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Da war was los

Rumänien II

Meine letzte große Reise – 9 Tage (07.02. – 16.02.), 4 Länder (Slovenien, Kroatien, Bosnien, Serbien), 5 Städte (Ljubljana, Zagreb, Sarajevo, Belgrad, Subotica) – ist ziemlich genau 2 Monate her. Zeit für die Nächste.
Am Freitag, den 11. April begannen Antis und meine durch Urlaubstage leicht gestreckten Osterferien. Früh morgens fuhren wir mit den Zug nach Budapest, um nochmals bei ‚Jugend Debattiert International‘ zu jurieren. Sehr früh morgens. Und es kam uns nochmal ein bisschen früher vor als ohnehin schon, weil wir am Vorabend mit anderen Freiwilligen und Studenten an einem Wine Tasting teilgenommen hatten, bei dem (vorraussehbarer Weise) nicht nur getasted wurde. Die Gegend um den ca. eine Stunde von Pécs entferntne Ort Villany ist nämlich ein in ganz Ungarn und auch international bekanntes Weinanbaugebiet, mit dessen Produkten wir jetzt bestens vertraut sind.

Von Budapest aus wollten wir noch einmal nach Rumänien, das Land, das wir aufgrund des Zwischenseminars schon bereist hatten. Reisestops waren die Städte Sighishoara, Constanta, Bukarest und Timisoara.
Freitag nahmen wir also an Jugend Debattiert teil, was bedeutete, dass wir uns auf deutsch geführte Debatten von ungarischen Schülern anhörten, diese bewerteten und das Buffet im Goethe-Institut ausnutzten. Und um halb 12 Uhr abends saßen wir dann ein bisschen aufgeregt in einem etwas ranzigen Zugabteil des Nachtzuges nach Rumänien.

imm005_4_1024Sighishoara ist eine kleine Stadt in Transilvanien mit einem hübschen mittelalterlichen Stadtkern voller kleiner bunter Häuschen. Hier wurde Vlad Tepes, der als Vorbild für die Romanfigur ‚Dracula‘ diente, geboren. Am beeindruckendsten fand ich den an einem Hügel liegenden großen Friedhof der Stadt. Alte verwitterte Gräber stehen dort kreuz und quer zwischen großen Kiefern, dessen Wurzeln sich über die Gräber und Wege ranken. imm014_13_1024Alles ist ein bisschen verwildert und im Dunkeln wahrscheinlich ziemlich gruselig, aber im Sonnenschein unseres ersten richtigen Ferientages sieht der Friedhof verwunschen und wunderschön aus.

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Nachdem wir einen Tag lang die Stadt erkundet hatten, ging es in der nächsten Nacht mit dem Bus weiter nach Constanta, wo wir Sonntag um 9 Uhr morgens ankamen. Leider hatte uns zu diesem Zeitpunkt das gute Wetter verlassen. Bereits in Sighishoara hatte es am Abend zu regnen begonnen. Auf der Busfahrt nach Constanta konnte ich kaum schlafen, weil es total kalt war, und als ich zwischendurch aus dem Fenster schaute, fuhren wir allen Ernstes durch Schneelandschaften. Schnee! Nachdem wir in Pécs schon in kurzen Klamotten durch die Gegend gelaufen waren und unsere Rucksäcke optimistisch für Badewetter am Schwarzen Meer gepackt hatten!

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So aber liefen wir Sonntag mit unseren dicksten Pullovern und Jacken bekleidet durch den Nieselregen und versuchten, das Stadtzentrum Constantas zu finden. Dabei stellten wir fest: Constanta ist eine ziemlich abgefuckte Stadt.

imm031_30_1024Die Häuser sind heruntergekommen und verfallen und die Stadt ist übersäht mit Baustellen, denen man ansieht, dass schon lange nicht mehr daran gearbeitet wurde. Wenn man durch die Straßen läuft muss man aufpassen, dass man nicht in eins der zahlreichen tiefen Löcher fällt, über lose herumliegende Abflussrohre stolpert oder an Stromleitungen gerät, die auf die Straße herabhängen.

Es gibt ein paar wirklich schöne Gebäude, denen man den ehemaligen Glanz der Stadt anmerkt, aber sie sind nicht restauriert oder an vernünftige Wege angebunden. Am Strand liegen Straßenhunde. Und der Bürgermeister der Stadt sitzt zurzeit im Gefängnis, berichtete uns der Couchsurfer Ovidiu, bei dem wir übernachteten. Irgendwas mit Korruption.

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Etwas schockiert von den ersten Eindrücken und genervt vom schlechten Wetter beschlossen Anti und ich, schon am nächsten Tag weiter nach Bukarest zu fahren. Bereits um halb 10 Uhr abends legten wir uns in das von Ovidiu bereitgestellte Bett und schliefen, erschöpft von den letzten im Zugimm005_4_1024
bzw. Bus verbrachten Nächten, erst einmal 12 Stunden durch.
Am nächsten Tag schien die Sonne, deshalb konnten wir das Schwarze Meer doch noch ein bisschen ausnutzen. Zum Schwimmen gehen reichte es zwar lange nicht, aber Anti und ich lagen lange am Strand in der Sonne und kriegten Sommersprossen, bevor wir uns mit dem Bus auf den Weg nach Bukarest machten.

Um das noch einmal klarzustellen: Bukarest ist nicht gleich Budapest. Budapest ist die Hauptstadt von Ungarn, Bukarest die Hauptstadt von Rumänien. Durch Budapest fließt die Donau, durch Bukarest die Dambovita. Budapest ist um einiges touristischer und um einiges westlicher als Bukarest. Dafür gibt es in Bukarest mehr schöne Parks (finden wir). In Budapest gibt es viele coole alternative Bars, in Bukarest viele Stripclubs.
Aber die Bukarester sind Verwechslungen gewöhnt. Michael Jackson beispielsweise, der 1992 die Ehre hatte, das erste große Popkonzert nach dem Fall des sozialistischen Diktators Ceaucescu zu spielen, begrüßte die begeisterten Fans mit „Hello Budapest!“

In BuKaRest erkundeten Anti und ich in den nächsten Tagen den Teil der Altstadt, der nicht Ceaucescus größenwahnsinnigen Bauprojekten zum Opfer gefallen ist. Hier säumen kleine Cafés, Bars und Restaurants die nur für Fußgänger zugänglichen Straßen. Bei der ‚Free Walking Tour‘ wurden uns jede Menge interessante Geschichten erzählt. Die hübsche kleine Kirche am Straßenrand stand zum Beispiel eigentlich in einem ganz anderen Teil der Stadt. Weil Ceaucescu dort jedoch alle Häuser abreißen lassen wollte, um Platz für gigantische Straßen und Regierungsgebäude zu schaffen, wurde sie von einem Architekten „gerettet“, indem sie auf Bahnschienen an den Standort transportiert wurde, an dem sie sich heute befindet.

Wir wurden auch über den Grund für die Existenz der rumänischen Plastik-Geldscheine aufgeklärt, die man beim Waschen ruhig in der Hosentasche vergessen kann (ich spreche aus eigener Erfahrung): Nachdem in den 90er Jahen eine Organisation die rumänische Wirtschaft genauer unter die Lupe genommen hatten, erhielt das Land den Tipp, mehr ‚plastic money‘ zu benutzen – gemeint war das bargeldlose Bezahlen mit Bankkarten. Infolge dessen ersetzte Rumänien sein Papiergeld durch Geldscheine aus, naja, Plastik.

Im Kontrast zur gemütlichen Altstadt steht der Teil Bukarestes, den Ceaucescu nach seinen Vorstellungen gestalten ließ und in dem man sich fühlt, als wäre man auf die Größe einer Maus geschrumpft.
Das wohl beeindruckendste Gebäude ist der auf einem kleinen Hügel stehende Parlamentspalast, das größte Gebäude Europas. Es ist einfach gigantisch. Anti und ich haben für die Umrundung bestimmt eine Stunde gebraucht.

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Der Parlamentspalast wurde in den 80er Jahren in Auftrag gegeben, um Ceaucescus Größe und Macht zu demonstrieren. Von den Rumänen wurde das im klassischen Stil erbaute „Haus des Volkes“ ironisch in „Haus des Sieges über das Volk“ umbenannt. Es ist unglaublich, wie viel Zeit, Geld und Energie in dieses Bauprojekt gesteckt wurde und wie viel Zerstörung es durch die Zwangsräumung großer Teile der Altstadt mit sich brachte. Mindestens genauso unglaublich ist, wie viel Zeit, Geld und Energie tagtäglich investiert werden muss, um den Riesenklotz in Stand zu halten. Die Ineffektivität und Sinnlosigkeit des Gebäudes, das zu größten Teilen einfach leer steht, ließ uns auf der Tour durch das Parlament oft ungläubig den Kopf schütteln.
Die breiten Straßen und riesigen Plätze um das Parlament herum zeugen von demselben Größenwahn und derselben Ineffektivität: Trotz der vielen Spuren herrscht durchgegend Stau und Chaos auf den Bukarester Straßen, begleitet vom wütenden Gehupe der Rumänen, die uns temperamentvoller und lauter vorkommen als Ungarn.

 Es ist einfach alles viel zu groß: Wenn unsere Fußgängerampel auf grün springt und wir losgehen wollen, werden wir fast von den Autos überfahren, die noch bei grün auf die Kreuzung gefahren sind, aber einfach so lang zur Überquerung der 6 Fahrspuren gebraucht haben.
Eine verrückte Stadt.

Freitag, den 18. April – einen Tag nach meinem 20. Geburtstag, in den wir in einem sehr coolen Bukarester Club reingefeiert haben – ging Antis und meine Tour weiter nach Timishoara. Im Gedränge vor der Abfahrt wurden von unseren Mitreisenden noch schnell Handys verkauft und mit Mundharmonikas oder (nicht ganz so artistisch) nervigen Handyklingeltönen versucht, den Wer-macht-am-meisten-Lärm-Wettbewerb zu gewinnen.

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Timisoara ist eine sehr schöne, gemütliche kleine Stadt. Hier ist uns erst richtig aufgefallen, wie laute und anstrengend die Tage in Bukarest waren. Wir verbrachten unsere Zeit damit, durch die Innenstadt zu laufen, uns schnuckelige Kirchen anzugucken und im gemütlichen Hostel herumzuhängen, zu essen und Palinka mit den dort arbeitenden Rumänen und anderen Hostelgästen zu trinken.

