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Über den Wolken

Obwohl die  Corona Maßnahmen  in Griechenland verlängert wurden, waren wir diese Woche viel unterwegs: am Donnerstag sind wir zum Styx gefahren. Zwei Studenten von George, dem Professor, mussten irgendwelche Steine für ihre Masterarbeit anschauen und Maya brauchte Fotos vom Styx für ihre Datenbank.

Der Styx ist nämlich nicht nur aus geologischer Sicht ein interessanter Wasserfall, sondern auch ein wichtiges Element in der griechischen Mythologie:

Diese besagt, dass der Fluss Styx in die Unterwelt führt und somit eins der drei Tore in die Unterwelt ist, in der der Gott Hades regiert.

Styx-Wasserfall

Der Fluss wurde nach Styx, der Göttin des Flusses, benannt, die die älteste Tochter von Oceanus und Tethys ist. Styx wird oft als schreckliche Göttin beschrieben, die von den anderen Göttern verachtet wurde, weshalb der Fluss Styx oft auch als Fluss des Hasses bezeichnet wird. Es ist jedoch auch der Fluss der unbrechbaren Eide. Während der letzten Schlacht der Titanen entschied sich Styx dafür, auf der Seite von Zeus und den anderen Göttern des Olymps zu kämpfen. Um Styx für ihre Hilfe zu danken, entschied Zeus, dass die heiligsten Eide bei dem Styx-Gewässer gesprochen werden sollten. Die Botin des Olymps, Iris, ist die einzige Göttin, die das Wasser durchqueren konnte. Wann immer auf dem Olymp ein Eid geleistet werden soll, sandte Zeus Iris, um das Wasser vom Styx in einen Krug aus Pferdehuf (Krüge aus Gold, Silber, Ton, Glas usw. würden durch das Wasser des Styx brechen) zum Olymp zurückzubringen. Die Gottheit, die beim Wasser von Styx schwor, durfte nur die Wahrheit sagen. Die Strafe für das Brechen des Eides ist ein Jahr ohne Ambrosia oder Nektar.

Der Tradition zufolge hatte das Wasser die Kraft, jemanden unverwundbar zu machen. Thetis badete ihren Sohn Achilles im Wasser von Styx, um ihn unsterblich zu machen. Sie hielt ihn an der Ferse fest, was dazu führte, dass er mit Ausnahme seiner Ferse unverwundbar war. Daher kommt auch der Name Achillesferse. Für Menschen soll das Wasser aber giftig sein. Das Wasser also nicht trinken!

So trafen wir uns am Donnerstagmorgen mit dem Ranger Panagotis, George, Penelope und den zwei Studenten Vasilis und Irena am Fuß des Neirodachi. 

Doch bevor es mit dem Aufstieg losging, wurden erstmal griechische Käse- und Spinatblätterteigtaschen verteilt. Nachdem sich alle ausgiebig gestärkt hatten liefen wir los. Zuerst wanderten wir einen bewaldeten aber recht steilen Hang hinauf, bis die Vegetation endete und man nur noch nackten Felsen sehen konnte. Dann ging es weiter über e

