Brownies, Zitronenkuchen, jede Menge Kekse und Gummibärchen, Nüsse, Raki und einen 3-Liter Weinsack aus Kreta. Maya und Lara haben Saganaki geklaut, den Käse wollte ihr Begleiter in Patras eigentlich zu Abend essen, hat ihn aber in der Tasche mit den 3 Kilo Feta vergessen. Der Saganaki geht jetzt auf Reisen…

Lara: „Teilen wir den Saganaki auf?“ Maya: „Nee, nimm du den. Ich habe ja schon zwei Kilo Feta.“

23:43 Es regnet, wir stehen trotzdem an Deck. Lara steht nicht, sie rennt erst, dann fliegt sie, dann liegt sie.

Freitag, 19.03.2021

00:45 Etwas verspätete Abfahrt.

01:37 Wir essen Brownies und Zitronenkuchen in unserer Kabine mit Meerblick. Die Müdigkeit habe ich übersprungen und bin bei der Hyperaktivität angelangt. Wir lachen sehr viel, auch und vor allem über Dinge, die für Außenstehende nicht lustig sind.

09:28 So lange habe ich schon lange nicht mehr geschlafen. Eine entspannte Dusche, dann geselle ich mich zu den anderen, die bereits das Sonnendeck für sich eingenommen haben und Karten spielen. Gerade fahren wir an der Küste Albaniens entlang, es gibt wunderschöne Berge, keine Dörfer und super Internet.

12:40 Lara und ich als Schwabenfraktion fragen an der Rezeption nach heißem Wasser. Mit den mitgebrachten Maultaschen, die mittlerweile aufgetaut sind, und etwas Brühe wird erstmal gekocht. Das perfekte Reisessen!

14:55 Ein Matrose flirtet mit Lara. Er spendiert uns Kaffee und unterhält sich stundenlang mit uns. Seine Schicht beginnt um Mitternacht, er lädt Lara ein, auf die Brücke zu kommen und die Fähre zu fahren.

23:06 Er ruft an… Und kriegt einen Korb. Ist vielleicht besser so – Lara ich hab dich lieb, aber nur weil du tauchst, heißt dass nicht, dass ich heute Nacht baden gehen will, wenn du das Schiff aus Versehen versenkst.

Samstag, 20.03.2021

6:00 Bald legen wir in Venedig an. Das Zeug wird zusammengepackt und der Feta abgeholt. Der Essensvorrat ist deutlich kleiner geworden.

8:31 Wer zur Hölle konstruiert Rolltreppen, die nur in eine Richtung fahren?! Ich verfluche jede einzelne Stufe.

9:03 Mühsam kämpfen wir uns über das Hafengelände und geben schließlich den Gedanken an einen Bus auf. Das Taxi ist es uns allen wert. Der Fahrer ist belustigt statt genervt und wir schaffen es tatsächlich, uns vier mit vier Koffern, vier Rucksäcken, zwei Sporttaschen und zwei gut gefüllte Tüten in das Auto zu laden. Der Taxifahrer passt auch noch rein und fährt uns zum Hostel in Venedig Mestre.

10:47 Im Bielo+Hub Testzentrum in Venedig werde ich 5 Formulare und 7 Unterschriften später mal wieder getestet. Tja und wo wir schonmal hier sind…

Markusplatz

12:09 Ich war noch nie in Venedig, gehe aber stark davon aus, dass die Stadt ohne Lockdown nicht so menschenleer wie jetzt ist, das Wasser in den Kanälen nicht so klar und die Läden und Restaurants nicht verrammelt. Ich komme mir vor wie in einer Geisterstadt. Am leeren Markusplatz wollen wir ein Sprungfoto machen und springen wieder und wieder, bis es synchron wird. Dann kommt die Polizei auf uns zu, denn eigentlich ist Venedig rote Zone und man darf das Haus nur mit gutem Grund verlassen. Anscheinend wird auf dem Markusplatz rumhüpfen nicht als guter Grund anerkannt, also springen wir lieber mal weg.

12:50 Ich hatte einen einzigen Wunsch: Pizza. Sehnsüchtig stehen wir vor einem zu einem Hotel zugehörigen Restaurant und frieren, ich war irgendwie noch auf Griechenland eingestellt. Wir stellen uns schon auf Takeout ein, werden aber überraschenderweise reingelassen. Sonst sind nur mittelalte, steak-essende Trucker anwesend. Die Grissini sind einzeln verpackt und wir dürfen uns keine Minute länger als nötig im Restaurant aufhalten, aber Pizza kriegen wir! Wenn das die Polizei wüsste – erst auf dem Marktplatz rumhüpfen, Pizzaessen und dann auch noch versehentliche Beamtenbeleidigung!

13:52 Einfach planlos in Venedig rumlaufen, finde ich super! Die verwinkelten Gassen, Kanäle und Brücken, alte Gebäude mit grimmigen Wasserspeiern und die Ruhe, die diese Stadt ausstrahlt! Wäre es nicht so kalt und nieselig, könnte ich ewig herumlaufen. Würde ich auch, wenn ich kein Google Maps hätte, denn die Orientierung habe ich schnell verloren.

14:28 Wir suchen nach einer Toilette, die letzte war schon geschlossen. Fünf Minuten später fällt uns auf, dass wir in die entgegengesetzte Richtung laufen. Typischer Fall von „ich dachte du führst“. Wir sind drei Minuten zu spät dran. Also geht es wieder mit dem Zug Richtung Mestre.


17:50 Die morgige Fahrt wird geplant, dazu gibt es Kekse. Vor lauter Einreisebestimmungen ist es schwer, nicht den Überblick zu verlieren.

18:52 So langsam wird die Erschöpfung und Übermüdung deutlich. Einige Indizien: Maya verschüttet ihren kompletten Tee. Ich falle vom Sofa. Lara kann Hanna und mich nicht mehr auseinanderhalten. Hanna fragt nach dreißig Runden Wizard trotzdem noch nach den Spielregeln. Mayas Schuh liegt auf dem Tisch. Dafür holen wir uns Pasta, aber eine fehlt!

22:40 Ein langer Tag, ich bin sofort weg. Morgen geht’s nach Hause…

Sonntag, 21.03.2021

06:03 Es wird Zeit nach Hause zu kommen. Wir singen „Auf der Schwäbschen Eisebahne“ und mehr. 

07:35 Wir haben es in den Zug geschafft. Nachdem der Schaffner uns 10 Minuten beim Gepäck-Tetris zugeschaut hat, weist er darauf hin, dass wir nicht alle gemeinsam im Viererabteil sitzen dürfen, sondern im Schachbrettmuster auf den uns zugewiesenen Plätzen. Wir stellen uns noch zweimal dumm, dann geben wir nach und aus 8 von der Reisegruppe Malaka besetzten Plätze werden 16.

Alle sind depressiv, nur Lara ist blau.