Und dann ging es auch schon wieder zurück. Am Tag unserer Ankunft in Pécs schien die Sonne und es war warm – wir hatten das schönste Wetter seit Beginn der Osterferien. Die Bäume unter meinem Fenster sind jetzt so grün, dass ich nicht mehr auf die Straße gucken kann. In Springbrunnen plätschert wieder Wasser. Die Bimmelbahn, die Touristen durch Pécs beförderdert, fährt wieder. Und ich bin irgendwie froh, nach den regnerischen und kalten Tagen im wilden Rumänien wieder hier zu sein. Zuhause ist es halt doch am Schönsten.

Februar / März.

Was im letzten Monat so passiert ist:

Es wurde verabschiedet:

Jacqueline, deren Freiwilligendienst nur ein halbes Jahr andauert, kehrte zurück nach Deutschland. Der Pécser Freiwilligenclan wurde also um eine Person dezimiert und wir mussten uns schweren Herzens verabschieden. Auch für die Ungarn-Freiwilligen Aliena und Julius ist die Kulturweit-Zeit jetzt leider vorbei. Eine gute Seite hatte das Ganze aber auch: Anti und ich wurden mit diveren Nahrungsmitteln und Haushaltsgegenständen beglückt.

Es wurde rumgetanzt:

Auf der Straße wurden zwei Freiwillige und ich angeprochen, ob wir nicht für das Happy-Video in Pécs tanzen wollen, in dem wir jetzt für ungefähr 2 Sekunden zu sehen sind. Antis Hochhausdach wurde als Location für das „Kulturweit bewegt“-Tanzvideo genutzt, das hoffentlich bald im Internet auftaucht. Und ansonsten wurden die Wochenenden dazu verwendet, sämtliche Clubs in Pécs zu erkunden, in denen wir noch nicht waren.

Es wurde Bekanntschaft mit aufdringlichen Fellmonstern geschlossen:

Jedes Jahr findet in Mohács, einer kleinen Stadt in der Nähe, das Busójárás-Fest statt. Das ist eine Art Karneval, bei dem sich Männer mit aus sehr viel Schaffell und selbstgeschnitzten Holzmasken bestehenden Kostümen als Monster verkleiden. Angeblich wurden den Türken zur Zeit der osmanischen Okkupation Ungarns durch diese Kostümierung ein solcher Schreck eingejagt, dass sie aus der Stadt flüchteten. Eine andere Theorie führt das Busójárás-Fest auf ein altes Fruchtbarkeits-Ritual zurück, das von den Germanen zelebriert wurde, um den Winter zu vertreiben. Das erklärt den etwas gewöhnungsbedürftigen Umgang der Fellmonster mit dem weiblichen Teil der Zuschauer: Während dem Umzug wurden wir unfreiwilligen Monster-Gruppenumarmungen ausgesetzt, mit Mistgabeln und zum Kostüm gehörenden Ruten in den Po gepiekt, mit Hühnerfedern und Mehl beworfen und mit Ruß beschmiert. Naja, warum auch nicht. Ansonsten gab es auf dem Fest jede Menge Essen, Glühwein und ein bisschen Musik und ungarischen Volkstanz.

Ganz lustig war auch die Hinfahrt nach Mohács. Mit einem sehr alten, klapprigen und überfüllten Bus brausten Anti und ich durch die ungarische Landschaft, und Anti erzählte, wie letztens auf ihrem Weg zur Schule so ein Bus den Geist aufgegeben hatte und alles aussteigen und auf den nächsten Bus warten mussten. Pünktlich zum Ende dieser Geschichte fing es merkwürdig an zu stinken, dann gab es ein sehr lautes Knackgeräusch, das so klang, als wäre etwas direkt unter unseren Füßen durchgebrochen, und dann sehr viel Qualm. Glücklicherweise hielt nach nur wenigen Minuten Wartezeit auf der grünen Wiese ein anderer Bus und nahm uns Gestrandete auf.

Es wurde debattiert:

16 Schulen in Ungarn hatten sich mit jeweils 2 Schülern für die Schulverbunds-Qualifikation von ‚Jugend Debattiert International‘ (JDI) qualifiziert. Diese fand an 2 Tagen in Budapest statt und wir Freiwilligen saßen dabei mit in der Jury und hörten uns auf deutsch geführte Debatten an. Die Fragestellungen: ‚Soll das Wahlalter bei den ungarischen Parlamentswahlen auf 16 herabgesetzt werden?‘ und ‚Soll der ungarische Staat gleiche Preise für Männer und Frauen in Vergnügungslokalen gesetzlich verordnen?‘  Das war eine wirklich interessante Erfahrung und ich fand es ziemlich beeindruckend, dass sich so viele Schüler trauen, in einer fremden Sprache vor Publikum über die teilweise komplexen Pro- und Contraseiten der Themen zu diskutieren.

Die Debatten fanden an verschiedenen Schulen in Budapest und auf dem Weg zu diesen Schulen (plus jeweils eine Extrarunde Verlaufen) sahen wir noch einmal ganz andere Ecken von Budapest.

Insgesamt verbrachten wir 5 Tage in Budapest, die wir neben unserem JDI-Einsatz nutzten, um uns das Sisi-Schloss im Vorort Gödölö anzugucken und auf den Gellert-Berg zu klettern, von wo aus man den schönsten und weitesten Ausblick auf Budapest hat. Außerdem trafen wir uns mit Ayla, der neuen Kulturweit-Freiwilligen in Budapest, und hingen mit den JDI-Alumni rum, die es in den letzten Jahren in die Endrunden des Wettbewerbs geschafft hatten und jetzt mit uns in der Jury saßen. Auch die andere Mascha, mit der ich in Slowenien, Bosnien und Serbien unterwegs war, habe ich wiedergetroffen, bei ihr durften wir nämlich netterweise übernachten.

Es wurde (und wird) gefastet:

Meine Mitbewohnerin Conny und ich haben beschlossen, uns in der Fastenzeit vegan zu ernähren. Bis jetzt sind wir sehr motiviert dabei und starten des öfteren spontane Experimentier-Aktionen in der Küche. Mir fällt das vegan essen viel leichter als gedacht, was aber auch daran liegen kann, dass wir erst seit 2 Wochen dabei sind. Nur in der Schule, wenn mal wieder jemand Geburtstag oder Namenstag feiert oder wenn in der Stadt an sonnigen Tagen 90% der Leute mit einem riesigen Eis in der Hand herumlaufen (denn die Ungarn lieben Eis!) ist es ein bisschen fies.

Es wurde (und wird) die Sonne genossen:

Denn wir haben hier die ganze Zeit super Wetter! Ich kann wieder stundenlang in kurzer Hose und T-Shirt auf meiner Fensterbank in der Sonne sitzen und lesen, schlafen, Musik hören, essen oder Aufsätze für die Schule korrigieren. Und ich war letztens das erste Mal im Mecsek joggen, einem kleinen waldigen und sehr schönen Gebirge, das direkt an die Stadt grenzt.

Es wurde (und wird) gearbeitet:

Jaa. Ich gehe jeden Tag zur Schule, höre mir auswendig gelernte Vorträge von Schülern über ihre Haustiere oder Lieblings-Computerspiele an, lerne mit meinen Erstklässlern Obst- und Gemüsesorten und halte Unterrichtsstunden zu Themen wie ‚Der deutsche Karneval‘ oder ‚Deutsches Essen‘. Außerdem wird weiter fleißig Ungarisch gelernt und wir haben Hörverstehenstexte für Deutschlerner aufgenommen.

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Und das wars.

Eine Ex-Jugoslavien-Reise, Teil 3: Belgrad / Subotica

Am Freitag den 13. Februar um 6.00 Uhr morgens kehrten Aliena, Mascha und ich der Stadt Sarajevo den Rücken zu, bestiegen einen Bus und düsten unserem nächsten Ziel entgegen: Belgrad.

Die Busfahrt durch Bosnien-Herzegovina verschlief ich größtenteils, doch immer, wenn ich meine Augen zwischen zwei Nickerchen öffnete, bot sich ihnen eine andere spektakuläre Landschaft: Wir fuhren in Serpentinen über schneebedeckte Berge, überquerten reißende Flüsse und passierten türkis-glitzernde Seen. Es heißt, wer Wasser aus dem Sebilj-Brunnen in Sarajevo trinkt, wird die Stadt noch einmal besuchen. Ich, die die kostenlose Wasserspende gleich als Auffüllmöglichkeit für die eigene Trinkflasche missbraucht hatte, beschloss, es beim nächsten Bosnien-Besuch nicht bei der Stadt zu belassen.

Dann zeigten wir unseren Pass bei der serbischen Grenze und schlagartig befanden wir uns auf dem platten Land. Jetzt gab es keine beeindruckenden Berge und Gewässer mehr zu bestaunen und die einzige Attraktion blieb das Spanferkel, das auf dem menschenleeren Rastplatz mitten in der serbischen Pampa einsam vor sich hingrillte.

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In Belgrad angekommen suchten wir erstmal eine Weile nach Wlan – wir hatten nämlich vergessen, die Adresse und den Weg zum Hostel aufzuschreiben. Dieses befand sich dann nur wenige Meter entfernt von unserem Standort und man empfing uns mit einem Begrüßungs-Rakia-Shot, den wir jedoch aufgrund der Uhrzeit auf den Abend verlegten. Rakia wird der serbische Schnaps genannt, der hier ständig konsumiert und einem auch ständig von allen angedreht wird.

Nachdem wir unseren Kram gleichmäßig auf dem Boden des Hostelzimmers verteilt hatten, machten wir uns auf zur Festung von Belgrad. Unterwegs aßen wir einen Burek (ein für den Balkan typisches Gebäckstück bestehend aus Blätterteig, Hackfleischfüllung und gefühlt einem Liter Öl), das mein Hungergefühl für die nächsten 2 Tage aussetzen ließ und meinen Bedarf an frittiertem Gebäck für die nächsten 2 Jahre deckte. War aber trotzdem lecker.

