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Es wird nicht besser in Mazedonien.

Die Busfahrt nach Ohrid in Mazedonien verbrachten Anti und ich etwas zusammengequetscht auf dem Beifahrersitz eines Minibusses, dessen Faher uns gut gelaunt auf die Features des bulgarischen Hinterlandes aufmerksam machte (Regenbögen, Berglandschaften, Esel am Straßenrand), während aus dem Radio kaum nervige Balkanmusik dudelte.
Als am Grenzübergang die erste Businsassin nicht nach Mazedonien eingelassen wurde (ein bisschen Verlust ist immer) und ein Großteil der anderen Mitfahrer in der Hauptstadt Skopje ausstiegen, konnten wir den lieblichen Klängen gottseidank entfliehen und uns für die restlichen Stunden auf der Rückbank ausstrecken.
Die Leute, die noch nie etwas von dem See und der gleichnamigen Stadt Ohrid gehört haben, kann ich beruhigen: Ich kannte es vorher auch nicht. Tatsächlich ist Ohrid aber wunderschön und ich empfehle jedem einen Besuch!

Der See wird bis zu 300m tief und ist einer der ältesten Seen der Welt. Umgeben ist er von hohen mazedonischen und albanischen Bergen. Das türkis-blaue, kühle Wasser ist unglaublich klar – es macht so viel Spaß, darin zu schwimmen, zu tauchen und auf den viele Meter unter einem liegenden Grund zu blicken.
Auch die Stadt Ohrid hat mir sehr gefallen. An jeder Ecke befinden sich kleine Kirchen, die Schönste steht auf einer Klippe direkt über dem See. Die alten schnuckeligen Häuser sind direkt ans Wasser gebaut, außerdem gibt es in der Altstadt noch ein altes Amphitheater und eine Festung. Und: In Ohrid wachsen Kiwis!
Dies alles bekamen wir dank Connections zu den Locals aus erster Hand gezeigt. Die Mutter von Anti hat nämlich eine Arbeitskollegin, die ursprünglich aus Mazedonien kommt und noch eine Menge Familienangehörige dort hat. Aufgrund der daraus resultierenden quasi geschwisterlichen Beziehung zwischen uns und irgendwelchen Cousins dieser Arbeitskollegin war natürlich klar, dass wir rund um die Uhr (ungefragt) von diesen betreut wurden.

Wir bekamen also eine Stadtführung, eine Menge Getränke ausgegeben, Tipps zu den besten Badeplätzen und eine Einführung in das Ohrider Nachtleben, bevor wir überhaupt nach irgendwas dergleichen fragen konnten. Ich glaube ich habe noch nie so hilfbereite, gastfreundliche und übereifrige Menschen kennengelernt wie die Jungs in Ohrid.
Wie überall im Balkan scheint man in Mazedonien ein bisschen lascher mit Gesetzen umzugehen als im regelliebenden Deutschland. Anschnallen ist grundsätzlich Quatsch und der Fahrer trinkt beim feiern gehen fleißig mit, woran sich sein Beifahrer, ein Polizist, nicht stört. Dank unserer mazedonischen Kumpels mussten wir dafür in den Clubs weder anstehen noch Eintritt bezahlen, und falls es einen Dresscode gab (wie die abenteuerlich kurzen Kleider, tiefen Ausschnitte, hohen Schuhe und die Menge an Schminke pro Quadratzentimeter Haut suggerierten), wurde bei uns auch ein Auge zugedrückt.
Da man in hohen Schuhen bekanntlich nicht gut tanzen kann (das aufgestylte Partyvolk stand lieber in der Gegend rum und schlürfte seine Cocktails) und uns Tanzen zu Balkanmusik ein bisschen schwer fiel (ich habe es aber versucht!) wurde es kein allzu langer Abend.
Dafür erwartete uns einen Tag später ein anderes, mehr oder weniger spannendes Ereignis: Das Finale der Fußball-WM! Wir schauten es in einer halbleeren Kneipe in Begleitung von 2 Amerikanern, die während des Spiels einschliefen. Das war der einzige Moment auf unserer Reise (und wahrscheinlich sogar der einzige Moment während meines Jahres im Ausland), an dem ich mich plötzlich ganz doll nach Deutschland zurückwünschte. Ich bin zwar wirklich kein Fußballfan, aber der euphorischen, gemeinschaftlichen Stimmung und den ganzen Straßenpartys habe ich sehr hinterhergetrauert.
Ansonsten machten wir noch einen Bootsausflug zum Kloster auf der anderen Seite des Sees und hingen mit Freunden, die wir noch aus dem Hostel in Sofia kannten, rum.

