Bishkekchanka

In absolut willkürlicher Reihenfolge ein paar Eigenheiten und Besonderheiten über Bischkek, die ich während meines fast 6-monatigen Aufenthalts hier beobachtet habe. Nicht alle sind klar positiv oder negativ, insgesamt jedoch LIEBE ich diese Stadt mit all ihren Macken und schönen Seiten, den wundervollen Menschen, die ich kennenlernen durfte, ihre Parks, Restaurants, Bars, Hinterhofspielplätze , Kontraste, das Schöne, Hässliche, Alte, Neue, Liebenswerte. Ich finde, dass jede STadt ihre ganz eigene Anmosphäre hat, die von Bischkek lässt sich nur schwer in Worte fassen, aber hier ist trotzdem mal ein Versuch.
Bischkek, wir werden uns wiedersehen!

 

  1. Nimm keine schwarzen Schuhe mit, wenn du hierher kommst! Definitv ein Fehler, dank dem ich mindestens einmal täglich meine Schuhe putzen müsste, was ich aber manchmal vernachlässigt habe.
  2. Das Schuh-Putz-Problem resultiert daher, dass es hier nicht überall asphaltierte/gepflasterte Bürgersteige gibt. Und sowieso hat jedes Grundstück andere Steine, wenn es denn nicht nur Schotter ist, zwischen den verschiedenen Straßenbelegen liegen gerne mal Schwellen oder Stufen. Aufs Handy gucken, während man die Straße entlangläuft kann ich nicht empfehlen, aus eigener Erfahrung.
  3. Trittsicherheit der Kirgisinnen: mit meterhohen High-Heels und Pfennigabsätzen schweben sie über die vorher beschriebenen Unebenheiten. Ich habe höchsten Respekt davor als jemand, die schon mit normalen Schuhen umgeknickt ist.
  4. Kontraste: Kleine russische Häuschen im Stadtzentrum neben neuen, immer beige-farbenenen mediterran angehauchten Stadtvilla-Hochhäusern neben grauer/weißer kolossaler Sowjetarchitektur.
  5. Hunde und Katzen: Tierliebe wäre nicht unbedingt das erste Wort, das mir zu Kirgisistan einfallen würde, der Umgang mit Tieren ist eher nutzenorientiert. Es gibt viele viele Straßenhunde und -katzen, nach denen manchmal (ich nehme mal an, wenn jemand einen schlechten Tag hat) auch mal getreten wird. Bleibt man stehen, um die bemitleidenswerten Hunde anzuschauen, wird man selber mit undefinierbaren Blicken gemustert.
  6. Für Babuschkas (und eigentlich auch Deduschkas) steht man IMMER auf im Bus oder in der Marschrutka. IMMER!
  7. Im Winter werden selten die Gehsteige geräumt, daher besteht nach dem Schneefall immer akute Glätte- und Ausrutschgefahr. Bis jetzt habe ich mich ungefähr 4 Mal komplett hingelegt und unzählige Male bin ich wild mit den Armen rudernd ausgerutscht. Verleiht dem morgendlichen und abendlichen Weg von und zur Arbeit eine gewissen Spannung haha.
  8. Nur ein Wort: Verkehrschaos
  9. Vom Auto- und Trolleybusgehupe aufwachen. Wer braucht schon Wecker?
  10. Mit einem Zimmer an einer der Hauptverkehrsachsen des Stadtzentrums lernt man schnell, wann die besten Zeiten zum Lüften sind: Sonntagsmorgens. Ansonsten liegt auch mal schnell ein herrlicher Abgasgeruch im Zimmer. Auch sonst so ist man jedesmal wieder, wenn man von woanders in die Stadt zurückkommt, überwältigt vom Smog. Tatsächlich ist Bischkek ziemlich ’smoggy‘, was das Äquivalent in Zigarettenschachteln zu der Luft hier ist, möchte ich gar nicht so genau wissen. Die Idee Joggen zu gehen habe ich sehr schnell verworfen. Beim Skifahren in Chunkurchak konnte man die Smogwolken über der Stadt immer ‚bewundern‘.
  11. Obwohl es hier keinerlei Mülltrennung gibt, wird doch vieles recycelt: Plastikflaschen finden sich auf den Basaren wieder, in denen dann Butter, Honig, Kompot oder frisch gepresster Granatapfelsaft (so unwahrscheinlich lecker) verkauft werden. Die eben schon erwähnten Skigebiete ‚recyclen‘ die alten Skilifte aus Europa (bis jetzt gesehen: aus österreichischen und französischen Skigebieten), wobei ich mich bis heute frage, wie genau die riesigen Masten ihren Weg hierher gefunden haben. Mülltüten braucht man keine kaufen, da man immer alles in mehreren Plastiktüten eingepackt bekommt und deswegen unzählige Plastiktüten aufbewahren darf (wobei das hier echt exterm Problem ist, selbst mit einer mitgebrachten Tüte muss man meist betonen, dass man keine Tüte braucht).
  12. Osch-Basar-Liebe: Frisches Obst und Gemüse,Tee, Strumpfhosen, Kleidung, Souveniers, Bettzeug, Haushaltskram, alles was man braucht oder auch nicht findet man hier. Anders als die anderen Basare in Bischkek ist es keine Überseecontainer-Ansammlung. Teilweise wahnsinnig nette, neugierige oder teilweise auch sehr desinteressierte Verkäufer, Männer mit vollbeladenen Karren, verbal angehupt werden, wenn man im Weg läuft. Immer trubelig, immer lebendig.
  13. Internationalität: Eine große und vielfältige Expat-Community existiert in Bischkek, genauso groß und vielfältig wie Bischkek eben ist, eine kleine Aufzählung aller mir in Form von Personen begegneten Nationalitäten/Länder (wahrscheinlich politisch unkorrekt bezeichnet) : Türkei, USA, Kanada, Südkorea, Schweiz, Frankreich, Südafrika, Marroko, Afghanistan, Syrien, Russland, Niederlande und natürlich nicht zu vergessen: die vielen Deutschen! 😉

Noch mehr Bischkek-Impressionen, nicht chronologisch oder irgendwie anders verknüpft:

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Es weihnachtete sehr in Bischkek – С Новым годом!