10:03 Wir erreichen Milano. Der geplante Zug fährt Corona-bedingt nicht. Wir erkundigen uns nach Ersatz, aber erfahren, dass heute gestreikt wird. Also vielleicht kommt noch ein Zug, das wissen sie zehn Minuten vorher, wenn das Gleis an der Anzeigetafel steht. Vielleicht auch nicht, das kommt ganz drauf an.

10:24 Durch unsere Interrail-App haben wir eine mögliche Verbindung gefunden und sitzen jetzt in einer S-Bahn. Der Schaffner weiß auch nicht weiter.

11:07 Willkommen in Busto Arsizio. Dem Geisterbahnhof, von dem noch nie jemand gehört hat und der sich ideal dazu eignet, umgebracht zu werden. Ich lerne jetzt Italienisch, mein erstes Wort: soppresso = ausgefallen.

Nirgends wäre ich lieber gestrandet als in Busto Arsizio.

 

11:52 Wir sitzen in der gleichen S-Bahn, zurück Richtung Milano. Durch das Kulturweit-Netzwerk organisieren wir uns einen eventuellen Schlafplatz in Mailand.

12:39 GESCHAFFT! Ich hätte nicht gedacht, dass sechs Minuten Umsteigezeit reichen, aber wir befinden uns tatsächlich auf dem Weg in die Schweiz. Unnötigerweise schleppen wir unser Gepäck durch den halben Zug, warum auch nicht.

14:05 Umsteigen in Chiasso, wie schön es hier ist! Die Fahrt durch die Schweiz ist eine richtige Panoramafahrt, wir haben mal wieder mal einen kompletten Waggon eingenommen.

14:12 Lara ruiniert die Überraschung ihres Abschiedsgeschenks für Maya, weil sie ihr ihren Laptop in die Hand drückt, mit geöffneter Seite. Nicht die erste unüberlegte Handlung des Tages.

14:47 Ein Rollstuhlfahrer steigt ein und wir asozialen Kinder haben das Behindertenabteil blockiert. Natürlich packen wir um, aber das dauert… Essensrationen werden aufgeteilt. Lara packt noch unbekannte Kekse und Gummibärchen aus den Tiefen ihres Koffers. Dann schneit es! So schön die schneebedeckten Berge auch sind, ich bin noch nicht bereit fürs kalte Deutschland, jetzt wo ich endlich mal braun bin.

16:30 Unsere Wege trennen sich in Zürich. Hanna und ich fahren nach Stuttgart, Maya nach Berlin und Lara über Bregenz nach Bad Waldsee. Wir müssen unseren Zug kriegen, deshalb ist der Abschied kurz und schmerzlos. Trotzdem würde ich am liebsten noch länger mit den beiden durch die Weltgeschichte fahren, denn so viel gelacht habe ich schon lange nicht mehr. Wer weiß, wann wir uns alle wiedersehen?

Ende des Logbuchs.

Epilog

In Zürich angekommen helfe ich Hanna und Lena beim Umsteigen. Dann kaufen Maya und ich uns eine Brezel, die wir in den 6 Monaten doch sehr vermisst haben. Dann heißt es auch für uns Abschied nehmen. Während die andern ab jetzt durchfahren, schaue ich noch einmal meine 3 verbleibenden Umsteige und meinen Gepäckhaufen an. Egal, Hauptsache nach Hause!

Ein paar Stunden später fahre ich mit der Bregenzer S-Bahn nach Deutschland (danke für diese wunderbare Verbindung liebe DB). Während ich lese, dass Lena schon zuhause ist, sitzt Maya noch im ICE, der erst um 1:30 Uhr in Berlin ankommt. Wir telefonieren zwischendurch, das fehlende Netz in Deutschland und die nicht funktionstüchtigen Steckdosen im ICE um akkuschwache Handys aufzuladen, machen ausführliche Gespräche jedoch schwierig. Allerdings sind die Ergebnisse unseres PCR Testes aus Venedig schon da: alle negativ!

Denn ungekürzten Blog-Log, indem ihr efahrt, wie Lena und Hanna mit zwei Hunden, die sie für ein TIerheim transportiert haben, nach Athen gekommen sind, und was sie dort so erlebt haben, könnt ihr auf Lenas Blog nach lesen: https://lena-in-sitia.blogspot.com/

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Καθαρά Δευτέρα

Καθαρά = sauber; Δευτέρα = Montag, traditioneller Feiertag zum Beginn der 40-tägigen Fastenzeit bis Ostern, (in welcher man auf Fleisch verzichtet) in der griechisch, orthodoxen Kirche, ähnlich wie der Rosenmontag.

Festlich geschmückte Stadt

Dass der Montag ein Feiertag mit nicht ganz so gutem Wetter war, hat uns mehr als gut gepasst. Passend zum „sauberen Montag“ haben wir die ganze Wohnung von oben bis unten durchgeputzt, denn das Ende unsere Zeit in Kalavryta nähert sich mit schnellen Schritten. Schon am Donnerstag fahren wir zurück nach Hause und die neuen Freiwilligen ziehen in unsere kleine Wohnung ein.

Also haben wir am Wochenende noch einmal das gute Wetter genossen und sind durch die Vouraikos- Schlucht gewandert.

Die Schlucht führt von Diakopfto, ein Ort direkt am Golf von Korinth, bis nach Kalavryta. Durch diese führt nicht nur der Vouraikos-Fluss, die Zahnradbahn, die die beiden Städte mit einander verbindet, sondern auch der europäische Fernwanderweg E4, denn in der Schlucht gibt es einige atemberaubende Ausblicke zu genießen.

Durch die Corona-Beschränkungen hatten wir das Naturspektakel fast für uns, da weder die Bahn fährt noch andere Wanderer unterwegs waren. Insgesamt war das verlängerte Wochenende ein wunderbarer Abschluss. Am Montag, nach unserer Putz, Pack und Planorgie, durften wir noch eine griechische Tradition zum Beginn der Fastenzeit kennenlernen. Traditionell lässt man an dem Tag Drachen steigen und isst Lagana (eine Art Fladenbrot) mit Oliven und Antipasti. Wir mussten in der Woche vorher unseren Arbeitskollegen mehrfach versprechen, dass wir am Montag auf jeden Fall Lagana kaufen und es probieren. Dieses Brot bekommt man nämlich nur an diesem einen Tag im Jahr. Und tatsächlich: als wir die Bäckerei betraten war die normalerweise recht üppige Auswahl verschwunden und stattdessen gab es Lagana in allen Ausführungen: Vollkorn, mit Sesam, groß, klein usw.

Fazit: es ist wirklich sehr lecker und da wir ja dass ganze Jahr über auf Fleisch verzichten und nicht nur in der Fastenzeit, finden wir, dass wir das auch ruhig öfter essen können.