Hostelbekanntschaften und -unterhaltungen sind ein merkwürdiges Phänomen: Man betritt einen Raum voller fremder Menschen, die von überall her kommen, und eine Viertelstunde später hat man das Gefühl, unter Freunden zu sein. Die Gespräche sind einfach: Wo warst du schon? Wo gehts als nächstes hin? Wie fandest du das-und-das? Man freut sich, Menschen getroffen zu haben, die in derselben Situation sind wie man selbst, die dieselben Orte bereist haben, ähnlich denken und ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Lustiger, oberflächlicher Smalltalk, der immer und überall gleich ist, egal, ob man sich in Istanbul, Bukarest, Ohrid oder Sofia befindet. Ich bin froh, in Ohrid nicht nur in der kleinen isolierten Welt der Backpacker gelebt zu haben, sondern dank unserer mazedonischen Bekannten auch etwas vom Leben der Einheimischen mitgekriegt zu haben – selbst wenn es nur die Beobachtung war, dass Mazedonier ständig am Handy hängen und irgendwie alle mit allen verwandt sind.

Mit diesen Gedanken endet mein Kalendereintrag für den letzten Tag in Ohrid, den ich verfasste, bevor ich, abermals im Bus, auf den holperigen Straßen Albaniens, in einen unbequemen Schlaf fiel. Und genauso endet auch dieser Bericht. Nächste Station: Montenegro.

Eins noch: Die Überschrift ist eine Art Insider. Natürlich fand ich Mazedonien super. Auf seine mazedonische Art hätte unser Aufenthalt nicht besser werden können. Danke an alle, die dazu beigetragen haben!

Tee trinken in Istanbul.

Schon im Vorfeld habe ich viel über die riesige Stadt am Bosporus, an der Grenze zwischen Europa und Asien, gehört. Viele Freiwillige und Hostelbekanntschaften waren dort hingepilgert und hatten begeistert von der magischen Atmosphäre berichtet. Als Anti und ich am frühen Nachmittag des 30. Junis ankamen, waren wir zunächst einmal von der unglaublichen Größe der Stadt verblüfft, die besonders durch die riesigen Hochhaussiedlungen um den Flughafen herum zum Ausdruck kam.

Wir übernachteten während unseres Aufenthalts bei der Kulturweit-Freiwilligen Kristina, die im asiatischen Teil der Stadt wohnt und uns gleich mit dem örtlichen Bussystem bekannt machte: Alle paar Minuten düst ein Minibus an ihrem Haus vorbei, den man durch eine Winkbewegung zum Anhalten bringt. Mit ein paar Münzen kauft man ein Busticket, dann sucht man sich schnellstmöglich einen freien Platz oder zumindest einen geeigneten Griff zum Festhalten, denn die Fahrweise der Istanbulaner ist ziemlich rasant und die Wegstrecke gleicht einer Achterbahnfahrt: Im Affentempo geht es Hügel rauf und runter, es wird ruckartig gebremst, ausgewichen und gehupt, Menschen steigen ein und aus, Kleingeld wird zum Busfahrer und wieder zurückgereicht, und auf einmal befindet man sich am Bosporus, der türkis glänzend die asiatische von der europäischen Seite trennt. Möven fliegen kreischend durch die Gegend, es riecht nach Salz, Fähren laufen ein und legen ab, und die Muezzins aus unzähligen Moschees rufen durch ihren eigenartigen Gesang zum Gebet auf. Istanbul ist eine volle und hektische Stadt, aber durch die Wassermassen, die die Stadt teilen, wird der Trubel entschleunigt und man hat Zeit zu entspannen, nachzudenken und zu genießen.

n4_1024 Die meisten Sehenswürdigkeiten (und die meisten Touristen) befinden sich auf der europäischen Seite Istanbuls.

