Von dem Straßenkreuz Accra Circle bahnt man sich den Weg an Obst- und Keleweleständen vorbei. Eingezwengt zwischen zwei weiteren Shops liegt der Accra Circle Book Store. Der Eingang ist mit einem Schultisch versperrt. Dahinter stapeln sich Bücher, sie stehen auf dem Boden, einige warten in Regalen. Inmitten von ihnen sitzt Kofi Otchere . Er sagt, seine Liebe zu Büchern hat ihn zu diesem Laden gebracht, doch inzwischen liest er nur noch eines: Die Bibel.
Innen ist es ruhig und durch den Ventilatoren angenehm kühl. Wenn man auf die Straße schaut, muss man kurz blinzeln, so hell ist es. Ständig laufen Menschen vorbei, die Otchere kurz zuwinken. Im Viertel ist er bekannt. Dabei wurde er gar nicht in Accra geboren, sondern in eine, Dorf in der Eastern Region. Damals habe es noch kein Fernsehen gegeben, berichtet er. Stattdessen hat er lieber gelesen. Mit den Händen deutet er einen Stapel an, der ihm bis zum Hals reicht. „Fernsehen im Kopf.“, erinnert er sich sehnsüchtig. Am liebsten waren ihm Detektivromane, zum Beispiel von Agatha Christie. Über das Lesen habe er Englisch gelernt. William Shakespeakre, Orthello, alles ist ihm ein Begriff. „Wenn man liest, lernt man die Charaketere kennen.“, erklärt er. Menschen könne er so schon nach wenigen Minuten einschätzen. Nach der Schule ging es für ihn zu einem Lehramtsstudium. Als er mit dem Gehalt irgendwann nicht mehr seine Familie ernähren konnte, sattelte er um, errichtete den Laden.
Er den Charme eines Kunstvorbereitungsraums. Hinten an der Wand hängt eine alte Uhr. Ansonsten kleben überall im Geschäft Zettel an den Regalen mit Aufschriften wie confess the lord everyday.
Bevor ich reinkomme, beugt sich Otchere über einen ordentlich beschriebenen Notizblock. Es sind seine eigenen Gedanken – zu den Geschichten der Bibels. „When you are reading, God speaks to you.“, sagt er. Vor etwa zwanzig Jahren hat er beschlossen, dass nur noch die Bibel wirklich zu ihm spricht. Einen besonderen Auslöser gab es nicht. „At this age you should be aiming at going to heaven.“, meint er. So habe jedes Alter seine Aufgaben. Mittlerweile verkauft er fast nur noch Schulbücher, zu seinem Sortiment hat er außerdem Hefte und Druckerpatronen hinzugefügt. Laut Otchere liegt das an den Smartphones und Fernsehern, er bedauert es.
Zwischendrin klingelt auch das Telefon, Otchere nimmt ab. Den Laden lässt er ruhig angehen, ab und zu fährt er bei den Verlagshäusern vorbei und holt neue Exemplare Schulbücher ab. Den Rest der Zeit sitzt er zusammengesunken im Halbschatten, auf dem Klapptisch die Bibel liegend.
Schöne Geschichte, die einen trefflichen Eindruck in die Alltagswelt in Accra ermöglicht. Sympathischer Mensch, auch wenn seine religiösen Neigungen heute in Mitteleuropa kaum noch verstanden oder geteilt werden dürften.
Insgesamt entsteht ein wenig der Eindruck ,dass in Ghana das Hier und Jetzt die wichtigsten Ereignisse sind. Was im Rest der Welt geschieht, ist offenbar in weiter Ferne, Das ist aus ihrer Sicht auch verständlich.