Diá de los muertos und fast echte Trikots

 

 

Meine erste richtige Reise führte mich Ende Oktober nach Guadalajara, wo ich mich mit Niklas, einem anderen Freiwilligen, treffen wollte. Mein Flug ging vom Provinzflughafen Pueblas aus. Als ich am Nachmittag mit einer für Mexiko noch akzeptablen Verspätung von einer Stunde endlich ankam, musste ich erst einmal in die Stadt kommen. Einen Bus direkt vom Flughafen gab es nicht und ein Taxi wollte ich mir nicht leisten. Auf Google Maps konnte ich dann doch einen Bus finden, der in meine Richtung fuhr und so lief ich 20 Minuten an einem Highway entlang, um den besagten Bus zu erreichen. Da die meisten Busse hier keine Haltestellen haben, fragte ich mich durch und saß dann tatsächlich in einem mindestens 40 Jahre alten Bus in Richtung Zentrum. Im Hostel angekommen, trafen wir uns mit Carlota und Lena, zwei der anderen Freiwilligen, die in Guadalajara wohnen, und machten eine kleine Sightseeing Tour durch die Stadt. Eine Stadt mit einer jüngeren Geschichte, die man vielleicht aus der Serie Narcos-Mexiko kennt. 

Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum größten Indoor-Markt Lateinamerikas, denn wir hatten die Mission ein Mexiko Trikot für die kommende WM zu kaufen.  Anders als gedacht war dieser alles andere als eine Touristenattraktion und so waren wir die einzigen „güeros“, wie die Mexikaner Europäer liebevoll nennen, auf dem gesamten Markt. Also ließen wir uns durch die engen Gassen des Markts treiben, in dem man wirklich alles kaufen konnte, und ließen das alles erstmal auf uns wirken.

Nachdem wir im dritten Stock einen Marktstand gefunden hatten, welcher Trikots in akzeptabler Qualität verkaufte und uns eine Verhandlungstaktik zurechtgelegt hatten, gingen wir hin. Nach einigem Verhandeln einigten wir uns schließlich auf einen Preis, der uns fair erschien. Dem Lächeln des Verkäufers nach zu urteilen, hatten wir beide ein gutes Geschäft gemacht. Allmählich genug von dem Trubel, machten wir uns zurück zum Hostel auf. Später am Nachmittag erreichten wir einen kleinen Busbahnhof von Guadalajara und stiegen in einen Bus in Richtung Tequila. Ich denke mal allen ist dieses aus Agavensaft bestehende, hochprozentige Getränk geläufig, welches ursprünglich aus diesem kleinen Dorf nordwestlich von Guadalajara stammt. Uns erwartete ein sehr ruhiger Ort, welcher zwar tagsüber von Touristen überschwemmt wurde, jedoch am Abend zu einem sehr beschaulichen und typisch mexikanischen Dorf wurde. Also aßen wir zu Abend ein paar Street Tacos und kauften uns an einem der vielen Stände meinen ersten Michelada hier in Mexiko. Micheladas sind Mixgetränke aus Bier, Tomatensaft, Chilipulver und Maggi. Die meisten Mexikaner trinken dieses Getränk, welches jeder deutsche Bierliebhaber wohl als Todsünde bezeichnen würde, erstaunlich gerne. Ich konnte mich leider bis heute nicht an diesen Geschmack gewöhnen und so endete unser Abend erfolgreich und mit einem halb ausgetrunken Tonkrug voller bester deutscher Küchenkultur.

 

Am nächsten Morgen standen wir früh auf und bestiegen einen Berg, der in der Nähe des Dorfes lag. Von dort aus hatte man einen sehr guten Ausblick über die gesamte Landschaft. In der Mittagssonne wurde es dann unerträglich heiß und so kühlten wir uns bei einer kalten Cola, die hier wirklich deutlich besser schmeckt als in Deutschland, ab. Am Nachmittag machten wir eine Tour durch die Destillerie von Jose Cuervo, eine der ältesten und größten Brennereien der ganzen Welt. Als uns die Leute bei der Buchung fragten, ob wir die englische oder die spanische Tour nehmen wollten, entschieden wir uns für Spanisch. So erlebten wir eine wirklich originale Tour durch die Fabrik mit einigen älteren mexikanischen Herrschaften, die wohl vorher schon etwas getankt hatten und um keinen noch so absurden Witz verlegen waren. Das anschließende Tequila-Tasting war wohl das Highlight unseres kleinen Ausflugs in dieses Dorf.

Wieder in Guadalajara angekommen, konnte man den bevorstehenden Tag der Toten in den Straßen kaum übersehen. An diesem Tag, glauben manche, kommen die Toten in der Nacht zu ihren Liebsten und feiern schlichtweg eine große Party. Auch wenn nicht alle hier wirklich daran glauben, so hingen doch überall kleine Wimpel, die mit typischen Motiven verziert wurden. An manchen Straßenecken und in fast jedem kleinen Geschäft stand eine sogenannte „ofrenda“. In diesen kleinen oder manchmal auch recht großen Schreinen stellen die Mexikaner ein Foto der verstorbenen Person auf und platzieren noch einen Gegenstand daneben, den der Verstorbene gerne mochte. Dieser Brauch stammt noch von den alten Hochkulturen und hat durch Filme wie Coco und den James Bond Film Spectre auch international Bekanntheit erlangt. Da es ein Fest im Kreis der Familie ist bekam man am Abend relativ wenig davon mit und so gingen wir in einem Restaurant eine lokale Spezialität namens „Carne en su jugo“ essen und ließen unsere Reise entspannt bei einem Bier und einem Gläschen Tequila ausklingen. 

Am nächsten Tag kam ich wieder in dem deutlich kühleren und ruhigeren Puebla an.

Im Taxi zurück in meine Wohnung hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, nach Hause zu kommen.

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