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Um zum europäischen Teil zu gelangen, setzten Anti und ich jeden Tag mit einer Fähre über den Bosporus, was dank der tollen Aussicht auf die Stadt und dem entspannten Hin- und Herwiegen der Boote eine der schönsten Erfahrungen war, die ich in Istanbul gemacht habe.

Der europäische Part Istanbuls wird durch das Goldene Horn, eine ca. 7 km lange Bucht des Bosporus, noch einmal zweigeteilt. Der Stadtteil Eminönü ist voll von wichtigem geschichtlichen Zeug.
Hier steht die berühmte ‚Hagia Sophia‘, die ‚Blaue Moschee‘ und die ‚Süleymanyie Moschee‘, die wir barfuß und mit Kopftüchern bedeckt von Innen besichtigten und der riesige und beeindruckende ‚Tokapı-Palast‘, in dem früher die Sultane mit ihrem Harem lebten. Besonders gefallen haben mir die kunstvollen Mosaike und die orientalischen Muster, die die Wände der Moscheen und des Palastes zierten und die das Europa, wie wir es kennen, ganz weit weg rücken lassen.

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In Eminönü hetzten wir außerdem über den Großen Bazaar und den Gewürzbazaar, und ich sage hetzen, weil man dort einfach nicht entspannt entlangschlendern kann. Sobald man seinen Blick für einen Moment auf einem Gegenstand ruhen lässt, springt einem direkt ein aufgeregter Händler vor der Nase herum, um einen zum Kauf zu überreden. Ich weiß nicht wie es anderen Leuten geht, aber in meinem Fall war dieses Verhalten eher kontraproduktiv:
Anstatt mich auf anstrengende Konversationen und Verhandlungen einzulassen, ergriff ich lieber schnell die Flucht und begnügte mich damit, die schönen Tücher und kunstvoll drapierten Trockenfrüchte, Nüsse, Gewürze und Süßigkeiten unauf-fällig aus den Augenwinkeln zu betrachten. Beim Umgang mit auf-dringlichen Händlern und Anmach-sprüchen entwickelten Anti und ich nach kurzer Zeit eine einfache, aber sehr effiktive Methode: Bei der Frage, woher wir denn kämen, antworteten wir nicht mehr mit ‚I’m from Germany‘, da dies bei den Gesprächspartnern meist zu großer Begeisterung, Vorführung der eigenen Deutsch-Kenntnisse und Aufzählung sämtlicher in Deutschland arbeitenden Verwandten führte. Bei der Antwort ‚I’m from Hungary‘ reagierten die meisten Verkäufer jedoch etwas verdattert: ‚Oh. Hungary. I know Hungary!‘ Seltener angesprochen wird man außerdem, wie ich im Selbstexperiment testete, wenn man konsequent niemandem ins Gesicht schaut. Ein bisschen anstrengend. Einmal, als Anti und ich auf einer Parkbank saßen, fing ein Typ ein Gespräch mit mir an. Nach einer Weile fragte er, wie viele Brüder ich hätte. Bei meiner Antwort (3 Stück) wurde er etwas unruhig und meinte „uuuh, dangerous girl!“ Ich musste über die Vorstellung lachen, meinen großen Bruder mit seinem Anzug und seiner Aktentasche zu Beschützerwecken zwischen mich und irgendeinen Türken zu stellen.