inen Kiespfad den Berg hinauf. Während einer Pause, in der sich die Studenten etwas zu den Steinen notierten, konnten wir Vögel beobachten, die nur wenige Meter über uns kreisten.  Der darauffolgende Weg schlängelte sich nun an einer Steilwand entlang, in welche Metallösen und ein Stahlseil eingelassen wurde, welches hier auch dringend benötigt wurde. Zu unserer linken hatten wir einen atemberaubenden Blick in die Schlucht, durch diese sich der Krathis, der Fluss, der vom Styx abgeht, schlängelte. Nach einigen Minuten waren wir hoch genug, um im Schnee zu stehen! Auf dieser Höhe hatte man nicht nur die einmalige Gelegenheit griechischen Schnee zu bestaunen, sondern man stand wortwörtlich in den Wolken. Dies ließ sich daran erkennen, dass die atemberaubende Aussicht alle paar Minuten in dichten Nebel verschwand. So stapften wir noch eine Weile weiter durch den tiefen Schnee den Berg hinauf, bis zum Fuße des Styx Wasserfalls. Dort war es nicht nur windig und neblig, sondern man konnte auch ein paar kleine Lawinen beobachten. All diese Faktoren und der Fakt, dass Panagotis, der Ranger, Hunger hatte (seine Frau hatte an dem Tag Schwein zubereitet und er wollte auf gar keinen Fall zu spät nach Hause kommen), trugen dazu bei, dass wir beschlossen umzukehren. Doch nur weil es bergabging und Panagotis in gefühlter Lichtgeschwindigkeit den Berg hinunterlief, kamen wir nicht schneller voran als beim Aufstieg. Denn wenn man mit Geologen unterwegs ist, erklären sie beim Berg hochklettern nicht nur alle möglichen Theorien , wie der Berg entstanden ist und wie dieser sich weiterentwickelt, sondern packen beim Abstieg den halben Berg ein, um ihn im Labor untersuchen zu können. So saß Panagotis jedes Mal auf einem Stein, während wir George und seinen Studenten dabei zusahen, wie sie jeden Stein zwei Mal umdrehten, mit Hämmern darauf rum klopften und ihn dann in die Jackentaschen oder Rucksäcke steckten. Währenddessen brachten wir Penelope das sehr wichtige deutsche Wort „Doch“ bei, welches sich schon in den darauffolgenden Sekunden als sehr nützlich erweisen sollte. Denn George, der Professor, ist ein lebendes Wikipedia, was es sehr schwer macht mit ihm zu diskutieren. Er kann in einem Moment von Steinen reden und im nächsten Moment erklärt er die Unterschiede verschiedener Affenarten und bei welchen Arten Kannibalismus auftritt. Als er mitbekam, dass wir Penelope deutsch beibringen, konnte er sogar etwas dazu beitragen: „Alles ist Pupsegal“. In diesem Sinne bis nächstes Mal!

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13.12.1943 – Massaker von Kalavryta

Heute ist der 77. Jahrestag des Massakers von Kalavryta. Hier sind die Opfer nicht in Vergessenheit geraten, in Deutschland hört man jedoch nur wenig über die Verbrechen des 13. Dezembers. Anlässlich des 77. Jahrestages, möchten wir in diesem Blogbeitrag mit euch unsere Gedanken zu dem Kriegsverbrechen teilen und erklären, was an diesem Tag vorgefallen ist.

Als 1941 deutsche Soldaten Griechenland brutal eroberten, brachte dies viele Opfer mit sich. Anfangs konnten die Griechen noch Widerstand leisten, nachdem jedoch mehrere Orte erobert wurden, teilten die Sieger (Italien, Deutschland und Bulgarien) Griechenland unter sich auf. Griechische Organisationen, wie die Nationale Befreiungsfront, bildeten sich, um gegen die Wehrmacht vorzugehen. Auch in Kalavryta schlossen sich mehrere Menschen zusammen, um ihr Land von der NS-Führung zu befreien. Die deutschen Soldaten gingen von Kalavryta als Zentrum der Unruhen aus. Um weitere Widerstandshandlungen zu verhindern, ordnete der Kommandeur der 117. Jäger-Division die „Operation Kalavryta“ an. Bereits am darauffolgenden Tag, dem 9. Dezember 1943 begann die Operation. Die Wehrmachtstruppen brannten auf ihrem Weg nach Kalavryta Dörfer und Klöster in der Region nieder und erschossen Zivilisten.

Vier Tage später, am 13. Dezember 1943, erreichten die Soldaten der 117. Jäger-Division ihr Ziel und verhafteten die unbewaffnete Bevölkerung. Die Frauen und Kinder wurden in ein Schulgebäude gedrängt und eingesperrt. Alle Männer und Jungen über 15 Jahren, welche mögliche Widerstandskämpfer sein könnten, wurden auf ein Feld über dem Dorf getrieben. Auf dem Hügel von Kappi wurden 498 Männer und Jungen von den Deutschen mit Maschinengewehren hingerichtet. Nur 13 von ihnen überlebten, weil sie unter den Körpern der Toten versteckt waren.

Währenddessen hörten die Frauen und Kinder die Schüsse, mit denen ihre Männer, Brüder und Väter hingerichtet wurden.

Nachdem die Soldaten alle Wertgegenstände und Lebensmittel auf die Zahnradbahn geladen hatten, zündeten sie die Stadt an, einschließlich des Schulgebäudes. Den Frauen und Kindern gelang es jedoch zu fliehen. Wie sie dem Feuer im Schulgebäude entkommen sind, ist unklar. Eine Theorie besagt, dass ein österreichischer Soldat der 117. Jäger-Division den Frauen dabei half, zu entkommen, bevor die anderen Soldaten mit der Zahnradbahn zurück fuhren.