Doch nun ist leider schon Mittwoch, Lagana gibt’s nicht mehr in der Bäckerei, gestern hatten wir unseren letzten Arbeitstag, heute unsere letzte griechisch Stunde und morgen geht’s schon wieder nach Hause. Schon komisch wie sechs Monate so kurz sind und gleichzeitig wie eine kleine Ewigkeit wirken.

Lagana

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Sommer im Winter

Seit Anfang November befindet sich Griechenland im harten Lockdown. Vor ein paar Wochen wurde die Strategie des Landes überall gelobt. Das Ende schien allen in Reichweite und auf einmal war es soweit, die Fallzahlen waren nahezu null, die Schulen wurden landesweit geöffnet und sogar der Skicenter in Kalavryta durfte wieder Tickets verkaufen. Während wir noch planten, wann und wie wir Skifahren gehen, war alles wiedervorbei. Die Infektionszahlen stiegen und grade einmal 14 Tage nach den Öffnungen war alles wieder zu.

Passend dazu kann sich auch das Wetter nicht so richtig entscheiden. Hatten wir die Wochen nach Neujahr noch Schnee, so erinnerte das letzte Wochenende mit seinen 21 Grad schon fast an den deutschen Sommer. Die Griechen schauten uns aus ihren Jacken zwar an, als seine wir verrückt nur im T-Shirt rumzulaufen, aber wir genossen das Wetter mit einer ausführlichen Wanderung vorbei am Kloster Agia Lavra bis zum Denkmal der griechischen Revolutionäre gegen die türkischen Unterdrücker.

Kloster Agia Lavra

Das Agia Lavra Kloster spielt eine bedeutende Rolle in der griechischen Geschichte. Seit der Eroberung von Konstantinopel durch das Osmanische Reich im Jahre 1453, forderten immer mehr Griechen Widerstand gegen die Eroberer. Nach mehreren Jahren Planung, beschlossen die griechischen Revolutionäre an drei verschiedenen Orten Revolte zu starten, um Verwirrung unter den Türken zu stiften und somit das Land zu befreien. Die Revolten wurden für den 25. März 1821 geplant. Die osmanischen Behörden entdeckten jedoch die Pläne der Revolutionäre. Einige der Revolutionäre, die sich auf dem Peleponnes befanden, flüchteten zu dem Kloster Agia Lavra, in der Nähe von Kalavryta und beschlossen mit der Erklärung der Revolution fortzufahren.

Am 21. März fand die erste erfolgreiche Operation statt, als 600 Griechen die Türken angriffen, die sich in den drei Türmen von Kalavryta eingeschlossen hatten. Nach fünf Tagen ergaben sich die Feinde schließlich. Dies war der erste bedeutende Sieg im Unabhängigkeitskrieg gegen das Osmanische Reich.

Am 25. März 1821 wurde vom Erzbischof Germanos III von Patras die Revolution ausgerufen, indem der das Banner der Revolution im Kloster Agia Lavra hisste. Dieses Datum markiert den Beginn der Revolution und wird von den Griechen als Unabhängigkeitstag gefeiert.

Auf dem Weg dorthin begegneten wir außer einer ganzen Schafherde, die die Straße für sich beanspruchten, fast niemanden. So genossen wir de Ruhe, das wunderbare Wetter und die atemberaubende Aussicht auf den noch schneebedeckten Gipfel des Chelmos.

Lange konnten sich die T-Shirts allerdings nicht halten, dieses Wochenende hat es schon wieder Minusgrade, den ganzen Sonntag sind dichte Schneeflocken vom Himmel gefallen, die alles weiß gepudert haben und so jeder Gedanke an Sommer verdrängen.

Unser Freiwilligendienst nähert sich in rasenden Schritten dem Ende zu. Dies ist uns erst diese Woche so richtig klar geworden, als uns nach einem Gespräch noch schöne restliche 4 Wochen gewünscht wurden. Auf der einen Seite fühlt es sich an, als wären wir schon seit Ewigkeiten hier, auf der anderen Seite wollten wir noch viel sehen, erleben und besuchen sobald der Lockdown vorbei ist. Es fühlt sich absolut noch nicht nach Ende an. Diese Vorstellungen wichen auf einmal der Realität. Die Rückreise muss geplant werden, die Projekte sollten fertig gestellt werden und auch der Übergang mit den neuen Freiwilligen steht noch in den Sternen. Eigentlich möchte man gar nicht gehen, es kommt einem vor, als hätte man sich gerade erst eingelebt, Kontakte geknüpft und eine gewisse Routine entwickelt. Auch haben die Griechisch-Kurse erst begonnen und jetzt, als man sich endlich an kleinen Alltagsgesprächen beteiligen kann, soll man schon wieder gehen? Auf der anderen Seite ist es schon über 4 Monate her, dass man von zu Hause weggefahren ist, Weihnachten und Silvester haben wir weit weg von zu Hause verbracht, man freut sich auch alle wieder zu sehen. Man freut sich auf die Familie, Freunde, Brötchen und) Brezeln, aber man vermisst jetzt schon den Feta, die neuen Freunde, Orangen, die atemberaubende Landschaft und die Georges.

Eins ist sicher, die letzten Wochen werden wir auf jeden Fall genießen!

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Über den Wolken

Obwohl die  Corona Maßnahmen  in Griechenland verlängert wurden, waren wir diese Woche viel unterwegs: am Donnerstag sind wir zum Styx gefahren. Zwei Studenten von George, dem Professor, mussten irgendwelche Steine für ihre Masterarbeit anschauen und Maya brauchte Fotos vom Styx für ihre Datenbank.

Der Styx ist nämlich nicht nur aus geologischer Sicht ein interessanter Wasserfall, sondern auch ein wichtiges Element in der griechischen Mythologie:

Diese besagt, dass der Fluss Styx in die Unterwelt führt und somit eins der drei Tore in die Unterwelt ist, in der der Gott Hades regiert.

Styx-Wasserfall

Der Fluss wurde nach Styx, der Göttin des Flusses, benannt, die die älteste Tochter von Oceanus und Tethys ist. Styx wird oft als schreckliche Göttin beschrieben, die von den anderen Göttern verachtet wurde, weshalb der Fluss Styx oft auch als Fluss des Hasses bezeichnet wird. Es ist jedoch auch der Fluss der unbrechbaren Eide. Während der letzten Schlacht der Titanen entschied sich Styx dafür, auf der Seite von Zeus und den anderen Göttern des Olymps zu kämpfen. Um Styx für ihre Hilfe zu danken, entschied Zeus, dass die heiligsten Eide bei dem Styx-Gewässer gesprochen werden sollten. Die Botin des Olymps, Iris, ist die einzige Göttin, die das Wasser durchqueren konnte. Wann immer auf dem Olymp ein Eid geleistet werden soll, sandte Zeus Iris, um das Wasser vom Styx in einen Krug aus Pferdehuf (Krüge aus Gold, Silber, Ton, Glas usw. würden durch das Wasser des Styx brechen) zum Olymp zurückzubringen. Die Gottheit, die beim Wasser von Styx schwor, durfte nur die Wahrheit sagen. Die Strafe für das Brechen des Eides ist ein Jahr ohne Ambrosia oder Nektar.