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Tatsächlich ist uns aufgefallen, dass Frauen in Istanbul nur selten alleine unterwegs sind, meistens befinden sie sich in Begleitung eines Mannes oder mehrerer Freundinnen. Sie hängen auch weniger auf den Straßen rum als die Männer, die den ganzen Tag in Teestuben zu sitzen scheinen. Über die Kleidung der Istanbulanerinnen (Istanbulerinnen? Istanbulinnen?) kann ich nichts zusammenfassendes sagen: Von komplett verschleiert bis Minirock und T-Shirt habe ich alles gesehen. Trotzdem ist mir aufgefallen, dass in Istanbul im Vergleich zu den restlichen Stationen unserer Reise weniger Haut gezeigt wird – aber Bulgarien, Mazedonien und Montenegro sind in der Knapp-Bekleidet-Hinsicht auch wirklich schwer zu toppen.f3_1024

Beyoğlu auf der anderen Seite des Goldenen Horns ist moderner, hipper und irgendwie europäischer mit seiner breiten Fußgängerzone voller internationaler Ketten, einer Straßenbahn und unzähligen abends auftauchenden Bars und Clubs. In kleinen Schiebewägen werden Fischdöner, Maiskolben und Sesamkringel verkauft, als es jedoch einmal anfing zu regnen, wechselte die Verkaufspalette in Sekundenschnelle zu Regenschirmen und -capes. Als wir dann abermals ein paar Stunden später eine Bar zum Fußball-WM-schauen aufsuchten, verkauften dieselben Straßenhänder schon fleißig Deutschland-Fanartikel. Wie in den meisten Ländern, in denen wir die Deutschlandspiele der verfolgten, feuerte eine große Mehrheit der Einheimischen ebenfalls die deutschen Fußballspieler an. Keine Ahnung warum. In der Türkei mag die Deutschland-Euphorie vielleicht am Spieler mit den türkischen Wurzeln liegen – während alle anderen Fußballer beim Nachnamen genannt wurden, lies der Kommentator immer, sobald Özil am Ball war, begeisterte „Mesut! Mesut!“-Rufe von sich.

Während unserer Zeit in Istanbul war gerade der jährlichen Fastenmonats, hier Ramazan genannt, angebrochen. Tagsüber ließ er sich hauptsächlich anhand der vielen leeren Restaurants ausmachen, deren Besitzer uns zu Gratis-Türkischen-Kaffees und -Chais einluden, damit sie überhaupt etwas zu tun hatten. Abends, sobald die Sonne unter- und die Leuchtschrift an den Moscheen angegangen war, verwandelte sich Istanbul jedoch in eine Art überdimensionales Familienfest. Auf jedem Fleck Grün hatte sich bereits eine türkische Großfamilie zum Picknick machen niedergelassen, die Teestuben waren voll besetzt und auf der Kirmis, die wir mit Kristina und einer Lehrerkollegin im Wallfahrtsort Eyüp besuchten, tobte das Leben.

a3_1024Von morgens bis abends nicht zu essen, das kann ich mir irgendwie noch vorstellen – gerade wenn es so warm ist, hat man ja oft nicht viel Appetit. Aber bei der Hitze einen ganzen Tag nichts trinken! Wir verzichteten lieber auf einen Selbstversuch. Nach 4 1/2 Tagen in der pulsierenden Stadt am Bosporus hieß es dann für Anti und mich weiterziehen. Aber ich bin mir sicher, dass dies nicht das letzte Mal war, dass ich Istanbul einen Besuch abstatte.

Eine Reise, die ist…

Am heißen Spätnachmittag des 25. Julis 2014 war auf den Straßen der ungarischen Stadt Pécs nicht allzu viel los. In den schattigen Cafés der Király utca wurde an kühlen Getränke genippt, Menschen schlenderten mit Eis in der Hand über den Széchenyi tér und Kinder plantschten in den müde vor sich hinplätschernden Springbrunnen.
Am Pécser Busbahnhof ratterte der Bus aus Mohács, einem ca. eine Stunde entfernten Ort nahe der kroatischen Grenze, schwerfällig auf seinen Bussteig zu. Quietschend öffneten sich die Türen, und zwei braungebrannte, staubige und etwas zerzaust aussehende Mädchen mit großen Rucksäcken auf den Schultern hüpften die Stufen hinunter. Anti und ich, Veteranen einer einmonatigen Balkantour, sind back in town!
Noch nie habe ich eine so lange Reise durch so viele verschiedene Länder mit so vielen Zwischenstops gemacht und ich bin sprachlos, wie schnell die 4 Wochen vergangen sind, wie gut alles trotz allem geklappt hat und wie viel verrücktes Zeug wir erlebt haben. Die Seiten meines Kalenders sind vollgekritzelt, damit ich ja kein Erlebnis vergesse, und jetzt befinde ich mich in der verzwickten Situation, zusammenfassend über unsere Reiseerfahrungen zu berichten. Zuerst zur besseren Übersicht ein paar Randdaten:

