Am Wasser und in den Bergen

-Eine Wochenendreise durch Hubei-

Zusammen mit einem Mädchen aus dem Chinesischsprachkurs habe ich mich nach dem Unterricht entschieden, die Provinz Hubei zu erkunden. Mit den Rücksäcken auf dem Schoß rumpelten wir also am Freitagmittag durch die Stadt. Natürlich nimmt unser Bus jedes einzelne Schlagloch auf dem Weg zum Bahnhof, vorbei an den vielen U-Bahn-Baustellen. Als wir schließlich in der Schlange am Ticketverkauf  anstehen, wissen wir zwar immer noch nicht, wo es an diesem Wochenende hingehen soll, aber unsere Laune ist sowieso schon top! (…) Wir bekommen schließlich einen Steh- und einen Liegeplatz im Zug nach Yichang, der Stadt, die in China für ihr großes Staudammprojekt (Drei-Schluchten-Staudamm) bekannt ist.

Während der 4-stündigen Zugfahrt (für 6 Euro) lernten wir einen netten Chinesen kennen, der uns schließlich in Yichang zu einem günstigen Hotelzimmer verhalf.Am nächsten Tag schlossen wir uns auch ihm und seinen Freunden auf eine Tour durch eines der schönen Täler bei Yichang an. Das im Chinesischbuch allseits überzeugende Argument für die Schönheit einer Landschaft: “有山, 有水!“ (Es gibt Wasser und Berge!) galt nun auch für unsere Reiseroute. Obwohl auch Wuhan eine ziemlich begrünte Stadt mit einigen großen Parks ist und auch am Wasser liegt, war es sehr schön, dem Baustellenlärm, Stadtrummel für ein paar Tage den Rücken zu kehren, etwas neues zu sehen und die Ruhe in der Natur zu genießen.

 

Noch am selben Abend verließen wir Yichang wieder, um mit dem Überlandbus nach Jingzhou zu reisen. Im Bus lernten wir dieses Mal gleich mehrere Leute kennen, die uns alle die besten Hostels in Jingzhou zeigen wollten, oder zum Abendessen auf einem der Nachtmärkte einluden. Das war wirklich sehr nett, und unsere einstige Befürchtung, auf der Suche nach einem Zimmer völlig hilflos durch eine fremde Stadt irren zu müssen, erwies sich damit als völlig grundlos. So fanden wir wieder schnell eine günstige und gute Bleibe, dieses Mal direkt an einem sehr lebhaften und exotischen Nachtmarkt, wo wir auch unseren Mitternachtssnack einnahmen.

Jingzhou ist eine ruhige Stadt (für mich als Wuhanerin), mit knapp 5 Millionen Einwohnern, und einst Hauptstadt in China in der Zhou Dynastie im Chu Königreich gewesen. Heute erinnern ein paar wenige Tempelanlagen, ein Museum und die Stadtmauer an die lange Geschichte der Stadt. Mit einem Tandem umrundeten wir die Altstadt – ein großer Spaß! – und besichtigen eine Tempelanlage. Dabei ist von der „Altstadt“ Jinghzhou’s selbst nur noch wenig übrig. Einkaufzentren und -passagen betonen das Stadtbild heute, durch das wir spazierten. Das Extremum zwischen westlicher „Fortschrittlichkeit“ und dem Verfall und Ersatz vieler Bauten war wieder deutlich zu spüren.

Umso mehr waren wir von den Menschen begeistert, deren Kinder auf der Straße Musikunterricht nahmen oder sich in Kalligraphie übten (Fotos folgen!). Auf einem Platz im Stadtzentrum wurden wir auch noch auf eine bunte Truppe in glänzenden Anzügen aufmerksam. Schwerter schnitten pfeifend durch die Luft, und kleine Jungs schwangen die Beine in den gelben Kostümen bis zum Kopf. Die erfahreneren, älteren Schwertkämpfer trugen noch größere, angsteinjagende Säbel bei sich, und zeigten eine tolle Performance zu dramatischer Musik. Wir waren begeistert von der Energie und Leidenschaft, die die Chinesen in ihr Schwertkampftraining (Fotos folgen!) investierten. Für ein paar Momente war es so, als hätte es die Kulturrevolution an diesem Ort nie gegeben. Und nicht zum ersten Mal hatte ich an diesem Wochenende das glückliche Gefühl, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein!