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Sommerreisen.

Nach langen Abenden vor dem Laptop, frustriertem Herumgesuche und Preisvergleichen steht Antis und meine Sommerreise jetzt – so halbwegs. An vielen Stellen fehlen noch Unterkünfte, und die Kosten bereiten uns bereits einiges an Bauchschmerzen, aber ich freue mich auch schon sehr.
Am Montag, den 30. Juni werden wir den von Budapest aus nach Istanbul fliegen. Von dort aus geht es über Sozopol (Bulgarien), Sofia (Bulgarien), Ohrid (Mazedonien), Budva (Montenegro), Mostar (Bosnien Herzegowina), Zadar (Kroatien) und Osijek (Kroatien) zurück nach Pécs, für ein letztes Mal.

Schon in den letzten Wochen habe ich Pécs einige Male für kürzere Ausflüge den Rücken zugekehrt.

Ende Mai statteten Anti und ich zum Beispiel der österreichischen Hauptstadt Wien einen Wochenendbesuch ab. Eine Reise zurück zu geschlossenen Läden an Sonntagen, Preisen, die einen traurig machen, und zurück zur deutschen Sprache – mehr oder weniger zumindest.

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In vielen Aspekten hat mich Wien an Budapest erinnert, schließlich gehörte beides mal demselben Kaiserreich an und die Häuser stammen aus derselben Zeit. Wien kam jedoch um einiges gepflegter, sauberer, ordentlicher restauriert und schicker hergerichtet vor. Mit den vielen prächtigen Gebäuden, gestutzten Buchsbäumen und symmetrisch angelegten blühenden Rosengärten war alles fast schon gruselig perfekt – die Rasenfläche bitte nicht betreten! imm032_31A_1024Ein paar Wochen später entstand in einem Gespräch ein lustiger Vergleich, der es meiner Meinung nach ziemlich auf den Punkt trifft: Wenn Wien und Budapest Schwestern wären, dann wäre Wien die ältere, vernünftige und ehrgeizige Schwester, die schon mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht: Ein guter Job, ein reicher Mann, hohes Ansehen unter den ebenfalls wohlhabenden und einflussreichen Freunden. Budapest dagegen ist rebellischer und ausgeflippter: Sie färbt sich die Haare türkis, sticht sich selber Nasenpiercings und kommt erst morgens vom feiern wieder.

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Trotz der Spießigkeit, die sich nicht leugnen lässt, herrschte in Wien eine entspannte Stimmung, die wir bei super Wetter und 4 € teurem Bier (Preissteigerung um 400%) in den Bars am Donaukanal und am Museumsquartier genossen. Ansonsten klapperten wir in den 3 Tagen alle Sehenswürdigkeiten ab, die uns so in den Sinn kamen: Schloss Schönbrunn, Karlskirche, Schloss Belverde, Hundertwasser-Häuser, Wiener Prater, blablablablabla. Schmerzende Füße und verknipste Filme waren das Ergebnis.

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Direkt im Anschluss ans Wien-Wochenende war abermals unser Einsatz bei ‚Jugend Debattiert International‘ in Budapest gefragt. Dabei wurde der ungarische Landessieger des Debattierwettbewerbs ermittelt. Weil ich diesmal im Bereich Organisation tätig war und meine Hauptaufgabe darin bestand, die Gäste vom Eingang zum Debattensaal zu lotsen, waren es entspannte, lustige und aufgrund der Debatten auch wirklich interessante Tage.

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Mitte Juni, direkt nach meinem letzten Schultag, besuchten die andere Mascha (Freiwillige aus Budapest, mit der ich im Februar schon 9 Tage durch Ex-Jugoslavien gereist bin) und ich die Kulturweitfreiwillige Milena in Eger, die mich kurz zuvor auch schon in Pécs besucht hat.
Eger ist eine hübsche kleine Stadt im Nordosten Ungarns, die vor allem durch ihren Weinanbau bekannt ist. Nachdem wir von Milena durch die Stadt geführt wurden und uns die Burg, das Minarett und ein paar Kirchen anguckten, begaben wir uns am frühen Abend ins ‚Tal der schönen Frauen‘, in dem sich zu allen Seiten kleine Weinkeller angesiedelt hatten, um ebendiesen zu testen. Faszit: Sehr süß, sehr billig, sehr lecker.
Und dann landeten wir ziemlich spontan und überraschend auf einer sehr wilden Party, die überhaupt nicht zum kleinen, verschlafenen Eger passt. Nachdem wir der lauten Musik gefolgt waren und den für ungarische Verhältnisse unverschämt hohen Eintrittspreis bezahlt hatten, befanden wir uns, umgeben von ca. 16 – 20-jährigen Schülern, auf einer Schaumparty, und konnten uns im Selbstexperiment von den Tücken dieses Konzepts überzeugen: nasse Klamotten, kurzfristige Erstickungsängste, verschmierte Schminke, riesige Schürfwunden und blaue Flecken vom äh, Ausrutschen, und der Verlust von sämtlichem Schmuck und einem Pullover (wobei ich dabei vielleicht nicht nur dem Schaum die Schuld geben kann). Insgesamt also ein lustiger Abend, der mir noch eine Weile in Erinnerung bleiben wird.