Start: 29. Juni in Pécs, Ungarn.
Ende: 25. Juli in Pécs, Ungarn.
So weit so gut.

Reisestops:
Budapest (Ungarn), Istanbul (Türkei), Sozopol (Bulgarien), Sofia (Bulgarien), Ohrid (Mazedonien), Budva (Montenegro), Mostar (Bosnien-Herzegowina), Zadar (Kroatien), Osijek (Kroatien).

Fortbegewungsmittel:

  • Flugzeug: von Budapest nach Istanbul,
  • Busse und Züge in verschiedensten Verfassungen: von ultramodern bis abgeranzt, von mit-Aircondition-in-Schockzustand-gefrohren bis ZU-heiß, von ein-Abteil-für-2-Personen bis so-voll-dass-manche-eben-stehen-müssen,
  • Autos von fremden Menschen, und
  • unsere Füße.

Übernachtungen:

  • Bei netten Freiwilligen und Freiwilligen in spe (danke!)
  • in Hostel-Mehrbettzimmern
  • bei Einheimischen, die im Sommer zu mehrern in einem Zimmer schlafen, um den Rest an Touristen zu vermieten, und
  • sehr sehr oft, im Bus.

Finanzielles:

  • Währungen: Forint, Lira, Lew, Denar, Euro, Konvertible Mark und Kuna.
  • Davon am Hübschesten: Eindeutig die mazedonischen Denars.
  • Am kompliziertesten umzurechen: Gleichstand zwischen Denars (1€ = 61 Denar) und Kunas (1€ = 7,6 Kunas).
  • Billigstes Land: Gleichstand zwischen Bulgarien, Mazedonien und Bosnien. Zigaretten kosten um die 1€, fürs Essen gehen ca. 5-6€ einkalkulieren.
  • Teuerstes Land: Eindeutig Kroatien, dank der vielen deutschen Touristen. Buuh!

Nervigster Bestandteil der Reise:
Grenzkontrollen. Keiner blickt bei diesem System durch. Die Passkontrolle ist ein Paradebeispiel der Willkürlichkeit: Mal braucht man den Reisepass, mal nur den Perso. Mal wird nur kurz auf den Pass draufgeschaut, mal wird er eingesammelt und eingescannt, mal muss jeder einzeln antreten und dem Grenzbeamten erzählen, warum man wo hinfährt. Mal kriegt man Stempel, mal keine. Was alle Grenzübergänge gleich haben: Es dauert ewig. Hiermit setze ich mich für den weltweiten Wegfall dieser veralteten und unsinnigen Maßnahme ein, deren einziger Sinn darin besteht, unschuldige Menschen aus dem Schlaf zu reißen!

Meistbenutztes Wort auf der Reise:
Bazdmeg!

Bevor ich jetzt richtig loslege mit erzählen, möchte ich noch klarstellen: Ich fahre am 1. August wieder zurück nach Deutschland. Mein Vorsatz, in der verbleibenden Woche in Pécs meine Einträge über die Reise zu veröffentlichen, haut leider nicht ganz hin, ich bin einfach zu lahm im Schreiben. Auch wenn ich noch munter über Hostelbekanntschaften in Bulgarien, Partynächte in Montenegro und Hitch-Hiking-Versuche in Kroatien berichte, bin ich also schon wieder in Bonn. Also kommt mich besuchen! 🙂

Sommerreisen.