Das herrlich sonnige Wetter nutzten wir für ein von den anwesenden Serben spöttisch beäugtes Mini-Fotoshooting auf den Mauern der Festung, von denen aus man einen super Blick auf die Mündung des Flusses Save in die Donau und auf den Rest der Stadt hat. Dann suchten wir eine Weile erfolglos nach der Kafana-Straße, die der Hostelmensch uns aufgrund der vielen Bars und Cafés empfohlen hatte, blieben in einem anderen Café hängen und machten uns schließlich auf den Rückweg zum Hostel.

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Die Sarajevo-Freiwilligen hatten uns gesagt, dass wir abends unbedingt ins BIGZ gehen sollten, ein riesiger unbewohnter Plattenbau, der früher als Druckerei genutzt wurde und in dem sich jetzt eine Jazzbar und ein Club befindet. Nachdem wir das Free-Rakia-Shot- und das 2-Bier-zum-Preis-von-Einem-Angebot unserer Hostelkneipe ausreichend ausgenutzt hatten, machten wir uns also auf den Weg – und liefen erstmal am BIGZ vorbei, das von außen einfach aussieht wie ein großes, hässliches, leerstehendes Gebäude. Ist es ja im Endeffekt auch.

Glücklicherweise trafen wir einen Serben, der auch auf dem Weg ins BIGZ war. Er führte uns durch das dunkle, graffiti-besprühte Gebäude zu einem klapprigen Aufzug, mit dem wir in den 12. Stock fuhren. Dort war ebenfalls alles dunkel und voller Graffiti, und hätten wir nicht schon ein wenig Rakia intus wäre uns das Ganze bestimmt ziemlich gruselig und suspekt vorgekommen. Nachdem wir durch ein paar menschenleere Flure gelaufen waren, kamen wir jedoch zu einem Raum, aus dem laute Live-Musik und das Stimmengewirr vieler Menschen drang – wir hatten die Jazz-Bar gefunden.

Die nächsten Stunden verliefen irgendwie ziemlich verrückt und sind schwer zu beschreiben. Ich probiere es trotzdem mal:

Ich habe mich im BIGZ ein bisschen wie Alice im Wunderland gefühlt. Das riesige Gebäude besteht aus gefühlt einer Millionen identisch aussehender Flure: Graffitibesprüht, spärlich mit Neonlicht beleuchtet und voller Türen, die in regelmäßigen Abständen von den Fluren in einzelne Räume abzweigen. Wir verbrachten Ewigkeiten damit, alleine oder zusammen durch diese Flure zu laufen, um Toiletten, die Jazzbar, unsere Freunde oder andere Räume zu suchen, die wir zwischenzeitlich entdeckt hatten. Dabei lernten wir jede Menge Serben kennen, die uns ihre privaten Band-Proberäume zeigten und uns dort zu mehr Bier einluden. Anscheinend verbirgt sich hinter fast jeder geschlossenen Tür im BIGZ so ein Proberaum, und wir verbrachten stundenlang damit, diese auszukundschaften und mit unseren neuen Freunden auf deren Instrumenten herumzuspielen. Später kletterten wir auf der Suche nach der Dachterasse, die sich irgendwo im Gebäude befinden sollte, noch ein bisschen im halb zerfallenen Treppenhaus des BIGZ‘ rum. Die Dachterasse fanden wir nicht, lustig war es trotzdem.

Insgesamt war der Abend ziemlich chaotisch, ziemlich abgedreht und ziemlich wiederholungsbedürftig! Nach Belgrad muss ich also auch nochmal.

Am nächsten Tag fanden wir dank der Belgrader Free Walking Tour doch noch die Kafana-Straße, den Free-Rakia-Shot, den uns die Touristenführerin dort anbot, lehnten wir jedoch dankend ab. Nach der Tour aßen wir mit einigen Franzosen und einem Italiener, ebenfalls Teilnehmer der Tour, in einem serbischen Restaurant. Dabei versuchte ich, meine Französischkenntnisse unter Beweis zu stellen, sagte jedoch ständig „Igen“ statt „oui“ und musste schließlich, verwirrt durch den von mir fabrizierten ungarisch-französischen Kauderwelsch, resigniert abbrechen.

Nach dem Essen irrten wir noch eine Weile auf der Suche nach dem Bahnhof durch die Stadt. Die ganze Verirrerei in Belgrad hat übrigens nicht nur mit mangelndem Orientierungssinn zu tun, die Stadt ist einfach merkwürdig und seltsam planlos aufgebaut. Dazu kommt noch, dass die Straßen auf dem Stadtplan in „normaler“, auf den Straßenschildern aber in kyrillischer Schrift geschrieben sind.

Schlimm fanden wir das Ganze nicht, denn durch unseren Umweg bekamen wir noch die Möglichkeit, eine große orthodoxe Kirche zu besichtigen, in der gerade eine Art Gottesdienst stattfand: Die gesamte Kirche war in einen intensiven Räucherstäbchen-Duft gehüllt und am Altar standen 3 Priester, die den Raum mit eigentümlichen Singsang füllten. Die Leute, die in die Kirche kamen, küssten zuerst die am Eingang aufgestellten Heiligenbilder und stellten sich dann irgendwo in den leeren Raum, um zu beten – Sitzbänke gab es nicht. Wer genug gebetet hatte, verließ die Kirche wieder. Es war also ein ständiges Kommen und Gehen, das aber nicht Unruhiges an sich hatte. Insgesamt entstand so eine sehr eindrückliche Stimmung, die nicht mit der Atmosphäre in katholischen Kirchen vergleichbar ist.

Außerdem sahen wir einige ehemaligen Regierungsgebäude, die im Jugoslavienkrieg zerbombt wurden und so immer noch mitten in der Stadt zwischen modernen, voll funktionstüchtigen Häusern stehen: Beeindruckende Plattenbauten, die aussehen, als hätte ein Riese Gebäudeteile herausgerissen und andere Teile mit der Faust eingedrückt.

Am Bahnhof kauften wir Tickets für die Weiterfahrt nach Subotica, wobei wir von den beiden vielleicht 25-jährigen Verkäuferinnen mit langen Fingernägeln, dicker Make-Up-Schicht und blondierten Haaren erstmal voll ignoriert wurden. Die beiden waren in eine angeregte Diskussion vertieft und ließen sich von uns, die wartend vor dem Verkaufshäuschen standen, nicht beeindrucken. Als die eine Angestellte schließlich ihr Handy herausholte und ihrer Freundin wild gestikulierend Fotos von Tangas zeigte mussten wir lachen. Das führte wiederum bei den beiden Verkäuferin zu solchen Kicheranfällen, dass es noch gut 5 Minuten dauerte, bis sie sich wieder so weit beruhigt hatten, uns ein Ticket auszustellen. Irgendwie eine schöne Situation. Zumindest solange man es nicht eilig hat.

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In Subotica wohnten die beiden sehr lieben Freiwilligen Lisa und Johanna, die zum Ende ihres 6-monatigen Freiwilligendienstes eine Abschiedsparty schmissen und uns dazu eingeladen hatten. Subotica ist ein schöner kleiner Ort, der sowohl von der Größe als auch von der Architektur her mit Pécs vergleichbar ist. Wir besichtigten die Stadt, halfen bei den Party-Vorbereitungen und erlebten eine sehr schöne Abschiedsparty, die mit wildem Rumgetanze zu Balkanmusik endete. Mir ist an dem Abend aufgefallen, dass Serben gerne mal eine Runde ausgeben – und dass ich, typisch deutsch, ganz schön geizig und auf den eigenen Vorteil fokussiert bin: Anstatt die nächste Runde zu schmeißen krallte ich mir das einzig übrig gebliebene Bier. Shame on me.

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Dann war es auch schon Sonntag und somit Ende meiner 9-tägigen Rundreise. Mit Anti, Jacqueline und Julius fuhren wir per Auto und Bus ziemlich komfortabel zurück nach Pécs.

Auf der Fahrt hörte ich Musik und lies die letzten Tage noch einmal in Gedanken an mir vorbeiziehen. Es war eine krasse Zeit und ich bin so froh, diese Reise gemacht zu haben. Mit einer Menge neuem Wissen und neuen Erfahrungen kehrte ich nach hause zurück, und wieder einmal habe ich gemerkt: Reisen ist die beste Art, Geld, Zeit und Energie loszuwerden. Danke an Aliena und Mascha für die tolle Reisebegleitung, danke an die Freiwilligen, die uns bei sich aufgenommen haben, und danke an alle Leute, die diesen Artikel lesen und damit ihr Interesse an meinen Abenteuern bekunden!

Eine Ex-Jugoslavien-Reise, Teil 2: Sarajevo

Nachdem wir am Wochenende die Städte Ljubljana und Zagreb besichtigt hatten, ging am Montag den 10.02. Alienas, Maschas und meine Reise durchs ehemalige Jugoslavien weiter nach Sarajevo. 8 Stunden lang tuckerten wir mit dem Zug an Bergen, Flüssen und bosnischen Dörfern vorbei: Halbfertige Häuser ohne Putz, Balkongeländer und Weganbindung stehen mitten auf der grünen Wiese. Männer auf Plastikstühlen sitzen in der Einfahrt und trinken Kaffee, Hühner und Schafe wuseln um sie herum. Zwischen verfallenen Höfen stehen vereinzelt unpassend-protzige Häuser mit Buchsbäumen, Schwanskulpturen und nicht funktionierenden Springbrunnen in Mamor-Optik. Und immer mal wieder sieht man dreieckige Warnschilder: Achtung: Minengebiet! Dahinter Wildnis. Aus den anderen Abteilen zieht Zigarettenrauch zu uns hinüber. Wir reißen die Fenster auf und strecken unsere Köpfe in den frischen Fahrtwind.

Sarajevo war für uns alle glaube ich Höhepunkt der Reise und hat mich als Stadt wirklich beeindruckt. Eicke und Juliane, die Sarajevo-Kulturweit-Freiwilligen, nahmen uns netterweise bei sich auf und fungierten auch noch als private Touri-Guides und Abendplaner. Von ihrer Wohnung aus brauchen wir bis zum Ende der Stadt ca. Eine Dreiviertel-Stunde, aber wir durchlaufen dabei drei komplett verschiedene Welten.