Statue der Frauen am Platz der Hinrichtung https://theplacesihavebeen.com/site_ao/kalavryta-sacrifice-memorial/

Heute befindet sich auf dem Hügel von Kappi, wo die Männer ermordet wurden,  das Denkmal „der Platz der Hinrichtung“. Oben auf dem Hügel steht ein großes, weißes Kreuz und der Eingang des Denkmals ist von vier Betonwänden umrandet, wo die Namen der Oper eingraviert sind. Außerdem wurde dort eine Skulptur errichtet, welche das Leid der Frauen symbolisiert. Zudem wurde 1992 das Schulgebäude, in welchem die Frauen und Kinder gefangen waren, zu dem Museum des „Holocaust der Stadt Kalavryta“ umgebaut.

Normalerweise findet jedes Jahr, am 13. Dezember ein Trauerzug von dem Stadtzentrum bis zum Denkmal statt. Aufgrund von der Corona-Pandemie, musste dieser jedoch abgesagt werden. Stattdessen wird dazu aufgerufen, auch ohne Trauerzug den Opfern des Massakers zu gedenken.

Lara und ich leben nun schon zwei Monate in Kalavryta. Als wir das erste mal Kalavryta in unserer Stellenbeschreibung lasen, konnten wir zunächst nicht viel damit anfangen. Bei den Griechen ist das anders: obwohl die Stadt mit seinen 2000 Einwohnern recht klein ist, ist er im ganzen Land als Märtyrerort bekannt. Natürlich ging uns anfangs viel durch den Kopf, ob uns die Menschen hier aufgrund unserer Herkunft wohl anders behandeln würden. Bis jetzt können wir aber nur die griechische Gastfreundschaft bestätigen. Wir fühlen uns sehr wohl und werden von allen sehr freundlich und offen behandelt. Vergessen kann man die Ereignisse des 13. Dezembers hier jedoch nicht. Das Kreuz des Denkmals sieht man fast überall von der Stadt aus und auch das Museum des Holocausts in Kalavryta erinnern die Besucher an die Geschehnisse.

Museum des Holocaust der Stadt Kalavryta https://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/kalavryta.html

Wir haben bereits mit einigen Leuten über das Thema geredet. Ein sehr interessantes Gespräch hat sich mit unserem Kollegen George ergeben, nachdem wir zusammen das Kloster Mega Spileo besucht hatten, wo die Wehrmachtstruppen am 9.12.1943 mehrere Mönche umgebracht hatten. Nachdem er merkte, wie sehr uns das Thema als Deutsche bedrückt, meinte er, dass es nicht unsere Schuld sei, dass so viele Menschen durch die Nazis starben. Er habe das Gefühl, dass man stattdessen die Zusammenarbeit unter den jungen Menschen weiterhin fördern sollte. Heute sei es nicht mehr von Bedeutung, ob man aus Deutschland oder Griechenland kommt, ihr seid meine Freunde, wir kommen aus Europa. Trotzdem sollten die Kriegsverbrechen nicht in Vergessenheit geraten. Auch wir müssen daran arbeiten, dass solche Ereignisse in Zukunft verhindert werden.

1961 zahlte die Bundesrepublik an Griechenland 115 Millionen D-Mark als „Wiedergutmachung“. Dieses Geld war an die Opfer der Kriegsverbrechen zu zahlen, viele gingen jedoch leer aus. Über diese Zahlung hinaus verweigert Deutschland Griechenland bis heute weitere Schadensersatzleistungen, da dies weltweit viele ähnliche Forderungen nach sich ziehen könnte. Es gibt bislang unzählige Klagen von Opfern und deren Familien, die von den Folgen der Kriegsverbrechen betroffen sind. 2012 wurde von dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag entschieden, dass die Bundesrepublik nicht vor ausländischen Gerichten für NS-Verbrechen verurteilt werden könne.

Als Geste der Versöhnung besuchte im Jahr 2000  Bundespräsident Johannes Rau Kalavryta. Er legt einen Kranz nieder und sagte: „Ich empfinde hier, an dieser Stätte, tiefe Trauer und Scham.“ Trotz dessen, empfinden viele, vor allem die betroffenen Generationen, dass von deutscher Seite mehr Anerkennung und weitere Entschädigungen kommen müssen.

Wenn man als Deutsche/r an Griechenland denkt, denkt man an Sommerurlaub, Meer und Sonnenschein. Die Kriegsverbrechen der Deutschen in griechischen Städten geraten beim Entspannen am Strand eher in den Hintergrund. Vielen ist oft nicht klar, dass auch die typischen Urlaubsorte wie z.B. Kreta von der tragischen Geschichte betroffen sind. Unter Urlaub stellen wir uns etwas anderes vor.