Und dann war da noch ‚Fishing on Orfű‘.
Orfü ist ein See in der Nähe von Pécs und ‚Fishing on Orfű‘ heißt das alljährig dort stattfindende kleine Festival, bei dem nur ungarische Bands auftreten, von denen ich aber mittlerweile ein paar kenne.
Zusammen mit einer Horde anderer Freiwilliger fuhren wir also an einem Nachmittag nach Orfű, setzten uns an den Steg, genossen das wunderbare Wetter, badeten, und gingen abends auf das Festival. Dort verhielt ich mich mal wieder nicht so, wie sich eine Quasi-Lehrerin verhalten sollte, deren Schüler zu dutzenden in unmittelbarer Reichweite vorhanden sind. Zusammen mit den anderen drängelte ich mich in die erste Reihe, tanzte wie wild herum, trat anderen auf die Füße, sang lauthals mit, ohne die Texte zu kennen und saß auf Schultern unbekannter Mitmenschen. Insgesamt war es ein ziemlich verrückter, witziger und langer Abend.
2 Tage später kletterte ich mich mit Besuch von mir, einer Praktikantin aus Budapest, unter einem Zaun durch und wir befanden uns abermals auf dem Festival, wobei wir uns ziemlich wild und verwegen vorkamen, weil wir eigentlich keine Karte hatten. Auch der Abend war ziemlich gut. Das Festival strahlt durch seine Lage (zwischen waldigen Hügeln, aber auch in unmittelbarer Nähe zum See) eine entspannte, verwunschene und aufgrund der geringen Größe auch eine sehr familiäre Athmosphäre aus. Ich bin wirklich froh, es miterlebt zu haben.

Jetzt geht wirklich alles dem Ende zu. Meine Fotos habe ich schon von der Wand abgehängt, meine Winterklamotten in den einen Koffer gepackt und mein Sommerzeug in den Rucksack, der mit nach Istanbul kommt. Ich hadere noch ziemlich mit dem Gepäck: Inzwischen ist es auf 2 große Koffer, einen Rucksack, einen Karton und 2 Taschen mit Bettzeug angewachsen – hoffentlich finde eine Mitfahrgelegenheit, die das alles mitnimmt.
Außerdem sind pünktlich vor der großen Reise meine beiden Kameras kaputt gegangen. Aber nachdem ich einer Lehrerin mein Dilemma geschildert habe, wurde sofort eine Kollegin angerufen, deren Mann einen Kameraladen besitzt, und falls die Kameras nicht repariert werden können, darf ich mir für die Reise eine Kamera von ihnen ausleihen – die enorme Hilfsbereitschaft der Ungarn ist mir nicht umsonst schon in der ersten Woche aufgefallen.

Der nächste Blogeintrag kommt nun erst nach meiner großen Sommerreise und wird wahrscheinlich sogar schon in Deutschland verfasst. Bis dahin wünsche ich allen Lesern alles alles Gute und – das muss ich wirklich mal öfter sagen – danke fürs Lesen! Ich freue mich total über die mittlerweile über 10.000 Aufrufe auf meinem Blog!

Dezember.

„Boldog karácsonyt és új évet“ kommt es quasi fließend über meine Lippen und ich bin ein bisschen stolz auf mich, während ich meine Lehrerkollegen mit den zwei puszi (Küsschen) auf beide Wangen verabschiede. Es ist Freitag, der 20. Dezember, der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien ist überstanden und nach dem traditionellen Fischsuppe-Essen gehen auch die Lehrer auseinander. Für mich steht in den Weihnachtsferien ein kurzer Zuhause-Urlaub auf dem Programm: Pünktlich zum Abglühen auf dem Weihnachtsmarkt werde ich wieder in Bonn sein und all die Menschen wiedertreffen, die ich vor ziemlich genau 3 Monaten dort verabschiedet habe. Die erste Etappe meines Freiwilligendienstes ist um.