Der Tradition zufolge hatte das Wasser die Kraft, jemanden unverwundbar zu machen. Thetis badete ihren Sohn Achilles im Wasser von Styx, um ihn unsterblich zu machen. Sie hielt ihn an der Ferse fest, was dazu führte, dass er mit Ausnahme seiner Ferse unverwundbar war. Daher kommt auch der Name Achillesferse. Für Menschen soll das Wasser aber giftig sein. Das Wasser also nicht trinken!

So trafen wir uns am Donnerstagmorgen mit dem Ranger Panagotis, George, Penelope und den zwei Studenten Vasilis und Irena am Fuß des Neirodachi. 

Doch bevor es mit dem Aufstieg losging, wurden erstmal griechische Käse- und Spinatblätterteigtaschen verteilt. Nachdem sich alle ausgiebig gestärkt hatten liefen wir los. Zuerst wanderten wir einen bewaldeten aber recht steilen Hang hinauf, bis die Vegetation endete und man nur noch nackten Felsen sehen konnte. Dann ging es weiter über e

inen Kiespfad den Berg hinauf. Während einer Pause, in der sich die Studenten etwas zu den Steinen notierten, konnten wir Vögel beobachten, die nur wenige Meter über uns kreisten.  Der darauffolgende Weg schlängelte sich nun an einer Steilwand entlang, in welche Metallösen und ein Stahlseil eingelassen wurde, welches hier auch dringend benötigt wurde. Zu unserer linken hatten wir einen atemberaubenden Blick in die Schlucht, durch diese sich der Krathis, der Fluss, der vom Styx abgeht, schlängelte. Nach einigen Minuten waren wir hoch genug, um im Schnee zu stehen! Auf dieser Höhe hatte man nicht nur die einmalige Gelegenheit griechischen Schnee zu bestaunen, sondern man stand wortwörtlich in den Wolken. Dies ließ sich daran erkennen, dass die atemberaubende Aussicht alle paar Minuten in dichten Nebel verschwand. So stapften wir noch eine Weile weiter durch den tiefen Schnee den Berg hinauf, bis zum Fuße des Styx Wasserfalls. Dort war es nicht nur windig und neblig, sondern man konnte auch ein paar kleine Lawinen beobachten. All diese Faktoren und der Fakt, dass Panagotis, der Ranger, Hunger hatte (seine Frau hatte an dem Tag Schwein zubereitet und er wollte auf gar keinen Fall zu spät nach Hause kommen), trugen dazu bei, dass wir beschlossen umzukehren. Doch nur weil es bergabging und Panagotis in gefühlter Lichtgeschwindigkeit den Berg hinunterlief, kamen wir nicht schneller voran als beim Aufstieg. Denn wenn man mit Geologen unterwegs ist, erklären sie beim Berg hochklettern nicht nur alle möglichen Theorien , wie der Berg entstanden ist und wie dieser sich weiterentwickelt, sondern packen beim Abstieg den halben Berg ein, um ihn im Labor untersuchen zu können. So saß Panagotis jedes Mal auf einem Stein, während wir George und seinen Studenten dabei zusahen, wie sie jeden Stein zwei Mal umdrehten, mit Hämmern darauf rum klopften und ihn dann in die Jackentaschen oder Rucksäcke steckten. Währenddessen brachten wir Penelope das sehr wichtige deutsche Wort „Doch“ bei, welches sich schon in den darauffolgenden Sekunden als sehr nützlich erweisen sollte. Denn George, der Professor, ist ein lebendes Wikipedia, was es sehr schwer macht mit ihm zu diskutieren. Er kann in einem Moment von Steinen reden und im nächsten Moment erklärt er die Unterschiede verschiedener Affenarten und bei welchen Arten Kannibalismus auftritt. Als er mitbekam, dass wir Penelope deutsch beibringen, konnte er sogar etwas dazu beitragen: „Alles ist Pupsegal“. In diesem Sinne bis nächstes Mal!

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καλά Χριστούγεννα

Frohe Weihnachten euch allen,

Seit dem 13. Dezember ist hier viel passiert, eigentlich hat sich schon am selben Abend einiges getan: Sind am Morgen noch wichtige Würdenträger Griechenlands durch das mit schwarzen Fahnen geschmückte Kalavrtya zur Gedenkstätte gefahren, so hat sich die Stimmung am Abend schlagartig verändert:

Wie aus dem nichts ist die ganze Stadt von Menschen, die Weihnachtsschmuck aufhängen, gefüllt. Denn Kalavryta wird erst nach den Gedenkveranstaltungen weihnachtlich geschmückt. Inzwischen sind die Straßen voller Lichter, auf dem Dorfplatz steht eine Krippe und vor dem Bahnhof wurde sogar ein Weihnachtsbaum aufgestellt.

Chelmos

Obwohl es durch den Lockdown auf den Straßen sehr leer ist, ist die weihnachtliche Stimmung deutlich zu spüren. Getoppt wird das Ganze nur noch durch den Blick auf den 2500 m hohen Chelmos Berg, auf dem schon der erste Schnee liegt. Diesen dürfen wir nächste Woche hoffentlich hautnah erleben, denn George, der Professor hat einen Ausflug geplant und gefragt, ob wir nicht mitkommen möchten.

Bis dahin wünschen wir euch einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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13.12.1943 – Massaker von Kalavryta

Heute ist der 77. Jahrestag des Massakers von Kalavryta. Hier sind die Opfer nicht in Vergessenheit geraten, in Deutschland hört man jedoch nur wenig über die Verbrechen des 13. Dezembers. Anlässlich des 77. Jahrestages, möchten wir in diesem Blogbeitrag mit euch unsere Gedanken zu dem Kriegsverbrechen teilen und erklären, was an diesem Tag vorgefallen ist.

Als 1941 deutsche Soldaten Griechenland brutal eroberten, brachte dies viele Opfer mit sich. Anfangs konnten die Griechen noch Widerstand leisten, nachdem jedoch mehrere Orte erobert wurden, teilten die Sieger (Italien, Deutschland und Bulgarien) Griechenland unter sich auf. Griechische Organisationen, wie die Nationale Befreiungsfront, bildeten sich, um gegen die Wehrmacht vorzugehen. Auch in Kalavryta schlossen sich mehrere Menschen zusammen, um ihr Land von der NS-Führung zu befreien. Die deutschen Soldaten gingen von Kalavryta als Zentrum der Unruhen aus. Um weitere Widerstandshandlungen zu verhindern, ordnete der Kommandeur der 117. Jäger-Division die „Operation Kalavryta“ an. Bereits am darauffolgenden Tag, dem 9. Dezember 1943 begann die Operation. Die Wehrmachtstruppen brannten auf ihrem Weg nach Kalavryta Dörfer und Klöster in der Region nieder und erschossen Zivilisten.