Nach langen Abenden vor dem Laptop, frustriertem Herumgesuche und Preisvergleichen steht Antis und meine Sommerreise jetzt – so halbwegs. An vielen Stellen fehlen noch Unterkünfte, und die Kosten bereiten uns bereits einiges an Bauchschmerzen, aber ich freue mich auch schon sehr.
Am Montag, den 30. Juni werden wir den von Budapest aus nach Istanbul fliegen. Von dort aus geht es über Sozopol (Bulgarien), Sofia (Bulgarien), Ohrid (Mazedonien), Budva (Montenegro), Mostar (Bosnien Herzegowina), Zadar (Kroatien) und Osijek (Kroatien) zurück nach Pécs, für ein letztes Mal.

Schon in den letzten Wochen habe ich Pécs einige Male für kürzere Ausflüge den Rücken zugekehrt.

Ende Mai statteten Anti und ich zum Beispiel der österreichischen Hauptstadt Wien einen Wochenendbesuch ab. Eine Reise zurück zu geschlossenen Läden an Sonntagen, Preisen, die einen traurig machen, und zurück zur deutschen Sprache – mehr oder weniger zumindest.

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In vielen Aspekten hat mich Wien an Budapest erinnert, schließlich gehörte beides mal demselben Kaiserreich an und die Häuser stammen aus derselben Zeit. Wien kam jedoch um einiges gepflegter, sauberer, ordentlicher restauriert und schicker hergerichtet vor. Mit den vielen prächtigen Gebäuden, gestutzten Buchsbäumen und symmetrisch angelegten blühenden Rosengärten war alles fast schon gruselig perfekt – die Rasenfläche bitte nicht betreten! imm032_31A_1024Ein paar Wochen später entstand in einem Gespräch ein lustiger Vergleich, der es meiner Meinung nach ziemlich auf den Punkt trifft: Wenn Wien und Budapest Schwestern wären, dann wäre Wien die ältere, vernünftige und ehrgeizige Schwester, die schon mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht: Ein guter Job, ein reicher Mann, hohes Ansehen unter den ebenfalls wohlhabenden und einflussreichen Freunden. Budapest dagegen ist rebellischer und ausgeflippter: Sie färbt sich die Haare türkis, sticht sich selber Nasenpiercings und kommt erst morgens vom feiern wieder.

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Trotz der Spießigkeit, die sich nicht leugnen lässt, herrschte in Wien eine entspannte Stimmung, die wir bei super Wetter und 4 € teurem Bier (Preissteigerung um 400%) in den Bars am Donaukanal und am Museumsquartier genossen. Ansonsten klapperten wir in den 3 Tagen alle Sehenswürdigkeiten ab, die uns so in den Sinn kamen: Schloss Schönbrunn, Karlskirche, Schloss Belverde, Hundertwasser-Häuser, Wiener Prater, blablablablabla. Schmerzende Füße und verknipste Filme waren das Ergebnis.

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Direkt im Anschluss ans Wien-Wochenende war abermals unser Einsatz bei ‚Jugend Debattiert International‘ in Budapest gefragt. Dabei wurde der ungarische Landessieger des Debattierwettbewerbs ermittelt. Weil ich diesmal im Bereich Organisation tätig war und meine Hauptaufgabe darin bestand, die Gäste vom Eingang zum Debattensaal zu lotsen, waren es entspannte, lustige und aufgrund der Debatten auch wirklich interessante Tage.