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Meine Arbeit in der Schule macht mir immer noch Spaß und ist auch ziemlich abwechslungsreich. Besonders lieb habe ich ‚meine‘ Erstklässler, die inzwischen alle schon richtig gut Deutsch sprechen können. Jeden Tag werde ich von ihnen mit stürmischen Umarmungen und einem enthusiastischen „Guten Taaag, Mascha!“ begrüßt, bei Bastelarbeiten bin ich die Hifskraft ihres Vertrauens und wenn ich neue Ungarisch-Vokabeln an den Kindern ausprobieren, wird die frohe Botschaft innerhalb weniger Sekunden bis in die hintersten Winkel der Klasse verbreitet („Mascha beszel magyarul! Mascha beszel magyarul!“). Beim Weihnachtswichteln wurde ich nicht nur von meinem Wichtelkind sondern gefühlt von der halben Klasse mit selbstgebackenen Keksen versorgt, was ich sehr süß fand.

Auch die Lehrer verschenken in der Weihnachtszeit sehr gerne Süßigkeiten. In den letzten Wochen habe ich auf meinem Tisch im Lehrerzimmer so oft Kekse, Kuchen oder Schokolade gefunden, dass ich den fehlenden Adventkalender kaum vermisst habe. Und wenn ein Lehrer Namenstag oder Geburtstag oder die Schulleiterin ein Schwein geschlachtet hat (was letzten Mittwoch der Fall war) gibt es noch mehr Essen für umsonst.

Das kulinarische Highlight der letzen Zeit war jedoch eindeutig die schon am Anfang erwähnte Fischsuppe, die traditionell zu Weihnachten gegessen wird. Hierbei werden  Fische und scharfe Paprikas zusammen mit Knoblauch, Zwiebeln, Tomatensoße, Rotwein und jede Menge Paprikapulver in einem Kessel von der Größe einer Babybadewanne erhitzt. Mit der Zerkleinerung von Fisch und Paprika müht man sich dabei gar nicht erst ab: Gräten, Fischköpfe und anderes ungenießbares Zeug werden einfach beim Essen herausgefischt. Dazu gab es Wein und selbstgebrannten Palinka – mein Widerwillen gegen letzteres aufgrund der Uhrzeit (mittags!) stieß bei den ungarischen Hausmeistern leider auf kein Verständnis.

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Ansonsten stand bei den Zwölftklässlern die DSD-Prüfungen an: Schriftliche Arbeiten, Hörverstehensübungen und eine mündliche Prüfung mussten überstanden werden, um das Deutsche Sprachdiplom zu erhalten – ich erhielt die anspruchsvolle Aufgabe, Blätter zu sortieren, zu tackern und einzuscannen. Außerdem hielt ich in der 10. Klasse eine Unterrichtsreihe zum Thema Jugendsprache in Deutschland, versuchte die Schüler für Musik von Peter Fox zu begeistern und verbrannte mir die Finger beim Adventskranz-Basteln auf der Weihnachtsfeier. In meinen Freistunden versuche ich im Lehrerzimmer Gespräche zwischen meinen Kollegen zu verstehen – dabei schnappe ich immer mehr bekannte Wörter auf und wenn mir genug Zeit zum Nachdenken gelassen wird, kann man sich auch schon richtig gut mit mir unterhalten („Wir sind in der Schule. Das ist ein Stuhl. Dort sind die Fenster. Du bist ein Lehrer. Ich esse eine Orange.“)

An den Wochenenden haben Anti, Jacqueline und ich den Pécser Weihnachtsmarkt samt Nachtleben unsicher gemacht (wobei ich beim Tanzen mit einem Lehrer unserer Schule von meinen Schülern beobachtet wurde. Diese interessieren sich jetzt brennend für die ganze Sache und erfinden jede Menge Gerüchte – na toll) und wir waren für einen Tag in Szeget, einer sehr schönen Universitätsstadt knapp 200 östlich von Pécs.

Zum Abschluss vielleicht noch etwas zum Wetter, denn das Wetter ist ja immer eine interessante Sache.

Hier ist es inzwischen relativ kalt geworden (um die 0° C), dafür ist das Wetter meistens richtig gut. Es hat schon seit Wochen nicht mehr geregnet und es scheint fast jeden Tag die Sonne – so lässt sich der ungarische Winter gut überstehen! Wenn mir zu kalt wird, brauche ich nur ein bisschen mit meiner riesigen Heizung zu kuscheln, die ursprünglich mal ein Kachelofen war. Je weiter man sich jedoch von der Heizung weg in Richtung Fenster bewegt, desto mehr gleicht sich die Zimmertemperatur der Temperatur draußen an – der Schreibtisch am Fenster ist daher als Arbeitsfläche im Moment nicht wirklich nutzbar, aber im Bett lässt es sich auch super Unterricht vorbereiten.