Vier Tage später, am 13. Dezember 1943, erreichten die Soldaten der 117. Jäger-Division ihr Ziel und verhafteten die unbewaffnete Bevölkerung. Die Frauen und Kinder wurden in ein Schulgebäude gedrängt und eingesperrt. Alle Männer und Jungen über 15 Jahren, welche mögliche Widerstandskämpfer sein könnten, wurden auf ein Feld über dem Dorf getrieben. Auf dem Hügel von Kappi wurden 498 Männer und Jungen von den Deutschen mit Maschinengewehren hingerichtet. Nur 13 von ihnen überlebten, weil sie unter den Körpern der Toten versteckt waren.

Währenddessen hörten die Frauen und Kinder die Schüsse, mit denen ihre Männer, Brüder und Väter hingerichtet wurden.

Nachdem die Soldaten alle Wertgegenstände und Lebensmittel auf die Zahnradbahn geladen hatten, zündeten sie die Stadt an, einschließlich des Schulgebäudes. Den Frauen und Kindern gelang es jedoch zu fliehen. Wie sie dem Feuer im Schulgebäude entkommen sind, ist unklar. Eine Theorie besagt, dass ein österreichischer Soldat der 117. Jäger-Division den Frauen dabei half, zu entkommen, bevor die anderen Soldaten mit der Zahnradbahn zurück fuhren.

Statue der Frauen am Platz der Hinrichtung https://theplacesihavebeen.com/site_ao/kalavryta-sacrifice-memorial/

Heute befindet sich auf dem Hügel von Kappi, wo die Männer ermordet wurden,  das Denkmal „der Platz der Hinrichtung“. Oben auf dem Hügel steht ein großes, weißes Kreuz und der Eingang des Denkmals ist von vier Betonwänden umrandet, wo die Namen der Oper eingraviert sind. Außerdem wurde dort eine Skulptur errichtet, welche das Leid der Frauen symbolisiert. Zudem wurde 1992 das Schulgebäude, in welchem die Frauen und Kinder gefangen waren, zu dem Museum des „Holocaust der Stadt Kalavryta“ umgebaut.

Normalerweise findet jedes Jahr, am 13. Dezember ein Trauerzug von dem Stadtzentrum bis zum Denkmal statt. Aufgrund von der Corona-Pandemie, musste dieser jedoch abgesagt werden. Stattdessen wird dazu aufgerufen, auch ohne Trauerzug den Opfern des Massakers zu gedenken.

Lara und ich leben nun schon zwei Monate in Kalavryta. Als wir das erste mal Kalavryta in unserer Stellenbeschreibung lasen, konnten wir zunächst nicht viel damit anfangen. Bei den Griechen ist das anders: obwohl die Stadt mit seinen 2000 Einwohnern recht klein ist, ist er im ganzen Land als Märtyrerort bekannt. Natürlich ging uns anfangs viel durch den Kopf, ob uns die Menschen hier aufgrund unserer Herkunft wohl anders behandeln würden. Bis jetzt können wir aber nur die griechische Gastfreundschaft bestätigen. Wir fühlen uns sehr wohl und werden von allen sehr freundlich und offen behandelt. Vergessen kann man die Ereignisse des 13. Dezembers hier jedoch nicht. Das Kreuz des Denkmals sieht man fast überall von der Stadt aus und auch das Museum des Holocausts in Kalavryta erinnern die Besucher an die Geschehnisse.

Museum des Holocaust der Stadt Kalavryta https://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/kalavryta.html

Wir haben bereits mit einigen Leuten über das Thema geredet. Ein sehr interessantes Gespräch hat sich mit unserem Kollegen George ergeben, nachdem wir zusammen das Kloster Mega Spileo besucht hatten, wo die Wehrmachtstruppen am 9.12.1943 mehrere Mönche umgebracht hatten. Nachdem er merkte, wie sehr uns das Thema als Deutsche bedrückt, meinte er, dass es nicht unsere Schuld sei, dass so viele Menschen durch die Nazis starben. Er habe das Gefühl, dass man stattdessen die Zusammenarbeit unter den jungen Menschen weiterhin fördern sollte. Heute sei es nicht mehr von Bedeutung, ob man aus Deutschland oder Griechenland kommt, ihr seid meine Freunde, wir kommen aus Europa. Trotzdem sollten die Kriegsverbrechen nicht in Vergessenheit geraten. Auch wir müssen daran arbeiten, dass solche Ereignisse in Zukunft verhindert werden.

1961 zahlte die Bundesrepublik an Griechenland 115 Millionen D-Mark als „Wiedergutmachung“. Dieses Geld war an die Opfer der Kriegsverbrechen zu zahlen, viele gingen jedoch leer aus. Über diese Zahlung hinaus verweigert Deutschland Griechenland bis heute weitere Schadensersatzleistungen, da dies weltweit viele ähnliche Forderungen nach sich ziehen könnte. Es gibt bislang unzählige Klagen von Opfern und deren Familien, die von den Folgen der Kriegsverbrechen betroffen sind. 2012 wurde von dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag entschieden, dass die Bundesrepublik nicht vor ausländischen Gerichten für NS-Verbrechen verurteilt werden könne.

Als Geste der Versöhnung besuchte im Jahr 2000  Bundespräsident Johannes Rau Kalavryta. Er legt einen Kranz nieder und sagte: „Ich empfinde hier, an dieser Stätte, tiefe Trauer und Scham.“ Trotz dessen, empfinden viele, vor allem die betroffenen Generationen, dass von deutscher Seite mehr Anerkennung und weitere Entschädigungen kommen müssen.

Wenn man als Deutsche/r an Griechenland denkt, denkt man an Sommerurlaub, Meer und Sonnenschein. Die Kriegsverbrechen der Deutschen in griechischen Städten geraten beim Entspannen am Strand eher in den Hintergrund. Vielen ist oft nicht klar, dass auch die typischen Urlaubsorte wie z.B. Kreta von der tragischen Geschichte betroffen sind. Unter Urlaub stellen wir uns etwas anderes vor.

An dem heutigen Tag möchten wir den Opfern von Kalavryta gedenken und euch dazu aufrufen das die Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten.

 

Das Kreuz des Denkmals

 

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Baby its Covid outside

Obwohl draußen meist strahlender Sonnenschein über den mediterranen Bergen herrscht, fühlt es sich mittlerweile doch sehr weihnachtlich an. Natürlich sind die Temperaturen auf circa 10 Grad gesunken, da die Griechen dies aber als Kälteeinbruch deuten und die Zentralheizungen anschalten, überall Heizstrahler aufstellen und die Winterjacke quasi nicht mehr ablegen, kann man im Büro trotzdem noch gemütlich im T-Shirt sitzen.  Die weihnachtliche Stimmung ist vermutlich mehr dem Lockdown geschuldet, der inzwischen bis zum 14. Dezember verlängert wurde. Zwar können wir nach wie vor dank unserer Bescheinigung zur Arbeit gehen, aber sonst verbringen wir den Großteil der Zeit in unseren vier Wänden.