Die beiden wohnen im 12. Stock eines Hochhauses in der sozialistisch geprägten Neustadt. Riesige Plattenbauten und riesige Straßen lassen die Menschen klein und unbedeutend wirken. Auf dem Weg in Richtung Altstadt kommen wir an Häusern voller Einschusslöcher vorbei, auf dem Boden sieht man Spuren von eingeschlagenen Granaten. Granateneinschüsse, bei denen Menschen ums Leben gekommen sind, wurden mit roter Farbe gefüllt. Wir sehen viel rote Farbe auf unserem Weg. Der Bosnienkrieg, der vor 20 Jahren in Ex-Jugoslavien wütete und eine 4 Jahre andauernde Belagerung Sarajevos mit sich brachte, ist in der Stadt noch unglaublich präsent. Neben den verfallenen, von Kriegsspuren gebrandmarkten Häusern werden riesige moderne Einkaufszentren gebaut für eine Stadt, in der kaum jemand Geld hat.

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Wir passieren das Nationalmuseum (aus Kostengründen geschlossen) und das von Demonstranten frisch angekokelte Präsidentschaftsgebäude. Hier haben kurz vor unserer Ankunft hunderte Menschen gegen die korrupte Regierung, die hohe Arbeitslsigkeit (>44%) und die Armut protestiert, mit Steinen geworfen und Bushaltestellen, Autos und das Gebäude angezündet. Auch während unserem Aufenthalt befinden sich noch viele Demonstranten auf dem Platz vor dem Prasidentschaftsgebäude, die Proteste sind aber soweit wir das mitkriegen friedlich.

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Hinter dem Regierungsgebäude beginnt die österreichisch-ungarischen Altstadt, die mit ihrer typischen Architektur auf uns irgendwie vertraut wirkt. Die Plätze und Straßen sind voller Menschen, die in Cafés und auf Parkbänken sitzen, alte Männer stehen in großen Gruppen herum und spielen Schach. Weil ja niemand Arbeit hat, sagt Eicke.

ScannedImage-6 (4)_1024Auf unserem Weg stehen wir irgendwann auch auf der Brücke, auf der vor genau 100 Jahren Franz Ferdinand erschossen wurde und damit den 1. Weltkrieg initiiert hat. Und wenn man dann noch ein paar Meter weitergeht, befindet man sich auf einmal in der osmanischen Altstadt, die während der jahrhundertelange Belagerung durch die Türken entstanden ist. Niedrige Steinbauten, Moscheen, kleine Geschäfte und Cafés, in denen türkischer Kaffee getrunken und Burek gegessen wird, prägen diesen Teil der Stadt. Während wir einen der Hügel erklimmen, die Sarajevo umgeben, schallt der Ruf des Muezzins durch die Stadt und gibt uns das Gefühl, ganz weit weg zu sein.

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Auch die Olympischen Winterspiele 1984 haben die Stadt sehr geprägt und man merkt, dass die Sarajevoer immer noch sehr stolz darauf sind, so eine große Veranstaltung gehostet zu haben. Wir sehen das verlassene Stadion mit Tribünen und suchen eine Weile nach dem Olympischen Museum, bis uns gesagt wird, dass dies im Moment auch geschlossen ist.

An einem der Abende in Sarajevo nehmen uns Eicke und Juliane mit ins „Kino Bosna“, eine Kneipe, die in einem ehemaligen Kino entstanden ist. Die Kneipe ist von außen nicht als solche erkennbar, wir müssen durch eine schmale Tür und dann ein dunkles Treppenhaus hoch, bis wir in einen großen, vollen und lauten Raum kommen, das ehemalige Kino. Hunderte Menschen sitzen hier an kleinen Tischen und auf Kinosesseln zusammen, es wird viel geraucht und Sarajevski-Bier getrunken. Wir sind verblüfft über den Kontrast: Leere, stille Straßen und dunkle Häuser außen, Lebendigkeit und lautes Stimmengewirr aus hunderten von Mündern innerhalb des Kinos. Eine aus älteren Männern bestehende Band spielt, mit Akkordeon und Gitarre bewaffnet, typische Balkan-Musik, zu der immer lauter mitgesungen und schließlich sogar mitgetanzt wird.

Eicke und Juliane erzählen uns, dass die Kneipe offiziell geschlossen ist, weil die Besitzer Miete und Steuern nicht zahlen konnten. Jetzt wird so lange illegal weiter Bier verkauft, bis die Einnahmen wieder zum Bezahlen reichen. Einheimische erzählen uns vom Krieg: Von Hunger, von Bunkern und von der Angst auf die Straße zu gehen, der Angst vor Granaten. Wir hören auch Geschichten über die Landminen, die noch immer überall in Bosnien verteilt liegen, niemand weiß genau wo sich welche befinden. Bis heute kosten sie Körperteile oder im Schlimmsten Falle sogar das Leben der Menschen, die auf sie treten.

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Ich habe in diesen Tagen so viel gelernt und so viel mitgenommen. Ich habe realisiert, wie wenig ich eigentlich weiß, über den Krieg vor 20 Jahren und über die Folgen, die er immer noch für einen Großteil der Bevölkerung Ex-Jugoslaviens mit sich zieht. Ich war beeindruckt von den verschiedenen Gesichtern Sarajevos, die mir vorher überhaupt nicht bewusst waren. Ich habe gemerkt, dass man nicht weit reisen muss, um unglaubliches, fremdes, neues zu entdecken. Und dass man die Länder hier nicht einfach im großen Osteuropa-Pott zusammenfassen kann, so wie wir es zuhause gerne tun.

Um die von Krieg und Armut etwas gedrückte Stimmung wieder zu lockern, gibt es zum Schluss noch einen der Balkan-Songs, zu denen die Menschen hier so abgehen und die uns während der weiteren Reise in Form von tagelang anhaltenden Ohrwürmern ziemlich in den Wahnsinn getrieben haben:

Im nächsten Blogeintrag berichte ich dann von unserem letzten Reiseabschnitt: Der Erkundung Belgrads, dem Wiedertreffen unter Kulturweit-Freiwilligen in Subotica und schließlich der Rückfahrt nach Pécs.

Eine Ex-Jugoslavien-Reise, Teil 1: Ljubljana / Zagreb

Wir wollten nach Sarajevo und wir wollten nach Belgrad, das hatten Aliena und ich uns vorgenommen. Eine Freundin von Aliena, die auch Mascha heißt, auch ein FSJ in Ungarn macht und, jetzt kommt der Höhepunkt aller Gemeinsamkeiten, auch harte Kontaktlinsen besitzt!, schloss sich unserer Reisegemeinschaft an. Mir eine Woche freizunehmen war kein Problem, dafür gab es eine Menge andere Dinge, die versuchten, uns von unserer Reise abzuhalten. Keine vernünftigen Zugverbindungen, keine seriöse Auskunft im Internet. Schneechaos, zusammenbrechende Stromversorgung. Demonstrationen, brennende Regierungsgebäude.

Wir ließen uns von alldem nicht abhalten und machten uns auf den Weg. Wir haben unglaubliche Orte gesehen, verrückte Dinge erlebt und Menschen getroffen, wir haben viel Zeit in verrauchten Zügen und stickigen Bussen verbracht, und wir haben so viel Neues gelernt. Und jetzt von vorne:

Weil man Sarajevo irgendwie nur über einen Zug von Zagreb aus erreichen kann, beschlossen wir, diesen Riesen-Umweg halbwegs sinnvoll zu nutzen, um uns Ljubljana, die 1 1/2 Stunden von Zagreb entfernt liegende Hauptstadt von Slowenien, anzuschauen. Dort wollten wir das Wochenende verbringen, Sonntag abend nach Zagreb fahren und dort am nächsten Morgen den Zug nach Sarajevo nehmen.

Ich startete die Reise mit gemischten Gefühlen. Erst einmal war ich ziemlich aufgeregt, weil ich den ersten Teil der Fahrt ganz alleine durchstehen musste, außerdem hatten mir am Tag der Abfahrt noch 3 Lehrer davon abgeraten, jetzt nach Ljubljana zu fahren (Nachrichten vom Vortag: „Schneechaos: Ein Viertel aller slowenischen Haushalte ohne Strom, zahlreiche Straßen nicht passierbar, Bahnstrecken sind dicht“) und ich befürchtete, überhaupt nicht anzukommen. Doch überraschenderweise klappte alles reibungslos: Gegen 23.45 Uhr kamen wir am Freitag den 07.02. pünktlich im voll-elektrisierten Ljubljana an. Der Schnee war genauso schnell geschmolzen, wie er ein paar Tage vorher aufgetaucht war.

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Den nächsten Tag starteten wir mit einer Free Walking Tour durch das kleine, schnuckelige und leider ziemlich regnerisch-nasse Ljubljana. Die Altstadt erinnert mit ihren vielen historischen Bürgerhäusern und hübschen kleinen Kirchen sehr an Österreich, alles wirkt ordentlich restauriert und gepflegt. Durch die Stadt fließt der kleine Fluss Ljubljanica, über den gefühlt eine Millionen süße schmale Brücken führen. Am Ufer des Flusses stärkten wir uns nach der Tour in einem Café, danach machten uns auf den Weg zur Burg von Ljubljana, die auf einem Hügel direkt an die Altstadt angrenzt. Der Weg zur Burg war kurz, aber recht abenteuerlich: Wir mussten über ziemlich viele umgestürzte Bäume klettern, die den Schneesturm ein paar Tage vorher nicht überlebt hatten und nun den Weg blockerten. Auf dem höchsten Turm der Burg angekommen bot sich uns ein wahnsinniger Ausblick: Wir befanden uns jetzt über dem Nebel, der die Stadt in graue Matsche hüllte, und sahen auf einmal die beeindruckenden Berge, die Ljubljana umgaben.

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Abends beschlossen wir, uns das Metelkova-Viertel anzugucken, ein ehemaliger Kasernenkomplex etwas abseits der Altstadt, der über die Jahre von Künstlern bewohnt und gestaltet wurde und in dem sich mehrere Bars und Clubs befinden. Es war nicht ganz einfach, den Gebäudekomplex zu finden und wir stolperten eine Weile planlos über dunkle Innenhöfe und an graffiti-besprühten, halb zerfallenen Gebäuden vorbei, bis wir das bunt bemalte, von allerlei merkwürdigen Skulpturen umringte Metelkova-Viertel fanden. Dort tranken wir Bier in einer ziemlich abgefuckten Bar und lernten eine Menge Slowenen kennen, die sich alle untereinander zu kennen schienen, die alle unbedingt mit uns reden wollten und die alle durchgehend am Kiffen waren. Sogar die Barkeeper. Das darf man da wohl.