Jetzt heißt es jedoch erstmal „Viszontlátasra, Magyaroszag“ und „Szia, Bonn“. Ein merkwürdiges Gefühl, nach Hause zu fahren, wo ich mich doch hier auch so zuhause fühle.

Budapest / ein neues Zuhause / fremde Tradition.

Heute mittag habe ich bei strahlendem Sonnenschein meinen neuen Lieblingsplatz eingeweiht: Die breite Fensterbank meines neuen WG-Zimmers bei geöffneten Fenstern. Seit Montag wohne ich jetzt mit den deutschen Medizin- bzw. Zahnmedizin-Studentinnen Conny, Isa und Julia im ersten Stock des wirklich schönen Altbaus mit 4m hohen Wänden und altem Fischgrätenparkett. Im Erdgeschoss des mitten in der Innenstadt liegenden Hauses befindet sich eine Bar namens ‚Nappali‘ und gegenüber unserer Wohnung gibt es ein kleines Hostel. Ich fühle mich hier total wohl und bin froh, endlich aus dem Zimmer im Schülerwohnheim ausgezogen zu sein – daran gab es zwar nichts auszusetzen, aber es hat sich nicht wirklich nach einem Zuhause angefühlt. Jetzt dagegen bin ich endlich richtig angekommen und ich merke, wie viel schöner ein WG-Leben im Vergleich zum Alleine-Leben ist. Auch über die Existenz einer vollständig eingerichteten Küche freue ich mich sehr – ab jetzt wird gesund gekocht und Fertigsoße aus der täglichen Nahrungszufuhr verbannt!

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Fortschritte sind auch beim Erlernen der ungarischen Sprache zu vermelden: Montags und Donnerstags besuchen die anderen Freiwilligen und ich jetzt immer einen Sprachkurs an der Uni, ich gebe fleißig Vokabeln in mein ‚Phase 6‘-Programm ein und konjugiere in meiner Freizeit Verben – dabei fühle ich mich nur minimal in den Französischunterricht der 7. Klasse zurückversetzt. 😉 Wenn ich dann bei den Gesprächen im Lehrerzimmer einzelne Wörter aufschnappe oder meine Kollegen mit „Jó napot kívanok! Hogy vagy?“ (= Guten Tag! Wie geht’s?) begrüße, bin ich immer unglaublich stolz auf mich. Das Ganze hat aber auch Nachteile – beim Unterrichten höre ich mittlerweile ständig ein gemurmeltes „nem tudom“ (= versteh ich nicht) aus den Schülerreihen. Das kann nach dem 10. Versuch, den Arbeitsauftrag zu erklären, schon ein bisschen frustrierend sein.

In den letzten Wochen habe ich einiges von einer faszinierenden, mir aber auch irgendwie suspekten Gruppe Menschen mitgekriegt: Diese Leute wirken sehr nett, interessiert und sprechen ziemlich gut deutsch. Sie scheinen ganz normal – und auf einmal schmeißen sie sich in eine unglaublich unvorteilhafte, vor-dreihundert-Jahren-vielleicht-mal-coole Trachtenmode und hüpfen zu Blaskapellen-Musik, die selbst Omma und Oppa altbacken finden würden, im Kreis herum. Ich spreche von den Donauschwaben.

Die Vorfahren dieser Minderheit sind vor einigen hundert Jahren aus Deutschland nach Ungarn emmigriert, und legen seitdem sehr viel Wert auf den Erhalt von Traditionen und der deutschen Sprache. Oft wird in ungarndeutschen Familien noch Deutsch gesprochen, es gibt eine deutsche Lokalzeitung und es gehört zum guten Ton, wenn man sich in kulturellen Vereinen wie traditionellen Tanzgruppen, Blaskapellen oder Chören engagiert.

Am 27. September feierte die Tanzgruppe des Löwey-Gymnasiums hier in Pécs 40-jähriges Bestehen. Aus diesem Grund gab es eine große Aufführung, die ich mit meiner Ansprechperson Erszi und einer 10. Klasse besuchte. Sowohl an der Anzahl der Besucher (der Saal mit insgesamt 1.000 Plätzen war voll belegt) als auch an der Art, wie sich die Zuschauer teilweise für den Abend aufgebrezelt haben (so wie man es sich in Osteuropa vorstellt: Zu viel Makeup, zu wenig Stoff, zu hohe Schuhe, zu tiefer Ausschnitt) merkte ich, um was für ein wichtiges gesellschaftliches Event es sich hier handelte.