Das hat natürlich auch Vorteile: man kann alle Weihnachtslieder rauf und runter hören und sich somit ordentlich auf den Keks gehen. Wir haben uns dann allerdings doch (mal wieder) fürs Kekse backen entschieden.  Dank Lebkuchengewürz, das per Post aus Deutschland eingeflogen wurde, konnte es auch schon losgehen. Nun  haben wir Unmengen an Zimtsternen, Butterplätzchen, Linzer-Plätzchen und Lebkuchen.

 

Melomakarona

Inzwischen haben wir aber auch sehr leckeres griechisches Weihnachtsgebäck kennengelernt. Die Lebkuchen und Weihnachtsmänner kann man ja bereits Anfang Oktober in Deutschland kaufen, hier in Kalavryta ist das Weihnachtsgebäck erst im Dezember aufgetaucht. Die Ankunft des besagten Gebäcks wurde uns von George dem Förster freudestrahlenden verkündet und er brachte uns dieses prompt ins Büro mit. Nach einer ausgiebigen Kostprobe können wir vor allem „Melomakarona“, ein Honig-Zimtgebäck, empfehlen.

 

Aber wir haben die Zeit im Lockdown nicht nur zum Plätzchen backen genutzt, sondern auch Weihnachtsdeko und einen WG-Adventskalender gebastelt, sowie an unseren Projekten für den Geopark weitergearbeitet.

Nachdem wir die Broschüren übersetzt hatten, hat jede von uns ein eigenes Projekt bekommen, dass zu den jeweiligen Interessen passt. Ich hatte ursprünglich angegeben, dass ich mich für nachhaltigen Tourismus interessiere. Durch den Lockdown ist der Tourismus jedoch ganz zum Erliegen gekommen. Somit arbeite ich jetzt an einem Nachhaltigkeitslabel für regionale Produkte und Restaurants, die ihre Zutaten aus dem Geopark beziehen. So können wir nicht nur eine umweltfreundliche Herstellung bei den Produzenten fördern, sondern auch mit dem Siegel für die Region und ihre traditionellen Produkte, wie Honig, Pasta, Feta, Oliven und Wein werben. Das Projekt macht mir super viel Spaß, da ich meine eigenen Ideen einbringen kann und mit vielen unterschiedlichen Leuten in Kontakt komme. Letzte Woche hatten wir zum Beispiel ein Skype Meeting mit Sara, die in einem norwegischen Geopark arbeitet. Im Magma-Geopark gibt es ein solches Siegel schon. So konnten wir uns über Erfahrungen, Vorgehensweisen und ähnliches austauschen.

Maya arbeitet an einer Datenbank, in der sie die Ergebnisse ihrer Recherche zu den historischen und kulturellen Hintergründen der Sehenswürdigkeiten im Geopark zusammenträgt. Dies ist sehr interessant, da wir dadurch viele verschiedene Orte besuchen können.

Außerdem haben wir ein Kooperationsprojekt mit den Freiwilligen in Sitia, einem Geopark auf Kreta, geplant. Mal sehen, was sich da noch ergibt. Jetzt müssen wir uns erstmal um unseren Griechisch-Sprachkurs kümmern und überlegen, wie wir Weihnachten verbringen wollen.

Wir wünschen euch eine schöne Adventszeit!

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99 Schokokekse

Am Donnerstag kam die plötzliche Nachricht:  der griechische Premierminister hat einen landesweiten Lockdown bis Ende November angeordnet. Zwar ist Griechenland mit nicht mal 2000 neuen Coronafällen pro Tag weit hinter Deutschland, aber man möchte, auf Grund der Knappheit der Intensivbetten, nichts riskieren. Jetzt müssen wir, bevor wir unsere Wohnung verlassen möchten eine SMS mit dem Grund (einkaufen, Sport, Arztbesuch etc.) an die zuständige Nummer schicken und auf eine Bestätigung warten. Nur für die Arbeit haben wir eine Bescheinigung, die belegt von wann bis wann wir zur Arbeit bzw. auf dem Weg nach Hause sind.  Alle Schulen (außer die Grundschulen und die Kindergärten) sind geschlossen, sowie die Gastronomie. Als wir am Samstag einkaufen waren und über den Dorfplatz zurück gelaufen sind, war alles wie ausgestorben. Sogar die Stühle und Tische der Cafés und Tavernen sind entweder gestapelt oder ganz verschwunden. Somit haben Maya und ich das gesamte Wochenende (bis auf unseren Wocheneinkauf) erstmal in unserer Wohnung verbracht. Ich hatte Zeit zum Schreiben, was gar nicht so schlecht ist. Allerdings riecht es jetzt schon seit geraumer Zeit nach frisch gebackenen Keksen, da Maya sich die Zeit vertreiben wollte. Auch wenn die Musik, die in der Wohnung läuft, mittlerweile die 80er erreicht hat, würde ich unseren mentalen Zustand noch auf ganz gut schätzen, wir haben ja Kekse.

Und so verabschiede ich mich mit „Taaake on meee, take on me“

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Die Griechen sagen Nein und wir treffen einen Esel

Der letzte Blogbeitrag liegt schon etwas zurück…

In der Zwischenzeit sind zwei Wochen vergangen und es ist wieder einiges passiert. Die Zeit vergeht hier wie im Flug und bevor man realisiert hat, dass schon wieder Montag ist, ist die Woche auch schon wieder rum. Wir wohnen jetzt  schon fast seit einem Monat in Griechenland und mir kommt das Ganze immer noch etwas unwirklich vor. Im Nachhinein hätte ich mir nicht vorstellen können, dass meine erste Wohnung im Ausland sein wird. Aber insgesamt schlagen wir uns ganz gut. Der „Putzsamstag“ klappt besser als zuhause und auch kochen, abwaschen etc. stellen keine Hürden dar. Anders verhält es sich z.B. mit dem Strom. So scheint es unsere Nachbarn zumindest nicht wirklich zu stören, dass dieser zwei Mal in der Woche von 8:40 bis ca. 15:00 Uhr, meistens ist es eher 17:00 Uhr, nicht vorhanden ist. Im Gegenteil, bei der Post wird dann halt schon um 8:45 Uhr Feierabend gemacht, da die Systeme ja eh nicht funktionieren. Das ist deshalb etwas kompliziert, weil wir keinen Briefkasten haben und unsere Pakete bei der Post abholen müssen. Dann steht man am nächsten Tag eben wieder 10 min früher auf, nur um zu erfahren, dass das Packet noch in Athen ist. Eine weitere Schwierigkeit stellt auch das Einkaufen dar. Wir haben unsere Fähigkeit, einen Wocheneinkauf zu planen nun zwar perfektioniert (in den ersten zwei Wochen waren wir quasi jeden Tag einkaufen, weil wir immer irgendetwas vergessen hatten), allerdings ist der Gewürzkauf immer noch eine Herausforderung. Wenn man die Buchstaben nicht lesen kann, muss man jedes einzelne Gewürz im Regal mit dem Google-Übersetzter einzeln übersetzten, bis man endlich Thymian gefunden hat. Aber in der nächsten Woche steht man wieder vor dem gleichen Regal , nur dass man diesmal eben Majoran oder Muskatnuss braucht. Wenn man dann bemerkt, dass man sich an keine einzige Übersetzung erinnert und die Suche von Neuem beginnen kann, hinterfragt man schon mal die Funktion des eigenen Hirns.