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Am nächsten Tag trafen wir uns mit Patricia, der Kulturweit-Freiwilligen aus Ljubljana, auf einen Kaffee, besichtigten das Museum für moderne Kunst und machten uns dann im strömenden Regen auf den Weg zum ebenfalls im strömendem Regen liegenden Zagreb. Dort wartete das nächste Problem auf uns: In Sarajevo, unserem nächsten Reiseziel, war laut Medien am Wochenende der „bosnische Frühling“ ausgebrochen, und zwar leider nicht auf das Wetter, sondern auf die politische Situation bezogen: Demonstrationen und Proteste gegen die korrupte Regierung, die Armut und die Massenarbeitslosigkeit hatten  zu brennenden Gebäuden und Polizeieinsatz geführt. imm008_7_1024Die Sarajevo-Freiwillige sahen die Lage zwar eher gelassen („Hier hat halt gestern ein bisschen was gebrannt, aber ihr müsst euch ja nicht unbedingt gleich das Regierungsgebäude angucken“), aber bei meinen Mitreisenden samt Eltern setzte aufgrund der Ereignisse eine leichte Panik ein. Ich fand das Ganze irgendwie eher aufgeregend und nach längeren Diskussionen beschlossen wir schließlich über kroatischen Ćevapčići und Pallatschinken, dass wir unsere Reise am nächsten Morgen trotz Demos fortsetzen würden.

Nach einer kurzen Tour durch das nächtliche Zagreb kuschelten wir uns, etwas nervös beim Gedanken an die nächsten Tage, in unsere Hostelbetten.

Leider sprengt das, was wir in Sarajevo und Belgrad erlebt haben, den Rahmen dieses Blogeintrags, und weil ich meine Leser nicht mit Monster-Einträgen überfordern möchte mache ich jetzt erstmal Schluss und erzähle den Rest im nächsten Eintrag. Nur so viel: Trotz Randale und Landminen sind alle Beine noch dran.

Fortsetzung folgt!

Winterreisen.

Heute scheint die Sonne und alles wirkt gleich viel frühlingshafter. Leute glitschen über die Eisschichten, die sich auf Gehwegen und Straßen durch das Antauen und Wieder-Einfrieren des Schnees gebildet haben. Schneemassen rutschen von Hausdächern und landen mit einem Rums auf der Erde. Von den Bäumen tropft glitzerndes Eiswasser. Kleine Bäche rinnen über den von der Sonne gewärmten Asphalt. Der Schnee schmilzt.

Freitag, den 24. Januar, der Tag an dem es morgens anfing zu schneien und bis abends nicht mehr aufhörte, hatten Anti, Jacqueline, meine Mitbewohnerin Conny und ich uns ziemlich spontan für einen Wochenendtrip nach Zagreb auserkoren. Internationale Zugtickets kaufen ist immer ein bisschen wie eine Wundertüte auspacken – niemand weiß, was dabei herauskommt. Man wartet am International-Ticket-Schalter und versuchet dann dem Personal in einem wüsten Chaos aus englisch, deutsch und ungarisch zu erklären, dass man gerne 4 Zugtickets hätte, für die Strecke Pécs – Zagreb und wieder zurück, von Freitag bis Sonntag. Dahinter wird noch ein „We are students! Egyetemistak vagyunk!“, geschoben und in dann heißt es hoffen. In den nächsten Minuten klickt die Frau hinterm Schalter auf ihrem Computer herum, druckt verschiedene Papiere aus, ruft eine Mitarbeiterin zu sich an den Tisch, diskutieret eine Weile mit ihr herum, wir müssen unsere Freiwilligen-Ausweise vorzeigen, die von den beiden misstrauisch beäugt und nach weiteren, für uns unverständlichen Diskussionen kommentarlos zurückgegeben werden, jetzt wird ein Formular ausgefüllt, „Pay together?“, wir kriegen ein handbeschriebenes Ticket zugeschoben, schielen auf den Preis, über dessen Höhe wir im Internet keine Informationen finden konnten, sind verwirrt (25.000 Forint! Ist das jetzt für eine Person? Eine Strecke? Wie viel Euro sind das überhaupt?) und dann erleichtert: 25.000 Forint sind 80 Euro, das Ticket gilt für die Hin- und Rückfahrt für 4 Personen – macht 10€ pro Person pro Strecke. Studentenrabatt haben wir auch bekommen. Sogar (warum auch immer) 60 statt den üblichen 50%. Dann kann es ja losgehen!

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Zunächst geht es mit einer aus 3 Waggons bestehenden, nicht ganz wasserdichten und sehr klapprigen Uralt-Bimmelbahn nach Gyékenyes direkt an der Grenze zu Kroatien. 2 1/2 Stunden soll die Fahrt dauern. Wir zuckeln durch tief in Schnee versunkene Landschaft, halten ab und zu an kleinen Orten, die kaum als solche zu erkennen sind und fahren dann, während es draußen schnell stockduster wird, sehr lange durch dichten Wald. Hier ist viel mehr liegen geblieben als in Pécs und die Bäume beugen sich durch die Last des Schnees so dicht auf die Fahrbahn, dass sie Fenster und Dach unseres kleinen Zuges streifen. Wir erschrecken uns jedes Mal aufs Neue über dieses kreischende Geräusch, wenn gefrohrene Äste und Zug miteinander in Berührung kommen.

Schließlich wird stark gebremst und wir halten an, mitten im Nirgendwo. 2 Frauen laufen durchs Abteil und suchen nach ferfi, Männern, die helfen, den auf die Gleise gefallenen Baum irgendwie abzutransportieren. Wir sind zwar keine Männer und auch sonst keine Hilfe, klettern aber begeistert über dieses Osteuropa-Abenteuer wie aus dem Bilderbuch mit hinunter, stapfen durch den knietiefen Schnee, quietschen rum und posieren für Fotos vor dem umgestürzten Baum und dem Zug. Um dem dumme-deutsche-Touristen-Verhalten die Krone aufzusetzen lassen wir dann noch ein Handy im Schnee liegen und weiter geht die Fahrt.

Dieselbe Sitation bietet sich uns noch einige Male und wir müssen auf Feuerwehrmänner mit Kettensägen warten, damit wir die Fahrt fortsetzen können. Unseren Anschlusszug haben wir aufgrund der entstandenen Verspätung leider auch um mehrere Stunden verpasst, glücklicherweise gibt es aber noch einen späteren Zug, der uns ohne weitere Probleme von Gyékenyes nach Zagreb bringt, wo Nils, ein Freiwilliger aus Kroatien schon auf uns wartet. Vervollständigt wird Reisegruppe Olga schließlich durch Daniel, einen spanischer Studenten, der mit uns im Zug saß und eigentlich Freunde in Split besuchen wollte, allerdings durch das Winterchaos seine Weiterfahrt verpasst hat.

Samstag erkundeten wir bei strahlendem Sonnenschein die kleine, hübsche Altstadt von Zagreb mit ihren vielen Cafés, dem großen Markt und der Kathedrale.

imm031_31_1024 Wir lieferten uns mit kroatischen Kindern eine wilde Schneeballschlacht, machten eine Menge Fotos und hatten viel Spaß zusammen. Abends fuhr Nils wieder nach Hause, Daniel weiter nach Split, Anti und Jacqueline gingen ins Bett und Conny und ich tanzten bis 4 Uhr nachts in einem kroatischen Club zu Hip-Hop-Musik, die mich an mein Highschool-Jahr in Texas erinnerte.

Am nächsten Morgen besuchten wir das „Museum of Broken Relationships“, in dem Gegenstände mit dazugehörigen Trennungs-Geschichten ausgestellt wurden, die von Leuten aus der ganzen Welt an das Museum gespendet wurden. Später ging es dann wieder zurück nach Hause.

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Die nächste Woche war sehr, sehr kalt. Ich musste mich mit eiskalten Wohnungen, eingefrorenen Fahrradschlössern und spiegelglatten Straßen herumschlagen, nutzte aber auch die positiven Seiten des Kälteeinbruchs zum Schlittenfahren und heißen Kakao trinken.

Donnerstag den 30. Januar machte die Ungarn-Freiwilligenfamilie schon wieder auf den Weg, diesmal nach Budapest. Hier fand am nächsten Tag die Jurorenschulung von „Jugend Debattiert International“ statt, aus der ich eine schicke Urkunde und das Wissen mitnahm, keine besonders begabte Debateurin zu sein. Gottseidank muss ich Anfang März, wenn die besten Debattier-Schüler Ungarns gegeneinander antreten, nur in der Jury sitzen und Punkte für Kategorien wie Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft vergeben, wobei ich mich dafür auch nicht sehr qualifiziert fühle.

Nach dem Seminar fuhren Julius, Kilian, Jacqueline, Anti und ich nach Bratislava (Hauptstadt von der Slowakei, nicht von Slowenien), nachdem wir wieder die oben beschriebene Internationale-Tickets-Prozedur durchliefen – ebenfalls mit guten Ergebnissen: ca. 8 € pro Strecke. Von den 2 Tassen Kaffee irgendwie ziemlich aufgekratzt verbrachten Anti, Kilian und ich die Fahrtzeit damit, Lieder auf unseren ipods laut mitzusingen, bis die anderen errieten, welches Lied wir gerade hörten und Jacqueline aus unserem Abteil flüchten musste. Gut gelaunt kamen wir in Bratislava an, stapften zu unserem Hostel, gingen Essen und bewunderten den Blick auf Burg und Altstadt von der Bratislaver „Sky Bar“ aus, für den wir jedoch auch teuer bezahlen mussten: 6 € pro Cocktail, sowas bin ich gar nicht mehr gewohnt.

