,,Wie ist São Paulo?´´ Die Frage kriege ich ziemlich oft gestellt, sowohl von Leuten die noch nie da waren, als auch von Altbekannten der Weltmetropole. Die Frage erfordert eine längere Antwort.
Als ich im April erfuhr, dass es für mich nach São Paulo gehen würde, war ich aufgeregt und nervös zugleich. Aufgeregt, weil es eine einzigartige Möglichkeit war, für begrenzte Zeit in einer der größten Städte der Welt zu leben und sie nicht nur als Touristin kennenzulernen. Nervös, weil ich wusste, dass ich wahrscheinlich nie von mir aus die Entscheidung getroffen hätte, mich in einer solchen Stadt niederzulassen, egal wie lange. Klar, die Stadt hatte mich schon interessiert als Reiseziel für Brasilien, aber ich hätte mir nicht in meinen kühnsten Träumen vorstellen können, irgendwann einmal dort zu leben.
São Paulo ist eine Millionenstadt die ständig wächst und einer der größten Ballungsräume weltweit aufweisen kann. Sie ist auch Brasiliens bevölkerungsreichste Stadt und die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaats São Paulo. Außerdem ist sie die größte Stadt Südamerikas und scheinbar (laut Internetrecherchen) die bevölkerungsreichste der gesamten Südhalbkugel – einfach krass.
Ich erinnere mich noch an das Gefühl als ich, nach einem ungefähr 18-stündigen Flug an einem Freitag im Uber saß und auf dem Weg zu meiner WG war. Die Fahrt dauerte anderthalb Stunden, was daran lag, dass um etwa 06:30 Uhr morgens, die Straßen, welche in die Stadt führen, schon voll waren. Als ich auf der Rückbank des Autos saß und mich ein etwas schlechtes Gewissen plagte, weil ich mich aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht mit dem Fahrer unterhalten konnte, schaute ich abwechselnd auf mein Handy und aus dem Fenster. Auf mein Handy, weil ich wissen wollte, ob mein Vermieter wie verabredet beim Haus sein und mich einlassen würde. Dabei nahm ich in Kauf bei der nächsten Handyabrechnung aus Deutschland wegen Datenroaming mindestens das Doppelte zahlen zu müssen.
Als ich so auf der Rückbank des Autos saß und die Stadt an mich vorbeiziehen ließ, fühlte ich mich ehrlich gesagt etwas verloren. Die Stadt schien so groß und überwältigend und ich hatte absolut keine Ahnung, wie mein Leben hier aussehen würde. Dazu kam, dass ich jetzt wieder auf einem anderen Kontinent als viele meiner Familienmitglieder*innen und Freund*innen war und sie jetzt bis Februar nur auf einem kleinen Bildschirm sehen würde.
Dieser Aufenthalt ist nicht nur mein erster in Brasilien, sondern auch mein erster in Südamerika. Ich muss ehrlich sagen, dass mir einige Bedenken zum Thema Sicherheit im Hinterkopf rumgeschwirrt sind. Das Sicherheitsthema spielte auch eine Rolle während des Vorbereitungsseminars, wo wir uns in der Brasilien-Homezone manchmal darüber unterhielten. Als mein Vermieter (der selbst Brasilianer ist) mir während meiner Fahrt vom Flughafen auch noch schrieb, ich soll mein Handy nicht benutzen, wenn das Auto im Stau oder an einer roten Ampel steht, war ich schon etwas neugierig. Wenn schon ein Brasilianer das sagt, dann muss da was dran sein… Und so ist es leider oft wenn man hier auf neue Leute trifft: man bekommt gut gemeinte Ratschläge und Vorsichtsmaßnahmen mit auf den Weg. Selbst jetzt noch höre ich ab und zu sanfte Ermahnungen zu diesem und jenem.
Obwohl ich natürlich nicht will, dass ich mich in São Paulo zu übervorsichtig bewege und viel zu beschäftigt damit bin, auf meine Wertsachen zu achten, um die Stadt richtig aufzunehmen, ist es schon gut das Thema Sicherheit nicht allzu fahrlässig zu behandeln. São Paulo als Großstadt ist natürlich etwas anderes als eine kleine Stadt irgendwo im Landesinneren. Viele fragen mich, ob ich mich sicher fühle hier, und ich muss sagen, bis jetzt hatte ich noch keine Probleme. Klar, hundertprozentig sicher fühle ich mich nicht, schon alleine deswegen, weil doch viele Brasilianer einen ständig zur Vorsicht mahnen, aber ich war bis jetzt kein einziges Mal in einer Situation wo ich mich offensichtlich unsicher gefühlt habe. Ich halte die grundsätzlichsten Maßnahmen ein, benutze selten mein Handy auf offener Straße, gehe (wenn möglich) mit einer kleinen Umhängetasche aus dem Haus, und setze meinen Rucksack in einer vollgepackten U-Bahn verkehrt (vorne statt hinten) auf, und ich finde das reicht. Sicherheit ist natürlich ein extrem subjektives Gefühl und vielleicht brauchen manche mehr, manche weniger um sich sicher zu fühlen, aber ich finde, wenn man sich darüber einen allzu großen Kopf macht, verpasst man viel von der Schönheit der Metropole.
São Paulo ist riesig, abwechslungsreich und nie langweilig. Wenn ich die Frage ganz am Anfang dieses Blogbeitrags beantworte, fange ich immer damit an, zu sagen, dass ich mich am Anfang etwas verloren gefühlt habe, und überwältigt war von der großen Stadt und der vielen Möglichkeiten, von denen ich aber nicht wusste (und es zum Teil immer noch nicht tue), wie ich sie wahrnehmen soll. Nachdem ich das gesagt habe, setze ich hinzu, dass ich mich mittlerweile aber schon recht gut eingelebt habe, was absolut stimmt: denn obwohl es noch so viel gibt was ich noch nicht über die Stadt weiß, weiß ich schon jetzt, dass es eine super tolle Erfahrung gewesen sein wird, hier sechs Monate meines Lebens verbracht zu haben.
Até breve!
Shama 🙂