An einem ganz normalen Mittwoch mache ich mich in meinen üblichen Arbeitsklamotten auf den Weg nach Hause. Ich seh ein wenig Spießig aus mit meiner Anzughose, weißen Bluse und hochgesteckten Haaren. Vielleicht rettet mich mein oversized Blazer, ich kann es jedoch nicht beurteilen. In Hidalgo möchte ich umsteigen, auf der Rolltreppe hört man schon die laute Musik. Eine Crowd hat sich auf der Umstiegsebene gebildet, so dicht um die vier Musiker herum, dass ich am Anfang nur die Lautsprecher erkennen kann. Zu meinem erstaunen singen die meisten Zuschauer ohne Probleme mit. Wie ich später erfahre, ist es eine beliebte Band aus Guadalajara die den Auftritt auf ihrem Instagram angekündigt haben. Die meisten Menschen um mich herum sehen jung und alternativ aus, neben mir steht ein skater-Girl mit mehr Piercings als ich auf die Schnelle zählen kann, ich sehe viele bunte Haarfarben und ein paar Jungs die verdächtig Emo wirken. Eins haben sie alle gemeinsam: sie haben alle unglaublich viel spaß.
Der Frontsänger ist ein einziges Energiebündel, er springt rum und lässt fans in sein Mikro singen, seine Bandmitglieder schütteln ab und zu wohlwollend die Köpfe, ich glaube dem Mikro-Kabel ging es nicht so gut an dem Tag. Es gibt eine kleine Pause zwischen den Songs und dann ist es soweit. Das Lied auf das alle gewartet haben ist an der Reihe und der Moshpit fängt an.
Ich kann nicht wirklich glauben was ich gerade sehe, mitten am Tag in der Metro. Ich trete etwas zurück, heute bin ich nicht auf eine Moshpit-teilhabe vorbereitet. Die Musik ballert aber und ich bereue ein bisschen, dass ich nicht einfach reinspringen kann. Ich frage ein Mädchen neben mir ob sie weiß wie die Band heißt, sie nennen sich „Los Flakos“ oder „die Dünnen“. Verzeiht mir meinen mehr schlechten als rechten Übersetzungsversuch, kulturell werden in Lateinamerika oftmals Kosenamen benutzt die beschreiben wie eine Person aussieht. Ich vermute jedoch, dass der Name zum Teil ironisch gewählt ist.
Ich bleibe bis zum Ende des Auftritts, genieße die Energie und Stimmung um mich herum und werde natürlich auch ein kleiner Fan der Musik und Band.