Der Rest des Wochenendes wurde von den beiden miteinander konkurierenden Bedürfnissen bestimmt, möglichst viel von der Stadt zu sehen und nicht zu erfrieren. Ich glaube mir war schon lange nicht mehr so kalt wie in diesen Tagen in Bratislava. Es lag zwar weniger Schnee als in Pécs, dafür kroch uns die feuchte Kälte und der eisige Wind bis in die Knochen. Dennoch schlitterten wir tapfer durch die vereiste Altstadt und hielten die Wahrzeichen der Stadt (das alte Stadttor, die Bratislavaer Burg, die blaue Kirche, der Martinsdom usw) auf unseren Kameras fest – wobei die Technik in meiner Kamera irgendwann einfror, sodass ich den Film nicht mehr weiter drehen konnte. Naja.

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Alles in allem finde ich Bratislava sehr schön, in vielen Teilen hat mich die Stadt an Prag erinnert. Allerdings wirkte die Innenstadt tagsüber ziemlich ausgestorben, was wohl am Wetter lag. Erst abends, wenn aus den vielen Bars und Clubs Musik schallte und bunte Lichter über die Straßen tanzten, kam Leben in die kleine Stadt.

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Mit vielen neuen Eindrücken und Impressionen starte ich nun in den Februar. Für mich bedeutet das Halbzeit, für viele andere Freiwillige das Ende ihres Freiwilligendienstes. In 2 1/2 Wochen verlässt die Hälfte der derzeitigen Ungarn-Freiwilligen das Land und wir sind nur noch zu 3. in Pécs – eine Tatsache, die mich ziemlich traurig macht. Gleichzeitig freue ich mich auf meine nächsten Reise-Abenteuer. Denn für mich ist das gottseidank noch lange nicht vorbei.

Jahreswechsel.

Wir schreiben jetzt das Jahr 2014. Ein Jahr, von dem ich später vielleicht mal zu meinen Kindern oder zu sonst irgendwem sagen werde „Mensch, 2014, das war ein super Jahr. Mein Freiwilligendienst in Ungarn ist genauso toll weitergegangen wie es angefangen hat, nein, sogar besser! In der Schule war ich nun nicht mehr die neue, unerfahrene Freiwillige, sondern komplett integriert und von Schülern und Lehrern sehr geschätzt. Mit den anderen Freiwilligen und neuen Freunden habe ich jede Menge spannende Reisen durch den gesamten Balkan unternommen und beeindruckende neue Erfahrungen gemacht. Dann das Studium. Ich habe mich für genau das richtige Fach entschieden: Etwas, was mir Spaß macht, mich interessiert und für das ich gerne tagelang in der Unibib sitze und lerne. Eine neue Stadt, in der ich mich sofort wohlgefühlt habe. Und jede Menge nette Kommilitonen, mit denen ich viel Spaß hatte. Ja, 2014, da ist echt alles richtig gelaufen!“ Vielleicht kommt es aber auch anders. Vielleicht wird 2014 mein Jahr des großen Scheiterns. „2014 Kinder, das war der Anfang allen Übels. Pécs hatte ich bald satt. Die Stadt, die Arbeit an der Schule, meine Freunde hier, das alles hat mich irgendwann nur noch angeödet. Ich war froh als mein FSJ endlich vorbei war. Mit dem Studium ist auch nichts so gelaufen, wie es sollte. An der Traumuni nicht angenommen, Studieninhalt, der mich nicht interessiert hat, nicht bestandene Prüfung, unfreundliche Professoren und langweilige Studienkollegen. Monatelang quälte ich mich, dann gab ich schließlich auf und brach das Studium ab. Ich zog entmutigt wieder zurück zu meiner Familie und seitdem arbeite ich an der Kasse bei Lidl. Dann noch die ungewollte Schwangerschaft, die gescheiterte Beziehung und die chronische Krankheit. Dabei begann ich das Jahr 2014 noch so optimistisch und voller Ziele…“

Naja, wie auch immer es dieses Jahr für mich laufen wird, mir ist bewusst, dass ich selbst dafür verantwortlich bin. Ich kann selber entscheiden, welchen Weg ich einschlage, wofür ich mich einsetze, wie ich mit den Situationen umgehe, die mir wiederfahren.

Ich weiß noch wie ich Silvester 2013 auf das neue Jahr anstieß und dachte „wow, keine Ahnung, wo ich mich in einem Jahr befinde und wie und mit wem ich dann ins neue Jahr reinfeiere.“ Ein irgendwie beunruhigender, aber vor allem aufregender Gedanke.

Irgendwas scheine ich im Verlauf der letzten 12 Monate auf jeden Fall richtig gemacht zu haben (und eine große Portion Glück war auch dabei), denn das Jahr 2014 hat so angefangen, wie es sein sollte – chaotisch, lustig und aufregend.

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Nachdem ich etwa eine Woche zuhause war, viele Freunde wiedersehen und endlich wieder die Nervigkeit (und einige positive Eigenschaften) meiner Familie erleben konnte, ging es am 31. Dezember mit meinen besten Freundinnen Hannah und Rosa zurück nach Ungarn zum „Silvesterfest in Budapest“, wie Aliena das Ganze liebevoll titulierte. Zusammen mit ca. 20 anderen Freiwilligen und Freunden wurde in ihrer Wohnung mit Blick auf Donau, Margaretenbrücke und Parlament mit Luftschlagen, Vuvuzelas, Speis und Trank in das neue Jahr hineingefeiert. Später ging es ins Corvintetö, einen Club, den ich schon von unserem letzten Budapest-Besuch kannte, und in dem wir bis zum Morgen rumtanzten. Die Rückfahrt zum Hostel gehört nicht zu einen meiner Meisterleistungen: Am nächsten Morgen fand ich heraus, dass wir mit dem Bus, in den wir einfach mal eingestiegen war, genau eine Runde im Kreis gefahren sind, bis ich irgendwann ausstieg, weil mir der Name der Haltestelle so bekannt vorkam – komisch, es war ja schließlich dieselbe Haltestelle wie die, bei der wir eingestiegen sind. Danach fand ich mein Hostel glücklicherweise ohne Probleme und war nur mit dem Klingel- und Tür-aufdrück-System minimal überfordert. Das ist aber auch schwierig bei den alten Häusern in Budapest mit ihren komischen Freisprechanlagen!

Die nächsten Tage verbrachte ein Großteil der anderen Freiwilligen, meine beiden Freundinnen und ich noch in Budapest. Wir fuhren Schlittschuh auf einer riesigen Eislaufbahn direkt vor dem Vajdahunyad-Schloss, entspannten uns in den riesigen heißen Außenbecken des Széchenyi-Bads, gingen shoppen und, nachdem wir uns von der Silvesternacht halbwegs erholt hatten, noch einmal in einem sehr coolen Club namens „Instant“ feiern, hingen in tollen Cafés und Bars rum, die Aliena uns zeigte, und besuchten die Budapester Oper. Obwohl wir von der Oper nicht so richtig viel verstanden (Gesang auf italienisch, Untertitel auf ungarisch) war das ein beeindruckendes Erlebnis. Von unseren Plätzen aus hatten wir zwar nicht die beste Bühnensicht (bei Kartenpreisen von 300 Ft, also einem Euro, ist das aber verzeihbar), aber die pompöse Innenausstattung der Oper bot schon genug zu sehen. Ich habe mich gefühlt wie eine Adlige in einer Szene aus „Krieg und Frieden“ oder irgendeinem anderen der alten russischen Romane, die mein Papa so gerne liest. Nur Ballkleid und Fernglas zum Beobachten der anderen Operngäste haben gefehlt.

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Sonntag den 5. Januar ging es dann wieder zurück nach Pécs, denn Montag sollte die Schule wieder anfangen. Nach vollgepackten Tagen in Deutschland und der ereignisreichen Zeit in Budapest musste das entstandene Schlafdefizit erstmal wieder durch riesige Mittagsschläfe kompensiert werden. Ansonsten nervte ich meine Schüler, indem ich sie über ihr Weihnachten und Silvester ausfragte und sie gute Vorsätze fürs neue Jahr formulieren ließ. Ich habe da natürlich mitgemacht. Dabei ist meine Vorsatz-Top-3 entstanden:

  1. Weniger essen, mehr Sport treiben -> noch nicht so richtig geglückt…

  2. Weniger unproduktiv rumgammeln, mehr reisen und neue Dinge erleben -> da gibt es immerhin schon jede Menge Pläne für die nächsten Wochenenden!

  3. Aufhören, wichtige Dinge (z.B. Unterrichtsplanung, Wohnung putzen oder mein Freiwilligenprojekt) vor mir herzuschieben -> kein Kommentar.

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Außerdem besuchten wir den Freiwilligen Julius in der verschlafenen aber schönen Kleinstadt Baja und ich sah bei der Bandweihe-Zeremonie unserer Schule zu. Hierbei kriegen die Zwölftklässler von ihren Klassenlehrern feierlich ein Band an ihre Pullis geheftet, das aussieht wie eine AIDS-Schleife, aber zeigen soll, dass die Schüler jetzt zum Abitur zugelassen sind. Außerdem werden Reden gehalten und die Klassen führen einen eigenen Tanz auf. Ich habe zwar nicht ganz verstanden, was die Schüler eigentlich feiern (ihr Abitur haben sie ja schließlich noch nicht), aber es war trotzdem eine ganz witzige Veranstaltung, die mich irgendwie an unsere Abiturzeugnisvergabe erinnert hat. Ich bin sogar ein bisschen wehmütig geworden. Die Abizeit war schon cool. Und obwohl das alles noch gar nicht so lange her ist habe ich das Gefühl, hier unendlich weit weg davon zu sein. Mein Besuch zuhause und die vielen vertrauten Menschen haben alles wieder ein bisschen aufleben lassen.

Trotzdem ist es mir leicht gefallen, zurück in den Flieger nach Ungarn zu steigen. Ein gutes Zeichen, denke ich, das zeigt, dass ich hier noch lange nicht fertig bin. Es gibt noch viel zu erleben in den nächsten 7 Monaten. Und darauf freue ich mich.

Dezember.

„Boldog karácsonyt és új évet“ kommt es quasi fließend über meine Lippen und ich bin ein bisschen stolz auf mich, während ich meine Lehrerkollegen mit den zwei puszi (Küsschen) auf beide Wangen verabschiede. Es ist Freitag, der 20. Dezember, der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien ist überstanden und nach dem traditionellen Fischsuppe-Essen gehen auch die Lehrer auseinander. Für mich steht in den Weihnachtsferien ein kurzer Zuhause-Urlaub auf dem Programm: Pünktlich zum Abglühen auf dem Weihnachtsmarkt werde ich wieder in Bonn sein und all die Menschen wiedertreffen, die ich vor ziemlich genau 3 Monaten dort verabschiedet habe. Die erste Etappe meines Freiwilligendienstes ist um.