Ja, und dann kam 3 Stunden lang das, was ich etwas platt im ersten Abschnitt geschildert habe: Deutscher Volkstanz, Volkslieder, Trachtenmode, Blaskapellenmusik. Das Ganze wirkte auf mich so merkwürdig, weil ich mich ÜBERHAUPT NICHT mit irgendetwas von dem auf der Bühne Vorgeführtem identifizieren konnte. Gut, die Trachten erinnerten etwas an die Dirndl- und Lederhosenmode aus Bayern, und Blaskapellenmusik hört man auch ab- und zu mal an Karneval oder auf irgendwelchen Dorffesten, aber mich persönlich hat solcher Traditionskram immer abgeschreckt und ist daher auch nicht in meinem Deutschlandbild verankert.

Verwirrend fand ich auch den Kontrast zwischen den eine-Millionen-Jahre-alten Volkstänzen, -liedern und -trachten auf der Bühne und dem überwiegend jungen und überhaupt nicht traditionsorientiert aussehenden Publikum – beeindruckend, wie die Ungarndeutschen es schaffen, auch ihre jungen Generationen für solche alten Traditionen zu begeistern.

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Zum Schluss noch ein ganz anderes Thema: Vom 9. bis zum 13. Oktober waren wir Freiwilligen aus Pécs und Baja (Ann-Kathrin, Jacqueline, Kilian, Julius und ich) in BUDAPEST. Grund war eine Einladung der Deutschen Botschaft zum sogenannten Mittlertreffen, welches jährlich für die „neu in Ungarn eingetroffenen Mitarbeitern der deutschen Sprach- und Kulturförderung“ stattfindet – ich kam mir ganz schön elitär vor, als ich die Einladung in meinem E-Mail-Posteingang gefunden habe.

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Das Treffen bestand aus ca. 20 Anzugträgern, die ihre Institutionen und deren Arbeitsfelder vorgestellt haben (was teilweise in 45-minütige Vorträge ausuferte) – und uns. Obwohl wir mit Abstand die Jüngsten und Unqualifiziertesten in der Runde waren, wurden wir mit Interesse und Freundlichkeit aufgenommen und beim Essen (sehr lecker!!) entstanden viele nette Gespräche. Außerdem wurde uns eine Ausbildung zum Juror bei „Jugend debattiert“ angeboten – wir können also bald öfter nach Budapest fahren, Kindern beim sich streiten zuhören und sie danach mit Punkten bewerten, voll cool!

In den restlichen Tagen haben wir uns den ganzen Touri-Kram angeguckt (Fischerbastei, Matthiaskirche, Schloss, Parlament, jüdisches Viertel und Synagoge, Markthalle und Margaretheninsel), wir waren in coolen Bars (besonders empfehlenswert: Szimpla und Macska Miau), einem Thermalbad und Aliena und ich haben einmal bis 6 Uhr morgens im Corvintetö rumgetanzt, einem Club, der in einem ehemaligen Kaufhaus liegt und von dessen Dachterasse aus man einen tollen Ausblick auf die Stadt hat. Nichts kann jedoch den Ausblick auf Budapest bei Nacht von einer der Donaubrücken aus toppen – so schön!

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Außerdem haben wir Kürtös Kalacs und Pallatschinken gegessen, zwei typisch ungarische Süßspeisen. Jetzt steht nur noch Langos (ein rundes, fettiges Teigstück mit Schmandt, geschmolzenem Käse und Zwiebeln oben drauf – nicht an die Kalorienzahl denken!) und Palinka (ungarischer Schnaps) auf meiner To-Do-Liste. Oh, und Gullasch, die ungarische Nationalspeise, habe ich auch noch immer nicht probiert – shame on me.

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Faszit: Budapest ist super und ich bin etwas neidisch auf Aliena. Allerdings werde ich für die schlappen 6€ Fahrtkosten bestimmt öfter mal nach Budapest fahren, und in Pécs fühle ich mich auch total wohl. Außerdem ist die Markthalle in Pécs cooler als die in Budapest: Hier verkaufen noch süße Omis aus den umliegenden Dörfern ihre Riesenkürbisse und man wird weder auf englisch noch auf deutsch verstanden – das hat zwar dazu geführt, dass ich 250 statt 25 Forint für meine Möhren bezahlen wollte, ich habe aber auch einen super Dialog auf Ungarisch geführt: „Bocsánat, nem beszelek magyar.“ – „Honnan jöttél?“ – „Némétorszagbol jöttem. Beszelek németül.“ Viel Spaß beim google-translaten. 🙂