Auch bei der Arbeit waren die letzten vier Wochen sehr produktiv: die Broschüren sind inzwischen fertig übersetzt. Bevor wir mit unseren Projekten starten meinte Eleni, die Managerin des Verwaltungsbüros, dass wir uns den Park ein bisschen anschauen sollten, damit wir wissen, über was wir eigentlich die ganze Zeit schreiben. Außerdem wäre es nicht schlecht, wenn wir auch die Website übersetzen könnten. Also saßen wir die letzten zwei Wochen abwechselnd entweder im Büro und haben die Website übersetzt, oder in einem Jeep, um die Sehenswürdigkeiten des Parks zu erkunden. So waren wir mit George dem Ranger im Wald von Kalavryta und haben 200 Jahre alte Bäume bestaunt und sind mit George dem Professor auf dem Gipfel des Chelmos (2355m) rumgekraxelt. Hier raubt einem nicht nur die beeindruckende Sicht den Atem, sondern auch der Aufstieg. Denn der Wanderweg entsteht hier erst noch, somit war das Ganze mehr klettern, als laufen. Während wir atemlos die Aussicht bestaunten erzählte uns George begeistert von seinen Infotafelideen, auf denen man nicht nur über die Namen der umliegenden Gipfel, sondern auch über deren Entstehung aufgeklärt werden soll.

Chelmos

Da der Professor über Letzteres aber nur eine Theorie hat, wurden erstmal Proben gesammelt, damit man diese im Labor der Universität Patras  bestätigen kann. Bis der Wanderweg fertig ist, wird es also noch ein bisschen dauern. Allerdings bekamen wir eine spontane Führung durch das Aristarchus-Teleskop, das zweitgrößte Teleskop Europas, welches auf dem Gipfel des Neraidorachi, eine der dunkelsten Regionen Europas, steht. Zufälligerweise lief der diensthabende Ingenieur gerade vorbei und weil George den Professor des Astronomie-Instituts kannte, durften wir das riesige Gerät, welches neben dem Skicenter von Kalavryta steht, bestaunen.

Aristarchus-Teleskop

Auch die Höhle der Seen, welche wir zwei Tage später besuchten war atemberaubend. Diese ist über 2 km lang, enthält insgesamt 13 Seen, 10 verschiedene Fledermausarten und einige imposante Stalagmitformationen.

Höhle der Seen

Höhle der Seen

Eines Dienstags, wir waren gerade dabei die Website zu übersetzten, erfuhren wir, dass wir am Mittwoch frei haben. Aber erstmal von vorne: am 28. Oktober ist der griechische Nationalfeiertag, der Ochi (griechisch für Nein) – Tag. Schon am Dienstag war der Dorfplatz vor der Kirche mit Fahnen und Wimpeln dekoriert, aber auf Grund von Corona fanden keine weiteren Festlichkeiten statt, nur die Cafes waren alle voll besetzt. Man braucht auch nicht auf einen freien Platz warten, denn von George dem Ranger wussten wir, dass die Griechen für ihren Kaffee gut und gerne mal 2-3 Stunden brauchen. Auf diesen kulturellen Unterschied wurden wir aufmerksam, als wir innerhalb von 20 Minuten mit unserem Kaffee fertig waren und George uns entsetzt fragte, warum wir diesen nicht genießen würden. Wir nutzten den Feiertag schlussendlich nicht zum Kaffee trinken, sondern unternahmen einen kleinen Spaziergang in der Nähe von Kalavryta. Dabei trafen wir unseren neuen Freund, den Esel.  Nach einer kurzen Diskussion über den Namen (zur Auswahl stand noch George), tauften wir den Esel schlussendlich Benjamin. Am Abend gingen wir noch mal bei Nikki vorbei, die für den Nationalfeiertag extra geöffnet hatte, um uns zur Feier des Tages eine Runde Loukoumades zu holen. Bei Nikki sind wir inzwischen Stammgäste. Dieser Status hat zwei Vorteile:

  1. man wird von Nikkis Mann mit einem dröhnenden „GUTEN MORRRGEN!“ begrüßt, auch wenn man nur am Laden vorbeiläuft und
  2. wir kriegen inzwischen zwei Mal Loukoumades zum Preis von einem.

Wenn die Entwicklung so weiter geht, brauchen wir keinen Flug zurück nach Deutschland, wir rollen einfach zurück.

Loukoumades

Dieser Plan wurde aber schon am nächsten Tag durchkreuzt, als wir den ganzen Tag mit George dem Ranger durch die Vouraikos-Schlucht wanderten. Die Schlucht enthält nicht nur riesige Felsformationen, sondern auch die engste, aktive Zahnradbahn der Welt. Diese ist seit 1897 in Betrieb und verbindet Kalavryta mit Diakofto.

PS.: Liebe Grüße von Benjamin

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Pommes sind frittierte Sonnenstrahlen

Wir sind jetzt schon seit genau zwei Wochen in Kalavryta, einem kleinen Bergdorf mit fast 2000 Einwohnern, in Griechenland. Dieses kann man in Zeiten von Corona nur mit einem Flug nach Athen, zwei Zügen und einem Taxifahrer namens George erreichen.  Mittlerweile haben wir uns  sehr gut eingelebt und die letzten Tage sind wie im Flug vergangen. Vielleicht erstmal zu uns, wir sind Lara und Maya, unser verbindendes Lieblingshobby ist Essen und wir haben mit der Ausreise Oktober 2020  unseren Freiwilligendienst im Geopark Chelmos-Vouraikos  im Norden des Peloponneses gestartet. Auch wir konnten mit den vielen griechischen Namen erstmal wenig anfangen. Inzwischen wissen wir aber, dass Chelmos die Bergkette und Vouraikos einer der Flüsse sowie dessen Schlucht sind. Auch sonst ist unser Geopark sehr facettenreich, wie wir dank unserer ersten „Aufgabe“, die Flyer des Parks ins Deutsche zu übersetzen, um noch mehr Leute zu erreichen, gelernt haben.