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Meine Arbeit in der Schule macht mir immer noch Spaß und ist auch ziemlich abwechslungsreich. Besonders lieb habe ich ‚meine‘ Erstklässler, die inzwischen alle schon richtig gut Deutsch sprechen können. Jeden Tag werde ich von ihnen mit stürmischen Umarmungen und einem enthusiastischen „Guten Taaag, Mascha!“ begrüßt, bei Bastelarbeiten bin ich die Hifskraft ihres Vertrauens und wenn ich neue Ungarisch-Vokabeln an den Kindern ausprobieren, wird die frohe Botschaft innerhalb weniger Sekunden bis in die hintersten Winkel der Klasse verbreitet („Mascha beszel magyarul! Mascha beszel magyarul!“). Beim Weihnachtswichteln wurde ich nicht nur von meinem Wichtelkind sondern gefühlt von der halben Klasse mit selbstgebackenen Keksen versorgt, was ich sehr süß fand.

Auch die Lehrer verschenken in der Weihnachtszeit sehr gerne Süßigkeiten. In den letzten Wochen habe ich auf meinem Tisch im Lehrerzimmer so oft Kekse, Kuchen oder Schokolade gefunden, dass ich den fehlenden Adventkalender kaum vermisst habe. Und wenn ein Lehrer Namenstag oder Geburtstag oder die Schulleiterin ein Schwein geschlachtet hat (was letzten Mittwoch der Fall war) gibt es noch mehr Essen für umsonst.

Das kulinarische Highlight der letzen Zeit war jedoch eindeutig die schon am Anfang erwähnte Fischsuppe, die traditionell zu Weihnachten gegessen wird. Hierbei werden  Fische und scharfe Paprikas zusammen mit Knoblauch, Zwiebeln, Tomatensoße, Rotwein und jede Menge Paprikapulver in einem Kessel von der Größe einer Babybadewanne erhitzt. Mit der Zerkleinerung von Fisch und Paprika müht man sich dabei gar nicht erst ab: Gräten, Fischköpfe und anderes ungenießbares Zeug werden einfach beim Essen herausgefischt. Dazu gab es Wein und selbstgebrannten Palinka – mein Widerwillen gegen letzteres aufgrund der Uhrzeit (mittags!) stieß bei den ungarischen Hausmeistern leider auf kein Verständnis.

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Ansonsten stand bei den Zwölftklässlern die DSD-Prüfungen an: Schriftliche Arbeiten, Hörverstehensübungen und eine mündliche Prüfung mussten überstanden werden, um das Deutsche Sprachdiplom zu erhalten – ich erhielt die anspruchsvolle Aufgabe, Blätter zu sortieren, zu tackern und einzuscannen. Außerdem hielt ich in der 10. Klasse eine Unterrichtsreihe zum Thema Jugendsprache in Deutschland, versuchte die Schüler für Musik von Peter Fox zu begeistern und verbrannte mir die Finger beim Adventskranz-Basteln auf der Weihnachtsfeier. In meinen Freistunden versuche ich im Lehrerzimmer Gespräche zwischen meinen Kollegen zu verstehen – dabei schnappe ich immer mehr bekannte Wörter auf und wenn mir genug Zeit zum Nachdenken gelassen wird, kann man sich auch schon richtig gut mit mir unterhalten („Wir sind in der Schule. Das ist ein Stuhl. Dort sind die Fenster. Du bist ein Lehrer. Ich esse eine Orange.“)

An den Wochenenden haben Anti, Jacqueline und ich den Pécser Weihnachtsmarkt samt Nachtleben unsicher gemacht (wobei ich beim Tanzen mit einem Lehrer unserer Schule von meinen Schülern beobachtet wurde. Diese interessieren sich jetzt brennend für die ganze Sache und erfinden jede Menge Gerüchte – na toll) und wir waren für einen Tag in Szeget, einer sehr schönen Universitätsstadt knapp 200 östlich von Pécs.

Zum Abschluss vielleicht noch etwas zum Wetter, denn das Wetter ist ja immer eine interessante Sache.

Hier ist es inzwischen relativ kalt geworden (um die 0° C), dafür ist das Wetter meistens richtig gut. Es hat schon seit Wochen nicht mehr geregnet und es scheint fast jeden Tag die Sonne – so lässt sich der ungarische Winter gut überstehen! Wenn mir zu kalt wird, brauche ich nur ein bisschen mit meiner riesigen Heizung zu kuscheln, die ursprünglich mal ein Kachelofen war. Je weiter man sich jedoch von der Heizung weg in Richtung Fenster bewegt, desto mehr gleicht sich die Zimmertemperatur der Temperatur draußen an – der Schreibtisch am Fenster ist daher als Arbeitsfläche im Moment nicht wirklich nutzbar, aber im Bett lässt es sich auch super Unterricht vorbereiten.

Jetzt heißt es jedoch erstmal „Viszontlátasra, Magyaroszag“ und „Szia, Bonn“. Ein merkwürdiges Gefühl, nach Hause zu fahren, wo ich mich doch hier auch so zuhause fühle.

Rumänien.

Es gibt Neues, und davon viel zu viel. In den 3 Wochen, die seit meinem letzten Blogeintrag vergangen sind habe ich einen Studentenball besucht, an einem Sankt-Martins-Zug teilgenommen, der nicht draußen sondern in der Schulturnhalle stattfand, ich habe an Hörverstehensübungen für deutsch-lernende Studenten mitgewirkt, indem ich Texte über Dickdarmkrebs vorgelesen habe und dabei aufgenommen wurde, ich wurde auf einer Feier als neues Mitglied des Lehrerkollegiums eingeweiht und ich habe eine 10-tägigige, aufregende und sehr schöne Rumänien-Reise plus Zwischenseminar hinter mir. Darum soll es in diesem Bericht gehen.

Unser Zwischenseminar fand vom 18. bis zum 22. November in Sibiu, Rumänien, statt.

Sibiu trägt den deutschen Namen Herrmannstadt und liegt in der Region Siebenbürgen, auch Transsilvanien genannt – da wo Dracula wohnt also. In der gesamten Gegend haben sich im Mittelalter deutsche Bauern angesiedelt, weshalb die meisten Städte zusätzlich zum rumänischen auch einen deutschen Namen tragen. Weil Siebenbürgen bis 1918 zu Ungarn gehörte, gibt es auch noch eine ungarische Minderheit und ungarische Städte-Bezeichnungen – und jede Menge Ungarn, die Siebenbürgen immer noch als Teil ihres Landes ansehen.

Das Wochenende vor dem Zwischenseminar wollte ungefähr die Hälfte der Freiwilligen in Brasov [Kronstadt / Brassó] verbringen – die Strecke von 720km legten wir Pécsis in einer beeindruckenden Zeit von 11 Stunden mit dem Zug zurück. Freitag nachmittag ging es zuerst nach Budapest, dort stiegen wir um in den Zug nach Bukarest, nervten das gesamte Zugabteil mit unserem Gequatsche, zeigten unsere Pässe den ungarischen und rumänischen Grenzbeamten, stellten unsere Uhren eine Stunde vor, schliefen ein – und wachten am nächsten Morgen auf umgeben von dichtem Nebel, Nadelwäldern, hohen Bergen und bitterarmen Dörfern.

In Brasov angekommen empfing uns das rumänische Verkehrssystem gleich von seiner besten Seite: Unsere Frage nach Bustickets ins Stadtzentrum blieb aufgrund fehlender Rumänisch-Kenntnisse leider unbeantwortet und nachdem wir mit Hilfe eines älteren, deutsch-sprechender Mannes schließlich doch Tickets erwerben konnten erfuhren wir, dass aufgrund einer Demonstration momenten weder Busse noch Taxis fuhren – dann eben laufen.

Im Hostel wurden wir von den Freiwilligen aus Rumänien empfangen, die wir schon vom Vorbereitungsseminar im September kannten. Zusammen besichtigten wir das mittelalterliche Stadtzentrum mit seinen Sehenswürdigkeiten:

  • Die riesige, etwas bedrohlich wirkende „Schwarze Kirche“, die aufgrund eines Stadtbrand im Jahre 1689 so heißt. Dieser zerstörte große Teile der Stadt, nur die rußgeschwärzten Außenmauern der Kirche blieben bestehen.
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  • Den Weißen und den Schwarze Turm, beide Teile der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Von den etwas erhöht stehenden Türmen hatten wir einen super Ausblick auf das Stadtzentrum.
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  • Der „Brasov“-Schriftzug im Hollywood-Design, der auf dem steilen Berg am Rand der Altstadt angebracht ist und von dem sich uns ein noch besserer Ausblick über die gesamte Umbegung bot.
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Der Samstag begann ziemlich früh mit dem ultimativen Touri-Programm. Um 9 Uhr holte uns Vlad, unser Guide für den Tag, ab und brachte uns zu einem Minibus, mit dem wir in den folgenden 10 Stunden 2 Schlösser, eine Bauernburg und eine Tropfsteinhöhle abklapperten. Besonders stolz waren wir nicht auf den Omi-Rundreise-Style, aber anders hätten wir die ganzen Sehenswürdigkeiten wohl nie an einem Tag erreicht.

In Serpentinen ging es durch die felsigen Karparten zum Schloss Peles, dessen spitze Türme über die Kronen der Nadelbäume ragen, die das Schloss umgeben.

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Unsere nächste Station, das Schloss Bran, wird den Touristen als Draculaschloss präsentiert und sieht auch so aus – steinig, verwinkelt, auf einem Felsen gelegen und umgeben von hohen Bergen. Der historische Vlad III Drăculea, der als Inspiration für den Dracula-Roman diente, soll allerdings nur zwei Wochen auf dem Schloss gelebt haben, erzählte uns unser Vlad.