Auch wenn ich über die Weihnachtsfeiertage nach Hause geflogen bin, war die Vorweihnachtszeit trotzdem sehr schön, wenn auch deutlich kürzer als in Deutschland. Aber das muss ja nichts schlechtes sein, wenn nicht schon ab September die Lebkuchen im Supermarkt auftauchen und man ab Oktober mit „Last Christmas“ beschallt wird.

Meine Weihnachtsstimmung wurde Anfang Dezember mit dem Weihnachtsmarkt, organisiert von der deutschen Botschaft in Bischkek, so richtig gegenwärtig. Ich hatte mich bereit erklärt an dem Tag zu helfen und die Kinder-Bastelecke zu unterstützen. Dabei habe ich wichtige russische Worte lernen können wie „Schere“, „Kleber“, „Schneeflocke“, „Schneemann“, „Tannenzapfen“ etc. Neben ständig eingeforderter Aufmerksamkeit „Смотри!!“ (Guck mal!!), wenn wieder ein Kunstwerk fertig war und der Sorge, dass sich irgendwer am Tisch festklebt, konnte ich den Tag auf jeden Fall auch genießen. Regelmäßig mit Glühwein und Essen von Freunden versorgt zu werden hatte schon was und die Kinder waren natürlich auch alle lieb und zuckersüß!

Hier ein paar Impressionen:

 

Nach und nach tauchten auch immer mehr Tannenbäume, geschmückte Häuser und Straßen auf, die ‚offizielle‘ Straßenbeleuchtung wurde angebracht und die großen Plätze ebenfalls mit Lichern und Tannenbäumen geschmückt – aber nicht für Weihnachten! Sondern für Neujahr / Silvester, welches hier das große Fest statt Weihnachten ist. Also strenggenommen alles gar keine Weihnachtsdekorationen.

Ich habe es mir aber nicht nehmen lassen einen minimalistischen Adventskranz für meine WG aufzustellen und habe auch einen Adventskalender gebastelt. Die Fragen nach 24 verschiedenen Arten Konfekt mit Schokolade und Waffel im Süßigkeitenladen war für die Verkäuferin ein wenig irritierend haha.

In meiner WG haben wir auch eine Weihnachtsparty organisiert, unter dem Motto „Make Christmas Great Again!“. Es gab Hot Apple Cider, Glühwein und es wurde getanzt, bis der Kronleuchter des Nachbarn unter uns gewackelt hat 😀

Natürlich gab es vor allem bei deutschen Organisationen diverse Weihnachtsfeiern. So wurde ich auch zur Weihnachtsfeier des deutschen Lehrstuhl an der Kirgisischen Technischen Universität eingeladen. Als ich kurz vor Beginn am eigentlichen Lehrerzimmer ankam, fand ich dort nur zwei Lehrkräfte, die ein typisch kirgisisches Riesenbuffet aufbauten und wurde von ihnen zur großen Aula geschickt. Dort fand die Weihnachtsfeier statt: Rappelvoll mit Studenten und wichtigen Gästen, u.a. der neuen deutschen Botschafterin in Bishkek. Fast zu spät und natürlich mal wieder spektakulär underdressed im Vergleich vor allem zu den Lehrkräften und StudentInnen, wurde mir zu meiner Überraschung sogar ein Platz in der ersten Reihe zugewiesen! Die Weihnachtsfeier wurde in kürzester Zeit von den Studenten auf die Beine gestellt, die verschiedenen Deutschgruppen präsentierten Sketche und kleine Theaterstücke oder Lieder rund um Weihnachten. Wahrscheinlich werde ich nie wieder klassisch deutsche Weihnachtslieder wie ‚Stille Nacht, heilige Nacht‘ so frei interpretiert hören wie an diesem Abend ;). Außerdem wurde auch viel getanzt, von klassischen kirgisischen Tänzen bis zu einer Choreografie zum Weihnachtssong von Sido war alles dabei. Leider sind die Videodateien zu groß für den Uploader hier 🙁 Aber ein paar Fotos habe ich trotzdem:

Nach Weihnachten ging es für mich recht schnell wieder zurück nach Bischkek, denn bei dem wichtigsten Fest Neujahr ( Новый Год )  wollte ich natürlich gerne wieder vor Ort sein. Auch wenn es keine rauschende Partynacht war, war die Atmosphäre insgesamt deutlich feierlicher als Silvester in Deutschland.

Hier sieht man die Dekorationen am zentralen Ala-Too-Platz:

Dort gab es dann um Mitternacht ein Feuerwerk und vorher verschiedene Konzerte. Meine China-Wunderkerzen vom Osch Basar waren allerdings weniger beeindruckend als das große Feuerwerk 😀 Garantiert nicht TÜV-geprüft.