Zum Geopark gehört nicht nur eine Küstenlinie, an der es gefühlt immer 10 Grad wärmer ist, als im 800 Höhenmeter höher liegendem Kalavryta, sondern auch ein Skigebiet, welches in der bis zu 2300 Meter hohen Bergkette liegt. Außer Broschüren in dem für uns extra eingerichteten Büro zu übersetzten, welches eigentlich der Seminarraum neben der Ausstellung zum Geopark ist, in dem  es normalerweise Vorträge, Diskussionen und sonstige Veranstaltungen mit Schülern, Studenten und Besuchern gibt – welches allerdings durch Corona nicht möglich ist- , sind wir auch schon viel mit den Rangern unterwegs gewesen. Dabei durften wir nicht nur die beeindruckende Landschaft bestaunen, sondern haben auch viel über die Entstehung und Geologie des Gebietes von George dem Professor, aber auch über die Tiere, vor allem Vögel, (wir durften zwei Steinadler beobachten) und Bäume von George dem Waldranger lernen. Warum hier alle – inklusive dem Chef des Forstamts – George heißen, wissen wir nicht so genau, aber George der Ranger meinte, dass alle Georges super sind. Diese These bestätigte uns (ein weiterer) George, der Förster des Geoparks, indem er uns Kekse zur Arbeit brachte. Da, wie schon erwähnt, Essen eine unserer Lieblingsbeschäftigungen ist, kam auch das Gespräch mit George dem Waldranger schnell auf die wunderbare griechische Küche. Die Begeisterung seinerseits erhielt zwar recht schnell einen kleinen Dämpfer, als er erfuhr, dass er mit zwei Vegetarierinnen in einem Jeep saß, die beide nicht viel für Gyros, Suvflaki oder Bifteki übrig hatten. Dies hielt ihn aber nicht davon hab, mit uns durch das gesamte Dorf zu fahren, um uns die guten bzw. überteuerten („Stay away“) Supermärkte zu zeigen. Auch zu jeder Taverne gab es einen guten Rat. Schlussendlich endeten wir in der Taverne seines Freundes, dem wird prompt mit „Sie essen aber nur vegetarisch“ vorgestellt wurden.  Darauf folgte ein kurzer, zweifelnder Blick und die Aussage „naja ein bisschen was hätte man schon da, die Auswahl sei halt nicht ganz so groß“. Da wir allerdings Goerge versprachen, auf jeden Fall mal bei seinem Freund zu essen, wurde dies noch am selben Abend in die Tat umgesetzt. Obwohl erneut betont wurde die Auswahl sei nur sehr klein, am Samstag hätte man zwei vegetarische Gerichte mehr (welche wir am folgenden Samstag natürlich auch direkt probierten), hatten wir ein Festessen aus Zuccinibällchen, griechischem Salat, Saganki (frittierter Feta, seht empfehlenswert), griechischem Wein, gefüllten Auberginen, Brot  und Pommes, all das schmeckte so wundervoll, dass man sich wie im Urlaub vorkam. Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle der fantastische Tzaziki, mit dem wir uns in den letzten zwei Wochen so vollgestopft haben, dass wir eine ganze Armee von Vampiren mit einem Atemzug erledigen könnten.

In der Zwischenzeit hatte sich der Fakt, dass wir kein Fleisch oder Fisch essen, schon, wie gefühlt alles, in Lichtgeschwindigkeit im ganzen Dorf verbreitet. So hatte es anfangs die Leute noch überrascht, dass wir ganze 6 Monate hier bleiben, (die durchschnittliche Zeit der meisten Touristen, die von den Bussen oder der Zahnradbahn hier ausgespuckt werden schätze ich auf wenige Stunden), mittlerweile scheint das aber allen bekannt zu sein. Genau wie die Tatsache, dass wir keine Waschmaschine in unserem Apartment haben, allerdings wurde uns beim Einkaufen in dem von George dem Ranger empfohlenen Supermarkt, versichert, dass man sich darum kümmere. Mittlerweile haben wir zum Glück eine Lösung: die liebe und sehr verständnisvolle Frau von der örtlichen Reinigung kümmert sich nun drum. Wie lange es wohl dauern wird, bis diese Nachricht alle erreicht hat? Vermutlich hat es das längst, da gegenüber von unserer Haustür ein kleines Cafe ist, welches anscheinend den Klatsch und Traschtreff überhaupt darstellt (außerdem scheint es auch das Polizeirevier zu sein, da der Dorfsheriff eigentlich immer dort anzutreffen ist, wenn er nicht gerade mit seinem Auto durchs Dorf düst). Da wir mit unserer gesamten Dreckwäsche an eben diesem Cafe vorbei gelaufen sind, wird man die Neuigkeit vermutlich schon bis Athen wissen.

Manchmal ist es aber auch sehr hilfreich, wenn alle Bescheid wissen, so gab uns George, der Förster, aufgrund unserer gemüsereichen Ernährung, den Tipp, dass es Samstags in Kalavryta einen kleinen Markt gäbe, an dem lokale Bauer aus der Region ihr Gemüse und ihr Obst verkaufen. Diesen hatten wir bislang noch nicht entdeckt, da er ein bisschen versteckt ist. Allerdings war es ein hervorragender Hinweis, denn so kamen wir nicht nur in den Genuss frische Feigen zu probieren, sondern konnten die griechischen Sätze, die uns George der Ranger beigebracht hatte, gleich testen und siehe da, wir kamen auf einem einheimischen Markt zurecht.

Wir fanden nicht nur auf dem Markt neue Freunde, die unsere Begeisterung über alles Essbare teilten, sondern auch in einem kleinen niedlichen Laden, an dem wir unter der Woche mehrfach vorbeigelaufen sind, der aber immer geschlossen war. Es stellte sich heraus, dass der Laden von Nikki, der Englischlehrerin der örtlichen Schule, als Hobby am Wochenende betrieben wird. Dort sind wir innerhalb der letzten zwei Wochenenden zu Stammgästen geworden. Denn bei Nikki gibt es nicht nur warme Bubblewaffeln mit Eis, sondern auch Loukoumades, ein typisch griechisches Dessert:  frittierte Teigbällchen, die so ähnlich schmecken wie kleine Donuts. Dazu gibt es eine schier unendliche Auswahl an Schokosoßen, sodass wir jedes Mal aufs Neue Entscheidungsschwierigkeiten haben. Auch hier freut man sich über jedes neue griechische Wort, das wir präsentieren können, und während uns Nikkis Tochter stolz ihre, in der Schule gelernten, deutschen Wörter aufzählt, kommt der Vater der Familie, nicht weniger begeistert, mit seinem selbstgemachten Glühwein „nach griechischer Art“ um die Ecke, welchen man  allerdings eher als Glühschnaps bezeichnen sollte.

Nach diesen zwei doch sehr aufregenden Wochen sitzte ich hier nun an einem Montagabend und habe endlich Zeit gefunden all das aufzuschreiben, Morgen geht’s wieder mit George dem Ranger durch den Park, mal sehen, welche neuen Wörter wir morgen lernen werden.