An dem heutigen Tag möchten wir den Opfern von Kalavryta gedenken und euch dazu aufrufen das die Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten.

 

Das Kreuz des Denkmals

 

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Baby its Covid outside

Obwohl draußen meist strahlender Sonnenschein über den mediterranen Bergen herrscht, fühlt es sich mittlerweile doch sehr weihnachtlich an. Natürlich sind die Temperaturen auf circa 10 Grad gesunken, da die Griechen dies aber als Kälteeinbruch deuten und die Zentralheizungen anschalten, überall Heizstrahler aufstellen und die Winterjacke quasi nicht mehr ablegen, kann man im Büro trotzdem noch gemütlich im T-Shirt sitzen.  Die weihnachtliche Stimmung ist vermutlich mehr dem Lockdown geschuldet, der inzwischen bis zum 14. Dezember verlängert wurde. Zwar können wir nach wie vor dank unserer Bescheinigung zur Arbeit gehen, aber sonst verbringen wir den Großteil der Zeit in unseren vier Wänden.

Das hat natürlich auch Vorteile: man kann alle Weihnachtslieder rauf und runter hören und sich somit ordentlich auf den Keks gehen. Wir haben uns dann allerdings doch (mal wieder) fürs Kekse backen entschieden.  Dank Lebkuchengewürz, das per Post aus Deutschland eingeflogen wurde, konnte es auch schon losgehen. Nun  haben wir Unmengen an Zimtsternen, Butterplätzchen, Linzer-Plätzchen und Lebkuchen.

 

Melomakarona

Inzwischen haben wir aber auch sehr leckeres griechisches Weihnachtsgebäck kennengelernt. Die Lebkuchen und Weihnachtsmänner kann man ja bereits Anfang Oktober in Deutschland kaufen, hier in Kalavryta ist das Weihnachtsgebäck erst im Dezember aufgetaucht. Die Ankunft des besagten Gebäcks wurde uns von George dem Förster freudestrahlenden verkündet und er brachte uns dieses prompt ins Büro mit. Nach einer ausgiebigen Kostprobe können wir vor allem „Melomakarona“, ein Honig-Zimtgebäck, empfehlen.

 

Aber wir haben die Zeit im Lockdown nicht nur zum Plätzchen backen genutzt, sondern auch Weihnachtsdeko und einen WG-Adventskalender gebastelt, sowie an unseren Projekten für den Geopark weitergearbeitet.

Nachdem wir die Broschüren übersetzt hatten, hat jede von uns ein eigenes Projekt bekommen, dass zu den jeweiligen Interessen passt. Ich hatte ursprünglich angegeben, dass ich mich für nachhaltigen Tourismus interessiere. Durch den Lockdown ist der Tourismus jedoch ganz zum Erliegen gekommen. Somit arbeite ich jetzt an einem Nachhaltigkeitslabel für regionale Produkte und Restaurants, die ihre Zutaten aus dem Geopark beziehen. So können wir nicht nur eine umweltfreundliche Herstellung bei den Produzenten fördern, sondern auch mit dem Siegel für die Region und ihre traditionellen Produkte, wie Honig, Pasta, Feta, Oliven und Wein werben. Das Projekt macht mir super viel Spaß, da ich meine eigenen Ideen einbringen kann und mit vielen unterschiedlichen Leuten in Kontakt komme. Letzte Woche hatten wir zum Beispiel ein Skype Meeting mit Sara, die in einem norwegischen Geopark arbeitet. Im Magma-Geopark gibt es ein solches Siegel schon. So konnten wir uns über Erfahrungen, Vorgehensweisen und ähnliches austauschen.

Maya arbeitet an einer Datenbank, in der sie die Ergebnisse ihrer Recherche zu den historischen und kulturellen Hintergründen der Sehenswürdigkeiten im Geopark zusammenträgt. Dies ist sehr interessant, da wir dadurch viele verschiedene Orte besuchen können.

Außerdem haben wir ein Kooperationsprojekt mit den Freiwilligen in Sitia, einem Geopark auf Kreta, geplant. Mal sehen, was sich da noch ergibt. Jetzt müssen wir uns erstmal um unseren Griechisch-Sprachkurs kümmern und überlegen, wie wir Weihnachten verbringen wollen.

Wir wünschen euch eine schöne Adventszeit!