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Mitte Juni, direkt nach meinem letzten Schultag, besuchten die andere Mascha (Freiwillige aus Budapest, mit der ich im Februar schon 9 Tage durch Ex-Jugoslavien gereist bin) und ich die Kulturweitfreiwillige Milena in Eger, die mich kurz zuvor auch schon in Pécs besucht hat.
Eger ist eine hübsche kleine Stadt im Nordosten Ungarns, die vor allem durch ihren Weinanbau bekannt ist. Nachdem wir von Milena durch die Stadt geführt wurden und uns die Burg, das Minarett und ein paar Kirchen anguckten, begaben wir uns am frühen Abend ins ‚Tal der schönen Frauen‘, in dem sich zu allen Seiten kleine Weinkeller angesiedelt hatten, um ebendiesen zu testen. Faszit: Sehr süß, sehr billig, sehr lecker.
Und dann landeten wir ziemlich spontan und überraschend auf einer sehr wilden Party, die überhaupt nicht zum kleinen, verschlafenen Eger passt. Nachdem wir der lauten Musik gefolgt waren und den für ungarische Verhältnisse unverschämt hohen Eintrittspreis bezahlt hatten, befanden wir uns, umgeben von ca. 16 – 20-jährigen Schülern, auf einer Schaumparty, und konnten uns im Selbstexperiment von den Tücken dieses Konzepts überzeugen: nasse Klamotten, kurzfristige Erstickungsängste, verschmierte Schminke, riesige Schürfwunden und blaue Flecken vom äh, Ausrutschen, und der Verlust von sämtlichem Schmuck und einem Pullover (wobei ich dabei vielleicht nicht nur dem Schaum die Schuld geben kann). Insgesamt also ein lustiger Abend, der mir noch eine Weile in Erinnerung bleiben wird.

Und dann war da noch ‚Fishing on Orfű‘.
Orfü ist ein See in der Nähe von Pécs und ‚Fishing on Orfű‘ heißt das alljährig dort stattfindende kleine Festival, bei dem nur ungarische Bands auftreten, von denen ich aber mittlerweile ein paar kenne.
Zusammen mit einer Horde anderer Freiwilliger fuhren wir also an einem Nachmittag nach Orfű, setzten uns an den Steg, genossen das wunderbare Wetter, badeten, und gingen abends auf das Festival. Dort verhielt ich mich mal wieder nicht so, wie sich eine Quasi-Lehrerin verhalten sollte, deren Schüler zu dutzenden in unmittelbarer Reichweite vorhanden sind. Zusammen mit den anderen drängelte ich mich in die erste Reihe, tanzte wie wild herum, trat anderen auf die Füße, sang lauthals mit, ohne die Texte zu kennen und saß auf Schultern unbekannter Mitmenschen. Insgesamt war es ein ziemlich verrückter, witziger und langer Abend.
2 Tage später kletterte ich mich mit Besuch von mir, einer Praktikantin aus Budapest, unter einem Zaun durch und wir befanden uns abermals auf dem Festival, wobei wir uns ziemlich wild und verwegen vorkamen, weil wir eigentlich keine Karte hatten. Auch der Abend war ziemlich gut. Das Festival strahlt durch seine Lage (zwischen waldigen Hügeln, aber auch in unmittelbarer Nähe zum See) eine entspannte, verwunschene und aufgrund der geringen Größe auch eine sehr familiäre Athmosphäre aus. Ich bin wirklich froh, es miterlebt zu haben.

Jetzt geht wirklich alles dem Ende zu. Meine Fotos habe ich schon von der Wand abgehängt, meine Winterklamotten in den einen Koffer gepackt und mein Sommerzeug in den Rucksack, der mit nach Istanbul kommt. Ich hadere noch ziemlich mit dem Gepäck: Inzwischen ist es auf 2 große Koffer, einen Rucksack, einen Karton und 2 Taschen mit Bettzeug angewachsen – hoffentlich finde eine Mitfahrgelegenheit, die das alles mitnimmt.
Außerdem sind pünktlich vor der großen Reise meine beiden Kameras kaputt gegangen. Aber nachdem ich einer Lehrerin mein Dilemma geschildert habe, wurde sofort eine Kollegin angerufen, deren Mann einen Kameraladen besitzt, und falls die Kameras nicht repariert werden können, darf ich mir für die Reise eine Kamera von ihnen ausleihen – die enorme Hilfsbereitschaft der Ungarn ist mir nicht umsonst schon in der ersten Woche aufgefallen.

Der nächste Blogeintrag kommt nun erst nach meiner großen Sommerreise und wird wahrscheinlich sogar schon in Deutschland verfasst. Bis dahin wünsche ich allen Lesern alles alles Gute und – das muss ich wirklich mal öfter sagen – danke fürs Lesen! Ich freue mich total über die mittlerweile über 10.000 Aufrufe auf meinem Blog!