Den Abschluss unserer Fahrt 2_1_1024bildete die Besichtigung einer Tropfsteinhöhle und die daneben auf einem Bergliegende Bauernburg, die 1215 vom Deutschen Orden erbaut wurde und seitdem nur einmal eingenommen wurde. Dort gönnten wir uns den ersten Glühwein des Jahres und bewunderten im Licht der Abendsonne den Blick über Berge, Wälder und Täler – Rumänien ist SO schön!

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Montag ging es dann weiter nach Sibiu – doch das war leichter gesagt als getan. Wir hatten zwar schön ordentlich Plätze für den Bus um 11 Uhr reserviert, allerdings interessierte das weder den Busfahrer noch die Leute, die sich schon auf den Sitzplätzen breit gemacht hatten. Der Bus verließ also ohne uns den Bahnhof – und parrallel dazu verließ das Portemonnaie meiner Mitfreiwilligen seine Besitzerin. Das Chaos war perfekt.

Glücklicherweise wurde dank eines hilfsbereiten Rumänen wenigstens das Busproblem gelöst: Wir fanden einen Bus, in dem wir halb stehend, halb sitzend bei gemütlichen 30°C Innentemperatur alle Platz fanden. Dem weiblichen Teil der Truppe wurden sogar Sitzplätze auf dem Schoß von beleibten, nach Zwiebeln, Bier und Tabak duftenden Rumänen angeboten – diese Gastfreundschaft!

Mit nur einer Stunde Verspätung kamen wir schließlich in Sibiu an, wo wir bereits von den beiden Trainerinnen, den Bulgarien-Freiwilligen und diversen Hunden, Katzen und Schafen empfangen wurden, die auf dem Seminargelände hausten.

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Die 5 Tage in Sibiu vergingen verdammt schnell. Gespräche über unsere Probleme und Herausforderungen in den Einsatzstellen, ein Crashkurs in Rumänisch, Diskussionen über die Zigeuner-Problematik mit dem Berater des Romakönigs, eine Stadtführung durch die Altstadt Sibius und das Finden des eigenen Freiwilligenprojekts standen auf dem Programm. Abend wurde in verrauchten Kneipen billiges rumänisches Bier und Palinka getrunken, Sibius Nachtleben unsicher gemacht und Gespräche geführt, die uns als Gruppe ganz schön zusammenwachsen ließen. 😉

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Das folgende Wochenende verbrachten Jacqueline, Ann-Kathrin und ich in Cluj-Napoca [Klausenburg, Koloszvár], der zweitgrößten Stadt Rumäniens, die durch viele tolle Bars und irgendwie heruntergekommene, aber wunderschöne historische Gebäude einen ganz eigenen Charme besitzt.

 Zurück ging es schließlich mit einem Bus, nachdem wir feststellen mussten, dass der Zug, den wir uns ausgeguckt hatten, nicht existiert – aber nach einer Woche in Rumänien konnte uns das nicht mehr schocken.

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Etwas melancholisch und wehmütig war ich also wieder zurück in Pécs und zurück im Schulalltag – dabei wäre ich am liebsten sofort weitergereist und hätte alle Freiwilligen besucht, die ich auf dem Zwischenseminar besser kennengelernt habe. Doch es tut auch gut, nach den ganzen Abenteuern wieder Zuhause zu sein. Ein Zuhause, das sich auch wirklich so anfühlt.

Schule / Ferien.

Vertretungsstunde in einer 10. Klasse, Aufgabe: Arbeitsblatt mit Übungen zur Passivbildung besprechen. Schüler, die morgen eine Arbeit in genau diesem Thema schreiben. Kein Problem für die Muttersprachlerin, sollte man meinen. „Im Krankenhaus darf man nicht rauchen“ wird zu „Im Krankenhaus darf nicht geraucht werden“ und aus „Das Konsulat hat mir das Reisevisum ausgestellt“ wird „Mir ist vom Konsulat ein Reisevisum ausgestellt worden“. Soweit kein Problem. Bei „Der Arzt hat dem Patienten nicht mehr helfen können“ wird es jedoch kompliziert. Nachdem ich den Satz „Dem Patienten hat vom Arzt nicht mehr geholfen werden können“ mit Überzeugung für falsch befunden habe, regen sich in der Klasse Proteste. Das hätten sie aber so gelernt. Ich bin verwirrt. Was ist mit „Dem Patienten konnte nicht mehr geholfen werden“? Klingt doch viel richtiger. Die Lehrerin meint, das ist „Küchendeutsch“, wird mein Vorschlag von den Schülern runtergemacht, der Satz steht dann nämlich in der falsche Zeit. Jetzt fangen sie an, mich über Perfekt und Präteritum zu belehren. Gottseidank ist die Stunde bald zuende und die Küchendeutsch sprechende Muttersprachlerin verlässt den Raum etwas durcheinander im Kopf. Und sowas auch noch am ersten Schultag.

Hier waren nämlich letzte Woche Herbstferien, und diese wurden mir mit einem Besuch meiner Familie versüßt. Stolz konnte ich ihnen mein neues Zuhause zeigen, das meine Mutter als „schön, aber ein bisschen schmuddelig“ befand, „und die Fenster solltest du auch mal putzen!“, wir bestiegen einen kleinen Berg am Stadtrand, auf dem sich eine süße kleine Kapelle und eine gruselige Jesusfigur am Kreuz befindet, und wir gingen essen, ohne dass ich irgendetwas bezahlen musste – Familienbesuche sind super!

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Da meine Familie mit dem Auto gekommen war, konnten wir auch die Umgebung um Pécs herum erkunden. Im Vergleich zu den kleinen verschlafenen Dörfern im Umland kommt mir Pécs jetzt wie eine richtige Metropole vor.

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Schließlich waren wir noch ein paar Tage am Balaton auf der Halbinsel Tihany. Weil Nebensaison war, schienen die Dörfer und Städte um den Balaton herum total ausgestorben – um 7 Uhr abends waren die liebevoll sanierten, von kleinen Restaurants und Geschäft gesäumten Straßen und Plätze, die im Sommer von unzähligen Touristen bevölkert werden, wie ausgestorben. Einmal waren wir um 5 Uhr nachmittags essen (eine ungewöhnliche Zeit, ich weiß), und als wir um kurz nach 6 wieder aus dem Restaurant traten, wurden hinter uns Türen geschlossen und Fensterläden runtergeklappt – es wurden wohl keine Gäste mehr erwartet.

Trotzdem (oder gerade deswegen?) fand ich es am Balaton total schön. Wir haben eine lange Wanderung auf der unter Naturschutz stehenden Halbinsel gemacht (kleine Seen, Schilf, Berge, Klippen, Bäume und Boden voller bunter Blätter) und schwammen in einem Nebensee des Balatons, der aufgrund einer heißen Quelle durchgehend Temperaturen von 25 bis über 30°C aufweist.

Und dann waren die Ferien auch schon wieder zuende.

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Am 23. Oktober, in der Woche vor den Herbstferien, war ungarischer Nationalfeiertag aufgrund eines Volksaufstandes im Jahre 1956. An diesem Tag protestierten viele Ungarn gegen das kommunistische System und die Unterdrückung durch die sowjetischen Besatzungsmacht. Der Protest endete jedoch blutig und der Freiheitskampf der Ungarn wurde durch den Einsatz der sowjetischen Armee unterdrückt und beendet.

Am Tag vor dem Nationalfeiertag fand daher eine kleine Feier in meiner Schule statt, in der das Geschehene schauspielerisch nachgestellt wurde. Auch die traurig und schwergängig klingende Nationalhymne wurde gesungen. An diesem Tag habe ich das erste Mal etwas von der Melancholie und Depression gespürt, die dem ungarischen Volk aufgrund seiner vielen verlorenen Kriege, der Unterdrückung und Dezimierung durch andere, und nicht zuletzt aufgrund seiner Armut- und Wirtschaftsprobleme nachgesagt wird.

Oder auch aufgrund der Dunkelheit. Diese bricht mittlerweile immer schon gegen halb 5 Uhr nachmittags ein, und Lehrerkollegen haben mich vorgewarnt, dass es hier im Dezember schon um 4 Uhr stockduster ist. Na super.

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Jetzt noch einige völlig unzusammenhängende Beobachtungen, die ich in den letzten Wochen machen konnte. Diese Beobachtungen sind subjektiv und können daher nicht verallgemeinert werden.

  1. In Ungarn knutscht man in der Öffentlichkeit. Immer und überall. Entweder die Leute finden das cool oder sie haben keinen Ort, an dem sie ungestört rumknutschen können, das habe ich noch nicht herausgefunden.
  2. Überall gibt es Sauerrahm, aber nirgendwo gibt es Sahne.
  3. Es ist super, jeden Tag in einer 1. Klasse im Unterricht mitzuhelfen: Ständig hat jemand Geburtstag und es gibt Muffins, Kuchen und Torte. 
  4. Wenn Ungarn etwas megacool finden sagen sie nicht megacool sondern kürbiscool.
  5. Ungarns geringe Größe lässt sich super durch möglichst umständliche Wegstreckenführung im öffentlichen Personenverkehr kompensieren – dachten sich die Chefs von Bus und Bahn und lassen eine Strecke von 130 km 4 1/2 Stunden dauern.
  6. Ich besitze jetzt eine Paprikapflanze, und das finde ich kürbiscool! Ich habe sogar schon eine kleine Paprika geerntet und sie in mein Essen gemischt – und die kleinen Stückchen beim Essen wieder herausgefischt, weil sie einfach VIEL ZU SCHARF waren!
  7. Langos schmeckt leckerer als es aussieht, der ungarische Palinka ist dagegen schwer aushaltbar. Ich bleibe wohl doch lieber beim stadteigenen Pécsi-Bier.
  8. Ungarische Busfahrer scheinen sich der Länge ihrer Fahrzeuge nicht immer bewusst zu sein, oder es macht ihnen Spaß, unschuldige Fahrradfahrer weg vom befahrbaren Teil der Straße in die Schlaglöcher des Straßenrandes zu drängen. Ich als Amos-Absolventin lasse mich davon natürlich nicht abschrecken.

Das war es erstmal wieder an Berichtenswertem. Ich hoffe es geht allen Menschen gut, die das hier lesen. Ich hoffe natürlich auch, dass es allen anderen Menschen gut geht. Jetzt noch ein paar Sankt-Martins-Lieder für den morgigen Unterricht in der 1. Klasse einstudieren, yeah!